Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.Altes und neues Heer einsam und kalt. So schuf mich die Sorge ums tägliche Brot. So steh ich und Der Schütze (tritt zu ihm): Beneidst uns wohl? Sag Alter, kenntdein Handwerk aber auch den Tod? Doch, lieber Freund: Ein leichter Sinn macht jedes Leben leicht. Ein russischer Geiger (im blauen Kittel) spielt schwermütige russische Volkslieder, währenddes die Soldaten mit stillen Augen zuhören. Eine Gruppe kommt mit einem Leierkasten in den Saal und spielt fortan in den Musikpausen russische Operetten. In einem Nebenzimmer. Ein Feldwebel: Ein Offizier: Noch heute geht mein Telegramm nach Deutschland! An einem mit gefüllten und leeren Weinflaschen dicht besetzten Tisch sitzen: Ein Waffenmeistergehilfe (betrunken): He, Kamrad, . . weistdu . . ho . . so vergnügt. Maschinengewehr . . hopla . . Letten .. zahlen gut.. aus unserm Depot . . merkt kein Aas . . he. he. Der Kraftfahrer Kl (ebenfalls betrunken): einigkeit. Geb' mich nicht ab.Bolschewik zahlt besser. Panzerkraftwagen . . Unternehmung . . Parre markiern .. Hihi. sibi. . . geht ganz bestimmt kaputt. . Krieg' fünfzigtausend Mark -- Freundchen . . Hei, . . das Rubeln! (gleichfalls betrunken) Ein Schreiber : Acht Monate hier . . keinSchuß . . fröhlicher Krieg. Baltenkreuz . . Eisernes Kreuz . . Muß es nur (Er steckt eine goldverzierte Vase ein.) versteh'", sag' ich. Einige Gardejäger Ih (gehen vorbei und spucken aus): r Schweine..Verfluchte Etappensäue ihr! Vor dem Schloß. Der junge Schütze (spielt mit zwei Baltenkindern auf der blumenübersöten Wiese mit den Leuchtkäfern). Der junge Unteroffizier: Was tust du hier draußen? Hast Angst Der junge Schütze V (schüttelt den Kopf): or seiner wilden Schön¬heit! Seh' die flackernden Augen der Kam'raten . . Wie die Irrlichter hier. Ich will die Augen blank behalten. Unter den Buchen. Der Schütze: Bin Soldat, bin ruhelos. Heute hier faß' ich das Glück. Altes und neues Heer einsam und kalt. So schuf mich die Sorge ums tägliche Brot. So steh ich und Der Schütze (tritt zu ihm): Beneidst uns wohl? Sag Alter, kenntdein Handwerk aber auch den Tod? Doch, lieber Freund: Ein leichter Sinn macht jedes Leben leicht. Ein russischer Geiger (im blauen Kittel) spielt schwermütige russische Volkslieder, währenddes die Soldaten mit stillen Augen zuhören. Eine Gruppe kommt mit einem Leierkasten in den Saal und spielt fortan in den Musikpausen russische Operetten. In einem Nebenzimmer. Ein Feldwebel: Ein Offizier: Noch heute geht mein Telegramm nach Deutschland! An einem mit gefüllten und leeren Weinflaschen dicht besetzten Tisch sitzen: Ein Waffenmeistergehilfe (betrunken): He, Kamrad, . . weistdu . . ho . . so vergnügt. Maschinengewehr . . hopla . . Letten .. zahlen gut.. aus unserm Depot . . merkt kein Aas . . he. he. Der Kraftfahrer Kl (ebenfalls betrunken): einigkeit. Geb' mich nicht ab.Bolschewik zahlt besser. Panzerkraftwagen . . Unternehmung . . Parre markiern .. Hihi. sibi. . . geht ganz bestimmt kaputt. . Krieg' fünfzigtausend Mark — Freundchen . . Hei, . . das Rubeln! (gleichfalls betrunken) Ein Schreiber : Acht Monate hier . . keinSchuß . . fröhlicher Krieg. Baltenkreuz . . Eisernes Kreuz . . Muß es nur (Er steckt eine goldverzierte Vase ein.) versteh'«, sag' ich. Einige Gardejäger Ih (gehen vorbei und spucken aus): r Schweine..Verfluchte Etappensäue ihr! Vor dem Schloß. Der junge Schütze (spielt mit zwei Baltenkindern auf der blumenübersöten Wiese mit den Leuchtkäfern). Der junge Unteroffizier: Was tust du hier draußen? Hast Angst Der junge Schütze V (schüttelt den Kopf): or seiner wilden Schön¬heit! Seh' die flackernden Augen der Kam'raten . . Wie die Irrlichter hier. Ich will die Augen blank behalten. Unter den Buchen. Der Schütze: Bin Soldat, bin ruhelos. Heute hier faß' ich das Glück. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339444"/> <fw type="header" place="top"> Altes und neues Heer</fw><lb/> <p xml:id="ID_1177" prev="#ID_1176"> einsam und kalt. So schuf mich die Sorge ums tägliche Brot. So steh ich und<lb/> weine und haß euch und hoffe: ihr Frohen, wärt ihr nur bald wieder fort!</p><lb/> <p xml:id="ID_1178"><note type="speaker"> Der Schütze</note><stage> (tritt zu ihm):</stage> Beneidst uns wohl? Sag Alter, kennt<lb/> dein Handwerk aber auch den Tod? Doch, lieber Freund: Ein leichter Sinn<lb/> macht jedes Leben leicht.</p><lb/> <note type="speaker"> Ein russischer Geiger </note><lb/> <stage> (im blauen Kittel) spielt schwermütige russische</stage><lb/> <stage> Volkslieder, währenddes die Soldaten mit stillen Augen zuhören.</stage><lb/> <stage> Eine Gruppe kommt mit einem Leierkasten in den Saal und spielt fortan in den<lb/> Musikpausen russische Operetten.</stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <stage> In einem Nebenzimmer.</stage><lb/> <p xml:id="ID_1179"><note type="speaker"> Ein Feldwebel:<lb/> '</note> Zehntausend Mark? So lauf ich Mehl. Die Stadt<lb/> hier braucht s. Man reißt sich drum. Hunderttausend Gewinn! Wer Geld<lb/> schafft — halbpart!</p><lb/> <note type="speaker"> Ein Offizier: </note><lb/> <p xml:id="ID_1180"> Noch heute geht mein Telegramm nach Deutschland!</p><lb/> <stage> An einem mit gefüllten und leeren Weinflaschen dicht besetzten Tisch sitzen:</stage><lb/> <p xml:id="ID_1181"><note type="speaker"> Ein Waffenmeistergehilfe </note><stage> (betrunken):</stage> He, Kamrad, . . weist<lb/> du . . ho . . so vergnügt. Maschinengewehr . . hopla . . Letten .. zahlen gut..<lb/> aus unserm Depot . . merkt kein Aas . . he. he.</p><lb/> <p xml:id="ID_1182"><note type="speaker"> Der Kraftfahrer</note> Kl<stage> (ebenfalls betrunken):</stage> einigkeit. Geb' mich nicht ab.<lb/> Bolschewik zahlt besser. Panzerkraftwagen . . Unternehmung . . Parre markiern ..<lb/> Hihi. sibi. . . geht ganz bestimmt kaputt. . Krieg' fünfzigtausend Mark —<lb/> Freundchen . . Hei, . . das Rubeln!</p><lb/> <p xml:id="ID_1183"><stage> (gleichfalls betrunken)</stage><note type="speaker"> Ein Schreiber</note> : Acht Monate hier . . kein<lb/> Schuß . . fröhlicher Krieg. Baltenkreuz . . Eisernes Kreuz . . Muß es nur<lb/><stage> (Er steckt eine goldverzierte Vase ein.)</stage> versteh'«, sag' ich. </p><lb/> <p xml:id="ID_1184"><note type="speaker"> Einige Gardejäger</note> Ih<stage> (gehen vorbei und spucken aus):</stage> r Schweine..<lb/> Verfluchte Etappensäue ihr!</p><lb/> <stage> Vor dem Schloß.</stage><lb/> <note type="speaker"> Der junge Schütze </note><lb/> <stage> (spielt mit zwei Baltenkindern auf der blumenübersöten</stage><lb/> <stage> Wiese mit den Leuchtkäfern).</stage><lb/> <p xml:id="ID_1185"><note type="speaker"> Der junge Unteroffizier:</note> Was tust du hier draußen? Hast Angst<lb/> vor'in Leben, Junge?</p><lb/> <p xml:id="ID_1186"><note type="speaker"> Der junge Schütze</note> V<stage> (schüttelt den Kopf):</stage> or seiner wilden Schön¬<lb/> heit! Seh' die flackernden Augen der Kam'raten . . Wie die Irrlichter hier. Ich<lb/> will die Augen blank behalten.</p><lb/> <stage> Unter den Buchen.</stage><lb/> <p xml:id="ID_1187" next="#ID_1188"><note type="speaker"> Der Schütze:</note> Bin Soldat, bin ruhelos. Heute hier faß' ich das Glück.<lb/> Und morgen dort seeligen Augenblick. Mein Herz wandert mit. Sehnsucht lehrt<lb/> die Soldatenzeit. Lachte ein Mädchen mir heut, „morgen mußt" ich lassen I<lb/> Mein Herz wurde herb.--Nun faß ich jede schöne Stunde ganz. Und leer'<lb/> sie bis zur Neige. Wer wollt' es mir verwehren? Mein Herz wurde groß.--<lb/> Lieben und scheiden — Soldatenlos. Ewiger Kampf und ewige Sehnsucht. Erst<lb/> weint' ich, nun lach' ich. Mein Herz blieb jung.--Und verlaade die Tugend.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0295]
Altes und neues Heer
einsam und kalt. So schuf mich die Sorge ums tägliche Brot. So steh ich und
weine und haß euch und hoffe: ihr Frohen, wärt ihr nur bald wieder fort!
Der Schütze (tritt zu ihm): Beneidst uns wohl? Sag Alter, kennt
dein Handwerk aber auch den Tod? Doch, lieber Freund: Ein leichter Sinn
macht jedes Leben leicht.
Ein russischer Geiger
(im blauen Kittel) spielt schwermütige russische
Volkslieder, währenddes die Soldaten mit stillen Augen zuhören.
Eine Gruppe kommt mit einem Leierkasten in den Saal und spielt fortan in den
Musikpausen russische Operetten.
In einem Nebenzimmer.
Ein Feldwebel:
' Zehntausend Mark? So lauf ich Mehl. Die Stadt
hier braucht s. Man reißt sich drum. Hunderttausend Gewinn! Wer Geld
schafft — halbpart!
Ein Offizier:
Noch heute geht mein Telegramm nach Deutschland!
An einem mit gefüllten und leeren Weinflaschen dicht besetzten Tisch sitzen:
Ein Waffenmeistergehilfe (betrunken): He, Kamrad, . . weist
du . . ho . . so vergnügt. Maschinengewehr . . hopla . . Letten .. zahlen gut..
aus unserm Depot . . merkt kein Aas . . he. he.
Der Kraftfahrer Kl (ebenfalls betrunken): einigkeit. Geb' mich nicht ab.
Bolschewik zahlt besser. Panzerkraftwagen . . Unternehmung . . Parre markiern ..
Hihi. sibi. . . geht ganz bestimmt kaputt. . Krieg' fünfzigtausend Mark —
Freundchen . . Hei, . . das Rubeln!
(gleichfalls betrunken) Ein Schreiber : Acht Monate hier . . kein
Schuß . . fröhlicher Krieg. Baltenkreuz . . Eisernes Kreuz . . Muß es nur
(Er steckt eine goldverzierte Vase ein.) versteh'«, sag' ich.
Einige Gardejäger Ih (gehen vorbei und spucken aus): r Schweine..
Verfluchte Etappensäue ihr!
Vor dem Schloß.
Der junge Schütze
(spielt mit zwei Baltenkindern auf der blumenübersöten
Wiese mit den Leuchtkäfern).
Der junge Unteroffizier: Was tust du hier draußen? Hast Angst
vor'in Leben, Junge?
Der junge Schütze V (schüttelt den Kopf): or seiner wilden Schön¬
heit! Seh' die flackernden Augen der Kam'raten . . Wie die Irrlichter hier. Ich
will die Augen blank behalten.
Unter den Buchen.
Der Schütze: Bin Soldat, bin ruhelos. Heute hier faß' ich das Glück.
Und morgen dort seeligen Augenblick. Mein Herz wandert mit. Sehnsucht lehrt
die Soldatenzeit. Lachte ein Mädchen mir heut, „morgen mußt" ich lassen I
Mein Herz wurde herb.--Nun faß ich jede schöne Stunde ganz. Und leer'
sie bis zur Neige. Wer wollt' es mir verwehren? Mein Herz wurde groß.--
Lieben und scheiden — Soldatenlos. Ewiger Kampf und ewige Sehnsucht. Erst
weint' ich, nun lach' ich. Mein Herz blieb jung.--Und verlaade die Tugend.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |