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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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"Nie wieder Krieg!"

in der Stille zu Hause, die, wenn auch erschwerte, Verfolgung des auf die deutsche
Literatur gerichteten Interesses.

Wie wird das enden? Was kann Elsaß-Lothringen dem auf unbedingte
Verwelschung dringenden Frankreich abringen, mit seinem Widerstand, seiner
zähen Beharrungskraft? Das steht dahin. Man sollte meinen, was andere
Stammestümer in fremdem Kultur- und Sprachgebiet fertigbringen, daß sie sich
ungebrochen in ihrer Art behaupten, das kann füglich auch das elsässische und
deutsch-lothringische leisten. Jetzt erst hat die elsässische Seele die eigentliche
Probe abzulegen, welche Stärke und Wurzelkraft ihr innewohnt. Wie sie das
macht, ist ihre Sache, das deutsche Volk im Reich kann dazu zunächst wenig tun.
Die Elsässer und Lothringer verlangen auch nichts, müssen auch schon in Anbetracht
des starken Mißtrauens der Franzosen jedes deutsche Interesse abwehren. Nichts¬
destoweniger können die Deutschen nur Genugtuung darüber empfinden, wenn
das mit seinem politischen Schicksal sich abfindende deutsche Stammestum in
Elsaß-Lothringen sich gegenüber dem mit solcher Macht es bedrängende Frcmzosen-
tum sich kräftig seiner Haut wehrt.




"Nie wieder Arieg!"
Hurra! Es ist beschlossene Suche:
Auf Erden gibt es nie mehr Krieg!
Froh sitzt der Greis auf seinem Dache
Und jubelt unermüdlich: "Sieg!"
Es ist geschafft. Die Welt.ward besser.
Das Lieben ward jetzt allgemein.
Die Waffen bis aufs Taschenmesser,
Wir packen sie beseligt ein. Die Peitsche saust uns um die Ohren,
Die der Franzose grinsend schwingt;
Viel edles Land ging uns verloren --
Doch wohl dem, der sich selbst bezwingt!
Frech bläht der Schuft sich hier im Lande
Und schändet unseren deutschen Rhein;
Wir aber stecken Schmach und Schande
Mit "Danke schön!" und Demut ein. "Nie wieder Krieg!" Wir vrüllen's stündlich
Dem Muberpcick in's trunk'ne Ohr.
Sich wehren. Freunde, scheint uns sündlich.
Es kommt uns fast barbarisch vor.
Die Waffen sind dahingegeben.
Wir kennen keinen Rachedurst;
Wir wollen nur in Frieden leben.
Und alles andre ist uns Wurst.

„Nie wieder Krieg!"

in der Stille zu Hause, die, wenn auch erschwerte, Verfolgung des auf die deutsche
Literatur gerichteten Interesses.

Wie wird das enden? Was kann Elsaß-Lothringen dem auf unbedingte
Verwelschung dringenden Frankreich abringen, mit seinem Widerstand, seiner
zähen Beharrungskraft? Das steht dahin. Man sollte meinen, was andere
Stammestümer in fremdem Kultur- und Sprachgebiet fertigbringen, daß sie sich
ungebrochen in ihrer Art behaupten, das kann füglich auch das elsässische und
deutsch-lothringische leisten. Jetzt erst hat die elsässische Seele die eigentliche
Probe abzulegen, welche Stärke und Wurzelkraft ihr innewohnt. Wie sie das
macht, ist ihre Sache, das deutsche Volk im Reich kann dazu zunächst wenig tun.
Die Elsässer und Lothringer verlangen auch nichts, müssen auch schon in Anbetracht
des starken Mißtrauens der Franzosen jedes deutsche Interesse abwehren. Nichts¬
destoweniger können die Deutschen nur Genugtuung darüber empfinden, wenn
das mit seinem politischen Schicksal sich abfindende deutsche Stammestum in
Elsaß-Lothringen sich gegenüber dem mit solcher Macht es bedrängende Frcmzosen-
tum sich kräftig seiner Haut wehrt.




