Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte und galante Gedichte.
Sie spricht: Es wärmt die Hand/ wenn Boreas sie kühlet/
Und durch des Himmels-Schnee der Finger Schnee benätzt.
Jch brauchs/ wenn Flora sich mit Tuberosen letzt/
Und wenn vor starren Frost kein Pflug im Acker wühlet.
Alleine! sagt mir doch was ists vor sanfft Geflügel?
Jsts nöhtig/ muß sie auch die Arbeit selber thun?
Sind Amors Fittig der leichten Wollust-Zügel?
Nein! Amor kennt sie nicht/ sie gehen ihm nicht an/
Die Hand hats halb zur Lust/ und halb zum Pracht gethan/
Die Felle sind zu rauch/ sie will in Federn ruhn.


Als sie ein weisses Regen-Tuch um hatte.

Sonnet.

O Anmuths voller Geist! den Schooß und Brüste zieren/
Du Geist/ den jedermann mit Lust und Freuden sieht/
Geist/ der von aussen weiß und doch wie Rosen blüht/
Geist/ dessen Reitzungen ins Paradies hinführen.
Du Geist/ der keinen Trug der argen List läst spühren/
Du Geist/ um dessen Gunst sich jedermann bemüht/
Geist/ dessen Freundlichkeit die Seelen an sich zieht/
Geist/ da man Fleisch und Blut mit Fingern an kan rühren.
Geist/ dem die Lieblichkeit aus seinen Augen lacht/
Geist/ den der Liebes-Geist zu seiner Mutter macht/
Geist/ dem Dianens Glantz und Silber-Schmuck nicht gleichet/
Wenn sie in voller Pracht auf Latmus Spitzen ging
Und da Endymion bey stiller Nacht umpfing.
Ach gönne/ daß mein Geist dich edlen Gast erreichet.


An die zornige Almire.
Muß denn ein heisser Zorn eur Antlitz überziehen?
Wenn man der Sonnen-Licht nach Thetys Fluhten
weist
Sie muß/ Almire, doch vor euren Blicken fliehen
Eur schwartzes Augen-Paar zweyfache Strahlen scheust.
Vor
Verliebte und galante Gedichte.
Sie ſpricht: Es waͤrmt die Hand/ wenn Boreas ſie kuͤhlet/
Und durch des Himmels-Schnee der Finger Schnee benaͤtzt.
Jch brauchs/ wenn Flora ſich mit Tuberoſen letzt/
Und wenn vor ſtarren Froſt kein Pflug im Acker wuͤhlet.
Alleine! ſagt mir doch was iſts vor ſanfft Gefluͤgel?
Jſts noͤhtig/ muß ſie auch die Arbeit ſelber thun?
Sind Amors Fittig der leichten Wolluſt-Zuͤgel?
Nein! Amor kennt ſie nicht/ ſie gehen ihm nicht an/
Die Hand hats halb zur Luſt/ und halb zum Pracht gethan/
Die Felle ſind zu rauch/ ſie will in Federn ruhn.


Als ſie ein weiſſes Regen-Tuch um hatte.

Sonnet.

O Anmuths voller Geiſt! den Schooß und Bruͤſte zieren/
Du Geiſt/ den jedermann mit Luſt und Freuden ſieht/
Geiſt/ der von auſſen weiß und doch wie Roſen bluͤht/
Geiſt/ deſſen Reitzungen ins Paradies hinfuͤhren.
Du Geiſt/ der keinen Trug der argen Liſt laͤſt ſpuͤhren/
Du Geiſt/ um deſſen Gunſt ſich jedermann bemuͤht/
Geiſt/ deſſen Freundlichkeit die Seelen an ſich zieht/
Geiſt/ da man Fleiſch und Blut mit Fingern an kan ruͤhren.
Geiſt/ dem die Lieblichkeit aus ſeinen Augen lacht/
Geiſt/ den der Liebes-Geiſt zu ſeiner Mutter macht/
Geiſt/ dem Dianens Glantz und Silber-Schmuck nicht gleichet/
Wenn ſie in voller Pracht auf Latmus Spitzen ging
Und da Endymion bey ſtiller Nacht umpfing.
Ach goͤnne/ daß mein Geiſt dich edlen Gaſt erreichet.


