Grimm, Herman: Das Kind. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–356. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.falls dahin, und mit meinem Freunde, und mit seinen Töchtern, sagte er langsam.-- Warum? -- interessirt Sie das? -- In dieser Ruhe lag etwas Schneidendes -- denn sie wußten beide genau, einer vom andern, was er dachte und wollte -- etwas beleidigend Herausforderndes. Emil besann sich nicht lange. Sie sind mit Fräulein Emma verlobt? rief er aus. Er verstand es nicht, auf Umwegen den Kampf zu beginnen, er ging gerade aufs Centrum los. Albert war durchaus nicht aufgeregt, sondern in der That so ruhig, wie er sprach und auftrat. Kalten Blutes überlegte er mit sich: Drehst du ihm einfach den Rücken zu, wie einem jungen Menschen, der dir gegenüber fast noch ein Kind ist, oder giebst du ihm eine Antwort, auf die ein Paar Pistolen folgt, oder endlich suchst du ihn so sanft als möglich bei Seite zu schaffen, wie man einem Bettler, den man beim Stehlen ertappt hat, doch ein Stück Brod giebt und ihn leise zur Thür hinausschiebt, der Bequemlichkeit wegen? Dies schien ihm das Beste zu sein. Ja, ich bin mit Fräulein Emma verlobt, antwortete er milde. -- Und Emma liebt Sie?-- Das klang noch leidenschaftlicher. Danach fragt man nicht! antwortete er schärfer. -- Ich frage aber danach. -- Ich höre es, Herr von M.! -- Albert hätte auflachen können, so komisch kam ihm das Gespräch vor. -- Und ich sage, sie liebt Sie nicht! rief Emil, den es in immer größere Aufregung setzte, daß man ihm so kühl und ruhig abwehrend Rede falls dahin, und mit meinem Freunde, und mit seinen Töchtern, sagte er langsam.— Warum? — interessirt Sie das? — In dieser Ruhe lag etwas Schneidendes — denn sie wußten beide genau, einer vom andern, was er dachte und wollte — etwas beleidigend Herausforderndes. Emil besann sich nicht lange. Sie sind mit Fräulein Emma verlobt? rief er aus. Er verstand es nicht, auf Umwegen den Kampf zu beginnen, er ging gerade aufs Centrum los. Albert war durchaus nicht aufgeregt, sondern in der That so ruhig, wie er sprach und auftrat. Kalten Blutes überlegte er mit sich: Drehst du ihm einfach den Rücken zu, wie einem jungen Menschen, der dir gegenüber fast noch ein Kind ist, oder giebst du ihm eine Antwort, auf die ein Paar Pistolen folgt, oder endlich suchst du ihn so sanft als möglich bei Seite zu schaffen, wie man einem Bettler, den man beim Stehlen ertappt hat, doch ein Stück Brod giebt und ihn leise zur Thür hinausschiebt, der Bequemlichkeit wegen? Dies schien ihm das Beste zu sein. Ja, ich bin mit Fräulein Emma verlobt, antwortete er milde. — Und Emma liebt Sie?— Das klang noch leidenschaftlicher. Danach fragt man nicht! antwortete er schärfer. — Ich frage aber danach. — Ich höre es, Herr von M.! — Albert hätte auflachen können, so komisch kam ihm das Gespräch vor. — Und ich sage, sie liebt Sie nicht! rief Emil, den es in immer größere Aufregung setzte, daß man ihm so kühl und ruhig abwehrend Rede <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0033"/> falls dahin, und mit meinem Freunde, und mit seinen Töchtern, sagte er langsam.— Warum? — interessirt Sie das? — In dieser Ruhe lag etwas Schneidendes — denn sie wußten beide genau, einer vom andern, was er dachte und wollte — etwas beleidigend Herausforderndes. Emil besann sich nicht lange. Sie sind mit Fräulein Emma verlobt? rief er aus. Er verstand es nicht, auf Umwegen den Kampf zu beginnen, er ging gerade aufs Centrum los.</p><lb/> <p>Albert war durchaus nicht aufgeregt, sondern in der That so ruhig, wie er sprach und auftrat. Kalten Blutes überlegte er mit sich: Drehst du ihm einfach den Rücken zu, wie einem jungen Menschen, der dir gegenüber fast noch ein Kind ist, oder giebst du ihm eine Antwort, auf die ein Paar Pistolen folgt, oder endlich suchst du ihn so sanft als möglich bei Seite zu schaffen, wie man einem Bettler, den man beim Stehlen ertappt hat, doch ein Stück Brod giebt und ihn leise zur Thür hinausschiebt, der Bequemlichkeit wegen? Dies schien ihm das Beste zu sein. Ja, ich bin mit Fräulein Emma verlobt, antwortete er milde. — Und Emma liebt Sie?— Das klang noch leidenschaftlicher. Danach fragt man nicht! antwortete er schärfer. — Ich frage aber danach. — Ich höre es, Herr von M.! — Albert hätte auflachen können, so komisch kam ihm das Gespräch vor. — Und ich sage, sie liebt Sie nicht! rief Emil, den es in immer größere Aufregung setzte, daß man ihm so kühl und ruhig abwehrend Rede<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
falls dahin, und mit meinem Freunde, und mit seinen Töchtern, sagte er langsam.— Warum? — interessirt Sie das? — In dieser Ruhe lag etwas Schneidendes — denn sie wußten beide genau, einer vom andern, was er dachte und wollte — etwas beleidigend Herausforderndes. Emil besann sich nicht lange. Sie sind mit Fräulein Emma verlobt? rief er aus. Er verstand es nicht, auf Umwegen den Kampf zu beginnen, er ging gerade aufs Centrum los.
Albert war durchaus nicht aufgeregt, sondern in der That so ruhig, wie er sprach und auftrat. Kalten Blutes überlegte er mit sich: Drehst du ihm einfach den Rücken zu, wie einem jungen Menschen, der dir gegenüber fast noch ein Kind ist, oder giebst du ihm eine Antwort, auf die ein Paar Pistolen folgt, oder endlich suchst du ihn so sanft als möglich bei Seite zu schaffen, wie man einem Bettler, den man beim Stehlen ertappt hat, doch ein Stück Brod giebt und ihn leise zur Thür hinausschiebt, der Bequemlichkeit wegen? Dies schien ihm das Beste zu sein. Ja, ich bin mit Fräulein Emma verlobt, antwortete er milde. — Und Emma liebt Sie?— Das klang noch leidenschaftlicher. Danach fragt man nicht! antwortete er schärfer. — Ich frage aber danach. — Ich höre es, Herr von M.! — Albert hätte auflachen können, so komisch kam ihm das Gespräch vor. — Und ich sage, sie liebt Sie nicht! rief Emil, den es in immer größere Aufregung setzte, daß man ihm so kühl und ruhig abwehrend Rede
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Zitationshilfe: | Grimm, Herman: Das Kind. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–356. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_kind_1910/33>, abgerufen am 17.02.2025. |