this (tou); die endung -is in hatis, baris, riqvis, agis; die dative: mis, sis, thus; us (praep.), drus, eis, veis, mais, jus; die praet.: die praet.: draus, kaus, laus; laus (liber), naus (cadaver), raus (arundo); (die formen hs unten beim h).
Die aussprache des an- und inlautenden s. scheint unzweifelhaft und ganz die des neuh. senden, singen, hase, kiesen. Bedenken macht das auslautende, weil doch kaum zu glauben ist, daß der nom. is und gen. is oder beim nomen überhaupt der nom. -s und gen -is ein gleichlautiges s. gehabt haben sollten. Dazu tritt daß einige auslautende s. sobald sie inlante werden, in z umlauten, als thus, thuzei; jus, juzei, us, uzuh etc. Hiernach möchte man zweierlei s. annehmen, das ge- wöhnliche, wie es in gras, kas, vas, las, raus, laus etc. stattfindet und das auch im inlaut bleibt; sodann ein milderes, das im inlaut z wird und in den flexionsendun- gen und partikeln, meistens in tieftonigen oder tonlosen silben vorkommt. Dieses letztere s ist in den übrigen mundarten entweder zu r geworden oder völlig abge- stoßen, wozu die geschichte der flexionen überall be- lege liefert; nähere verwandtschaft des goth. z mit dem r wird sich hernach erweisen. Ganz treffend scheint jedoch diese unterscheidung zwischen dem s der wur- zel und dem der flexion nicht, da sie eben jenen gen. is, -is nicht von dem nom. is, -s sondert, glaublich aber dem gen. ein schärferes s als dem nom. zusteht, weswegen das gen. s auch in den späteren mundarten fester gehaftet hat. Gleichwohl lautet der goth. gen. this, hvis bei angehängtem -ei, -uh in thizuh, thizei, hvizei um, der zischlaut ist folglich trüber, als der in gras, grasis. Alles erwogen halte ich folgendes für die rich- tigste ansicht: der reine zischlaut geht progressivisch in unserer sprache verloren, vornämlich bei vorherstehen- dem vocal. Der Gothe besitzt mehr reiner s als irgend eine der übrigen mundarten und scheidet sie strenge von der liquida r, ais, kas, kasja, vasjan sind ihm ganz an- dere begriffe als air, kar, karja, varjan; in den endun- gen pflegen aber die s schon getrübt zu werden und in- lautend in z umzulauten. Andere deutsche sprachen schreiten weiter, theils indem sie in- und auslaute der endungen in r wandeln und das r selbst abstoßen, theils sogar das wurzelhafte s in r übergehen laßen; alles all- mählig und schwankend, vgl. das alth. peri (goth. basi)
I. gothiſche conſonanten. linguales.
þis (τοῦ); die endung -is in hatis, baris, riqvis, agis; die dative: mis, ſis, þus; us (praep.), drus, eis, veis, máis, jus; die praet.: die praet.: dráus, kaus, láus; láus (liber), náus (cadaver), ráus (arundo); (die formen hs unten beim h).
Die ausſprache des an- und inlautenden ſ. ſcheint unzweifelhaft und ganz die des neuh. ſenden, ſingen, haſe, kieſen. Bedenken macht das auslautende, weil doch kaum zu glauben iſt, daß der nom. ïs und gen. ïs oder beim nomen überhaupt der nom. -s und gen -is ein gleichlautiges ſ. gehabt haben ſollten. Dazu tritt daß einige auslautende ſ. ſobald ſie inlante werden, in z umlauten, als þus, þuzei; jus, juzei, us, uzuh etc. Hiernach möchte man zweierlei ſ. annehmen, das ge- wöhnliche, wie es in gras, kas, vas, las, ráus, láus etc. ſtattfindet und das auch im inlaut bleibt; ſodann ein milderes, das im inlaut z wird und in den flexionsendun- gen und partikeln, meiſtens in tieftonigen oder tonloſen ſilben vorkommt. Dieſes letztere ſ iſt in den übrigen mundarten entweder zu r geworden oder völlig abge- ſtoßen, wozu die geſchichte der flexionen überall be- lege liefert; nähere verwandtſchaft des goth. z mit dem r wird ſich hernach erweiſen. Ganz treffend ſcheint jedoch dieſe unterſcheidung zwiſchen dem ſ der