An die zornige Almire.
Muß denn ein heiſſer Zorn eur Antlitz uͤberziehen?
Wenn man der Sonnen-Licht nach Thetys Fluhten
weiſt
Sie muß/ Almire, doch vor euren Blicken fliehen
Eur ſchwartzes Augen-Paar zweyfache Strahlen ſcheuſt.
Vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0106" n="88"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Sie &#x017F;pricht: Es wa&#x0364;rmt die Hand/ wenn <hi rendition="#aq">Boreas</hi> &#x017F;ie ku&#x0364;hlet/</l><lb/>
            <l>Und durch des Himmels-Schnee der Finger Schnee bena&#x0364;tzt.</l><lb/>
            <l>Jch brauchs/ wenn <hi rendition="#aq">Flora</hi> &#x017F;ich mit Tubero&#x017F;en letzt/</l><lb/>
            <l>Und wenn vor &#x017F;tarren Fro&#x017F;t kein Pflug im Acker wu&#x0364;hlet.</l><lb/>
            <l>Alleine! &#x017F;agt mir doch was i&#x017F;ts vor &#x017F;anfft Geflu&#x0364;gel?</l><lb/>
            <l>J&#x017F;ts no&#x0364;htig/ muß &#x017F;ie auch die Arbeit &#x017F;elber thun?</l><lb/>
            <l>Sind <hi rendition="#aq">Amors</hi> Fittig der leichten Wollu&#x017F;t-Zu&#x0364;gel?</l><lb/>
            <l>Nein! <hi rendition="#aq">Amor</hi> kennt &#x017F;ie nicht/ &#x017F;ie gehen ihm nicht an/</l><lb/>
            <l>Die Hand hats halb zur Lu&#x017F;t/ und halb zum Pracht gethan/</l><lb/>
            <l>Die Felle &#x017F;ind zu rauch/ &#x017F;ie will in Federn ruhn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Als &#x017F;ie ein wei&#x017F;&#x017F;es Regen-Tuch um hatte.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Sonnet.</hi> </hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">O</hi> Anmuths voller Gei&#x017F;t! den Schooß und Bru&#x0364;&#x017F;te zieren/</l><lb/>
            <l>Du Gei&#x017F;t/ den jedermann mit Lu&#x017F;t und Freuden &#x017F;ieht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ der von au&#x017F;&#x017F;en weiß und doch wie Ro&#x017F;en blu&#x0364;ht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ de&#x017F;&#x017F;en Reitzungen ins Paradies hinfu&#x0364;hren.</l><lb/>
            <l>Du Gei&#x017F;t/ der keinen Trug der argen Li&#x017F;t la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;pu&#x0364;hren/</l><lb/>
            <l>Du Gei&#x017F;t/ um de&#x017F;&#x017F;en Gun&#x017F;t &#x017F;ich jedermann bemu&#x0364;ht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ de&#x017F;&#x017F;en Freundlichkeit die Seelen an &#x017F;ich zieht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ da man Flei&#x017F;ch und Blut mit Fingern an kan ru&#x0364;hren.</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ dem die Lieblichkeit aus &#x017F;einen Augen lacht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ den der Liebes-Gei&#x017F;t zu &#x017F;einer Mutter macht/</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t/ dem <hi rendition="#aq">Dianens</hi> Glantz und Silber-Schmuck nicht gleichet/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie in voller Pracht auf <hi rendition="#aq">Latmus</hi> Spitzen ging</l><lb/>
            <l>Und da <hi rendition="#aq">Endymion</hi> bey &#x017F;tiller Nacht umpfing.</l><lb/>
            <l>Ach go&#x0364;nne/ daß mein Gei&#x017F;t dich edlen Ga&#x017F;t erreichet.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An die zornige <hi rendition="#aq">Almire.</hi></hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>uß denn ein hei&#x017F;&#x017F;er Zorn eur Antlitz u&#x0364;berziehen?</l><lb/>
            <l>Wenn man der Sonnen-Licht nach <hi rendition="#aq">Thetys</hi> Fluhten</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wei&#x017F;t</hi> </l><lb/>
            <l>Sie muß/ <hi rendition="#aq">Almire,</hi> doch vor euren Blicken fliehen</l><lb/>
            <l>Eur &#x017F;chwartzes Augen-Paar zweyfache Strahlen &#x017F;cheu&#x017F;t.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Vor</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0106] Verliebte und galante Gedichte. Sie ſpricht: Es waͤrmt die Hand/ wenn Boreas ſie kuͤhlet/ Und durch des Himmels-Schnee der Finger Schnee benaͤtzt. Jch brauchs/ wenn Flora ſich mit Tuberoſen letzt/ Und wenn vor ſtarren Froſt kein Pflug im Acker wuͤhlet. Alleine! ſagt mir doch was iſts vor ſanfft Gefluͤgel? Jſts noͤhtig/ muß ſie auch die Arbeit ſelber thun? Sind Amors Fittig der leichten Wolluſt-Zuͤgel? Nein! Amor kennt ſie nicht/ ſie gehen ihm nicht an/ Die Hand hats halb zur Luſt/ und halb zum Pracht gethan/ Die Felle ſind zu rauch/ ſie will in Federn ruhn. Als ſie ein weiſſes Regen-Tuch um hatte. Sonnet. O Anmuths voller Geiſt! den Schooß und Bruͤſte zieren/ Du Geiſt/ den jedermann mit Luſt und Freuden ſieht/ Geiſt/ der von auſſen weiß und doch wie Roſen bluͤht/ Geiſt/ deſſen Reitzungen ins Paradies hinfuͤhren. Du Geiſt/ der keinen Trug der argen Liſt laͤſt ſpuͤhren/ Du Geiſt/ um deſſen Gunſt ſich jedermann bemuͤht/ Geiſt/ deſſen Freundlichkeit die Seelen an ſich zieht/ Geiſt/ da man Fleiſch und Blut mit Fingern an kan ruͤhren. Geiſt/ dem die Lieblichkeit aus ſeinen Augen lacht/ Geiſt/ den der Liebes-Geiſt zu ſeiner Mutter macht/ Geiſt/ dem Dianens Glantz und Silber-Schmuck nicht gleichet/ Wenn ſie in voller Pracht auf Latmus Spitzen ging Und da Endymion bey ſtiller Nacht umpfing. Ach goͤnne/ daß mein Geiſt dich edlen Gaſt erreichet. An die zornige Almire. Muß denn ein heiſſer Zorn eur Antlitz uͤberziehen? Wenn man der Sonnen-Licht nach Thetys Fluhten weiſt Sie muß/ Almire, doch vor euren Blicken fliehen Eur ſchwartzes Augen-Paar zweyfache Strahlen ſcheuſt. Vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/106
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/106>, abgerufen am 11.05.2024.