Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. mittelhochdeutsche consonanten. liquidae. (sculpere) *) grille (grillus) knolle (globus) wolle (lana) vol,volles (plenus) hirn-bolle (cranium) troll (daemon) n. ähnl. (oben s. 335.) Unorganisch sind 1) aus li entsprungen: ellen (robur) helle (tartarus) geselle (consors) stellen (po- nere) wille (voluntas) welle (velim) hüllen (tegere) etc. 2) aus ld erweislich not-gestalle (amicus, necessarius) dessen pl. auf gallen, allen, vallen reimt (Parc. 112b Frig. 22b fr. belli 31b) bei Conrad aber (schwanr. 685.) not-gestalden:balden lautet (wurzel das goth. staldan, genauer folglich im mittelh. notgestalten). Recht merk- würdig, weil schon im alth. notigistallo, notstallo (O. IV. 16, 8. und Ludw. lied) gilt. Für nalde, nolde (acus) könnte zwar nolle eintreten, wenn nicht statt jenes selbst das org. nadel **) gemeinmittelh. form wäre. 3) zu wal, walles vgl. das goth. waddjus und lat. vallum. -- (MM) organisch: klimmen (scandere) limmen, brimmen (ru- gire) krimmen (ungulis rapere) swimmen (natare) stam, stammes (stipes) hamme (suffrago). Nachzuweisen der entsprung 1) aus mb (mp) in wamme (venter) lam, lam- mes (agnus) kam, kammes (pecten) krum, krummes, timmer (obscurus) zimmer (structura) klemmen (premere) kummer (dolor) imme (examen apium); einzelne schwan- ken, bei ältern dichtern steht gewöhnlich lamp-bes, swamp-bes, krump-bes, kumber, timber, zimber und auch bei den spätern noch tump-bes, stump-bes, umbe etc. Früh aber schon wamme, kaum wambe. Für ambet (alth. ambaht): verchlambet (a. Tit. 8.) gilt später theils ampt, theils amt (:schamt, samt, zamt. M. S. 2, 148b 176a und so Conr. Rudolf [Barl. 383. 384.] etc.). Für sumber (tympanum) habe ich nie summer gefunden. 2) aus mn (nämlich m-n) stimme (vox) goth. stibna, alth.? stima- na, stimna, stimpna (vgl. das sächs. hebhan mit himil oder das alth. hraban mit sächs. hrämn N. ram, rammes und dem östr. ramm. Aehnlich sammen (im Tit.) aus samnen, verdammen aus damnen, im 12. jahrh. noch sampnon:dampnon ***). 3) aus einf. m:grim, grimmes *) Hatte wohl früher einfaches l, wie das abgeleitete bilde, alth. piladi, piladi (sculptura) zeigt; da aber im nord, bilaeti gilt, so wäre eine noch ältere ursorm peilan, peil, pilun (caedere) möglich, die zugleich beil (actus caedendi) erläuterte. **) Oben s. 340. zuzufügen: nadel, zadel (penuria) tadel (labes) lauter Titurelsreime. ***) Tadelnswerth die assim. mm aus n-m, als ummuot, um-
muoße Nib. 2266, 3500 etc. I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae. (ſculpere) *) grille (grillus) knolle (globus) wolle (lana) vol,volles (plenus) hirn-bolle (cranium) troll (daemon) n. ähnl. (oben ſ. 335.) Unorganiſch ſind 1) aus li entſprungen: ellen (robur) helle (tartarus) geſelle (conſors) ſtellen (po- nere) wille (voluntas) welle (velim) hüllen (tegere) etc. 2) aus ld erweiſlich nôt-geſtalle (amicus, neceſſarius) deſſen pl. auf gallen, allen, vallen reimt (Parc. 112b Frig. 22b fr. belli 31b) bei Conrad aber (ſchwanr. 685.) nôt-geſtalden:balden lautet (wurzel das goth. ſtaldan, genauer folglich im mittelh. nôtgeſtalten). Recht merk- würdig, weil ſchon im alth. nôtigiſtallo, nôtſtallo (O. IV. 16, 8. und Ludw. lied) gilt. Für nâlde, nolde (acus) könnte zwar nolle eintreten, wenn nicht ſtatt jenes ſelbſt das org. nâdel **) gemeinmittelh. form wäre. 3) zu wal, walles vgl. das goth. waddjus und lat. vallum. — (MM) organiſch: klimmen (ſcandere) limmen, brimmen (ru- gire) krimmen (ungulis rapere) ſwimmen (natare) ſtam, ſtammes (ſtipes) hamme (ſuffrago). Nachzuweiſen der entſprung 1) aus mb (mp) in wamme (venter) lam, lam- mes (agnus) kam, kammes (pecten) krum, krummes, timmer (obſcurus) zimmer (ſtructura) klemmen (premere) kummer (dolor) imme (examen apium); einzelne ſchwan- ken, bei ältern dichtern ſteht gewöhnlich lamp-bes, ſwamp-bes, krump-bes, kumber, timber, zimber und auch bei den ſpätern noch tump-bes, ſtump-bes, umbe etc. Früh aber ſchon wamme, kaum wambe. Für ambet (alth. ambaht): verchlambet (a. Tit. 8.) gilt ſpäter theils ampt, theils amt (:ſchamt, ſamt, zamt. M. S. 2, 148b 176a und ſo Conr. Rudolf [Barl. 383. 