-atjan (und die goth. -nan, die altn. -na, -ka). Sie kön- nen an den schon berührten kennzeichen geprüft wer- den 1) ihr ableitungsvocal haftet (man-ags, vit-ubni, diup-itha, vit-oth etc.), doch mit ausnahmen, altn. -na, -ka, nhd. -lein, -chen und im einzelnen z. b. altn. mar- gr, höf-gr, nhd. men-ge, man-che etc. 2) sie treten zu deutlichen wurzeln. 3) sie fügen sich auch an vorausge- gangne ableitungen (mah-t-eigs, fas-t-ubni, jam-ar-ac, hov-ar-oht etc.). 4) sie bieten größere reihen dar und stehen zu neuen bildungen länger offen. Keins dieser kennzeichen ist aber ausschließlich, einzelne können auch bei dunkleren ableitungen stattfinden. --
4) [dialectisches und geschichtliches]; jeder dialect und in jedem zeitraum pflegt und vervielfacht gewisse ableitungen vor andern. So ist bemerkt worden, daß die ahd. abstracta auf -ida, -nissi und -unga im mhd. viel ge- ringern umfang erhalten, desgleichen die masc. auf -ing allmählig aussterben, wogegen die nhd. fem. -in sich aus- gebreitet haben. Eigenthümlich der goth. sprache ist die ableitung -ubni; von -ugg, -oht, inna weiß sie nichts. Der ahd. fremd sind die goth. und altn. verbalia auf -ns (s. 157. 159.), die goth. und altn. verba auf -nan, -na (s. 166. 170.); aber die aus part. praet. gebildeten fem. wiederum bloß ahd. (s. 161. 261.). Die altn. kennt nichts, was dem ahd. -nissi, -ahi (s. 312.) und -inna (s. 319.) ent- spräche, wofür ihr die neutra auf -indi (s. 342.) verba -ka (s. 283.) eigen sind. Im schwed. und dän. haben die -else weit um sich gegriffen; -nt, -nk findet sich bloß ahd. und ags. (s. 341. 347.); -ns bloß ahd. (s. 345.). Selbst innerhalb derselben mundart laßen sich hin und wieder engere grenzen ziehen, die in der abhandlung, so viel es mir möglich war, bezeichnet worden sind. Vgl. z. b. die seltenheit der -od bei O. (s. 254.). --
5) [bedeutung] wie die mit bloßem laut und ablaut gezeugten nomina der ersten (und vierten) declination (welche, da sie keinen ableitenden buchstaben zeigen, nicht unter die ableitungen gerechnet werden können, s. 90.), die größte manigfaltigkeit der bedeutungen kundgeben; so läßt es sich erwarten, daß die ableitungsmittel den schon im wesen der wurzeln gegründeten wechsel und übergang des sinnlichen und abstracten, des persönlichen und sächlichen nicht auf ein offenbares oder leichterklär- liches system zurückführen werden. Sie gewähren nur einzelne, großentheils selbst noch zweifelhafte bestimmun-
III. ableitung. ſchlußbemerkungen.
-atjan (und die goth. -nan, die altn. -na, -ka). Sie kön- nen an den ſchon berührten kennzeichen geprüft wer- den 1) ihr ableitungsvocal haftet (man-ags, vit-ubni, diup-iþa, vit-ôþ etc.), doch mit ausnahmen, altn. -na, -ka, nhd. -lein, -chen und im einzelnen z. b. altn. mar- gr, höf-gr, nhd. men-ge, man-che etc. 2) ſie treten zu deutlichen wurzeln. 3) ſie fügen ſich auch an vorausge- gangne ableitungen (mah-t-eigs, faſ-t-ubni, jâm-ar-ac, hov-ar-oht etc.). 4) ſie bieten größere reihen dar und ſtehen zu neuen bildungen länger offen. Keins dieſer kennzeichen iſt aber ausſchließlich, einzelne können auch bei dunkleren ableitungen ſtattfinden. —
4) [dialectiſches und geſchichtliches]; jeder dialect und in jedem zeitraum pflegt und vervielfacht gewiſſe ableitungen vor andern. So iſt bemerkt worden, daß die ahd. abſtracta auf -ida, -niſſi und -unga im mhd. viel ge- ringern umfang erhalten, desgleichen die maſc. auf -ing allmählig ausſterben, wogegen die nhd. fem. -in ſich aus- gebreitet haben. Eigenthümlich der goth. ſprache iſt die ableitung -ubni; von -ugg, -oht, inna weiß ſie nichts. Der ahd. fremd ſind die goth. und altn. verbalia auf -ns (ſ. 157. 159.), die goth. und altn. verba auf -nan, -na (ſ. 166. 170.); aber die aus part. praet. gebildeten fem. wiederum bloß ahd. (ſ. 161. 261.). Die altn. kennt nichts, was dem ahd. -niſſi, -ahi (ſ. 312.) und -inna (ſ. 319.) ent- ſpräche, wofür ihr die neutra auf -indi (ſ. 342.) verba -ka (ſ. 283.) eigen ſind. Im ſchwed. und dän. haben die -elſe weit um ſich gegriffen; -nt, -nk findet ſich bloß ahd. und agſ. (ſ. 341. 347.); -nſ bloß ahd. (ſ. 345.). Selbſt innerhalb derſelben mundart laßen ſich hin und wieder engere grenzen ziehen, die in der abhandlung, ſo viel es mir möglich war, bezeichnet worden ſind. Vgl. z. b. die ſeltenheit der -ôd bei O. (ſ. 254.). —
