Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.
Nur manchmahl aus der fremden weiten Ferne Des freundlichen Gefährten sich erinnernd -- (die Stimme versagt ihr.) Phaon (bewegt.) O Sappho! Sappho. Still! Laß uns in Ruhe scheiden! (zu den übrigen.) Ihr, die ihr Sappho'n schwach gesehn, verzeiht! Ich will mit Sappho's Schwäche euch versöhnen, Gebeugt erst zeigt der Bogen seine Kraft! (auf den Altar im Hintergrunde zeigend.) Die Flamme zündet Aphroditens an, Daß hell sie strahle in das Morgenroth! (es geschieht.) Und nun entfernt euch, lasset mich allein, Alleine mit den Meinen mich berathen! Rhamnes. Sie will's, laßt uns gehorchen, kommt, ihr alle! (ziehen sich zurück.) Sappho (vortretend.) Erhab'ne, heil'ge Götter! Ihr habt mit reichem Segen mich geschmückt! In meine Hand gabt ihr des Sanges Bogen, Der Dichtung vollen Köcher gabt ihr mir, Ein Herz zu fühlen, einen Geist zu denken F 2
Nur manchmahl aus der fremden weiten Ferne Des freundlichen Gefährten ſich erinnernd — (die Stimme verſagt ihr.) Phaon (bewegt.) O Sappho! Sappho. Still! Laß uns in Ruhe ſcheiden! (zu den übrigen.) Ihr, die ihr Sappho'n ſchwach geſehn, verzeiht! Ich will mit Sappho's Schwäche euch verſöhnen, Gebeugt erſt zeigt der Bogen ſeine Kraft! (auf den Altar im Hintergrunde zeigend.) Die Flamme zündet Aphroditens an, Daß hell ſie ſtrahle in das Morgenroth! (es geſchieht.) Und nun entfernt euch, laſſet mich allein, Alleine mit den Meinen mich berathen! Rhamnes. Sie will's, laßt uns gehorchen, kommt, ihr alle! (ziehen ſich zurück.) Sappho (vortretend.) Erhab'ne, heil'ge Götter! Ihr habt mit reichem Segen mich geſchmückt! In meine Hand gabt ihr des Sanges Bogen, Der Dichtung vollen Köcher gabt ihr mir, Ein Herz zu fühlen, einen Geiſt zu denken F 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SAP"> <p><pb facs="#f0133" n="123"/> Nur manchmahl aus der fremden weiten Ferne<lb/> Des freundlichen Gefährten ſich erinnernd —</p><lb/> <stage>(die Stimme verſagt ihr.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker> <hi rendition="#g">Phaon</hi> </speaker> <stage>(bewegt.)</stage><lb/> <p>O Sappho!</p> </sp><lb/> <sp who="#SAP"> <speaker><hi rendition="#g">Sappho</hi>.</speaker><lb/> <p>Still! Laß uns in Ruhe ſcheiden!</p><lb/> <stage>(zu den übrigen.)</stage><lb/> <p>Ihr, die ihr Sappho'n ſchwach geſehn, verzeiht!<lb/> Ich will mit Sappho's Schwäche euch verſöhnen,<lb/> Gebeugt erſt zeigt der Bogen ſeine Kraft!</p><lb/> <stage>(auf den Altar im Hintergrunde zeigend.)</stage><lb/> <p>Die Flamme zündet Aphroditens an,<lb/> Daß hell ſie ſtrahle in das Morgenroth!</p><lb/> <stage>(es geſchieht.)</stage><lb/> <p>Und nun entfernt euch, laſſet mich allein,<lb/> Alleine mit den Meinen mich berathen!</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie will's, laßt uns gehorchen, kommt, ihr alle!</p><lb/> <stage>(ziehen ſich zurück.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#SAP"> <speaker> <hi rendition="#g">Sappho</hi> </speaker> <stage>(vortretend.)</stage><lb/> <p>Erhab'ne, heil'ge Götter!<lb/> Ihr habt mit reichem Segen mich geſchmückt!<lb/> In meine Hand gabt ihr des Sanges Bogen,<lb/> Der Dichtung vollen Köcher gabt ihr mir,<lb/> Ein Herz zu fühlen, einen Geiſt zu denken<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0133]
Nur manchmahl aus der fremden weiten Ferne
Des freundlichen Gefährten ſich erinnernd —
(die Stimme verſagt ihr.)
Phaon (bewegt.)
O Sappho!
Sappho.
Still! Laß uns in Ruhe ſcheiden!
(zu den übrigen.)
Ihr, die ihr Sappho'n ſchwach geſehn, verzeiht!
Ich will mit Sappho's Schwäche euch verſöhnen,
Gebeugt erſt zeigt der Bogen ſeine Kraft!
(auf den Altar im Hintergrunde zeigend.)
Die Flamme zündet Aphroditens an,
Daß hell ſie ſtrahle in das Morgenroth!
(es geſchieht.)
Und nun entfernt euch, laſſet mich allein,
Alleine mit den Meinen mich berathen!
Rhamnes.
Sie will's, laßt uns gehorchen, kommt, ihr alle!
(ziehen ſich zurück.)
Sappho (vortretend.)
Erhab'ne, heil'ge Götter!
Ihr habt mit reichem Segen mich geſchmückt!
In meine Hand gabt ihr des Sanges Bogen,
Der Dichtung vollen Köcher gabt ihr mir,
Ein Herz zu fühlen, einen Geiſt zu denken
F 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |