skjil (discrimen) skjeina (splendere) wird nirgends geschrie- ben. Noch weniger kjyn, kjyll, kjiaptr, kjiölr für kyn (genus) kyll (rivus) kiaptr (faux) kiölr (carina) wie doch gesprochen werden müste, wenn dem k vor weichen vocalen der laut kj zustünde. Rask stellt die sache in schiefes licht, wenn er das iö (oder wie er schreibt jö) in kiör (arbitrium) und ähnlichen wörtern mit den diphth. ia, io, ia aus dem gelinden kehllant erklärt, da diese diphth. von dem k und seiner aussprache unabhängig in der wurzel bestehen und eben so gut nach andern consonanzen vorkommen; kiöll, kialar hat die vocale mit fiöl, fialar gemein, soll der kehllaut noch besonders wirken, so muß kjiöl, kjialar behauptet werden und kinn anders lauten als minn (meus) nämlich kjinn. wofür ich keinen beweis im dän. antreffe, wo man zwar kjende, kjöl und sogar kjön (genus) hingegen kind (mala) schreibt und spricht. Nach allem diesem, glaube ich, kann dem k vor e, ei, ey, ae, oe die aussprache kj für die jetzige zeit zustehen (für die ältere bleibt sie unerwiesen und ich schreibe lieber ein altn. ke, kei etc. als ke, kei oder kje, kjei); ungewisser scheint k vor i, ei, y, y, ia, iö, weil hier kj mit dem i oder y des wurzelvocals zus. stößt, doch gibt Rask, wie aus §. 39. erhellt, dem ge- schriebenen druckinn, ecki, baki die aussprache druck- jinn, eckji, bakji, folglich lautet auch kinn, kiöll dem heutigen Isländer kjinn, kjiöll *). Eine note gestattet ausnahmsweise die landschaftliche aussprache ecki (st. eckji) und wahrscheinlich ist dies gerade der älteren sprache angemeßen.
(G) die organ. media; wegen ihrer heutigen aus- sprache vor den weichen vocalen gilt ganz das so eben beim k gesagte, nämlich gemlir (senex) geit (capra) gey- ma (curare) ginna (allicere) etc. lauten wie gjemlir, gjeit, gjeyma, gjinna. -- Mit j (wie im angels.) vermengt sich g nie; eben so wenig mit h, wird aber auslautend zu- weilen im starken praet. apocopiert, als hne (hneig) ste (steig) se (seig) dro (drog) slo (slog) und mit verlänger- tem vocal va, la, ma, kna, sva, tha, fra für vag -- frag; seltner inlautend vau etc. f. vagu, hierher auch bra f. bragd, praet. von bregda (vgl. oben s. 264 und 303).
*) Beiläufig ein grund für die schreibung des diphth, iö, ia, (nicht jö, ja); schriebe man mjöll, kjöll, so würde das unaussprechliche kjjöll hervorgehen.
X
I. altnordiſche conſonanten. gutturales.
ſkjil (diſcrimen) ſkjîna (ſplendere) wird nirgends geſchrie- ben. Noch weniger kjyn, kjŷll, kjiaptr, kjiölr für kyn (genus) kŷll (rivus) kiaptr (faux) kiölr (carina) wie doch geſprochen werden müſte, wenn dem k vor weichen vocalen der laut kj zuſtünde. Raſk ſtellt die ſache in ſchiefes licht, wenn er das iö (oder wie er ſchreibt jö) in kiör (arbitrium) und ähnlichen wörtern mit den diphth. ia, ió, iâ aus dem gelinden kehllant erklärt, da dieſe diphth. von dem k und ſeiner ausſprache unabhängig in der wurzel beſtehen und eben ſo gut nach andern conſonanzen vorkommen; kiöll, kialar hat die vocale mit fiöl, fialar gemein, ſoll der kehllaut noch beſonders wirken, ſo muß kjiöl, kjialar behauptet werden und kinn anders lauten als minn (meus) nämlich kjinn. wofür ich keinen beweis im dän. antreffe, wo man zwar kjende, kjöl und ſogar kjön (genus) hingegen kind (mala) ſchreibt und ſpricht. Nach allem dieſem, glaube ich, kann dem k vor e, ei, ey, æ, œ die ausſprache kj für die jetzige zeit zuſtehen (für die ältere bleibt ſie unerwieſen und ich ſchreibe lieber ein altn. ke, kei etc. als ké, kéi oder kje, kjei); ungewiſſer ſcheint k vor i, î, y, ŷ, ia, iö, weil hier kj mit dem i oder y des wurzelvocals zuſ. ſtößt, doch gibt Raſk, wie aus §. 39. erhellt, dem ge- ſchriebenen druckinn, ëcki, baki die ausſprache druck- jinn, ëckji, bakji, folglich lautet auch kinn, kiöll dem heutigen Isländer kjinn, kjiöll *). Eine note geſtattet ausnahmsweiſe die landſchaftliche ausſprache ëcki (ſt. ëckji) und wahrſcheinlich iſt dies gerade der älteren ſprache angemeßen.
