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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit subst.
wehende bedeuten; zuweilen ist das zweite wort mit
der praep. selbst componiert, z. b. kreuz-abnahme und
so dürfte auch im rechten zusammenhang weg-abführung
und dgl. gesagt werden.

b) stoffverhältnis, s. vorhin s. 431. --

7) [ruhiges auf] die heutige praep. auf ist eine urspr.
conjunction, die mit den praep. in und an verbunden
den begriff der oberfläche hervorhebt (Graff p. 170.). Es
werden daher von den bei in und an unter 1 und 4. an-
geführten beispielen einige hierher passen, wie von den
jetzt anzuführenden einige dorthin. Hauptsächlich sind
es zus. gesetzte thiernamen, deren erstes wort den auf-
enthaltsort bestimmt. Ahd. distila-vincho (carduelis) wo-
für gl. sgall. 203. zuistila-vinco, distil-vinko trev. 15a; fuoß-
gengil (pedes); hewi-screcki (locusta) T. 10, 1. hou-scre-
chil lindenbr. 996b houwi-stapho mons. 335. hoi-staffel N.
104, 35. houwe-spranca jun. 270; in hawi-grimmila
(ophiomachus) mons. 412. ist mir mit dem zweiten wort
auch das erste dunkel; eis-vogel trev. 15a; mato-screcche
(locusta) N. 108, 23; mist-bella (lycisca) lindenbr. 966.
trev. 12a blas. 66b das auf dem mist bellende thier, wird
von einer art bauerhunde und vom murmelthier ge-
braucht (Oberl. 1055.), mistbellisch und hündisch sind sy-
nonym, übrigens liest die handschrift der gl. lind. wirk-
lich onstbella oder kann so gelesen werden, da das an-
fangs-mi täuschend wie on aussieht, entscheidend hier-
für hat gl. ker. 262. onstun (sterquilinium) f. mistun = mi-
stunnea (s. 318.); pirih-huon trev. 15a; puoh-speht trev.
14b und manche ähnliche thierbenennungen. -- alts. kneo-
beda (gebet auf gebognen knien). -- ags. gärs-hoppa,
gärs-stapa (locusta); thistel-tveige (carduelis avis) steht zwar
bei Lye, doch verstehe ich hier tvige nicht. -- altn.
engi-spretta (locusta); fiall-drapi (betula agrestis) fiall-baui
(monticola); gras-hoppa (cicada). -- mhd. distel-vinke;
hoei-staffel Barl. -stueffel (mit dem ablaut von nr. 76.)
Bon.; hove-belle (homo in aula latraus, hosschwätzer,
müßiggänger) MS. 1, 132a kamer-belle (virgo cubicularia,
die in der kammer plaudert) fragm. 41b. -- nhd. berg-
predigt; dach-fahne, dach-stroh; eis-bär; grab-schrift,
grab-stein; heu-schrecke; seil-tänzer; schulter-träger;
schoß-kind; thurm-wächter und außerdem thier- und
pflanzennamen, (bauch-fink, distel-fink etc.) besonders der
volksmundarten, z. b. in der bairischen heißt das huhn
mist-kratzerl.

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
wehende bedeuten; zuweilen iſt das zweite wort mit
der praep. ſelbſt componiert, z. b. kreuz-abnahme und
ſo dürfte auch im rechten zuſammenhang weg-abführung
und dgl. geſagt werden.

β) ſtoffverhältnis, ſ. vorhin ſ. 431. —

7) [ruhiges auf] die heutige praep. auf iſt eine urſpr.
conjunction, die mit den praep. in und an verbunden
den begriff der oberfläche hervorhebt (Graff p. 170.). Es
werden daher von den bei in und an unter 1 und 4. an-
geführten beiſpielen einige hierher paſſen, wie von den
jetzt anzuführenden einige dorthin. Hauptſächlich ſind
es zuſ. geſetzte thiernamen, deren erſtes wort den auf-
enthaltsort beſtimmt. Ahd. diſtila-vincho (carduelis) wo-
für gl. ſgall. 203. zuiſtila-vinco, diſtil-vinko trev. 15a; fuoƷ-
gengil (pedes); hewi-ſcrëcki (locuſta) T. 10, 1. hou-ſcrë-
chil lindenbr. 996b houwi-ſtapho monſ. 335. hoi-ſtaffel N.
104, 35. houwe-ſpranca jun. 270; in hawi-grimmila
(ophiomachus) monſ. 412. iſt mir mit dem zweiten wort
auch das erſte dunkel; îſ-vogel trev. 15a; mato-ſcrëcche
(locuſta) N. 108, 23; miſt-bëlla (lyciſca) lindenbr. 966.
trev. 12a blaſ. 66b das auf dem miſt bellende thier, wird
von einer art bauerhunde und vom murmelthier ge-
braucht (Oberl. 1055.), miſtbelliſch und hündiſch ſind ſy-
nonym, übrigens lieſt die handſchrift der gl. lind. wirk-
lich onſtbella oder kann ſo geleſen werden, da das an-
fangs-mi täuſchend wie on ausſieht, entſcheidend hier-
für hat gl. ker. 262. onſtun (ſterquilinium) f. miſtun = mi-
ſtunnëa (ſ. 318.); pirih-huon trev. 15a; puoh-ſpëht trev.
14b und manche ähnliche thierbenennungen. — altſ. knëo-
bëda (gebet auf gebognen knien). — agſ. gärs-hoppa,
gärs-ſtapa (locuſta); þiſtel-tvîge (carduelis avis) ſteht zwar
bei Lye, doch verſtehe ich hier tvige nicht. — altn.
engi-ſprëtta (locuſta); fiall-drapi (betula agreſtis) fiall-bûi
(monticola); gras-hoppa (cicada). — mhd. diſtel-vinke;
hœi-ſtaffel Barl. -ſtueffel (mit dem ablaut von nr. 76.)
Bon.; hove-bëlle (homo in aula latraus, hoſſchwätzer,
müßiggänger) MS. 1, 132a kamer-bëlle (virgo cubicularia,
die in der kammer plaudert) fragm. 41b. — nhd. berg-
predigt; dach-fahne, dach-ſtroh; eis-bär; grâb-ſchrift,
grâb-ſtein; heu-ſchrecke; ſeil-tänzer; ſchulter-träger;
ſchôß-kind; thurm-wächter und außerdem thier- und
pflanzennamen, (bûch-fink, diſtel-fink etc.) beſonders der
volksmundarten, z. b. in der bairiſchen heißt das huhn
miſt-kratzerl.

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[434/0452] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt. wehende bedeuten; zuweilen iſt das zweite wort mit der praep. ſelbſt componiert, z. b. kreuz-abnahme und ſo dürfte auch im rechten zuſammenhang weg-abführung und dgl. geſagt werden. β) ſtoffverhältnis, ſ. vorhin ſ. 431. — 7) [ruhiges auf] die heutige praep. auf iſt eine urſpr. conjunction, die mit den praep. in und an verbunden den begriff der oberfläche hervorhebt (Graff p. 170.). Es werden daher von den bei in und an unter 1 und 4. an- geführten beiſpielen einige hierher paſſen, wie von den jetzt anzuführenden einige dorthin. Hauptſächlich ſind es zuſ. geſetzte thiernamen, deren erſtes wort den auf- enthaltsort beſtimmt. Ahd. diſtila-vincho (carduelis) wo- für gl. ſgall. 203. zuiſtila-vinco, diſtil-vinko trev. 15a; fuoƷ- gengil (pedes); hewi-ſcrëcki (locuſta) T. 10, 1. hou-ſcrë- chil lindenbr. 996b houwi-ſtapho monſ. 335. hoi-ſtaffel N. 104, 35. houwe-ſpranca jun. 270; in hawi-grimmila (ophiomachus) monſ. 412. iſt mir mit dem zweiten wort auch das erſte dunkel; îſ-vogel trev. 15a; mato-ſcrëcche (locuſta) N. 108, 23; miſt-bëlla (lyciſca) lindenbr. 966. trev. 12a blaſ. 66b das auf dem miſt bellende thier, wird von einer art bauerhunde und vom murmelthier ge- braucht (Oberl. 1055.), miſtbelliſch und hündiſch ſind ſy- nonym, übrigens lieſt die handſchrift der gl. lind. wirk- lich onſtbella oder kann ſo geleſen werden, da das an- fangs-mi täuſchend wie on ausſieht, entſcheidend hier- für hat gl. ker. 262. onſtun (ſterquilinium) f. miſtun = mi- ſtunnëa (ſ. 318.); pirih-huon trev. 15a; puoh-ſpëht trev. 14b und manche ähnliche thierbenennungen. — altſ. knëo- bëda (gebet auf gebognen knien). — agſ. gärs-hoppa, gärs-ſtapa (locuſta); þiſtel-tvîge (carduelis avis) ſteht zwar bei Lye, doch verſtehe ich hier tvige nicht. — altn. engi-ſprëtta (locuſta); fiall-drapi (betula agreſtis) fiall-bûi (monticola); gras-hoppa (cicada). — mhd. diſtel-vinke; hœi-ſtaffel Barl. -ſtueffel (mit dem ablaut von nr. 76.) Bon.; hove-bëlle (homo in aula latraus, hoſſchwätzer, müßiggänger) MS. 1, 132a kamer-bëlle (virgo cubicularia, die in der kammer plaudert) fragm. 41b. — nhd. berg- predigt; dach-fahne, dach-ſtroh; eis-bär; grâb-ſchrift, grâb-ſtein; heu-ſchrecke; ſeil-tänzer; ſchulter-träger; ſchôß-kind; thurm-wächter und außerdem thier- und pflanzennamen, (bûch-fink, diſtel-fink etc.) beſonders der volksmundarten, z. b. in der bairiſchen heißt das huhn miſt-kratzerl.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/452>, abgerufen am 23.11.2024.