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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. M.

[UM] der vocal bleibt im goth. wie im ahd., doch
schwankt in letzterm das u in a, theils wirklich, theils
durch verwechselung der ähnlichen schriftzüge; die mei-
sten ags. wörter der um-form sind zur m- (am-) form
übergetreten, im engl. gilt aber -om. Merkwürdig, daß
alle wortbildungen auf -um dem altn. gebrechen *).

1) substantiva,

a) starke masculina, keine gothische; ahd. at-um
(spiritus) hymn. mat. gl. jun. 252. at-am doc. richtiger
mit der media ad-um atmos J. 356; chrad-um (strepitus)
gl. jun. 250. wo chrad-un; eid-um (gener) mons. 411.
jun. 207; pod-um (carina) jun. 187. auch wohl pot-am,
da der bodensee in alten urk. lacus potamicus heißt;
puos-um (sinus) jun. 207. T. 39, 1; vad-um (filum) fad-
um O. IV. 29, 82; wid-um (dos) verschieden von, oder
neben der schw. form? gl. mons. 373. wid-am-huopa
(ager dotalitius?). -- ags. nur zuweilen wird bos-um, bos-
om (sinus) meistens bos-m, so wie aed-m (spir.) und fäd-m,
umgekehrt mad-um (Beov. 154.) f. mad-m geschrieben;
ob eald-om (senectus, Oros. p. 69.) hierher zu rechnen
sei oder für eald-dom stehe? davon hernach, doch nie
finde ich ealdm; fult-um (auxilium)? oder ful-tum f. ful-
dom? -- mhd. at-em, im reim auch at-en; erd-bid-em
(terrae motus) gefolgert aus dem verbo er-bid-em-en;
bod-em (fundus) kommt nicht mehr vor, sondern schon
die abschwächung bod-en (in boden-se, erd-boden); brod-
em (vapor, odor) prad-em Loh. 192. später auch frad-
em **); buos-em (sinus) Trist. 8949. Mar. 39. bei Conr.
schon buos-en; eid-em (gener); krad-em (sonitus) Parc.
12175. Geo. 1550. Nib. 2428. Loh. 127; lud-em (tumul-
tus) Nib. 3777. Loh. 110. später lud-en (Petz); lud-em?
laud-em? (animal ignotum) Nib. 3829; svad-em (exhalatio)
MS. 2, 219a; vad-em (filum) später vad-en; wid-em
(dos) die starke form noch zweifelhaft, Karl 119b zwar:
mit widem (e) wol beriet, doch könnte leicht widemen
stehen müßen, aber jüngere stellen bei Oberlin liefern
den gen. widemes (dotis). -- nhd. ath-em, oth-em (spir.);

*) häufig geht dem -um ein ahd. d-, ags. d- voraus; daß
dieses unwurzelhaft, jedes dieser wörter also zweifach abgeleitet
sei, z. b. vadum ein vahadum, widum ein wihadum voraussetze,
wird unten beim th entwickelt.
**) bradem Tit. 387. etwas anders, etwa prasem (prasios) ein
grüner edelstein, En. 8251.
III. conſonantiſche ableitungen. M.

[UM] der vocal bleibt im goth. wie im ahd., doch
ſchwankt in letzterm das u in a, theils wirklich, theils
durch verwechſelung der ähnlichen ſchriftzüge; die mei-
ſten agſ. wörter der um-form ſind zur m- (am-) form
übergetreten, im engl. gilt aber -om. Merkwürdig, daß
alle wortbildungen auf -um dem altn. gebrechen *).

1) ſubſtantiva,

α) ſtarke maſculina, keine gothiſche; ahd. ât-um
(ſpiritus) hymn. mat. gl. jun. 252. ât-am doc. richtiger
mit der media âd-um ατμός J. 356; chrad-um (ſtrepitus)
gl. jun. 250. wo chrad-un; eid-um (gener) monſ. 411.
jun. 207; pod-um (carina) jun. 187. auch wohl pot-am,
da der bodenſee in alten urk. lacus potamicus heißt;
puoſ-um (ſinus) jun. 207. T. 39, 1; vad-um (filum) fad-
um O. IV. 29, 82; wid-um (dos) verſchieden von, oder
neben der ſchw. form? gl. monſ. 373. wid-am-huopa
(ager dotalitius?). — agſ. nur zuweilen wird bôſ-um, bôſ-
om (ſinus) meiſtens bôſ-m, ſo wie æð-m (ſpir.) und fäð-m,
umgekehrt mâð-um (Beov. 154.) f. mâð-m geſchrieben;
ob ëald-om (ſenectus, Oroſ. p. 69.) hierher zu rechnen
ſei oder für ëald-dôm ſtehe? davon hernach, doch nie
finde ich ëaldm; fult-um (auxilium)? oder ful-tum f. ful-
dôm? — mhd. ât-em, im reim auch ât-en; ërd-bid-em
(terrae motus) gefolgert aus dem verbo er-bid-em-en;
bod-em (fundus) kommt nicht mehr vor, ſondern ſchon
die abſchwächung bod-en (in boden-ſê, erd-boden); brod-
em (vapor, odor) prad-em Loh. 192. ſpäter auch frad-
em **); buoſ-em (ſinus) Triſt. 8949. Mar. 39. bei Conr.
ſchon buoſ-en; eid-em (gener); krad-em (ſonitus) Parc.
12175. Geo. 1550. Nib. 2428. Loh. 127; lud-em (tumul-
tus) Nib. 3777. Loh. 110. ſpäter lud-en (Petz); lud-em?
lûd-em? (animal ignotum) Nib. 3829; ſvad-em (exhalatio)
MS. 2, 219a; vad-em (filum) ſpäter vad-en; wid-em
(dos) die ſtarke form noch zweifelhaft, Karl 119b zwar:
mit widem (e) wol beriet, doch könnte leicht widemen
ſtehen müßen, aber jüngere ſtellen bei Oberlin liefern
den gen. widemes (dotis). — nhd. âth-em, ôth-em (ſpir.);

