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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Gefährdung der Deutschen im Südslawenstaat

Südslawenstaate nach Möglichkeit zu sichern. Die Hauptversammlung dieses
weitverzweigten Schutzvereines, die jüngst in Karlsdorf stattfand, gestaltete sich zu
einer großen völkischen Kundgebung. Leider reicht die Arbeit dieses Schutz¬
vereins nicht genügend nach Slowenien hinein. Hier sind die Verhältnisse be¬
sonders traurig. Aus Gottschee, der alten deutschen Siedlung, wandern infolge¬
dessen stets viele Deutsche aus. Die maßlosen Angriffe auf die Deutschen in
Slowenien haben bekanntlich einige großdeutsche Abgeordnete in Wien veranlaßt,
die Regierung aufzufordern, durch Vergeltungsmaßnahmen und Anrufung des
Völkerbundes diesen Übelständen zu steuern.

Es soll nicht verschwiegen werden, daß sich auch besonnere Stimmen im
Südslawenstaate geltend machen. So wurde der Abordnung des Kulturbundes,
die die oben erwähnte Denkschrift über das Schulwesen in Belgrad übergab,
versichert, "daß die Bedeutung des deutschon Bevölkerungselementes für das
Kulturleben in unserem Vaterlande von allen einsichtigen Kreisen vollauf ge¬
würdigt werde. Man wisse recht gut, daß die Deutschen auf gar vielen Gebieten
die Lehrmeister der Serben gewesen seien". Der Generalsekretär Dr. Janjie
versicherte der Abordnung, "er persönlich würde es als ein Glück ansehen, wenn
auch Mazedonien gleich der Wojwodina und Syrmien deutsche Kolonisten hätte".
Die Neusatzer "Jedinstvo" brachte am 31. Juli einen Aufsatz, in dem es heißt:
"Wir versichern unsern Deutschen, daß es unter uns Leute gibt, die mit ihnen
rechnen. Unsere Unterrichtspolitik in der Wojwodina ist noch nicht geregelt, und
bei einer vernünftig gedachten Regelung derselben werden unsere Deutschen nicht
vergessen werden." Die Belgrader "Tribuna" nennt die Deutschen "sehr loyale
Bürger, denen entgegenzukommen im Interesse des Staates wäre". Der
"Belgradski Dnevnik" betont die hohen kulturellen und wirtschaftlichen Qualitäten
der Deutschen, die für den Staat von unberechenbarer Wichtigkeit wären. Der
"Balkan" sagt in seiner Nummer vom 23. Juli wörtlich: "Unsere einheimischen
Deutschen sind ein ehrenhaftes und ruhiges Volk, welches sich ganz seiner Arbeit
hingibt. Als Element der Ordnung und Arbeit sind sie uns immer sympathisch
und es kann sich unser Staat, so lange sie als solche auftreten, stets auf sie ver¬
lassen." Die Neusatzer "Zastava" betont die Staatstreue der Deutschen in
Syrmien. Im Semliner Gemeinderat erklärte der Bürgermeister Dr. Vladimir
Nicotin, sein Programm sei: "Friede unter der Bürgerschaft, die sich vor dem
Kriege gut vertrug und eS so auch in Zukunft halten solle. Das Interesse der
Stadt verlangt es, daß wir mit unseren deutschen Brüdern im Frieden leben."

Leider werden diese schönen Worte nicht in Taten umgesetzt, was um so
auffallender ist, als man auch sonst wie schon seit längerer Zeit gute Beziehungen zu
Deutschland anstrebt*). So hat vor kurzem die Zeitung "Drau" in Essegg
geschrieben:

"Der Friede mit Deutschland wird unser geschäftliches Leben wohltätig be¬
einflussen. Wir werden endlich den so lange entbehrten Handel mit dem Dents chen
Reich wieder aufnehmen und uns von den Verbindungen mit Italien loslösen.
Was wir in Italien kauften, war Schund zu hohen Preisen. Die italienische
Valuta hat sich an unserer Not gemästet, und unsere Regierung, der es haupt-