5) [bedeutung] wie die mit bloßem laut und ablaut gezeugten nomina der erſten (und vierten) declination (welche, da ſie keinen ableitenden buchſtaben zeigen, nicht unter die ableitungen gerechnet werden können, ſ. 90.), die größte manigfaltigkeit der bedeutungen kundgeben; ſo läßt es ſich erwarten, daß die ableitungsmittel den ſchon im weſen der wurzeln gegründeten wechſel und übergang des ſinnlichen und abſtracten, des perſönlichen und ſächlichen nicht auf ein offenbares oder leichterklär- liches ſyſtem zurückführen werden. Sie gewähren nur einzelne, großentheils ſelbſt noch zweifelhafte beſtimmun-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0413"n="395"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">ableitung. ſchlußbemerkungen.</hi></hi></fw><lb/>
-atjan (und die goth. -nan, die altn. -na, -ka). Sie kön-<lb/>
nen an den ſchon berührten kennzeichen geprüft wer-<lb/>
den 1) ihr ableitungsvocal haftet (man-ags, vit-ubni,<lb/>
diup-iþa, vit-ôþ etc.), doch mit ausnahmen, altn. -na,<lb/>
-ka, nhd. -lein, -chen und im einzelnen z. b. altn. mar-<lb/>
gr, höf-gr, nhd. men-ge, man-che etc. 2) ſie treten zu<lb/>
deutlichen wurzeln. 3) ſie fügen ſich auch an vorausge-<lb/>
gangne ableitungen (mah-t-eigs, faſ-t-ubni, jâm-ar-ac,<lb/>
hov-ar-oht etc.). 4) ſie bieten größere reihen dar und<lb/>ſtehen zu neuen bildungen länger offen. Keins dieſer<lb/>
kennzeichen iſt aber ausſchließlich, einzelne können auch<lb/>
bei dunkleren ableitungen ſtattfinden. —</p><lb/><p>4) [<hirendition="#i">dialectiſches</hi> und <hirendition="#i">geſchichtliches</hi>]; jeder dialect<lb/>
und in jedem zeitraum pflegt und vervielfacht gewiſſe<lb/>
ableitungen vor andern. So iſt bemerkt worden, daß die<lb/>
ahd. abſtracta auf -ida, -niſſi und -unga im mhd. viel ge-<lb/>
ringern umfang erhalten, desgleichen die maſc. auf -ing<lb/>
allmählig ausſterben, wogegen die nhd. fem. -in ſich aus-<lb/>
gebreitet haben. Eigenthümlich der goth. ſprache iſt die<lb/>
ableitung -ubni; von -ugg, -oht, inna weiß ſie nichts.<lb/>
Der ahd. fremd ſind die goth. und altn. verbalia auf -ns<lb/>
(ſ. 157. 159.), die goth. und altn. verba auf -nan, -na<lb/>
(ſ. 166. 170.); aber die aus part. praet. gebildeten fem.<lb/>
wiederum bloß ahd. (ſ. 161. 261.). Die altn. kennt nichts,<lb/>
was dem ahd. -niſſi, -ahi (ſ. 312.) und -inna (ſ. 319.) ent-<lb/>ſpräche, wofür ihr die neutra auf -indi (ſ. 342.) verba<lb/>
-ka (ſ. 283.) eigen ſind. Im ſchwed. und dän. haben die<lb/>
-elſe weit um ſich gegriffen; -nt, -nk findet ſich bloß<lb/>
ahd. und agſ. (ſ. 341. 347.); -nſ bloß ahd. (ſ. 345.). Selbſt<lb/>
innerhalb derſelben mundart laßen ſich hin und wieder<lb/>
engere grenzen ziehen, die in der abhandlung, ſo viel es<lb/>
mir möglich war, bezeichnet worden ſind. Vgl. z. b.<lb/>
die ſeltenheit der -ôd bei O. (ſ. 254.). —</p><lb/><p>5) [<hirendition="#i">bedeutung</hi>] wie die mit bloßem laut und ablaut<lb/>
gezeugten nomina der erſten (und vierten) declination<lb/>
(welche, da ſie keinen ableitenden buchſtaben zeigen, nicht<lb/>
unter die ableitungen gerechnet werden können, ſ. 90.),<lb/>
die größte manigfaltigkeit der bedeutungen kundgeben;<lb/>ſo läßt es ſich erwarten, daß die ableitungsmittel den<lb/>ſchon im weſen der wurzeln gegründeten wechſel und<lb/>
übergang des ſinnlichen und abſtracten, des perſönlichen<lb/>
und ſächlichen nicht auf ein offenbares oder leichterklär-<lb/>
liches ſyſtem zurückführen werden. Sie gewähren nur<lb/>
einzelne, großentheils ſelbſt noch zweifelhafte beſtimmun-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[395/0413]
III. ableitung. ſchlußbemerkungen.
-atjan (und die goth. -nan, die altn. -na, -ka). Sie kön-
nen an den ſchon berührten kennzeichen geprüft wer-
den 1) ihr ableitungsvocal haftet (man-ags, vit-ubni,
diup-iþa, vit-ôþ etc.), doch mit ausnahmen, altn. -na,
-ka, nhd. -lein, -chen und im einzelnen z. b. altn. mar-
gr, höf-gr, nhd. men-ge, man-che etc. 2) ſie treten zu
deutlichen wurzeln. 3) ſie fügen ſich auch an vorausge-
gangne ableitungen (mah-t-eigs, faſ-t-ubni, jâm-ar-ac,
hov-ar-oht etc.). 4) ſie bieten größere reihen dar und
ſtehen zu neuen bildungen länger offen. Keins dieſer
kennzeichen iſt aber ausſchließlich, einzelne können auch
bei dunkleren ableitungen ſtattfinden. —
4) [dialectiſches und geſchichtliches]; jeder dialect
und in jedem zeitraum pflegt und vervielfacht gewiſſe
ableitungen vor andern. So iſt bemerkt worden, daß die
ahd. abſtracta auf -ida, -niſſi und -unga im mhd. viel ge-
ringern umfang erhalten, desgleichen die maſc. auf -ing
allmählig ausſterben, wogegen die nhd. fem. -in ſich aus-
gebreitet haben. Eigenthümlich der goth. ſprache iſt die
ableitung -ubni; von -ugg, -oht, inna weiß ſie nichts.
Der ahd. fremd ſind die goth. und altn. verbalia auf -ns
(ſ. 157. 159.), die goth. und altn. verba auf -nan, -na
(ſ. 166. 170.); aber die aus part. praet. gebildeten fem.
wiederum bloß ahd. (ſ. 161. 261.). Die altn. kennt nichts,
was dem ahd. -niſſi, -ahi (ſ. 312.) und -inna (ſ. 319.) ent-
ſpräche, wofür ihr die neutra auf -indi (ſ. 342.) verba
-ka (ſ. 283.) eigen ſind. Im ſchwed. und dän. haben die
-elſe weit um ſich gegriffen; -nt, -nk findet ſich bloß
ahd. und agſ. (ſ. 341. 347.); -nſ bloß ahd. (ſ. 345.). Selbſt
innerhalb derſelben mundart laßen ſich hin und wieder
engere grenzen ziehen, die in der abhandlung, ſo viel es
mir möglich war, bezeichnet worden ſind. Vgl. z. b.
die ſeltenheit der -ôd bei O. (ſ. 254.). —
5) [bedeutung] wie die mit bloßem laut und ablaut
gezeugten nomina der erſten (und vierten) declination
(welche, da ſie keinen ableitenden buchſtaben zeigen, nicht
unter die ableitungen gerechnet werden können, ſ. 90.),
die größte manigfaltigkeit der bedeutungen kundgeben;
ſo läßt es ſich erwarten, daß die ableitungsmittel den
ſchon im weſen der wurzeln gegründeten wechſel und
übergang des ſinnlichen und abſtracten, des perſönlichen
und ſächlichen nicht auf ein offenbares oder leichterklär-
liches ſyſtem zurückführen werden. Sie gewähren nur
einzelne, großentheils ſelbſt noch zweifelhafte beſtimmun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/413>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.