Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.III. subst. uneig. comp. -- subst. mit subst. gen. Alle bisher bekannt gemachten bruchstücke haben ihnbloß in neun stellen unmittelbar vor dem subst., was ge- gen die hunderte, in welchen er nachgesetzt wird, bei- nahe verschwindet. Die neun stellen sind: afstassais bo- kos Matth. 5, 31. (apostasion, er muß aber apostasiou biblion gelesen haben *), vgl. Marc. 10, 4. bokos afsa- teinais, bibl. ap.); faur hanins hruk (prin alektora pho- nesai) Matth. 26, 75; hvairneins staths (kraniou topos) Marc. 15, 22; dagis vig (emeras odon) Luc. 2, 44; leikis fiunai (somatiko eidei) Luc. 3, 22; tvaddje manne veit- voditha (duo anthropon e marturia) Joh. 8, 17; fareisaie andbahtans (pharisaion uperetas) Joh. 18, 3; gudjins skalk (arkhiereos doulon) Joh. 18, 10, guths garaideinai (theou diatage) Rom. 13, 2; guths andbahts (theou diak.) Rom. 13, 4. In keiner wird man composition annehmen wollen, in den meisten befolgt der übersetzer die wort- stellung des originals, wie in den vielen andern, wo der gen. nachsteht; das freiere leikis siunai zeigt vielleicht, daß die goth. sprache, gleich den übrigen deutschen, den gen. lieber vorausgehen läßt. Und das bestärken noch weit mehr einige fälle, in denen Ulf. ein (einfaches oder eigentlich zus. gesetztes) gr. subst. mit zwei gothischen umschreibt; da steht der gen. vorher und da ist unei- gentl. comp. möglich. Ich rechne dahin baurgs-vaddjus (teikhos) Neh. 5, 16. 6, 15. 7, 1; thruts-fill (lepra) Matth. 8, 2, 3. Marc. 1, 42. Luc. 5, 12; zweifelhafter dulgis-skula (khreopheiletes) Luc. 7, 41. und sigislaun (brabeion) Phi- lipp. 3, 14. Warum componierte er in beiden ersten nicht eigentlich: baurga-vaddjus (vgl. grundu-v. themelion) und thruta-fill? sollte der genitivbegriff: mauer der stadt aus- gedrückt werden? Auch thruts muß ein gen. sein (ts in keiner goth. wurzel, nur in flexionen, namentlich der secunda dualis und in nom. masc. hlauts, svarts, vgl. 1, 840. 1049.) dazu anomaler. wie mans oder baurgs, folg- lich für thrutis oder thrutais, nom. thruts, welches ich oben s. 20. zu nr. 252. gestellt habe; die genaue bedeu- tung unsicher **). Ein loser gen. thruts fill ist mir, weil außer den drei stellen des subst. auch ein adjectiv thruts- fills (leprosus) Matth. 11, 5. Luc. 17, 12. vorkommt, un- *) oder einer Jat. version gefolgt sein, wenn es nicht spätere interpolationen aus der Itala sind; die vulg. hat libellum repudii. **) kann ein thier gemeint sein, dessen räudige haut dem
aussatz verglichen wurde? wie wir nhd. gänsehaut ähnlich ge- brauchen. III. ſubſt. uneig. comp. — ſubſt. mit ſubſt. gen. Alle bisher bekannt gemachten bruchſtücke haben ihnbloß in neun ſtellen unmittelbar vor dem ſubſt., was ge- gen die hunderte, in welchen er nachgeſetzt wird, bei- nahe verſchwindet. Die neun ſtellen ſind: afſtaſſáis bô- kôs Matth. 5, 31. (ἀποστάσιον, er muß aber ἀποστασίου βιβλίον geleſen haben *), vgl. Marc. 10, 4. bôkôs afſa- teináis, βιβλ. ἀπ.); faúr hanins hruk (πρὶν ἀλέκτορα φω- νῆσαι) Matth. 26, 75; hvaírneins ſtaþs (κρανίου τόπος) Marc. 15, 22; dagis vig (ἡμέρας ὁδόν) Luc. 2, 44; leikis fiunái (σωματικῷ εἴδει) Luc. 3, 22; tvaddjê mannê veit- vôdiþa (δύο ἀνθρώπων ἡ μαρτυρία) Joh. 8, 17; fareiſáiê andbahtans (φαρισαίων ὑπηρέτας) Joh. 18, 3; gudjins ſkalk (ἀρχιερέως δοῦλον) Joh. 18, 10, guþs garáideinái (θεοῦ διαταγῇ) Rom. 13, 2; guþs andbahts (θεοῦ διάκ.) Rom. 13, 4. In keiner wird man compoſition annehmen wollen, in den meiſten befolgt der überſetzer die wort- ſtellung des originals, wie in den vielen andern, wo der gen. nachſteht; das freiere leikis ſiunái zeigt vielleicht, daß die goth. ſprache, gleich den übrigen deutſchen, den gen. lieber vorausgehen läßt. Und das beſtärken noch weit mehr einige fälle, in denen Ulf. ein (einfaches oder eigentlich zuſ. geſetztes) gr. ſubſt. mit zwei gothiſchen umſchreibt; da ſteht der gen. vorher und da iſt unei- gentl. comp. möglich. Ich rechne dahin baúrgs-vaddjus (τεῖχος) Neh. 5, 16. 