„Nie wieder Arieg!"
Hurra! Es ist beschlossene Suche:
Auf Erden gibt es nie mehr Krieg!
Froh sitzt der Greis auf seinem Dache
Und jubelt unermüdlich: „Sieg!"
Es ist geschafft. Die Welt.ward besser.
Das Lieben ward jetzt allgemein.
Die Waffen bis aufs Taschenmesser,
Wir packen sie beseligt ein. Die Peitsche saust uns um die Ohren,
Die der Franzose grinsend schwingt;
Viel edles Land ging uns verloren —
Doch wohl dem, der sich selbst bezwingt!
Frech bläht der Schuft sich hier im Lande
Und schändet unseren deutschen Rhein;
Wir aber stecken Schmach und Schande
Mit „Danke schön!" und Demut ein. „Nie wieder Krieg!" Wir vrüllen's stündlich
Dem Muberpcick in's trunk'ne Ohr.
Sich wehren. Freunde, scheint uns sündlich.
Es kommt uns fast barbarisch vor.
Die Waffen sind dahingegeben.
Wir kennen keinen Rachedurst;
Wir wollen nur in Frieden leben.
Und alles andre ist uns Wurst.

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[0219] „Nie wieder Krieg!" in der Stille zu Hause, die, wenn auch erschwerte, Verfolgung des auf die deutsche Literatur gerichteten Interesses. Wie wird das enden? Was kann Elsaß-Lothringen dem auf unbedingte Verwelschung dringenden Frankreich abringen, mit seinem Widerstand, seiner zähen Beharrungskraft? Das steht dahin. Man sollte meinen, was andere Stammestümer in fremdem Kultur- und Sprachgebiet fertigbringen, daß sie sich ungebrochen in ihrer Art behaupten, das kann füglich auch das elsässische und deutsch-lothringische leisten. Jetzt erst hat die elsässische Seele die eigentliche Probe abzulegen, welche Stärke und Wurzelkraft ihr innewohnt. Wie sie das macht, ist ihre Sache, das deutsche Volk im Reich kann dazu zunächst wenig tun. Die Elsässer und Lothringer verlangen auch nichts, müssen auch schon in Anbetracht des starken Mißtrauens der Franzosen jedes deutsche Interesse abwehren. Nichts¬ destoweniger können die Deutschen nur Genugtuung darüber empfinden, wenn das mit seinem politischen Schicksal sich abfindende deutsche Stammestum in Elsaß-Lothringen sich gegenüber dem mit solcher Macht es bedrängende Frcmzosen- tum sich kräftig seiner Haut wehrt. „Nie wieder Arieg!" Hurra! Es ist beschlossene Suche: Auf Erden gibt es nie mehr Krieg! Froh sitzt der Greis auf seinem Dache Und jubelt unermüdlich: „Sieg!" Es ist geschafft. Die Welt.ward besser. Das Lieben ward jetzt allgemein. Die Waffen bis aufs Taschenmesser, Wir packen sie beseligt ein. Die Peitsche saust uns um die Ohren, Die der Franzose grinsend schwingt; Viel edles Land ging uns verloren — Doch wohl dem, der sich selbst bezwingt! Frech bläht der Schuft sich hier im Lande Und schändet unseren deutschen Rhein; Wir aber stecken Schmach und Schande Mit „Danke schön!" und Demut ein. „Nie wieder Krieg!" Wir vrüllen's stündlich Dem Muberpcick in's trunk'ne Ohr. Sich wehren. Freunde, scheint uns sündlich. Es kommt uns fast barbarisch vor. Die Waffen sind dahingegeben. Wir kennen keinen Rachedurst; Wir wollen nur in Frieden leben. Und alles andre ist uns Wurst.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/219>, abgerufen am 04.07.2024.