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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. NG.
pr. Snorraedda p. 69.); svar-angr (n. pr. Säm. edd. 78a)
scheinen nicht derivativa, sondern composita, aber ver-
schiedner art, theils mit angr (angustus) so daß sie das
ausdrücken, dessen man bedarf, bedrängt, benöthigt ist,
theils mit angr (sinus). Ahd. urkundliche namen auf
-anga (pl. masc.) z. b. wisind-anga Neug. nr. 866. erkläre
ich aus der comp. mit wang (campus), wie sich denn
auch wisint-wanga nr. 168. daneben findet.


[ING] es gibt viel masculina dieser bildung, wenig
fem., noch weniger neutra, organischerweise fast gar
keine adjectiva, wohl aber adverbia.

1) starke masculina (erster decl.); grundsatz ist -ing,
weil aber dieses -ing häufig zu derivativis mit -al, -il,
-ul gefügt wurde, erzeugte sich sehr frühe ein fehlerhaf-
tes -ling statt -ing; beweise in den schlußanmerkungen.
Bei der aufzählung scheint es zweckmäßig, die echten
-ing von den unechten -ling zu sondern, doch können
sich unter letztern einzelne organische -l-ing befinden,
d. h. deren ableitendes -l zu entdecken künftigen unter-
suchungen vorbehalten ist.

a) -ing; in Ulf. ist kein -iggs enthalten, doch bei
alten schriftstellern stehen, wie es scheint, goth. volksna-
men auf -ingi: asd-ingi bei Dracontius und Jornandes
(vgl. 1, 126. 1070.); theru-ingi bei Ammianus Marc. 31,
5; oth-ingi, thur-ingi bei Jornandes. Tacitus nennt
zwar kein deutsches volk auf -ingi (Germ. 40. 43. reu-
digni, marsigni), im 5ten jahrh. geschieht der thur-ingi
erste sichre meldung, vgl. Sidon. Apollin. VII, 323. tor-
ingus; später bekannt werden merov-ingi, charal-ingi.
In ahd. urkunden des 8. 9ten jahrh. folgende mannsnamen:
dur-inc (alt-durinc, halb-durinc); halb-inc; ir-inc; mun-
inc und wohl noch ähnliche *). Das capitulare de villis

*) ihre patronymische bedeutung kann ich nicht beweisen, be-
zweifle sie aber für eine frühere zeit keineswegs; sie ist aus der
großen menge solcher mannsnamen, diese aber wiederum aus der
unzahl von ortsbenennungen auf -ingun in ahd. urkunden des 8.
9. 10. jahrh. zu folgern. Vgl. Neug. unter alamunt-inga, antar-
march-inga, baßmunt-inga, bermuat-inga, birihh-inga und hun-
derten ähnlicher bis auf die vielen nhd. -ingen herab. Es sind
dat. pl. von dem nom. sg. alamunt-ing etc.; zi alamuntigun heißt:
an dem orte, wo alamunds nachkommen, die alamundinge, woh-

III. conſonantiſche ableitungen. NG.
pr. Snorraedda p. 69.); ſvar-ângr (n. pr. Säm. edd. 78a)
ſcheinen nicht derivativa, ſondern compoſita, aber ver-
ſchiedner art, theils mit ângr (anguſtus) ſo daß ſie das
ausdrücken, deſſen man bedarf, bedrängt, benöthigt iſt,
theils mit ângr (ſinus). Ahd. urkundliche namen auf
-anga (pl. maſc.) z. b. wiſind-anga Neug. nr. 866. erkläre
ich aus der comp. mit wang (campus), wie ſich denn
auch wiſint-wanga nr. 168. daneben findet.


[ING] es gibt viel maſculina dieſer bildung, wenig
fem., noch weniger neutra, organiſcherweiſe faſt gar
keine adjectiva, wohl aber adverbia.

1) ſtarke maſculina (erſter decl.); grundſatz iſt -ing,
weil aber dieſes -ing häufig zu derivativis mit -al, -il,
-ul gefügt wurde, erzeugte ſich ſehr frühe ein fehlerhaf-
tes -ling ſtatt -ing; beweiſe in den ſchlußanmerkungen.
Bei der aufzählung ſcheint es zweckmäßig, die echten
-ing von den unechten -ling zu ſondern, doch können
ſich unter letztern einzelne organiſche -l-ing befinden,
d. h. deren ableitendes -l zu entdecken künftigen unter-
ſuchungen vorbehalten iſt.

α) -ing; in Ulf. iſt kein -iggs enthalten, doch bei
alten ſchriftſtellern ſtehen, wie es ſcheint, goth. volksna-
men auf -ingi: aſd-ingi bei Dracontius und Jornandes
(vgl. 1, 126. 1070.); theru-ingi bei Ammianus Marc. 31,
5; oth-ingi, thur-ingi bei Jornandes. Tacitus nennt
zwar kein deutſches volk auf -ingi (Germ. 40. 43. reu-
digni, marſigni), im 5ten jahrh. geſchieht der thur-ingi
erſte ſichre meldung, vgl. Sidon. Apollin. VII, 323. tor-
ingus; ſpäter bekannt werden mêrov-ingi, charal-ingi.
In ahd. urkunden des 8. 9ten jahrh. folgende mannsnamen:
dur-inc (alt-durinc, halb-durinc); halb-inc; ir-inc; mun-
inc und wohl noch ähnliche *). Das capitulare de villis

*) ihre patronymiſche bedeutung kann ich nicht beweiſen, be-
zweifle ſie aber für eine frühere zeit keineswegs; ſie iſt aus der
großen menge ſolcher mannsnamen, dieſe aber wiederum aus der
unzahl von ortsbenennungen auf -ingun in ahd. urkunden des 8.
9. 10. jahrh. zu folgern. Vgl. Neug. unter alamunt-inga, antar-
march-inga, baƷmunt-inga, bërmuat-inga, birihh-inga und hun-
derten ähnlicher bis auf die vielen nhd. -ingen herab. Es ſind
dat. pl. von dem nom. ſg. alamunt-ing etc.; zi alamuntigun heißt:
an dem orte, wo alamunds nachkommen, die alamundinge, woh-
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[349/0367] III. conſonantiſche ableitungen. NG. pr. Snorraedda p. 69.); ſvar-ângr (n. pr. Säm. edd. 78a) ſcheinen nicht derivativa, ſondern compoſita, aber ver- ſchiedner art, theils mit ângr (anguſtus) ſo daß ſie das ausdrücken, deſſen man bedarf, bedrängt, benöthigt iſt, theils mit ângr (ſinus). Ahd. urkundliche namen auf -anga (pl. maſc.) z. b. wiſind-anga Neug. nr. 866. erkläre ich aus der comp. mit wang (campus), wie ſich denn auch wiſint-wanga nr. 168. daneben findet. [ING] es gibt viel maſculina dieſer bildung, wenig fem., noch weniger neutra, organiſcherweiſe faſt gar keine adjectiva, wohl aber adverbia. 1) ſtarke maſculina (erſter decl.); grundſatz iſt -ing, weil aber dieſes -ing häufig zu derivativis mit -al, -il, -ul gefügt wurde, erzeugte ſich ſehr frühe ein fehlerhaf- tes -ling ſtatt -ing; beweiſe in den ſchlußanmerkungen. Bei der aufzählung ſcheint es zweckmäßig, die echten -ing von den unechten -ling zu ſondern, doch können ſich unter letztern einzelne organiſche -l-ing befinden, d. h. deren ableitendes -l zu entdecken künftigen unter- ſuchungen vorbehalten iſt. α) -ing; in Ulf. iſt kein -iggs enthalten, doch bei alten ſchriftſtellern ſtehen, wie es ſcheint, goth. volksna- men auf -ingi: aſd-ingi bei Dracontius und Jornandes (vgl. 1, 126. 1070.); theru-ingi bei Ammianus Marc. 31, 5; oth-ingi, thur-ingi bei Jornandes. Tacitus nennt zwar kein deutſches volk auf -ingi (Germ. 40. 43. reu- digni, marſigni), im 5ten jahrh. geſchieht der thur-ingi erſte ſichre meldung, vgl. Sidon. Apollin. VII, 323. tor- ingus; ſpäter bekannt werden mêrov-ingi, charal-ingi. In ahd. urkunden des 8. 9ten jahrh. folgende mannsnamen: dur-inc (alt-durinc, halb-durinc); halb-inc; ir-inc; mun- inc und wohl noch ähnliche *). Das capitulare de villis *) ihre patronymiſche bedeutung kann ich nicht beweiſen, be- zweifle ſie aber für eine frühere zeit keineswegs; ſie iſt aus der großen menge ſolcher mannsnamen, dieſe aber wiederum aus der unzahl von ortsbenennungen auf -ingun in ahd. urkunden des 8. 9. 10. jahrh. zu folgern. Vgl. Neug. unter alamunt-inga, antar- march-inga, baƷmunt-inga, bërmuat-inga, birihh-inga und hun- derten ähnlicher bis auf die vielen nhd. -ingen herab. Es ſind dat. pl. von dem nom. ſg. alamunt-ing etc.; zi alamuntigun heißt: an dem orte, wo alamunds nachkommen, die alamundinge, woh-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/367>, abgerufen am 23.11.2024.