384.] etc.). Für ſumber (tympanum) habe ich nie ſummer gefunden. 2) aus mn (nämlich m-n) ſtimme (vox) goth. ſtibna, alth.? ſtima- na, ſtimna, ſtimpna (vgl. das ſächſ. hëbhan mit himil oder das alth. hraban mit ſächſ. hrämn N. ram, rammes und dem öſtr. ramm. Aehnlich ſammen (im Tit.) aus ſamnen, verdammen aus damnen, im 12. jahrh. noch ſampnon:dampnon ***). 3) aus einf. m:grim, grimmes *) Hatte wohl früher einfaches l, wie das abgeleitete bilde, alth. piladi, pilâdi (ſculptura) zeigt; da aber im nord, bilæti gilt, ſo wäre eine noch ältere urſorm pîlan, peil, pilun (caedere) möglich, die zugleich bîl (actus caedendi) erläuterte. **) Oben ſ. 340. zuzufügen: nâdel, zâdel (penuria) tâdel (labes) lauter Titurelsreime. ***) Tadelnswerth die aſſim. mm aus n-m, als ummuot, um-
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I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae.
(ſculpere) *) grille (grillus) knolle (globus) wolle (lana) vol,
volles (plenus) hirn-bolle (cranium) troll (daemon) n. ähnl.
(oben ſ. 335.) Unorganiſch ſind 1) aus li entſprungen:
ellen (robur) helle (tartarus) geſelle (conſors) ſtellen (po-
nere) wille (voluntas) welle (velim) hüllen (tegere) etc.
2) aus ld erweiſlich nôt-geſtalle (amicus, neceſſarius)
deſſen pl. auf gallen, allen, vallen reimt (Parc. 112b
Frig. 22b fr. belli 31b) bei Conrad aber (ſchwanr. 685.)
nôt-geſtalden:balden lautet (wurzel das goth. ſtaldan,
genauer folglich im mittelh. nôtgeſtalten). Recht merk-
würdig, weil ſchon im alth. nôtigiſtallo, nôtſtallo (O. IV.
16, 8. und Ludw. lied) gilt. Für nâlde, nolde (acus)
könnte zwar nolle eintreten, wenn nicht ſtatt jenes ſelbſt
das org. nâdel **) gemeinmittelh. form wäre. 3) zu wal,
walles vgl. das goth. waddjus und lat. vallum. — (MM)
organiſch: klimmen (ſcandere) limmen, brimmen (ru-
gire) krimmen (ungulis rapere) ſwimmen (natare) ſtam,
ſtammes (ſtipes) hamme (ſuffrago). Nachzuweiſen der
entſprung 1) aus mb (mp) in wamme (venter) lam, lam-
mes (agnus) kam, kammes (pecten) krum, krummes,
timmer (obſcurus) zimmer (ſtructura) klemmen (premere)
kummer (dolor) imme (examen apium); einzelne ſchwan-
ken, bei ältern dichtern ſteht gewöhnlich lamp-bes,
ſwamp-bes, krump-bes, kumber, timber, zimber und
auch bei den ſpätern noch tump-bes, ſtump-bes, umbe
etc. Früh aber ſchon wamme, kaum wambe. Für ambet
(alth. ambaht): verchlambet (a. Tit. 8.) gilt ſpäter theils
ampt, theils amt (:ſchamt, ſamt, zamt. M. S. 2, 148b 176a
und ſo Conr. Rudolf [Barl. 383. 384.] etc.). Für ſumber
(tympanum) habe ich nie ſummer gefunden. 2) aus mn
(nämlich m-n) ſtimme (vox) goth. ſtibna, alth.? ſtima-
na, ſtimna, ſtimpna (vgl. das ſächſ. hëbhan mit himil
oder das alth. hraban mit ſächſ. hrämn N. ram, rammes
und dem öſtr. ramm. Aehnlich ſammen (im Tit.) aus
ſamnen, verdammen aus damnen, im 12. jahrh. noch
ſampnon:dampnon ***). 3) aus einf. m:grim, grimmes
*) Hatte wohl früher einfaches l, wie das abgeleitete bilde,
alth. piladi, pilâdi (ſculptura) zeigt; da aber im nord,
bilæti gilt, ſo wäre eine noch ältere urſorm pîlan, peil,
pilun (caedere) möglich, die zugleich bîl (actus caedendi)
erläuterte.
**) Oben ſ. 340. zuzufügen: nâdel, zâdel (penuria) tâdel
(labes) lauter Titurelsreime.
***) Tadelnswerth die aſſim. mm aus n-m, als ummuot, um-
muoƷe Nib. 2266, 3500 etc.
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