6, 15. 7, 1; þruts-fill (λέπρα) Matth. 8, 2, 3. Marc. 1, 42. Luc. 5, 12; zweifelhafter dulgis-ſkula (χρεωφειλέτης) Luc. 7, 41. und ſigisláun (βραβεῖον) Phi- lipp. 3, 14. Warum componierte er in beiden erſten nicht eigentlich: baúrga-vaddjus (vgl. grundu-v. θεμέλιον) und þruta-fill? ſollte der genitivbegriff: mauer der ſtadt aus- gedrückt werden? Auch þruts muß ein gen. ſein (ts in keiner goth. wurzel, nur in flexionen, namentlich der ſecunda dualis und in nom. maſc. hláuts, ſvarts, vgl. 1, 840. 1049.) dazu anomaler. wie mans oder baúrgs, folg- lich für þrutis oder þrutáis, nom. þruts, welches ich oben ſ. 20. zu nr. 252. geſtellt habe; die genaue bedeu- tung unſicher **). Ein loſer gen. þruts fill iſt mir, weil außer den drei ſtellen des ſubſt. auch ein adjectiv þruts- fills (leproſus) Matth. 11, 5. Luc. 17, 12. vorkommt, un- *) oder einer Jat. verſion gefolgt ſein, wenn es nicht ſpätere interpolationen aus der Itala ſind; die vulg. hat libellum repudii. **) kann ein thier gemeint ſein, deſſen räudige haut dem
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III. ſubſt. uneig. comp. — ſubſt. mit ſubſt. gen.
Alle bisher bekannt gemachten bruchſtücke haben ihn
bloß in neun ſtellen unmittelbar vor dem ſubſt., was ge-
gen die hunderte, in welchen er nachgeſetzt wird, bei-
nahe verſchwindet. Die neun ſtellen ſind: afſtaſſáis bô-
kôs Matth. 5, 31. (ἀποστάσιον, er muß aber ἀποστασίου
βιβλίον geleſen haben *), vgl. Marc. 10, 4. bôkôs afſa-
teináis, βιβλ. ἀπ.); faúr hanins hruk (πρὶν ἀλέκτορα φω-
νῆσαι) Matth. 26, 75; hvaírneins ſtaþs (κρανίου τόπος)
Marc. 15, 22; dagis vig (ἡμέρας ὁδόν) Luc. 2, 44; leikis
fiunái (σωματικῷ εἴδει) Luc. 3, 22; tvaddjê mannê veit-
vôdiþa (δύο ἀνθρώπων ἡ μαρτυρία) Joh. 8, 17; fareiſáiê
andbahtans (φαρισαίων ὑπηρέτας) Joh. 18, 3; gudjins
ſkalk (ἀρχιερέως δοῦλον) Joh. 18, 10, guþs garáideinái
(θεοῦ διαταγῇ) Rom. 13, 2; guþs andbahts (θεοῦ διάκ.)
Rom. 13, 4. In keiner wird man compoſition annehmen
wollen, in den meiſten befolgt der überſetzer die wort-
ſtellung des originals, wie in den vielen andern, wo
der gen. nachſteht; das freiere leikis ſiunái zeigt vielleicht,
daß die goth. ſprache, gleich den übrigen deutſchen, den
gen. lieber vorausgehen läßt. Und das beſtärken noch
weit mehr einige fälle, in denen Ulf. ein (einfaches oder
eigentlich zuſ. geſetztes) gr. ſubſt. mit zwei gothiſchen
umſchreibt; da ſteht der gen. vorher und da iſt unei-
gentl. comp. möglich. Ich rechne dahin baúrgs-vaddjus
(τεῖχος) Neh. 5, 16. 6, 15. 7, 1; þruts-fill (λέπρα) Matth.
8, 2, 3. Marc. 1, 42. Luc. 5, 12; zweifelhafter dulgis-ſkula
(χρεωφειλέτης) Luc. 7, 41. und ſigisláun (βραβεῖον) Phi-
lipp. 3, 14. Warum componierte er in beiden erſten nicht
eigentlich: baúrga-vaddjus (vgl. grundu-v. θεμέλιον) und
þruta-fill? ſollte der genitivbegriff: mauer der ſtadt aus-
gedrückt werden? Auch þruts muß ein gen. ſein (ts in
keiner goth. wurzel, nur in flexionen, namentlich der
ſecunda dualis und in nom. maſc. hláuts, ſvarts, vgl. 1,
840. 1049.) dazu anomaler. wie mans oder baúrgs, folg-
lich für þrutis oder þrutáis, nom. þruts, welches ich
oben ſ. 20. zu nr. 252. geſtellt habe; die genaue bedeu-
tung unſicher **). Ein loſer gen. þruts fill iſt mir, weil
außer den drei ſtellen des ſubſt. auch ein adjectiv þruts-
fills (leproſus) Matth. 11, 5. Luc. 17, 12. vorkommt, un-
*) oder einer Jat. verſion gefolgt ſein, wenn es nicht ſpätere
interpolationen aus der Itala ſind; die vulg. hat libellum repudii.
**) kann ein thier gemeint ſein, deſſen räudige haut dem
ausſatz verglichen wurde? wie wir nhd. gänſehaut ähnlich ge-
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