(G) die organ. media; wegen ihrer heutigen aus- ſprache vor den weichen vocalen gilt ganz das ſo eben beim k geſagte, nämlich gemlir (ſenex) geit (capra) gey- ma (curare) ginna (allicere) etc. lauten wie gjemlir, gjeit, gjeyma, gjinna. — Mit j (wie im angelſ.) vermengt ſich g nie; eben ſo wenig mit h, wird aber auslautend zu- weilen im ſtarken praet. apocopiert, als hnê (hneig) ſtê (ſteig) ſê (ſeig) drô (drôg) ſlô (ſlôg) und mit verlänger- tem vocal vâ, lâ, mâ, knâ, ſvâ, þâ, frâ für vag — frag; ſeltner inlautend vâu etc. f. vâgu, hierher auch brâ f. bragd, praet. von brëgda (vgl. oben ſ. 264 und 303).
*) Beiläufig ein grund für die ſchreibung des diphth, iö, ia, (nicht jö, ja); ſchriebe man mjöll, kjöll, ſo würde das unausſprechliche kjjöll hervorgehen.
X
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0347"n="321"/><fwplace="top"type="header">I. <hirendition="#i">altnordiſche conſonanten. gutturales.</hi></fw><lb/>ſkjil (diſcrimen) ſkjîna (ſplendere) wird nirgends geſchrie-<lb/>
ben. Noch weniger kjyn, kjŷll, kjiaptr, kjiölr für kyn<lb/>
(genus) kŷll (rivus) kiaptr (faux) kiölr (carina) wie doch<lb/>
geſprochen werden müſte, wenn dem k vor weichen<lb/>
vocalen der laut kj zuſtünde. Raſk ſtellt die ſache in<lb/>ſchiefes licht, wenn er das iö (oder wie er ſchreibt jö)<lb/>
in kiör (arbitrium) und ähnlichen wörtern mit den diphth.<lb/>
ia, ió, iâ aus dem gelinden kehllant erklärt, da dieſe<lb/>
diphth. von dem k und ſeiner ausſprache unabhängig<lb/>
in der wurzel beſtehen und eben ſo gut nach andern<lb/>
conſonanzen vorkommen; kiöll, kialar hat die vocale<lb/>
mit fiöl, fialar gemein, ſoll der kehllaut noch beſonders<lb/>
wirken, ſo muß kjiöl, kjialar behauptet werden und kinn<lb/>
anders lauten als minn (meus) nämlich kjinn. wofür<lb/>
ich keinen beweis im dän. antreffe, wo man zwar kjende,<lb/>
kjöl und ſogar kjön (genus) hingegen kind (mala) ſchreibt<lb/>
und ſpricht. Nach allem dieſem, glaube ich, kann dem<lb/>
k vor e, ei, ey, æ, œ die ausſprache kj für die jetzige<lb/>
zeit zuſtehen (für die ältere bleibt ſie unerwieſen und<lb/>
ich ſchreibe lieber ein altn. ke, kei etc. als ké, kéi oder<lb/>
kje, kjei); ungewiſſer ſcheint k vor i, î, y, ŷ, ia, iö,<lb/>
weil hier kj mit dem i oder y des wurzelvocals zuſ.<lb/>ſtößt, doch gibt Raſk, wie aus §. 39. erhellt, dem ge-<lb/>ſchriebenen druckinn, ëcki, baki die ausſprache druck-<lb/>
jinn, ëckji, bakji, folglich lautet auch kinn, kiöll dem<lb/>
heutigen Isländer kjinn, kjiöll <noteplace="foot"n="*)">Beiläufig ein grund für die ſchreibung des diphth, iö, ia,<lb/>
(nicht jö, ja); ſchriebe man mjöll, kjöll, ſo würde das<lb/>
unausſprechliche kjjöll hervorgehen.</note>. Eine note geſtattet<lb/>
ausnahmsweiſe die landſchaftliche ausſprache ëcki (ſt.<lb/>
ëckji) und wahrſcheinlich iſt dies gerade der älteren<lb/>ſprache angemeßen.</p><lb/><p>(G) die organ. media; wegen ihrer heutigen aus-<lb/>ſprache vor den weichen vocalen gilt ganz das ſo eben<lb/>
beim k geſagte, nämlich gemlir (ſenex) geit (capra) gey-<lb/>
ma (curare) ginna (allicere) etc. lauten wie gjemlir, gjeit,<lb/>
gjeyma, gjinna. — Mit j (wie im angelſ.) vermengt ſich<lb/>
g nie; eben ſo wenig mit h, wird aber auslautend zu-<lb/>
weilen im ſtarken praet. apocopiert, als hnê (hneig) ſtê<lb/>
(ſteig) ſê (ſeig) drô (drôg) ſlô (ſlôg) und mit verlänger-<lb/>
tem vocal vâ, lâ, mâ, knâ, ſvâ, þâ, frâ für vag — frag;<lb/>ſeltner inlautend vâu etc. f. vâgu, hierher auch brâ f.<lb/>
bragd, praet. von brëgda (vgl. oben ſ. 264 und 303).</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">X</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[321/0347]
