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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
149a) in erster stets hete; der pl. heten selten (Ernst
32b Lohengr. 75). z) het für III. sg. Wirnt häufig,
Lohengr. Turl. e) hiet für III. sg. Lohengr. 19. Ottoc.
472a 559b 613a 616a etc; außer dem reim Wigal. 2453.
3411. th) hat für den ind. Flore 2930. Ernst 27a 28a Kolocz
168. 319. -- Nähere angaben liefert Lachm. ausw.
IX. X; man sieht, daß die besten dichter schwanken,
z. b. Wolfr. bald haete, bald hete, Conr. neben haete
auch hete und het gebraucht; einzelne, wie Hartm.
Gotfr. Stricker bleiben sich gleich. Wirkte das praet.
von tuon auf die behandlung des von haben ein (wie
sich denn taten und haten, taeten und haeten begeg-
nen) so wird es verwundern, daß fecit und habuit
nie auf einander reimen. Ein beweis, wie lange die
sprache ursprüngliche formverschiedenheit nachfühlte
und beide wörter auseinander hielt, tet und het zei-
gen sich, aber nicht bei denselben dichtern; Conrad
konnte sein tete nicht mit hete, Hartm. tete nicht
mit hate binden! Wirnt hätte etwa tete: hete wa-
gen dürfen, wenn man ihm ausnahmsweise hete (Wi-
gal. 7715: machmete?) nachgeben will. -- Bei einem
der rede so geläufigen worte ist es aber einleuchtend
nothwendig, den gebrauch im reim (und einschnitt)
von dem freiern außer dem reim zu unterscheiden.
Schon die früheren dichter, welche noch nicht wa-
gen, het, hete, heten stumpf zu reimen, verschmä-
hen diese formen mitten im verse durchaus nicht, ja
sie waren ihnen bereits die üblichsten, daß gerade
darum die klingenden hate, haete, hete so selten ge-
reimt werden. Hartm. reimt im ganzen Iw. kein hate
und nur einmahl 30b haete, Rudolf im ganzen Barl.
kein hate; ohne zweifel kommen in diesen gedichten
unzählige het und hete, untermischt mit einzelnen
hate, haete vor, welche nach guten hss., mehr nach
dem metrum zu bestimmen sind. Auch in den Nib.
wird dem stumpfen reime het, hete ausgewichen,
der einschnitt gewährt hete (171. 391 etc.), wenigstens
nach den hss., denn an sich wäre haete gleich zuläßig.
Außer dem einschnitt kommen genug het, hete vor,
heten (Lachm. rec. 195.) deutlich 40. 8178. Wirnt
versuchte zuerst ein stumpfreimiges het durch abschnei-
dung des tonlosen e zu gewinnen, Conrad, indem er
die kurzen formen reimte, griff beßer durch. Man
wird jedoch in der mitte des verses jedem dichter
außer den kurzen nur solche lange formen zugeben
II. anomalien der mittelhochd. conjugation.
149a) in erſter ſtets hëte; der pl. hëten ſelten (Ernſt
32b Lohengr. 75). ζ) hêt für III. ſg. Wirnt häufig,
Lohengr. Turl. η) hiet für III. ſg. Lohengr. 19. Ottoc.
472a 559b 613a 616a etc; außer dem reim Wigal. 2453.
3411. θ) hat für den ind. Flore 2930. Ernſt 27a 28a Kolocz
168. 319. — Nähere angaben liefert Lachm. ausw.
IX. X; man ſieht, daß die beſten dichter ſchwanken,
z. b. Wolfr. bald hæte, bald hête, Conr. neben hæte
auch hëte und hët gebraucht; einzelne, wie Hartm.
Gotfr. Stricker bleiben ſich gleich. Wirkte das praet.
von tuon auf die behandlung des von haben ein (wie
ſich denn tâten und hâten, tæten und hæten begeg-
nen) ſo wird es verwundern, daß fecit und habuit
nie auf einander reimen. Ein beweis, wie lange die
ſprache urſprüngliche formverſchiedenheit nachfühlte
und beide wörter auseinander hielt, tët und hët zei-
gen ſich, aber nicht bei denſelben dichtern; Conrad
konnte ſein tete nicht mit hëte, Hartm. tëte nicht
mit hâte binden! Wirnt hätte etwa tëte: hëte wa-
gen dürfen, wenn man ihm ausnahmsweiſe hëte (Wi-
gal. 7715: machmëte?) nachgeben will. — Bei einem
der rede ſo geläufigen worte iſt es aber einleuchtend
nothwendig, den gebrauch im reim (und einſchnitt)
von dem freiern außer dem reim zu unterſcheiden.
