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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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machen und dadurch die Rheinlands, wenn nicht politisch, so doch
wenigstens wirtschaftlich, mit Frankreich zu verbinden sucht. Ist erst,,
so rechnet man und es läßt sich nachweisen, daß man so rechnet -- dieses
geschehen, so ruft man, bei irgend einem Links- oder Rechtspütsch eine neutra¬
listische Bewegung im Rheinland hervor, errichtet den Pufferstaat, dessen Neutra¬
lität zu schützen man gnädigst übernehmen wird. Auch hier müßten die Franzosen
energischer als es bisher geschehen zu sein scheint darauf hingewiesen werden, daß
alles, was sie auf der einen Seite gewinnen, ihnen auf der anderen verloren
geht. Man kann von einem Lande keine Hohen Reparationen verlangen und die
Wirtschaftskraft desselben Landes durch zwangsweise Einführung unproduktiver
Luxuswaren Herabdrücken. Ent- oder Weder! So aber Hat es den Anschein,
als ob die hier und da und dort beteiligten deutschen Unterhändler die Gesamt¬
lage entweder nie übersehen oder den Überblick verloren haben und den Fran¬
zosen gegenüber nicht mit der notwendigen Überlegenheit schlagender Argumente
entgegenzutreten imstande sind.

Dies ist um so mehr zu befürchten als die Autorität des Neichsaußen-
ministers nicht eben weit zu reichen scheint. Zunehmends hat man den Eindruck,
daß alles Wesentliche der Außenpolitik in der Reichskanzlei gemacht wird. Da¬
gegen wäre an sich nichts zu sagen, wenn nicht der ganze Apparat dadurch in
Unordnung geriete. Das aber scheint in hohem Maße der Fall zu sein. Oder
deckt Herr Dr. Rosen Äußerungen wie die des Innenministers Gradnauer dem
Korrespondenten des "Matin" gegenüber? Man sollte meinen, wenn ein Mit¬
glied des Kabinetts einem Vertreter eines wichtigen Blattes eine derartige Unter¬
redung gewährt, zieht er seinen Kollegen vom Auswärtigen mindestens zu Rate
und redet nicht im Stil eines Hotelportiers mühsam auswendig gelernte und längst
abgestandene Sprüchlein daher. Für das geistige Niveau der'deutschen Regierung
macht dies Interview nicht gerade Reklame, vielleicht nimmt es der Außenminister,
da ihm weder in der Oberschlesien-, noch in ber Rhein-, noch in der Völkerbund¬
angelegenheit Erfolg beschieden war, zum Anlaß, zurückzutreten? Oder wird er,
ein in Ehren ergrauter und keineswegs unfähiger Beamter, auch diese Initiative
nicht aus eigener Kraft finden können?

Den Franzosen aber muß immer wieder gesagt werden: ihr müßt wissen,
was ihr wollt. Wollt ihr Gewaltpolitik treiben, -- das Ruhrgebiet ist noch immer
da -- so tut es. Offen oder versteckt, wie ihr's für richtig haltet. Aber dann
wundert euch nicht, wenn Druck Gegendruck erzeugt. Gegen Gesetze der Mechanik
kann keine Politik an. Wir haben nach allem, was vorhergegangen ist, keinerlei
Anlaß, euch zu trauen, wir können nie wissen, Ivie wir die Männer, über deren
Existenz und Popularität in Deutschland ihr euch beklagt und, in gänzlich be¬
dauerlicher, einseitiger "BerkennunL der Situation, verwundet, Männer, die, so
sicher sie auch die Innenpolitik belasten, welche Fehler außenpolitisch sie auch be-
gangen haben mögen, doch, wenn's zum Schlimmsten, zum großen Sklavenauf¬
stand (denn der steht bevor, nicht die Revanche, die eine Utopie ist) kommt, wenig¬
stens zu handeln und zu sterben wissen, wir können nicht wissen, ob wir sie nicht
noch einmal nötig brauchen. Glaubt nicht, daß ihr sie uns entreißen könnt.