wur- zel und dem der flexion nicht, da ſie eben jenen gen. ïs, -is nicht von dem nom. ïs, -s ſondert, glaublich aber dem gen. ein ſchärferes ſ als dem nom. zuſteht, weswegen das gen. ſ auch in den ſpäteren mundarten feſter gehaftet hat. Gleichwohl lautet der goth. gen. þis, hvis bei angehängtem -ei, -uh in þizuh, þizei, hvizei um, der ziſchlaut iſt folglich trüber, als der in gras, graſis. Alles erwogen halte ich folgendes für die rich- tigſte anſicht: der reine ziſchlaut geht progreſſiviſch in unſerer ſprache verloren, vornämlich bei vorherſtehen- dem vocal. Der Gothe beſitzt mehr reiner ſ als irgend eine der übrigen mundarten und ſcheidet ſie ſtrenge von der liquida r, áis, kas, kaſja, vaſjan ſind ihm ganz an- dere begriffe als aír, kar, karja, varjan; in den endun- gen pflegen aber die ſ ſchon getrübt zu werden und in- lautend in z umzulauten. Andere deutſche ſprachen ſchreiten weiter, theils indem ſie in- und auslaute der endungen in r wandeln und das r ſelbſt abſtoßen, theils ſogar das wurzelhafte ſ in r übergehen laßen; alles all- mählig und ſchwankend, vgl. das alth. peri (goth. baſi)
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þis (τοῦ); die endung -is in hatis, baris, riqvis, agis;
die dative: mis, ſis, þus; us (praep.), drus, eis, veis,
máis, jus; die praet.: die praet.: dráus, kaus, láus; láus (liber),
náus (cadaver), ráus (arundo); (die formen hs unten
beim h).
Die ausſprache des an- und inlautenden ſ. ſcheint
unzweifelhaft und ganz die des neuh. ſenden, ſingen,
haſe, kieſen. Bedenken macht das auslautende, weil
doch kaum zu glauben iſt, daß der nom. ïs und gen. ïs
oder beim nomen überhaupt der nom. -s und gen -is
ein gleichlautiges ſ. gehabt haben ſollten. Dazu tritt
daß einige auslautende ſ. ſobald ſie inlante werden, in
z umlauten, als þus, þuzei; jus, juzei, us, uzuh etc.
Hiernach möchte man zweierlei ſ. annehmen, das ge-
wöhnliche, wie es in gras, kas, vas, las, ráus, láus etc.
ſtattfindet und das auch im inlaut bleibt; ſodann ein
milderes, das im inlaut z wird und in den flexionsendun-
gen und partikeln, meiſtens in tieftonigen oder tonloſen
ſilben vorkommt. Dieſes letztere ſ iſt in den übrigen
mundarten entweder zu r geworden oder völlig abge-
ſtoßen, wozu die geſchichte der flexionen überall be-
lege liefert; nähere verwandtſchaft des goth. z mit
dem r wird ſich hernach erweiſen. Ganz treffend ſcheint
jedoch dieſe unterſcheidung zwiſchen dem ſ der wur-
zel und dem der flexion nicht, da ſie eben jenen gen.
ïs, -is nicht von dem nom. ïs, -s ſondert, glaublich
aber dem gen. ein ſchärferes ſ als dem nom. zuſteht,
weswegen das gen. ſ auch in den ſpäteren mundarten
feſter gehaftet hat. Gleichwohl lautet der goth. gen. þis,
hvis bei angehängtem -ei, -uh in þizuh, þizei, hvizei
um, der ziſchlaut iſt folglich trüber, als der in gras,
graſis. Alles erwogen halte ich folgendes für die rich-
tigſte anſicht: der reine ziſchlaut geht progreſſiviſch in
unſerer ſprache verloren, vornämlich bei vorherſtehen-
dem vocal. Der Gothe beſitzt mehr reiner ſ als irgend
eine der übrigen mundarten und ſcheidet ſie ſtrenge von
der liquida r, áis, kas, kaſja, vaſjan ſind ihm ganz an-
dere begriffe als aír, kar, karja, varjan; in den endun-
gen pflegen aber die ſ ſchon getrübt zu werden und in-
lautend in z umzulauten. Andere deutſche ſprachen
ſchreiten weiter, theils indem ſie in- und auslaute der
endungen in r wandeln und das r ſelbſt abſtoßen, theils
ſogar das wurzelhafte ſ in r übergehen laßen; alles all-
mählig und ſchwankend, vgl. das alth. peri (goth. baſi)
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/90>, abgerufen am 25.11.2024.
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