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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Heimatbildung in Deutsch-Böhmen

Breite zu gehen und zahlenbefrachtet in alles einzelne. Es wurde andererseits
getrachtet, die Darstellung lebendig und anschaulich zu halten. Es sollte ein
geschlossener Gesamteindruck, ein überschaubares, einprägsames Bild der Heimat¬
entwicklung geboten werden." Dies Ziel hat Lehmann im wesentlichen erreicht.

Besonders ist mit großem Geschick die Lokalgeschichte der Stadt in den
Zusammenhang der großen Geschichte gestellt und dadurch erhöhtes Interesse für
die kleinen Menschen und Vorgänge in Landskron sebst gewonnen. Wie der große
Przemyslidenkönig Ottokar II. an ihrem Anfang, wie Hussitenzeit und Brüder¬
bewegung, wie dreißigjähriger Krieg und Rekatholisierung und ebenso die größten
geschichtlichen Ereignisse bis auf die Gegenwart auch in dies Gemeinwesen hinein¬
wirken, das kann, scheint mir, auch der schlichteste Einwohner von Landskron nicht
ohne Gewinn lesen.

Ein "Landskroner Urkundenbuch" und ein "Landskroner Ge¬
meindenbuch" (beide bei Josef Czerny, Landskron 1920) schließen sich an; das erste
dient als unmittelbare Ergänzung zu dem "Heimatbuch", es enthält die wichtigsten
Urkunden aus Landskrons Geschichte in fachlich > zusammengehörige Gruppen
geordnet und mit vielen Erläuterungen versehen; das zweite führt die dreißig
Dörfer des Landskroner Bezirks in knappen Entwicklungsbildern vor.

Weitere Bände sollen folgen, teils von Lehmann selbst, teils von anderen
Verfassern, besonders Lehrern, die ja die gegebenen Mitarbeiter für Heimat¬
forschung sind, so daß bald eine regelrechte Landskroner Heimatbücherei vor¬
liegen wird.

Sie wird in zwiefacher Richtung wirken: einmal auf die Landskroner selbst,
ihren Heimatsinn belebend und vertiefend; alsdann als Vorbild für ähnliche Ar¬
beiten in anderen Gauen, andere Heimatbücher hervorrufend.

Diese leidenschaftlich liebevolle Erfassung der Heimat kann nur Gutes
wirken. Sie wird gewiß unseren Volksgenossen in Böhmen die erwünschten Dienste
leisten können. Und auf diese eigenartige Arbeit hinzuweisen, war der Zweck dieser
Zeilen. Aber sollten nicht auch wir Reichsdeutschen von ihr -- mutatiL muwnäis --
manches lernen können?




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Heimatbildung in Deutsch-Böhmen

Breite zu gehen und zahlenbefrachtet in alles einzelne. Es wurde andererseits
getrachtet, die Darstellung lebendig und anschaulich zu halten. Es sollte ein
geschlossener Gesamteindruck, ein überschaubares, einprägsames Bild der Heimat¬
entwicklung geboten werden." Dies Ziel hat Lehmann im wesentlichen erreicht.

Besonders ist mit großem Geschick die Lokalgeschichte der Stadt in den
Zusammenhang der großen Geschichte gestellt und dadurch erhöhtes Interesse für
die kleinen Menschen und Vorgänge in Landskron sebst gewonnen. Wie der große
Przemyslidenkönig Ottokar II. an ihrem Anfang, wie Hussitenzeit und Brüder¬
bewegung, wie dreißigjähriger Krieg und Rekatholisierung und ebenso die größten
geschichtlichen Ereignisse bis auf die Gegenwart auch in dies Gemeinwesen hinein¬
wirken, das kann, scheint mir, auch der schlichteste Einwohner von Landskron nicht
ohne Gewinn lesen.