Glaubt nicht, daß ihr Freude an dieser Sklavenbeherrschung haben werdet. Alles,
was euch die Arbeit der Frohnendeu einbringt, werden eure Generäle fressen und
die 'Farbigen, die euch mangelnde Manneskraft ersetzen müssen und die, geht es so
weiter, euch eines Tags Wer den Kopf wachsen werden, wie einst die germanischen
Söldner den Römern. Wollt ihr aber diese Politik nicht, so einigt euch auf die
andere. Benutze die Zeit, die in Verzweiflung und Verarmung uoch nicht aufs
Höchste gestiegen sind (glaubt nicht den albernen Reiseberichten eurer Zeitungs¬
schreiber, die an die Stätten der Not nicht kommen), da es noch einige Gutwillige
und überzeugte in Deutschland gibt, eine Politik des Friedens einzuleiten, die
nicht alle Augenblicke durch kleine und große Vorkommnisse Lügen gestraft wird.
Verzichtet auf die Nheingrenze, die ihr nicht braucht, da Deutschland entwaffnet
ist, macht dem Streit Wers Saaraebiet ein 'Ende, laßt die polnische Zange fallen,,.


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machen und dadurch die Rheinlands, wenn nicht politisch, so doch
wenigstens wirtschaftlich, mit Frankreich zu verbinden sucht. Ist erst,,
so rechnet man und es läßt sich nachweisen, daß man so rechnet — dieses
geschehen, so ruft man, bei irgend einem Links- oder Rechtspütsch eine neutra¬
listische Bewegung im Rheinland hervor, errichtet den Pufferstaat, dessen Neutra¬
lität zu schützen man gnädigst übernehmen wird. Auch hier müßten die Franzosen
energischer als es bisher geschehen zu sein scheint darauf hingewiesen werden, daß
alles, was sie auf der einen Seite gewinnen, ihnen auf der anderen verloren
geht. Man kann von einem Lande keine Hohen Reparationen verlangen und die
Wirtschaftskraft desselben Landes durch zwangsweise Einführung unproduktiver
Luxuswaren Herabdrücken. Ent- oder Weder! So aber Hat es den Anschein,
als ob die hier und da und dort beteiligten deutschen Unterhändler die Gesamt¬
lage entweder nie übersehen oder den Überblick verloren haben und den Fran¬
zosen gegenüber nicht mit der notwendigen Überlegenheit schlagender Argumente
entgegenzutreten imstande sind.

Dies ist um so mehr zu befürchten als die Autorität des Neichsaußen-
ministers nicht eben weit zu reichen scheint. Zunehmends hat man den Eindruck,
daß alles Wesentliche der Außenpolitik in der Reichskanzlei gemacht wird. Da¬
gegen wäre an sich nichts zu sagen, wenn nicht der ganze Apparat dadurch in
Unordnung geriete. Das aber scheint in hohem Maße der Fall zu sein. Oder
deckt Herr Dr. Rosen Äußerungen wie die des Innenministers Gradnauer dem
Korrespondenten des „Matin" gegenüber? Man sollte meinen, wenn ein Mit¬
glied des Kabinetts einem Vertreter eines wichtigen Blattes eine derartige Unter¬
redung gewährt, zieht er seinen Kollegen vom Auswärtigen mindestens zu Rate
und redet nicht im Stil eines Hotelportiers mühsam auswendig gelernte und längst
abgestandene Sprüchlein daher. Für das geistige Niveau der'deutschen Regierung
macht dies Interview nicht gerade Reklame, vielleicht nimmt es der Außenminister,
da ihm weder in der Oberschlesien-, noch in ber Rhein-, noch in der Völkerbund¬
angelegenheit Erfolg beschieden war, zum Anlaß, zurückzutreten? Oder wird er,
ein in Ehren ergrauter und keineswegs unfähiger Beamter, auch diese Initiative
nicht aus eigener Kraft finden können?

Den Franzosen aber muß immer wieder gesagt werden: ihr müßt wissen,
was ihr wollt. Wollt ihr Gewaltpolitik treiben, — das Ruhrgebiet ist noch immer
da — so tut es. Offen oder versteckt, wie ihr's für richtig haltet. Aber dann
wundert euch nicht, wenn Druck Gegendruck erzeugt. Gegen Gesetze der Mechanik
kann keine Politik an. Wir haben nach allem, was vorhergegangen ist, keinerlei
Anlaß, euch zu trauen, wir können nie wissen, Ivie wir die Männer, über deren
Existenz und Popularität in Deutschland ihr euch beklagt und, in gänzlich be¬
dauerlicher, einseitiger "BerkennunL der Situation, verwundet, Männer, die, so
sicher sie auch die Innenpolitik belasten, welche Fehler außenpolitisch sie auch be-
gangen haben mögen, doch, wenn's zum Schlimmsten, zum großen Sklavenauf¬
stand (denn der steht bevor, nicht die Revanche, die eine Utopie ist) kommt, wenig¬
stens zu handeln und zu sterben wissen, wir können nicht wissen, ob wir sie nicht
noch einmal nötig brauchen. Glaubt nicht, daß ihr sie uns entreißen könnt.
Glaubt nicht, daß ihr Freude an dieser Sklavenbeherrschung haben werdet. Alles,
was euch die Arbeit der Frohnendeu einbringt, werden eure Generäle fressen und
die 'Farbigen, die euch mangelnde Manneskraft ersetzen müssen und die, geht es so
weiter, euch eines Tags Wer den Kopf wachsen werden, wie einst die germanischen
Söldner den Römern. Wollt ihr aber diese Politik nicht, so einigt euch auf die
andere. Benutze die Zeit, die in Verzweiflung und Verarmung uoch nicht aufs
Höchste gestiegen sind (glaubt nicht den albernen Reiseberichten eurer Zeitungs¬
schreiber, die an die Stätten der Not nicht kommen), da es noch einige Gutwillige
und überzeugte in Deutschland gibt, eine Politik des Friedens einzuleiten, die
nicht alle Augenblicke durch kleine und große Vorkommnisse Lügen gestraft wird.
Verzichtet auf die Nheingrenze, die ihr nicht braucht, da Deutschland entwaffnet
ist, macht dem Streit Wers Saaraebiet ein 'Ende, laßt die polnische Zange fallen,,.


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[0395] Weltspiegel machen und dadurch die Rheinlands, wenn nicht politisch, so doch wenigstens wirtschaftlich, mit Frankreich zu verbinden sucht. Ist erst,, so rechnet man und es läßt sich nachweisen, daß man so rechnet — dieses geschehen, so ruft man, bei irgend einem Links- oder Rechtspütsch eine neutra¬ listische Bewegung im Rheinland hervor, errichtet den Pufferstaat, dessen Neutra¬ lität zu schützen man gnädigst übernehmen wird. Auch hier müßten die Franzosen energischer als es bisher geschehen zu sein scheint darauf hingewiesen werden, daß alles, was sie auf der einen Seite gewinnen, ihnen auf der anderen verloren geht. Man kann von einem Lande keine Hohen Reparationen verlangen und die Wirtschaftskraft desselben Landes durch zwangsweise Einführung unproduktiver Luxuswaren Herabdrücken. Ent- oder Weder! So aber Hat es den Anschein, als ob die hier und da und dort beteiligten deutschen Unterhändler die Gesamt¬ lage entweder nie übersehen oder den Überblick verloren haben und den Fran¬ zosen gegenüber nicht mit der notwendigen Überlegenheit schlagender Argumente entgegenzutreten imstande sind. Dies ist um so mehr zu befürchten als die Autorität