I. altnordiſche conſonanten. gutturales.
ſkjil (diſcrimen) ſkjîna (ſplendere) wird nirgends geſchrie-
ben. Noch weniger kjyn, kjŷll, kjiaptr, kjiölr für kyn
(genus) kŷll (rivus) kiaptr (faux) kiölr (carina) wie doch
geſprochen werden müſte, wenn dem k vor weichen
vocalen der laut kj zuſtünde. Raſk ſtellt die ſache in
ſchiefes licht, wenn er das iö (oder wie er ſchreibt jö)
in kiör (arbitrium) und ähnlichen wörtern mit den diphth.
ia, ió, iâ aus dem gelinden kehllant erklärt, da dieſe
diphth. von dem k und ſeiner ausſprache unabhängig
in der wurzel beſtehen und eben ſo gut nach andern
conſonanzen vorkommen; kiöll, kialar hat die vocale
mit fiöl, fialar gemein, ſoll der kehllaut noch beſonders
wirken, ſo muß kjiöl, kjialar behauptet werden und kinn
anders lauten als minn (meus) nämlich kjinn. wofür
ich keinen beweis im dän. antreffe, wo man zwar kjende,
kjöl und ſogar kjön (genus) hingegen kind (mala) ſchreibt
und ſpricht. Nach allem dieſem, glaube ich, kann dem
k vor e, ei, ey, æ, œ die ausſprache kj für die jetzige
zeit zuſtehen (für die ältere bleibt ſie unerwieſen und
ich ſchreibe lieber ein altn. ke, kei etc. als ké, kéi oder
kje, kjei); ungewiſſer ſcheint k vor i, î, y, ŷ, ia, iö,
weil hier kj mit dem i oder y des wurzelvocals zuſ.
ſtößt, doch gibt Raſk, wie aus §. 39. erhellt, dem ge-
ſchriebenen druckinn, ëcki, baki die ausſprache druck-
jinn, ëckji, bakji, folglich lautet auch kinn, kiöll dem
heutigen Isländer kjinn, kjiöll *). Eine note geſtattet
ausnahmsweiſe die landſchaftliche ausſprache ëcki (ſt.
ëckji) und wahrſcheinlich iſt dies gerade der älteren
ſprache angemeßen.
(G) die organ. media; wegen ihrer heutigen aus-
ſprache vor den weichen vocalen gilt ganz das ſo eben
beim k geſagte, nämlich gemlir (ſenex) geit (capra) gey-
ma (curare) ginna (allicere) etc. lauten wie gjemlir, gjeit,
gjeyma, gjinna. — Mit j (wie im angelſ.) vermengt ſich
g nie; eben ſo wenig mit h, wird aber auslautend zu-
weilen im ſtarken praet. apocopiert, als hnê (hneig) ſtê
(ſteig) ſê (ſeig) drô (drôg) ſlô (ſlôg) und mit verlänger-
tem vocal vâ, lâ, mâ, knâ, ſvâ, þâ, frâ für vag — frag;
ſeltner inlautend vâu etc. f. vâgu, hierher auch brâ f.
bragd, praet. von brëgda (vgl. oben ſ. 264 und 303).
*) Beiläufig ein grund für die ſchreibung des diphth, iö, ia,
(nicht jö, ja); ſchriebe man mjöll, kjöll, ſo würde das
unausſprechliche kjjöll hervorgehen.
X
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/347>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.