Schon die früheren dichter, welche noch nicht wa-
gen, hët, hëte, hëten ſtumpf zu reimen, verſchmä-
hen dieſe formen mitten im verſe durchaus nicht, ja
ſie waren ihnen bereits die üblichſten, daß gerade
darum die klingenden hâte, hæte, hête ſo ſelten ge-
reimt werden. Hartm. reimt im ganzen Iw. kein hâte
und nur einmahl 30b hæte, Rudolf im ganzen Barl.
kein hâte; ohne zweifel kommen in dieſen gedichten
unzählige hët und hëte, untermiſcht mit einzelnen
hâte, hæte vor, welche nach guten hſſ., mehr nach
dem metrum zu beſtimmen ſind. Auch in den Nib.
wird dem ſtumpfen reime hët, hëte ausgewichen,
der einſchnitt gewährt hête (171. 391 etc.), wenigſtens
nach den hſſ., denn an ſich wäre hæte gleich zuläßig.
Außer dem einſchnitt kommen genug hët, hëte vor,
hëten (Lachm. rec. 195.) deutlich 40. 8178. Wirnt
verſuchte zuerſt ein ſtumpfreimiges hêt durch abſchnei-
dung des tonloſen e zu gewinnen, Conrad, indem er
die kurzen formen reimte, griff beßer durch. Man
wird jedoch in der mitte des verſes jedem dichter
außer den kurzen nur ſolche lange formen zugeben
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[967/0993] II. anomalien der mittelhochd. conjugation. 149a) in erſter ſtets hëte; der pl. hëten ſelten (Ernſt 32b Lohengr. 75). ζ) hêt für III. ſg. Wirnt häufig, Lohengr. Turl. η) hiet für III. ſg. Lohengr. 19. Ottoc. 472a 559b 613a 616a etc; außer dem reim Wigal. 2453. 3411. θ) hat für den ind. Flore 2930. Ernſt 27a 28a Kolocz 168. 319. — Nähere angaben liefert Lachm. ausw. IX. X; man ſieht, daß die beſten dichter ſchwanken, z. b. Wolfr. bald hæte, bald hête, Conr. neben hæte auch hëte und hët gebraucht; einzelne, wie Hartm. Gotfr. Stricker bleiben ſich gleich. Wirkte das praet. von tuon auf die behandlung des von haben ein (wie ſich denn tâten und hâten, tæten und hæten begeg- nen) ſo wird es verwundern, daß fecit und habuit nie auf einander reimen. Ein beweis, wie lange die ſprache urſprüngliche formverſchiedenheit nachfühlte und beide wörter auseinander hielt, tët und hët zei- gen ſich, aber nicht bei denſelben dichtern; Conrad konnte ſein tete nicht mit hëte, Hartm. tëte nicht mit hâte binden! Wirnt hätte etwa tëte: hëte wa- gen dürfen, wenn man ihm ausnahmsweiſe hëte (Wi- gal. 7715: machmëte?) nachgeben will. — Bei einem der rede ſo geläufigen worte iſt es aber einleuchtend nothwendig, den gebrauch im reim (und einſchnitt) von dem freiern außer dem reim zu unterſcheiden. Schon die früheren dichter, welche noch nicht wa- gen, hët, hëte, hëten ſtumpf zu reimen, verſchmä- hen dieſe formen mitten im verſe durchaus nicht, ja ſie waren ihnen bereits die üblichſten, daß gerade darum die klingenden hâte, hæte, hête ſo ſelten ge- reimt werden. Hartm. reimt im ganzen Iw. kein hâte und nur einmahl 30b hæte, Rudolf im ganzen Barl. kein hâte; ohne zweifel kommen in dieſen gedichten unzählige hët und hëte, untermiſcht mit einzelnen hâte, hæte vor, welche nach guten hſſ., mehr nach dem metrum zu beſtimmen ſind. Auch in den Nib. wird dem ſtumpfen reime hët, hëte ausgewichen, der einſchnitt gewährt hête (171. 391 etc.), wenigſtens nach den hſſ., denn an ſich wäre hæte gleich zuläßig. Außer dem einſchnitt kommen genug hët, hëte vor, hëten (Lachm. rec. 195.) deutlich 40. 8178. Wirnt verſuchte zuerſt ein ſtumpfreimiges hêt durch abſchnei- dung des tonloſen e zu gewinnen, Conrad, indem er die kurzen formen reimte, griff beßer durch. Man wird jedoch in der mitte des verſes jedem dichter außer den kurzen nur ſolche lange formen zugeben

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 967. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/993>, abgerufen am 22.11.2024.