'") Vergleiche Grenzboten Nummer 2/3 1921.
Gefährdung der Deutschen im Südslawenstaat

Südslawenstaate nach Möglichkeit zu sichern. Die Hauptversammlung dieses
weitverzweigten Schutzvereines, die jüngst in Karlsdorf stattfand, gestaltete sich zu
einer großen völkischen Kundgebung. Leider reicht die Arbeit dieses Schutz¬
vereins nicht genügend nach Slowenien hinein. Hier sind die Verhältnisse be¬
sonders traurig. Aus Gottschee, der alten deutschen Siedlung, wandern infolge¬
dessen stets viele Deutsche aus. Die maßlosen Angriffe auf die Deutschen in
Slowenien haben bekanntlich einige großdeutsche Abgeordnete in Wien veranlaßt,
die Regierung aufzufordern, durch Vergeltungsmaßnahmen und Anrufung des
Völkerbundes diesen Übelständen zu steuern.

Es soll nicht verschwiegen werden, daß sich auch besonnere Stimmen im
Südslawenstaate geltend machen. So wurde der Abordnung des Kulturbundes,
die die oben erwähnte Denkschrift über das Schulwesen in Belgrad übergab,
versichert, „daß die Bedeutung des deutschon Bevölkerungselementes für das
Kulturleben in unserem Vaterlande von allen einsichtigen Kreisen vollauf ge¬
würdigt werde. Man wisse recht gut, daß die Deutschen auf gar vielen Gebieten
die Lehrmeister der Serben gewesen seien". Der Generalsekretär Dr. Janjie
versicherte der Abordnung, „er persönlich würde es als ein Glück ansehen, wenn
auch Mazedonien gleich der Wojwodina und Syrmien deutsche Kolonisten hätte".
Die Neusatzer „Jedinstvo" brachte am 31. Juli einen Aufsatz, in dem es heißt:
„Wir versichern unsern Deutschen, daß es unter uns Leute gibt, die mit ihnen
rechnen. Unsere Unterrichtspolitik in der Wojwodina ist noch nicht geregelt, und
bei einer vernünftig gedachten Regelung derselben werden unsere Deutschen nicht
vergessen werden." Die Belgrader „Tribuna" nennt die Deutschen „sehr loyale
Bürger, denen entgegenzukommen im Interesse des Staates wäre". Der
„Belgradski Dnevnik" betont die hohen kulturellen und wirtschaftlichen Qualitäten
der Deutschen, die für den Staat von unberechenbarer Wichtigkeit wären. Der
„Balkan" sagt in seiner Nummer vom 23. Juli wörtlich: „Unsere einheimischen
Deutschen sind ein ehrenhaftes und ruhiges Volk, welches sich ganz seiner Arbeit
hingibt. Als Element der Ordnung und Arbeit sind sie uns immer sympathisch
und es kann sich unser Staat, so lange sie als solche auftreten, stets auf sie ver¬
lassen." Die Neusatzer „Zastava" betont die Staatstreue der Deutschen in
Syrmien. Im Semliner Gemeinderat erklärte der Bürgermeister Dr. Vladimir
Nicotin, sein Programm sei: „Friede unter der Bürgerschaft, die sich vor dem
Kriege gut vertrug und eS so auch in Zukunft halten solle. Das Interesse der
Stadt verlangt es, daß wir mit unseren deutschen Brüdern im Frieden leben."

Leider werden diese schönen Worte nicht in Taten umgesetzt, was um so
auffallender ist, als man auch sonst wie schon seit längerer Zeit gute Beziehungen zu
Deutschland anstrebt*). So hat vor kurzem die Zeitung „Drau" in Essegg
geschrieben:

„Der Friede mit Deutschland wird unser geschäftliches Leben wohltätig be¬
einflussen. Wir werden endlich den so lange entbehrten Handel mit dem Dents chen
Reich wieder aufnehmen und uns von den Verbindungen mit Italien loslösen.
Was wir in Italien kauften, war Schund zu hohen Preisen. Die italienische
Valuta hat sich an unserer Not gemästet, und unsere Regierung, der es haupt-