Ein „Landskroner Urkundenbuch" und ein „Landskroner Ge¬
meindenbuch" (beide bei Josef Czerny, Landskron 1920) schließen sich an; das erste
dient als unmittelbare Ergänzung zu dem „Heimatbuch", es enthält die wichtigsten
Urkunden aus Landskrons Geschichte in fachlich > zusammengehörige Gruppen
geordnet und mit vielen Erläuterungen versehen; das zweite führt die dreißig
Dörfer des Landskroner Bezirks in knappen Entwicklungsbildern vor.

Weitere Bände sollen folgen, teils von Lehmann selbst, teils von anderen
Verfassern, besonders Lehrern, die ja die gegebenen Mitarbeiter für Heimat¬
forschung sind, so daß bald eine regelrechte Landskroner Heimatbücherei vor¬
liegen wird.

Sie wird in zwiefacher Richtung wirken: einmal auf die Landskroner selbst,
ihren Heimatsinn belebend und vertiefend; alsdann als Vorbild für ähnliche Ar¬
beiten in anderen Gauen, andere Heimatbücher hervorrufend.

Diese leidenschaftlich liebevolle Erfassung der Heimat kann nur Gutes
wirken. Sie wird gewiß unseren Volksgenossen in Böhmen die erwünschten Dienste
leisten können. Und auf diese eigenartige Arbeit hinzuweisen, war der Zweck dieser
Zeilen. Aber sollten nicht auch wir Reichsdeutschen von ihr — mutatiL muwnäis —
manches lernen können?




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[0161] Heimatbildung in Deutsch-Böhmen Breite zu gehen und zahlenbefrachtet in alles einzelne. Es wurde andererseits getrachtet, die Darstellung lebendig und anschaulich zu halten. Es sollte ein geschlossener Gesamteindruck, ein überschaubares, einprägsames Bild der Heimat¬ entwicklung geboten werden." Dies Ziel hat Lehmann im wesentlichen erreicht. Besonders ist mit großem Geschick die Lokalgeschichte der Stadt in den Zusammenhang der großen Geschichte gestellt und dadurch erhöhtes Interesse für die kleinen Menschen und Vorgänge in Landskron sebst gewonnen. Wie der große Przemyslidenkönig Ottokar II. an ihrem Anfang, wie Hussitenzeit und Brüder¬ bewegung, wie dreißigjähriger Krieg und Rekatholisierung und ebenso die größten geschichtlichen Ereignisse bis auf die Gegenwart auch in dies Gemeinwesen hinein¬ wirken, das kann, scheint mir, auch der schlichteste Einwohner von Landskron nicht ohne Gewinn lesen. Ein „Landskroner Urkundenbuch" und ein „Landskroner Ge¬ meindenbuch" (beide bei Josef Czerny, Landskron 1920) schließen sich an; das erste dient als unmittelbare Ergänzung zu dem „Heimatbuch", es enthält die wichtigsten Urkunden aus Landskrons Geschichte in fachlich > zusammengehörige Gruppen geordnet und mit vielen Erläuterungen versehen; das zweite führt die dreißig Dörfer des Landskroner Bezirks in knappen Entwicklungsbildern vor. Weitere Bände sollen folgen, teils von Lehmann selbst, teils von anderen Verfassern, besonders Lehrern, die ja die gegebenen Mitarbeiter für Heimat¬ forschung sind, so daß bald eine regelrechte Landskroner Heimatbücherei vor¬ liegen wird. Sie wird in zwiefacher Richtung wirken: einmal auf die Landskroner selbst, ihren Heimatsinn belebend und vertiefend; alsdann als Vorbild für ähnliche Ar¬ beiten in anderen Gauen, andere Heimatbücher hervorrufend. Diese leidenschaftlich liebevolle Erfassung der Heimat kann nur Gutes wirken. Sie wird gewiß unseren Volksgenossen in Böhmen die erwünschten Dienste leisten können. Und auf diese eigenartige Arbeit hinzuweisen, war der Zweck dieser Zeilen. Aber sollten nicht auch wir Reichsdeutschen von ihr — mutatiL muwnäis — manches lernen können? 10»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/161>, abgerufen am 24.07.2024.