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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. K.

anmerkung: den nord. sprachen sind mit -ka gebil-
dete verba zweiter schw. conj. eigen, die ich von den
eben angeführten orka, virka, thacka sondere. Sie stam-
men von adjectiven her und werden erst durch das ab-
leitende k zu verbis, während jene das k schon im subst.
oder starken verbo haben. In ihnen allen ist darum
stamm und ableitung sehr fühlbar. Die altn. sprache bil-
det sie von positiven und comparativen: 1) von aumr
(miser) bleidr (mitis) dyr (carus, venerabilis) freidr (pul-
cher) groenn (viridis) hardr (durus) idr, idinn (solers)
seinn (tardus) teidr (frequens) thurr (aridus) entspringen:
aum-ka (misereri); bleid-ka (placare); dyr-ka, dyr-ka (co-
lere); freid-ka (venustatem induere); groen-ka (virere)
har-ka f. hard-ka (durescere); id-ka (solere); sein-ka (tar-
dare); teid-ka (frequentare); thur-ka (siccare, siccescere).
2) von den comparativen haerri (altior) minni (minor)
miorri (tenuior) stoerri (major) rühren haec-ka (elevare,
elevari) assim. f. haer-ka; mein-ka (minuere, minui) f.
minn-ka; mior-ka, mioc-ka (extenuare, extenuari); stoec-
ka f. stoer-ka (crescere). Ihre zahl ist aber eingeschränkt,
d. h. man kann sie nicht aus allen adj. herleiten, sie schei-
nen fast nur aus solchen gebildet, deren wurzel auf li-
quida oder d auslautet. Im schwed. und dän. gibt es
noch wenigere und nur aus positiven, so viel ich sehe.
Schwed. dyr-ka; id-ka; oem-ka (misereri); sin-ka (retar-
dare); tor-ka (siccare). Dän. dyr-ke; sin-ke; tör-ke;
yn-ke f. ym-ke. Dagegen heißt es schwed. min-ska,
dän. mind-ske (minuere). Daß diese verba zu der ak-
form, nicht zu -ik, -uk gehören, lehrt der unumlaut.
In der goth. hochd. und sächs. mundart sind sie nicht
anzutreffen, dem bleidka, thurka würde ein ahd. pleidah-
hon, durrahhon (oder -en statt -on) gemäß sein *). Merk-
wurdige spuren gewährt jedoch das mnl. in gra-ken (il-
lucescere) Huyd. 2, 496; na-ken (appropinquare); min-ken
(minuere) Maerl. 2, 225. die von den adj. gra, min und
na geleitet sind. Nnl. nur noch ge-na-ken. --

Was sonst noch zur ak-form gerechnet werden muß,
ist unter den weiteren, dazugestoßenen ableitungen zu
suchen. Hier einige beispiele. Das goth. taikns (signum)
hat keine wurzel, sobald man k zur wurzel schlägt; wie

*) einen zweifel regt nalihhon (appropinquare) T. 182, 7. 183,
3. welches aber nicht für nalahhon stehen kann, sondern ein com-
pos. ist, na-leihhon, ags. nea-laecan, vgl. cap. III.
III. conſonantiſche ableitungen. K.

anmerkung: den nord. ſprachen ſind mit -ka gebil-
dete verba zweiter ſchw. conj. eigen, die ich von den
eben angeführten orka, virka, þacka ſondere. Sie ſtam-
men von adjectiven her und werden erſt durch das ab-
leitende k zu verbis, während jene das k ſchon im ſubſt.
oder ſtarken verbo haben. In ihnen allen iſt darum
ſtamm und ableitung ſehr fühlbar. Die altn. ſprache bil-
det ſie von poſitiven und comparativen: 1) von aumr
(miſer) blîðr (mitis) dŷr (carus, venerabilis) frîðr (pul-
cher) grœnn (viridis) harðr (durus) iðr, iðinn (ſolers)
ſeinn (tardus) tîðr (frequens) þurr (aridus) entſpringen:
aum-ka (miſereri); blîð-ka (placare); dŷr-ka, dyr-ka (co-
lere); frîð-ka (venuſtatem induere); grœn-ka (virere)
har-ka f. harð-ka (dureſcere); ið-ka (ſolere); ſein-ka (tar-
dare); tîð-ka (frequentare); þur-ka (ſiccare, ſicceſcere).
2) von den comparativen hærri (altior) minni (minor)
miórri (tenuior) ſtœrri (major) rühren hæc-ka (elevare,
elevari) aſſim. f. hær-ka; mîn-ka (minuere, minui) f.
minn-ka; miór-ka, mióc-ka (extenuare, extenuari); ſtœc-
ka f. ſtœr-ka (creſcere). Ihre zahl iſt aber eingeſchränkt,
d. h. man kann ſie nicht aus allen adj. herleiten, ſie ſchei-
nen faſt nur aus ſolchen gebildet, deren wurzel auf li-
quida oder ð auslautet. Im ſchwed. und dän. gibt es
noch wenigere und nur aus poſitiven, ſo viel ich ſehe.
Schwed. dyr-ka; id-ka; œm-ka (miſereri); ſin-ka (retar-
dare); tor-ka (ſiccare). Dän. dyr-ke; ſin-ke; tör-ke;
yn-ke f. ym-ke. Dagegen heißt es ſchwed. min-ſka,
dän. mind-ſke (minuere). Daß dieſe verba zu der ak-
form, nicht zu -ik, -uk gehören, lehrt der unumlaut.
In der goth. hochd. und ſächſ. mundart ſind ſie nicht
anzutreffen, dem blîðka, þurka würde ein ahd. plîdah-
hôn, durrahhôn (oder -ên ſtatt -ôn) gemäß ſein *). Merk-
wurdige ſpuren gewährt jedoch das mnl. in gra-ken (il-
luceſcere) Huyd. 2, 496; na-ken (appropinquare); min-ken
(minuere) Maerl. 2, 225. die von den adj. grâ, min und
nâ geleitet ſind. Nnl. nur noch ge-nâ-ken. —

Was ſonſt noch zur ak-form gerechnet werden muß,
iſt unter den weiteren, dazugeſtoßenen ableitungen zu
ſuchen. Hier einige beiſpiele. Das goth. táikns (ſignum)
hat keine wurzel, ſobald man k zur wurzel ſchlägt; wie

*) einen zweifel regt nâlihhôn (appropinquare) T. 182, 7. 183,
3. welches aber nicht für nâlahhôn ſtehen kann, ſondern ein com-
poſ. iſt, nâ-lîhhôn, agſ. neá-læcan, vgl. cap. III.
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[283/0301] III. conſonantiſche ableitungen. K. anmerkung: den nord. ſprachen ſind mit -ka gebil- dete verba zweiter ſchw. conj. eigen, die ich von den eben angeführten orka, virka, þacka ſondere. Sie ſtam- men von adjectiven her und werden erſt durch das ab- leitende k zu verbis, während jene das k ſchon im ſubſt. oder ſtarken verbo haben. In ihnen allen iſt darum ſtamm und ableitung ſehr fühlbar. Die altn. ſprache bil- det ſie von poſitiven und comparativen: 1) von aumr (miſer) blîðr (mitis) dŷr (carus, venerabilis) frîðr (pul- cher) grœnn (viridis) harðr (durus) iðr, iðinn (ſolers) ſeinn (tardus) tîðr (frequens) þurr (aridus) entſpringen: aum-ka (miſereri); blîð-ka (placare); dŷr-ka, dyr-ka (co- lere); frîð-ka (venuſtatem induere); grœn-ka (virere) har-ka f. harð-ka (dureſcere); ið-ka (ſolere); ſein-ka (tar- dare); tîð-ka (frequentare); þur-ka (ſiccare, ſicceſcere). 2) von den comparativen hærri (altior) minni (minor) miórri (tenuior) ſtœrri (major) rühren hæc-ka (elevare, elevari) aſſim. f. hær-ka; mîn-ka (minuere, minui) f. minn-ka; miór-ka, mióc-ka (extenuare, extenuari); ſtœc- ka f. ſtœr-ka (creſcere). Ihre zahl iſt aber eingeſchränkt, d. h. man kann ſie nicht aus allen adj. herleiten, ſie ſchei- nen faſt nur aus ſolchen gebildet, deren wurzel auf li- quida oder ð auslautet. Im ſchwed. und dän. gibt es noch wenigere und nur aus poſitiven, ſo viel ich ſehe. Schwed. dyr-ka; id-ka; œm-ka (miſereri); ſin-ka (retar- dare); tor-ka (ſiccare). Dän. dyr-ke; ſin-ke; tör-ke; yn-ke f. ym-ke. Dagegen heißt es ſchwed. min-ſka, dän. mind-ſke (minuere). Daß dieſe verba zu der ak- form, nicht zu -ik, -uk gehören, lehrt der unumlaut. In der goth. hochd. und ſächſ. mundart ſind ſie nicht anzutreffen, dem blîðka, þurka würde ein ahd. plîdah- hôn, durrahhôn (oder -ên ſtatt -ôn) gemäß ſein *). Merk- wurdige ſpuren gewährt jedoch das mnl. in gra-ken (il- luceſcere) Huyd. 2, 496; na-ken (appropinquare); min-ken (minuere) Maerl. 2, 225. die von den adj. grâ, min und nâ geleitet ſind. Nnl. nur noch ge-nâ-ken. — Was ſonſt noch zur ak-form gerechnet werden muß, iſt unter den weiteren, dazugeſtoßenen ableitungen zu ſuchen. Hier einige beiſpiele. Das goth. táikns (ſignum) hat keine wurzel, ſobald man k zur wurzel ſchlägt; wie *) einen zweifel regt nâlihhôn (appropinquare) T. 182, 7. 183, 3. welches aber nicht für nâlahhôn ſtehen kann, ſondern ein com- poſ. iſt, nâ-lîhhôn, agſ. neá-læcan, vgl. cap. III.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/301>, abgerufen am 12.05.2024.