des Neichsaußen- ministers nicht eben weit zu reichen scheint. Zunehmends hat man den Eindruck, daß alles Wesentliche der Außenpolitik in der Reichskanzlei gemacht wird. Da¬ gegen wäre an sich nichts zu sagen, wenn nicht der ganze Apparat dadurch in Unordnung geriete. Das aber scheint in hohem Maße der Fall zu sein. Oder deckt Herr Dr. Rosen Äußerungen wie die des Innenministers Gradnauer dem Korrespondenten des „Matin" gegenüber? Man sollte meinen, wenn ein Mit¬ glied des Kabinetts einem Vertreter eines wichtigen Blattes eine derartige Unter¬ redung gewährt, zieht er seinen Kollegen vom Auswärtigen mindestens zu Rate und redet nicht im Stil eines Hotelportiers mühsam auswendig gelernte und längst abgestandene Sprüchlein daher. Für das geistige Niveau der'deutschen Regierung macht dies Interview nicht gerade Reklame, vielleicht nimmt es der Außenminister, da ihm weder in der Oberschlesien-, noch in ber Rhein-, noch in der Völkerbund¬ angelegenheit Erfolg beschieden war, zum Anlaß, zurückzutreten? Oder wird er, ein in Ehren ergrauter und keineswegs unfähiger Beamter, auch diese Initiative nicht aus eigener Kraft finden können? Den Franzosen aber muß immer wieder gesagt werden: ihr müßt wissen, was ihr wollt. Wollt ihr Gewaltpolitik treiben, — das Ruhrgebiet ist noch immer da — so tut es. Offen oder versteckt, wie ihr's für richtig haltet. Aber dann wundert euch nicht, wenn Druck Gegendruck erzeugt. Gegen Gesetze der Mechanik kann keine Politik an. Wir haben nach allem, was vorhergegangen ist, keinerlei Anlaß, euch zu trauen, wir können nie wissen, Ivie wir die Männer, über deren Existenz und Popularität in Deutschland ihr euch beklagt und, in gänzlich be¬ dauerlicher, einseitiger "BerkennunL der Situation, verwundet, Männer, die, so sicher sie auch die Innenpolitik belasten, welche Fehler außenpolitisch sie auch be- gangen haben mögen, doch, wenn's zum Schlimmsten, zum großen Sklavenauf¬ stand (denn der steht bevor, nicht die Revanche, die eine Utopie ist) kommt, wenig¬ stens zu handeln und zu sterben wissen, wir können nicht wissen, ob wir sie nicht noch einmal nötig brauchen. Glaubt nicht, daß ihr sie uns entreißen könnt. Glaubt nicht, daß ihr Freude an dieser Sklavenbeherrschung haben werdet. Alles, was euch die Arbeit der Frohnendeu einbringt, werden eure Generäle fressen und die 'Farbigen, die euch mangelnde Manneskraft ersetzen müssen und die, geht es so weiter, euch eines Tags Wer den Kopf wachsen werden, wie einst die germanischen Söldner den Römern. Wollt ihr aber diese Politik nicht, so einigt euch auf die andere. Benutze die Zeit, die in Verzweiflung und Verarmung uoch nicht aufs Höchste gestiegen sind (glaubt nicht den albernen Reiseberichten eurer Zeitungs¬ schreiber, die an die Stätten der Not nicht kommen), da es noch einige Gutwillige und überzeugte in Deutschland gibt, eine Politik des Friedens einzuleiten, die nicht alle Augenblicke durch kleine und große Vorkommnisse Lügen gestraft wird. Verzichtet auf die Nheingrenze, die ihr nicht braucht, da Deutschland entwaffnet ist, macht dem Streit Wers Saaraebiet ein 'Ende, laßt die polnische Zange fallen,,.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/395>, abgerufen am 24.07.2024.