*) häufig geht dem -um ein ahd. d-, agſ. ð- voraus; daß
dieſes unwurzelhaft, jedes dieſer wörter alſo zweifach abgeleitet
ſei, z. b. vadum ein vahadum, widum ein wihadum vorausſetze,
wird unten beim þ entwickelt.
**) bradem Tit. 387. etwas anders, etwa praſem (πράσιος) ein
grüner edelſtein, En. 8251.
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[150/0168] III. conſonantiſche ableitungen. M. [UM] der vocal bleibt im goth. wie im ahd., doch ſchwankt in letzterm das u in a, theils wirklich, theils durch verwechſelung der ähnlichen ſchriftzüge; die mei- ſten agſ. wörter der um-form ſind zur m- (am-) form übergetreten, im engl. gilt aber -om. Merkwürdig, daß alle wortbildungen auf -um dem altn. gebrechen *). 1) ſubſtantiva, α) ſtarke maſculina, keine gothiſche; ahd. ât-um (ſpiritus) hymn. mat. gl. jun. 252. ât-am doc. richtiger mit der media âd-um ατμός J. 356; chrad-um (ſtrepitus) gl. jun. 250. wo chrad-un; eid-um (gener) monſ. 411. jun. 207; pod-um (carina) jun. 187. auch wohl pot-am, da der bodenſee in alten urk. lacus potamicus heißt; puoſ-um (ſinus) jun. 207. T. 39, 1; vad-um (filum) fad- um O. IV. 29, 82; wid-um (dos) verſchieden von, oder neben der ſchw. form? gl. monſ. 373. wid-am-huopa (ager dotalitius?). — agſ. nur zuweilen wird bôſ-um, bôſ- om (ſinus) meiſtens bôſ-m, ſo wie æð-m (ſpir.) und fäð-m, umgekehrt mâð-um (Beov. 154.) f. mâð-m geſchrieben; ob ëald-om (ſenectus, Oroſ. p. 69.) hierher zu rechnen ſei oder für ëald-dôm ſtehe? davon hernach, doch nie finde ich ëaldm; fult-um (auxilium)? oder ful-tum f. ful- dôm? — mhd. ât-em, im reim auch ât-en; ërd-bid-em (terrae motus) gefolgert aus dem verbo er-bid-em-en; bod-em (fundus) kommt nicht mehr vor, ſondern ſchon die abſchwächung bod-en (in boden-ſê, erd-boden); brod- em (vapor, odor) prad-em Loh. 192. ſpäter auch frad- em **); buoſ-em (ſinus) Triſt. 8949. Mar. 39. bei Conr. ſchon buoſ-en; eid-em (gener); krad-em (ſonitus) Parc. 12175. Geo. 1550. Nib. 2428. Loh. 127; lud-em (tumul- tus) Nib. 3777. Loh. 110. ſpäter lud-en (Petz); lud-em? lûd-em? (animal ignotum) Nib. 3829; ſvad-em (exhalatio) MS. 2, 219a; vad-em (filum) ſpäter vad-en; wid-em (dos) die ſtarke form noch zweifelhaft, Karl 119b zwar: mit widem (e) wol beriet, doch könnte leicht widemen ſtehen müßen, aber jüngere ſtellen bei Oberlin liefern den gen. widemes (dotis). — nhd. âth-em, ôth-em (ſpir.); *) häufig geht dem -um ein ahd. d-, agſ. ð- voraus; daß dieſes unwurzelhaft, jedes dieſer wörter alſo zweifach abgeleitet ſei, z. b. vadum ein vahadum, widum ein wihadum vorausſetze, wird unten beim þ entwickelt. **) bradem Tit. 387. etwas anders, etwa praſem (πράσιος) ein grüner edelſtein, En. 8251.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/168>, abgerufen am 27.04.2024.