a) anlehnung des persönl. prönom. an das vorausgehende verbum; natürlich weil es dem begriffe nach dazu gehört und nur ein früher nicht einmahl vorhandener ausdruck dessen ist, was schon in der form des ver- bums liegt. Otfried setzt: screibu ih, felgu ih, und punctiert die beiden u, man lese also: screibih, fel- gih. Das du zweiter person incliniert noch lieber und erklärt selbst die spätere änderung der endung -is in -ist, -est. Die volkssprache hat: biste, kannste f. bistu, kannstu; im pl. habwer, hammer, habter, hanse, habnse für die übrigen personen. So im mit- telh. giengens, warens etc.
b) anlehnung der übrigen pronomina. Das nähere kann hier nicht erfolgen, da selbst die meisten zusammen- setzungen dieser wörter aus verwachsener anlehnung zu deuten sind.
c) einzelne fälle des hülfsworts seyn pflegen mit dem pronomen oder andern wörtern zu verwachsen und gewisse laute auszustoßen, z. b. mittelh. dast, est f. daß ist, eß ist; nord. theirro, margirro f. their ero, margir ero.
d) inclination der partikeln z. b. der bejahung und ver- neinung, schon goth. nist, niba, jabai f. ni ist, ni iba, ja ibai. Aber auch anderer, wie bei Otfr. so ih, so- so er etc. namentlich einiger praepositionen, welche die alte schrift, auch wo sie nicht verkürzt werden, gern an das von ihnen abhängige wort schreibt; in: zi altere punctiert Otfr. das i, und im mittelh. ist: zim, zir, zuns etc. häufigst.
Näherer forschung bleibt vorbehalten, ob und in wie fern die inclination aufschluß über die alte accen- tuation gewähre? da es ganz natürlich scheint, daß auch im deutschen die enclitica ihren ton auf die silbe werfe, der sie sich anlehnt. Den acutus gibt sie ihr nicht, wie im griech. (wo nicht einmahl förmliches an- wachsen, wenigstens in der schrift, gefordert wird), denn Otfried accentuiert in: hohemo (hohe imo) thju- nan (thju inan) die penult. nicht; vielleicht tönt sie tief und wird tieftonig, wenn sie tonlos war; gewiß ist je- nes hohemo anders betont worden als der dativ hohe- mo. Die tonlose endung in dem heutigen liebten ge- winnt unmerklich in liebtens; anders wohl im alth. ri- tunse st. ritun si.
I. von den buchſtaben insgemein.
a) anlehnung des perſönl. prönom. an das vorausgehende verbum; natürlich weil es dem begriffe nach dazu gehört und nur ein früher nicht einmahl vorhandener ausdruck deſſen iſt, was ſchon in der form des ver- bums liegt. Otfried ſetzt: ſcrîbu ih, felgu ih, und punctiert die beiden u, man leſe alſo: ſcrîbih, fel- gih. Das dù zweiter perſon incliniert noch lieber und erklärt ſelbſt die ſpätere änderung der endung -is in -iſt, -eſt. Die volksſprache hat: biſte, kannſte f. biſtu, kannſtu; im pl. habwer, hammer, habter, hanſe, habnſe für die übrigen perſonen. So im mit- telh. giengenſ, wârenſ etc.
b) anlehnung der übrigen pronomina. Das nähere kann hier nicht erfolgen, da ſelbſt die meiſten zuſammen- ſetzungen dieſer wörter aus verwachſener anlehnung zu deuten ſind.
c) einzelne fälle des hülfsworts ſeyn pflegen mit dem pronomen oder andern wörtern zu verwachſen und gewiſſe laute auszuſtoßen, z. b. mittelh. daſt, ëſt f. daƷ iſt, ëƷ iſt; nord. þeirro, margirro f. þeir ëro, margir ëro.
d) inclination der partikeln z. b. der bejahung und ver- neinung, ſchon goth. niſt, niba, jabái f. ni ïſt, ni ïba, ja ïbai. Aber auch anderer, wie bei Otfr. ſô ih, ſô- ſô ër etc. namentlich einiger praepoſitionen, welche die alte ſchrift, auch wo ſie nicht verkürzt werden, gern an das von ihnen abhängige wort ſchreibt; in: zi altere punctiert Otfr. das i, und im mittelh. iſt: zim, zir, zuns etc. häufigſt.
