diese beispiele nicht an, um abzuhandeln, sondern um die bedenklichkeit von vermuthungen über die richtige betonung derselben fälle in den alten mundarten darzu- thun. Auf die goth. vorsilbe ga- die nord. regel vom acutus der ersten silbe anzuwenden verbietet außer dem bloßen gefühl der umstand selbst, daß diese partikel im nord. gänzlich mangelt. wogegen ihr häufiger einstim- mender gebrauch im althochd. und das schwanken der laute ga-gi-, die tonlosigkeit des goth. ga- höchst- wahrscheinlich machen. Aber welche sichere auskunft gibt es über goth. partikeln wie un-dis- und andere? Otfried und Notker werden die frage über die betonung der vorpartikeln befriedigend beantworten, beiden ist gi-bi-ir-zi-fer- unbetont, un-uber-ana-ala- etc. haben aber den acutus, so schreibt Otfried stets alang (integer). Einigemahl gibt Notker in solchen fällen of- fenbar auch den tiefton mit an, z. b. in ungern (d. h. ungern).
3) in weiteren fällen, namentlich also für das unzu- sammengesetzte pronomen, die partikeln, flexions- oder bildungsendungen den wahren ton zu treffen macht erst die eigentliche schwierigkeit. Alle diese waren ursprüng- lich einmahl auch wurzeln, die in der länge der zeit verkürzt. entstellt und verdunkelt worden sind. Heu- tige sprachen lehren, daß auf pronomen und partikeln zuweilen der hochton fällt, daß sie aber auch tieftonig und tonlos werden. Otfried (auch der s. gall. Tatian) accentuiert oft ih, imo, inan, oft nicht. Nie ge- bührt den endungen der acutus *), sie schwanken zwischen tiefton, tonlosigkeit, verstummen und hier eben scheinen nach verschiedenheit der zeit und mund- art unendliche abweichungen einzutreten. Ich genüge mich an einigen beispielen. Im alth. mennisco (homo), fiskarei (auch sisharei), salbota vermuthe ich die erste silbe hoch- die zweite tieftonig, die dritte tonlos; so ist es im nord. manneskja, fiskari, thackada. Zwischen jenen
*) Das vielbesprochene lebendig läßt sich schon erklären: der tiefton, den ursprünglich die endung -andi im partic. hatte, hat gehaftet und sich in den hochton, den hohen ton der wurzel aber in einen tiefen verwandelt. Folge- rechter nach dem allgemeinen sprachgang hätte die wur- zel den acutus behalten und die zweite silbe wenigstens tonlos werden müßen. So ist es auch im mittelh. und bei Gryphius.
I. von den buchſtaben insgemein.
dieſe beiſpiele nicht an, um abzuhandeln, ſondern um die bedenklichkeit von vermuthungen über die richtige betonung derſelben fälle in den alten mundarten darzu- thun. Auf die goth. vorſilbe ga- die nord. regel vom acutus der erſten ſilbe anzuwenden verbietet außer dem bloßen gefühl der umſtand ſelbſt, daß dieſe partikel im nord. gänzlich mangelt. wogegen ihr häufiger einſtim- mender gebrauch im althochd. und das ſchwanken der laute ga-gi-, die tonloſigkeit des goth. ga- höchſt- wahrſcheinlich machen. Aber welche ſichere auskunft gibt es über goth. partikeln wie un-dis- und andere? Otfried und Notker werden die frage über die betonung der vorpartikeln befriedigend beantworten, beiden iſt gi-bi-ir-zi-fër- unbetont, ún-úber-ána-ála- etc. haben aber den acutus, ſo ſchreibt Otfried ſtets álang (integer). Einigemahl gibt Notker in ſolchen fällen of- fenbar auch den tiefton mit an, z. b. in úngérn (d. h. úngèrn).