'") Vergleiche Grenzboten Nummer 2/3 1921.
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[0376] Gefährdung der Deutschen im Südslawenstaat Südslawenstaate nach Möglichkeit zu sichern. Die Hauptversammlung dieses weitverzweigten Schutzvereines, die jüngst in Karlsdorf stattfand, gestaltete sich zu einer großen völkischen Kundgebung. Leider reicht die Arbeit dieses Schutz¬ vereins nicht genügend nach Slowenien hinein. Hier sind die Verhältnisse be¬ sonders traurig. Aus Gottschee, der alten deutschen Siedlung, wandern infolge¬ dessen stets viele Deutsche aus. Die maßlosen Angriffe auf die Deutschen in Slowenien haben bekanntlich einige großdeutsche Abgeordnete in Wien veranlaßt, die Regierung aufzufordern, durch Vergeltungsmaßnahmen und Anrufung des Völkerbundes diesen Übelständen zu steuern. Es soll nicht verschwiegen werden, daß sich auch besonnere Stimmen im Südslawenstaate geltend machen. So wurde der Abordnung des Kulturbundes, die die oben erwähnte Denkschrift über das Schulwesen in Belgrad übergab, versichert, „daß die Bedeutung des deutschon Bevölkerungselementes für das Kulturleben in unserem Vaterlande von allen einsichtigen Kreisen vollauf ge¬ würdigt werde. Man wisse recht gut, daß die Deutschen auf gar vielen Gebieten die Lehrmeister der Serben gewesen seien". Der Generalsekretär Dr. Janjie versicherte der Abordnung, „er persönlich würde es als ein Glück ansehen, wenn auch Mazedonien gleich der Wojwodina und Syrmien deutsche Kolonisten hätte". Die Neusatzer „Jedinstvo" brachte am 31. Juli einen Aufsatz, in dem es heißt: „Wir versichern unsern Deutschen, daß es unter uns Leute gibt, die mit ihnen rechnen. Unsere Unterrichtspolitik in der Wojwodina ist noch nicht geregelt, und bei einer vernünftig gedachten Regelung derselben werden unsere Deutschen nicht vergessen werden." Die Belgrader „Tribuna" nennt die Deutschen „sehr loyale Bürger, denen entgegenzukommen im Interesse des Staates wäre". Der „Belgradski Dnevnik" betont die hohen kulturellen und wirtschaftlichen Qualitäten der Deutschen, die für den Staat von unberechenbarer Wichtigkeit wären. Der „Balkan" sagt in seiner Nummer vom 23. Juli wörtlich: „Unsere einheimischen Deutschen sind ein ehrenhaftes und ruhiges Volk, welches sich ganz seiner Arbeit hingibt. Als Element der Ordnung und Arbeit sind sie uns immer sympathisch und es kann sich unser Staat, so lange sie als solche auftreten, stets auf sie ver¬ lassen." Die Neusatzer „Zastava" betont die Staatstreue der Deutschen in Syrmien. Im Semliner Gemeinderat erklärte der Bürgermeister Dr. Vladimir Nicotin, sein Programm sei: „Friede unter der Bürgerschaft, die sich vor dem Kriege gut vertrug und eS so auch in Zukunft halten solle. Das Interesse der Stadt verlangt es, daß wir mit unseren deutschen Brüdern im Frieden leben." Leider werden diese schönen Worte nicht in Taten umgesetzt, was um so auffallender ist, als man auch sonst wie schon seit längerer Zeit gute Beziehungen zu Deutschland anstrebt*). So hat vor kurzem die Zeitung „Drau" in Essegg geschrieben: „Der Friede mit Deutschland wird unser geschäftliches Leben wohltätig be¬ einflussen. Wir werden endlich den so lange entbehrten Handel mit dem Dents chen Reich wieder aufnehmen und uns von den Verbindungen mit Italien loslösen. Was wir in Italien kauften, war Schund zu hohen Preisen. Die italienische Valuta hat sich an unserer Not gemästet, und unsere Regierung, der es haupt- '") Vergleiche Grenzboten Nummer 2/3 1921.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/376>, abgerufen am 22.12.2024.