Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830. (König Andreas tritt von der linken Seite auf mit Gefolge.) König. O, schmerzenvoller Anblick! Meine Kinder, Sie flieh'n vor mir, sie flieh'n vor ihrem Vater. (Im Hintergrunde schickt sich ein Haufe an, die Feinde zu verfolgen.) Halt ein! Zu viel! Schon't Eurer Brüder Blut! Bis Alles erst versucht, das Letzte fruchtlos. Bin ich in meinem Land? Ist dies mein Volk? Wenn sonst ich heim aus fernen Kriegen kam, Wie drängte sich der Schwarm in meinen Weg, Mit Jubelruf, mit Dank- mit Freudenthränen; Und wessen Aug' des König's Auge traf, Der war ein Glücklicher, der Neid der Andern. Nun schließen sie das Thor, und von den Zinnen Blink't Speer an Speer mir seinen trotz'gen Gruß. Hier war der Ort, da kam sie mir entgegen, Mit ihrem Sohn, mein Weib, mein theures Weib! Nun ist sie todt, und ungewisses Bangen Wird mir als Antwort, frag' ich um den Sohn. -- Bancban! Bancban! Wie hast du mich getäuscht Um mein Vertrau'n, das ich auf dich gewendet! Und haben sie das Aergste dir gethan; Ich dachte dich, den Mann, zu steh'n dem Aergsten! (Er starrt vor sich hin.) (Der Befehlshaber, der den Aufrührern gefolgt ist, kommt zu- rück. Die Umstehenden bedeuten ihn, auf den König zeigend, sich stille zu halten.) König. Wer kommt? Was ist? -- Hast den Rebellen du Mein Wort verkündet? (König Andreas tritt von der linken Seite auf mit Gefolge.) König. O, ſchmerzenvoller Anblick! Meine Kinder, Sie flieh’n vor mir, ſie flieh’n vor ihrem Vater. (Im Hintergrunde ſchickt ſich ein Haufe an, die Feinde zu verfolgen.) Halt ein! Zu viel! Schon’t Eurer Brüder Blut! Bis Alles erſt verſucht, das Letzte fruchtlos. Bin ich in meinem Land? Iſt dies mein Volk? Wenn ſonſt ich heim aus fernen Kriegen kam, Wie drängte ſich der Schwarm in meinen Weg, Mit Jubelruf, mit Dank- mit Freudenthränen; Und weſſen Aug’ des König’s Auge traf, Der war ein Glücklicher, der Neid der Andern. Nun ſchließen ſie das Thor, und von den Zinnen Blink’t Speer an Speer mir ſeinen trotz’gen Gruß. Hier war der Ort, da kam ſie mir entgegen, Mit ihrem Sohn, mein Weib, mein theures Weib! Nun iſt ſie todt, und ungewiſſes Bangen Wird mir als Antwort, frag’ ich um den Sohn. — Bancban! Bancban! Wie haſt du mich getäuſcht Um mein Vertrau’n, das ich auf dich gewendet! Und haben ſie das Aergſte dir gethan; Ich dachte dich, den Mann, zu ſteh’n dem Aergſten! (Er ſtarrt vor ſich hin.) (Der Befehlshaber, der den Aufrührern gefolgt iſt, kommt zu- rück. Die Umſtehenden bedeuten ihn, auf den König zeigend, ſich ſtille zu halten.) König. Wer kommt? Was iſt? — Haſt den Rebellen du Mein Wort verkündet? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SIMON"> <pb facs="#f0141" n="133"/> <stage>(König <hi rendition="#g">Andreas</hi> tritt von der linken Seite auf mit Gefolge.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">König</hi>.</speaker><lb/> <p>O, ſchmerzenvoller Anblick! Meine Kinder,<lb/> Sie flieh’n vor mir, ſie flieh’n vor ihrem Vater.</p><lb/> <stage>(Im Hintergrunde ſchickt ſich ein Haufe an, die Feinde zu verfolgen.)</stage><lb/> <p>Halt ein! Zu viel! Schon’t Eurer Brüder Blut!<lb/> Bis Alles erſt verſucht, das Letzte fruchtlos.<lb/> Bin ich in meinem Land? Iſt dies mein Volk?<lb/> Wenn ſonſt ich heim aus fernen Kriegen kam,<lb/> Wie drängte ſich der Schwarm in meinen Weg,<lb/> Mit Jubelruf, mit Dank- mit Freudenthränen;<lb/> Und weſſen Aug’ des König’s Auge traf,<lb/> Der war ein Glücklicher, der Neid der Andern.<lb/> Nun ſchließen ſie das Thor, und von den Zinnen<lb/> Blink’t Speer an Speer mir ſeinen trotz’gen Gruß.<lb/> Hier war der Ort, da kam ſie mir entgegen,<lb/> Mit ihrem Sohn, mein Weib, mein theures Weib!<lb/> Nun iſt ſie todt, und ungewiſſes Bangen<lb/> Wird mir als Antwort, frag’ ich um den Sohn. —<lb/> Bancban! Bancban! Wie haſt du mich getäuſcht<lb/> Um mein Vertrau’n, das ich auf dich gewendet!<lb/> Und haben ſie das Aergſte dir gethan;<lb/> Ich dachte dich, den Mann, zu ſteh’n dem Aergſten!</p><lb/> <stage>(Er ſtarrt vor ſich hin.)</stage><lb/> <stage>(Der <hi rendition="#g">Befehlshaber</hi>, der den Aufrührern gefolgt iſt, kommt zu-<lb/> rück. Die Umſtehenden bedeuten ihn, auf den König zeigend,<lb/> ſich ſtille zu halten.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">König</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer kommt? Was iſt? — Haſt den Rebellen du<lb/> Mein Wort verkündet?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [133/0141]
(König Andreas tritt von der linken Seite auf mit Gefolge.)
König.
O, ſchmerzenvoller Anblick! Meine Kinder,
Sie flieh’n vor mir, ſie flieh’n vor ihrem Vater.
(Im Hintergrunde ſchickt ſich ein Haufe an, die Feinde zu verfolgen.)
Halt ein! Zu viel! Schon’t Eurer Brüder Blut!
Bis Alles erſt verſucht, das Letzte fruchtlos.
Bin ich in meinem Land? Iſt dies mein Volk?
Wenn ſonſt ich heim aus fernen Kriegen kam,
Wie drängte ſich der Schwarm in meinen Weg,
Mit Jubelruf, mit Dank- mit Freudenthränen;
Und weſſen Aug’ des König’s Auge traf,
Der war ein Glücklicher, der Neid der Andern.
Nun ſchließen ſie das Thor, und von den Zinnen
Blink’t Speer an Speer mir ſeinen trotz’gen Gruß.
Hier war der Ort, da kam ſie mir entgegen,
Mit ihrem Sohn, mein Weib, mein theures Weib!
Nun iſt ſie todt, und ungewiſſes Bangen
Wird mir als Antwort, frag’ ich um den Sohn. —
Bancban! Bancban! Wie haſt du mich getäuſcht
Um mein Vertrau’n, das ich auf dich gewendet!
Und haben ſie das Aergſte dir gethan;
Ich dachte dich, den Mann, zu ſteh’n dem Aergſten!
(Er ſtarrt vor ſich hin.)
(Der Befehlshaber, der den Aufrührern gefolgt iſt, kommt zu-
rück. Die Umſtehenden bedeuten ihn, auf den König zeigend,
ſich ſtille zu halten.)
König.
Wer kommt? Was iſt? — Haſt den Rebellen du
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