was, warun. Wörter und formen, die am häufigsten ge- braucht wurden, scheinen sich zuerst dem r bequemt zu haben (mehr unten beim f.). -- Zwischen r und l gilt kein wechsel (ausnahme: chilecha f. chirihha N. 34, 18. 101, 7. 143, 2.) und durch assimilation fillorane st. firlo- rane O. I. 23, 73; zwischen l und n wohl nur in der ver- bindung sl. sn, wovon unten beim f. --
gemination der liquiden ist häufig, LL, MM, NN, RR, man merke aber: nur im inlaut, im auslaut wird der cons. einfach, z. b. scal, klam, span, war, praeterita von scellan, klimman, spinnan, werran; desgl. im nom. fal, man, gen. falles, mannes. Diese vereinfachung kann und muß dem umlaut des inlautenden b und d in ein auslautendes p und t verglichen werden, woraus sich der wichtige satz ergibt, daß die einfache liq. gleich der tenuis) härter, die doppelte liq. (gleich der med.) miider laute. Mundarten, welche die media der ten. vorziehen, wer- den sich stets zur gemination neigen (z. b. die dänische) und schon im allgemeinen haben wir in der gemination ein späteres, schwächendes princip zu erkennen geglaubt. Wurde nun jener schreibung gemäß auch ausgesprochen? Ich bejahe dies und glaube selbst, daß ohne die aus- sprache der einfache consonantauslaut nicht geschrieben worden wäre. Die neuh. schreibung, fall, mann etc. beweist nichts dawider, indem auch gab, rad etc. ge- schrieben wird st. gap. rat. Im alt- und mittelh. sprach man fal (casus) und tal (vallis) ganz gleich aus, uner- achtet jenes den gen. falles, dieses tales machte *). Da nun der geminierte laut position erzeugt, so sind die angeführten gen. geschärft, die nom. schwebend aus- zusprechen **). Übrigens tritt auch im inlaut die ver- einfachte liq. ein, wenn das t des zusammengezogenen schw. praet. anstößt, z. b. hulta, mamta, nanta, tharta,
*) Aus gleichem grunde schrieb und sprach der Gothe vulf und lauf. qvath und bsth, obschon die inlaute vulsis und laubis, qvethun und bedun ergeben.
**) Verwechselungen einzelner wörter hatte hierbei die alte sprache kaum zu fürchten; scheinbare beispiele aus der neuh. u. selbst mittelh. tressen sie nicht. Wenn es uns schwer fiele, lam (claudus) von lam (agnus), war (fuit) von war (confudit) zu unterscheiden, wenn wir daher billig lahm, lamm, war und warr schreiben; so lauteten die alth. formen: lam, lamp; was, war und das kurze a fühlte man deutlich.
I. althochdeutſche conſonanten. liquidae.
was, wârun. Wörter und formen, die am häufigſten ge- braucht wurden, ſcheinen ſich zuerſt dem r bequemt zu haben (mehr unten beim f.). — Zwiſchen r und l gilt kein wechſel (ausnahme: chilecha f. chirihha N. 34, 18. 101, 7. 143, 2.) und durch aſſimilation fillorane ſt. firlo- rane O. I. 23, 73; zwiſchen l und n wohl nur in der ver- bindung ſl. ſn, wovon unten beim f. —
gemination der liquiden iſt häufig, LL, MM, NN, RR, man merke aber: nur im inlaut, im auslaut wird der conſ. einfach, z. b. ſcal, klam, ſpan, war, praeterita von ſcëllan, klimman, ſpinnan, wërran; desgl. im nom. fal, man, gen. falles, mannes. Dieſe vereinfachung kann und muß dem umlaut des inlautenden b und d in ein auslautendes p und t verglichen werden, woraus ſich der wichtige ſatz ergibt, daß die einfache liq. gleich der tenuis) härter, die doppelte liq. (gleich der med.) miider laute. Mundarten, welche die media der ten. vorziehen, wer- den ſich ſtets zur gemination neigen (z. b. die däniſche) und ſchon im allgemeinen haben wir in der gemination ein ſpäteres, ſchwächendes princip zu erkennen geglaubt. Wurde nun jener ſchreibung gemäß auch ausgeſprochen? Ich bejahe dies und glaube ſelbſt, daß ohne die aus- ſprache der einfache conſonantauslaut nicht geſchrieben worden wäre. Die neuh. ſchreibung, fall, mann etc. beweiſt nichts dawider, indem auch gab, rad etc. ge- ſchrieben wird ſt. gap. rat. Im alt- und mittelh. ſprach man fal (caſus) und tal (vallis) ganz gleich aus, uner- achtet jenes den gen. falles, dieſes tales machte *). Da nun der geminierte laut poſition erzeugt, ſo ſind die angeführten gen. geſchärft, die nom. ſchwebend aus- zuſprechen **). Übrigens tritt auch im inlaut die ver- einfachte liq. ein, wenn das t des zuſammengezogenen ſchw. praet. anſtößt, z. b. hulta, mamta, nanta, tharta,
*) Aus gleichem grunde ſchrieb und ſprach der Gothe vulf und láuf. qvaþ und bsþ, obſchon die inlaute vulſis und láubis, qvêþun und bêdun ergeben.
**) Verwechſelungen einzelner wörter hatte hierbei die alte ſprache kaum zu fürchten; ſcheinbare beiſpiele aus der neuh. u. ſelbſt mittelh. treſſen ſie nicht. Wenn es uns ſchwer fiele, lam (claudus) von lam (agnus), war (fuit) von war (confudit) zu unterſcheiden, wenn wir daher billig lahm, lamm, war und warr ſchreiben; ſo lauteten die alth. formen: lam, lamp; was, war und das kurze a fühlte man deutlich.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0148"n="122"/><fwplace="top"type="header">I. <hirendition="#i">althochdeutſche conſonanten. liquidae.</hi></fw><lb/>
was, wârun. Wörter und formen, die am häufigſten ge-<lb/>
braucht wurden, ſcheinen ſich zuerſt dem <hirendition="#i">r</hi> bequemt zu<lb/>
haben (mehr unten beim f.). — Zwiſchen <hirendition="#i">r</hi> und <hirendition="#i">l</hi> gilt<lb/>
kein wechſel (ausnahme: chilecha f. chirihha N. 34, 18.<lb/>
101, 7. 143, 2.) und durch aſſimilation fillorane ſt. firlo-<lb/>
rane O. I. 23, 73; zwiſchen <hirendition="#i">l</hi> und <hirendition="#i">n</hi> wohl nur in der ver-<lb/>
bindung <hirendition="#i">ſl</hi>. <hirendition="#i">ſn</hi>, wovon unten beim f. —</p><lb/><p><hirendition="#i">gemination</hi> der liquiden iſt häufig, LL, MM, NN, RR,<lb/>
man merke aber: nur im inlaut, im auslaut wird der conſ.<lb/>
einfach, z. b. ſcal, klam, ſpan, war, praeterita von ſcëllan,<lb/>
klimman, ſpinnan, wërran; desgl. im nom. fal, man,<lb/>
gen. falles, mannes. Dieſe vereinfachung kann und muß<lb/>
dem umlaut des inlautenden b und d in ein auslautendes<lb/>
p und t verglichen werden, woraus ſich der wichtige<lb/>ſatz ergibt, daß die einfache liq. gleich der tenuis)<lb/>
härter, die doppelte liq. (gleich der med.) miider laute.<lb/>
Mundarten, welche die media der ten. vorziehen, wer-<lb/>
den ſich ſtets zur gemination neigen (z. b. die däniſche)<lb/>
und ſchon im allgemeinen haben wir in der gemination<lb/>
ein ſpäteres, ſchwächendes princip zu erkennen geglaubt.<lb/>
Wurde nun jener ſchreibung gemäß auch ausgeſprochen?<lb/>
Ich bejahe dies und glaube ſelbſt, daß ohne die aus-<lb/>ſprache der einfache conſonantauslaut nicht geſchrieben<lb/>
worden wäre. Die neuh. ſchreibung, fall, mann etc.<lb/>
beweiſt nichts dawider, indem auch gab, rad etc. ge-<lb/>ſchrieben wird ſt. gap. rat. Im alt- und mittelh. ſprach<lb/>
man fal (caſus) und tal (vallis) ganz gleich aus, uner-<lb/>
achtet jenes den gen. falles, dieſes tales machte <noteplace="foot"n="*)">Aus gleichem grunde ſchrieb und ſprach der Gothe vulf<lb/>
und láuf. qvaþ und bsþ, obſchon die inlaute vulſis und<lb/>
láubis, qvêþun und bêdun ergeben.</note>. Da<lb/>
nun der geminierte laut poſition erzeugt, ſo ſind die<lb/>
angeführten gen. geſchärft, die nom. ſchwebend aus-<lb/>
zuſprechen <noteplace="foot"n="**)">Verwechſelungen einzelner wörter hatte hierbei die alte<lb/>ſprache kaum zu fürchten; ſcheinbare beiſpiele aus der<lb/>
neuh. u. ſelbſt mittelh. treſſen ſie nicht. Wenn es uns<lb/>ſchwer fiele, lam (claudus) von lam (agnus), war (fuit)<lb/>
von war (confudit) zu unterſcheiden, wenn wir daher<lb/>
billig lahm, lamm, war und warr ſchreiben; ſo lauteten<lb/>
die alth. formen: lam, lamp; was, war und das kurze a<lb/>
fühlte man deutlich.</note>. Übrigens tritt auch im inlaut die ver-<lb/>
einfachte liq. ein, wenn das <hirendition="#i">t</hi> des zuſammengezogenen<lb/>ſchw. praet. anſtößt, z. b. hulta, mamta, nanta, tharta,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[122/0148]
I. althochdeutſche conſonanten. liquidae.
was, wârun. Wörter und formen, die am häufigſten ge-
braucht wurden, ſcheinen ſich zuerſt dem r bequemt zu
haben (mehr unten beim f.). — Zwiſchen r und l gilt
kein wechſel (ausnahme: chilecha f. chirihha N. 34, 18.
101, 7. 143, 2.) und durch aſſimilation fillorane ſt. firlo-
rane O. I. 23, 73; zwiſchen l und n wohl nur in der ver-
bindung ſl. ſn, wovon unten beim f. —
gemination der liquiden iſt häufig, LL, MM, NN, RR,
man merke aber: nur im inlaut, im auslaut wird der conſ.
einfach, z. b. ſcal, klam, ſpan, war, praeterita von ſcëllan,
klimman, ſpinnan, wërran; desgl. im nom. fal, man,
gen. falles, mannes. Dieſe vereinfachung kann und muß
dem umlaut des inlautenden b und d in ein auslautendes
p und t verglichen werden, woraus ſich der wichtige
ſatz ergibt, daß die einfache liq. gleich der tenuis)
härter, die doppelte liq. (gleich der med.) miider laute.
Mundarten, welche die media der ten. vorziehen, wer-
den ſich ſtets zur gemination neigen (z. b. die däniſche)
und ſchon im allgemeinen haben wir in der gemination
ein ſpäteres, ſchwächendes princip zu erkennen geglaubt.
Wurde nun jener ſchreibung gemäß auch ausgeſprochen?
Ich bejahe dies und glaube ſelbſt, daß ohne die aus-
ſprache der einfache conſonantauslaut nicht geſchrieben
worden wäre. Die neuh. ſchreibung, fall, mann etc.
beweiſt nichts dawider, indem auch gab, rad etc. ge-
ſchrieben wird ſt. gap. rat. Im alt- und mittelh. ſprach
man fal (caſus) und tal (vallis) ganz gleich aus, uner-
achtet jenes den gen. falles, dieſes tales machte *). Da
nun der geminierte laut poſition erzeugt, ſo ſind die
angeführten gen. geſchärft, die nom. ſchwebend aus-
zuſprechen **). Übrigens tritt auch im inlaut die ver-
einfachte liq. ein, wenn das t des zuſammengezogenen
ſchw. praet. anſtößt, z. b. hulta, mamta, nanta, tharta,
*) Aus gleichem grunde ſchrieb und ſprach der Gothe vulf
und láuf. qvaþ und bsþ, obſchon die inlaute vulſis und
láubis, qvêþun und bêdun ergeben.
**) Verwechſelungen einzelner wörter hatte hierbei die alte
ſprache kaum zu fürchten; ſcheinbare beiſpiele aus der
neuh. u. ſelbſt mittelh. treſſen ſie nicht. Wenn es uns
ſchwer fiele, lam (claudus) von lam (agnus), war (fuit)
von war (confudit) zu unterſcheiden, wenn wir daher
billig lahm, lamm, war und warr ſchreiben; ſo lauteten
die alth. formen: lam, lamp; was, war und das kurze a
fühlte man deutlich.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/148>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.