3) in weiteren fällen, namentlich alſo für das unzu- ſammengeſetzte pronomen, die partikeln, flexions- oder bildungsendungen den wahren ton zu treffen macht erſt die eigentliche ſchwierigkeit. Alle dieſe waren urſprüng- lich einmahl auch wurzeln, die in der länge der zeit verkürzt. entſtellt und verdunkelt worden ſind. Heu- tige ſprachen lehren, daß auf pronomen und partikeln zuweilen der hochton fällt, daß ſie aber auch tieftonig und tonlos werden. Otfried (auch der ſ. gall. Tatian) accentuiert oft íh, ímo, ínan, oft nicht. Nie ge- bührt den endungen der acutus *), ſie ſchwanken zwiſchen tiefton, tonloſigkeit, verſtummen und hier eben ſcheinen nach verſchiedenheit der zeit und mund- art unendliche abweichungen einzutreten. Ich genüge mich an einigen beiſpielen. Im alth. menniſco (homo), fiſkarî (auch ſiſhârî), ſalbôta vermuthe ich die erſte ſilbe hoch- die zweite tieftonig, die dritte tonlos; ſo iſt es im nord. manneſkja, fiſkari, þackada. Zwiſchen jenen
*) Das vielbeſprochene lebendig läßt ſich ſchon erklären: der tiefton, den urſprünglich die endung -andi im partic. hatte, hat gehaftet und ſich in den hochton, den hohen ton der wurzel aber in einen tiefen verwandelt. Folge- rechter nach dem allgemeinen ſprachgang hätte die wur- zel den acutus behalten und die zweite ſilbe wenigſtens tonlos werden müßen. So iſt es auch im mittelh. und bei Gryphius.
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I. von den buchſtaben insgemein.
dieſe beiſpiele nicht an, um abzuhandeln, ſondern um
die bedenklichkeit von vermuthungen über die richtige
betonung derſelben fälle in den alten mundarten darzu-
thun. Auf die goth. vorſilbe ga- die nord. regel vom
acutus der erſten ſilbe anzuwenden verbietet außer dem
bloßen gefühl der umſtand ſelbſt, daß dieſe partikel im
nord. gänzlich mangelt. wogegen ihr häufiger einſtim-
mender gebrauch im althochd. und das ſchwanken der
laute ga-gi-, die tonloſigkeit des goth. ga- höchſt-
wahrſcheinlich machen. Aber welche ſichere auskunft
gibt es über goth. partikeln wie un-dis- und andere?
Otfried und Notker werden die frage über die betonung
der vorpartikeln befriedigend beantworten, beiden iſt
gi-bi-ir-zi-fër- unbetont, ún-úber-ána-ála- etc.
haben aber den acutus, ſo ſchreibt Otfried ſtets álang
(integer). Einigemahl gibt Notker in ſolchen fällen of-
fenbar auch den tiefton mit an, z. b. in úngérn (d. h.
úngèrn).
3) in weiteren fällen, namentlich alſo für das unzu-
ſammengeſetzte pronomen, die partikeln, flexions- oder
bildungsendungen den wahren ton zu treffen macht erſt
die eigentliche ſchwierigkeit. Alle dieſe waren urſprüng-
lich einmahl auch wurzeln, die in der länge der zeit
verkürzt. entſtellt und verdunkelt worden ſind. Heu-
tige ſprachen lehren, daß auf pronomen und partikeln
zuweilen der hochton fällt, daß ſie aber auch tieftonig
und tonlos werden. Otfried (auch der ſ. gall. Tatian)
accentuiert oft íh, ímo, ínan, oft nicht. Nie ge-
bührt den endungen der acutus *), ſie ſchwanken
zwiſchen tiefton, tonloſigkeit, verſtummen und hier
eben ſcheinen nach verſchiedenheit der zeit und mund-
art unendliche abweichungen einzutreten. Ich genüge
mich an einigen beiſpielen. Im alth. menniſco (homo),
fiſkarî (auch ſiſhârî), ſalbôta vermuthe ich die erſte ſilbe
hoch- die zweite tieftonig, die dritte tonlos; ſo iſt es
im nord. manneſkja, fiſkari, þackada. Zwiſchen jenen
*) Das vielbeſprochene lebendig läßt ſich ſchon erklären:
der tiefton, den urſprünglich die endung -andi im partic.
hatte, hat gehaftet und ſich in den hochton, den hohen
ton der wurzel aber in einen tiefen verwandelt. Folge-
rechter nach dem allgemeinen ſprachgang hätte die wur-
zel den acutus behalten und die zweite ſilbe wenigſtens
tonlos werden müßen. So iſt es auch im mittelh. und
bei Gryphius.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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