Näherer forſchung bleibt vorbehalten, ob und in wie fern die inclination aufſchluß über die alte accen- tuation gewähre? da es ganz natürlich ſcheint, daß auch im deutſchen die enclitica ihren ton auf die ſilbe werfe, der ſie ſich anlehnt. Den acutus gibt ſie ihr nicht, wie im griech. (wo nicht einmahl förmliches an- wachſen, wenigſtens in der ſchrift, gefordert wird), denn Otfried accentuiert in: hôhemo (hôhe imo) thju- nan (thju inan) die penult. nicht; vielleicht tönt ſie tief und wird tieftonig, wenn ſie tonlos war; gewiß iſt je- nes hôhemo anders betont worden als der dativ hôhe- mo. Die tonloſe endung in dem heutigen liebten ge- winnt unmerklich in liebtenſ; anders wohl im alth. ri- tunſe ſt. ritun ſi.
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I. von den buchſtaben insgemein.
a) anlehnung des perſönl. prönom. an das vorausgehende
verbum; natürlich weil es dem begriffe nach dazu
gehört und nur ein früher nicht einmahl vorhandener
ausdruck deſſen iſt, was ſchon in der form des ver-
bums liegt. Otfried ſetzt: ſcrîbu ih, felgu ih, und
punctiert die beiden u, man leſe alſo: ſcrîbih, fel-
gih. Das dù zweiter perſon incliniert noch lieber
und erklärt ſelbſt die ſpätere änderung der endung
-is in -iſt, -eſt. Die volksſprache hat: biſte, kannſte
f. biſtu, kannſtu; im pl. habwer, hammer, habter,
hanſe, habnſe für die übrigen perſonen. So im mit-
telh. giengenſ, wârenſ etc.
b) anlehnung der übrigen pronomina. Das nähere kann
hier nicht erfolgen, da ſelbſt die meiſten zuſammen-
ſetzungen dieſer wörter aus verwachſener anlehnung
zu deuten ſind.
c) einzelne fälle des hülfsworts ſeyn pflegen mit dem
pronomen oder andern wörtern zu verwachſen und
gewiſſe laute auszuſtoßen, z. b. mittelh. daſt, ëſt f.
daƷ iſt, ëƷ iſt; nord. þeirro, margirro f. þeir ëro,
margir ëro.
d) inclination der partikeln z. b. der bejahung und ver-
neinung, ſchon goth. niſt, niba, jabái f. ni ïſt, ni ïba,
ja ïbai. Aber auch anderer, wie bei Otfr. ſô ih, ſô-
ſô ër etc. namentlich einiger praepoſitionen, welche
die alte ſchrift, auch wo ſie nicht verkürzt werden,
gern an das von ihnen abhängige wort ſchreibt; in:
zi altere punctiert Otfr. das i, und im mittelh. iſt:
zim, zir, zuns etc. häufigſt.
Näherer forſchung bleibt vorbehalten, ob und in
wie fern die inclination aufſchluß über die alte accen-
tuation gewähre? da es ganz natürlich ſcheint, daß
auch im deutſchen die enclitica ihren ton auf die ſilbe
werfe, der ſie ſich anlehnt. Den acutus gibt ſie ihr
nicht, wie im griech. (wo nicht einmahl förmliches an-
wachſen, wenigſtens in der ſchrift, gefordert wird),
denn Otfried accentuiert in: hôhemo (hôhe imo) thju-
nan (thju inan) die penult. nicht; vielleicht tönt ſie tief
und wird tieftonig, wenn ſie tonlos war; gewiß iſt je-
nes hôhemo anders betont worden als der dativ hôhe-
mo. Die tonloſe endung in dem heutigen liebten ge-
winnt unmerklich in liebtenſ; anders wohl im alth. ri-
tunſe ſt. ritun ſi.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/58>, abgerufen am 28.11.2024.
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