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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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irgendeine andere Tatsache zu benutzen gedachte, um den Weltbrand herbeizuführen.
Wenn Herr Poincarv ein so reines Gewissen hat, warum werden dann die franzö¬
sischen Archive so sorgsam verschlossen gehalten? Die zwei Schriftstücke, die Poincarv
über seine Unterredung mit Sassonvw jetzt veröffentlicht hat, und die aus der
Zeit seiner Ministerpräsidentenschast, nicht aber aus dem kritischen Jahre 1914
stammen, sind kein Gegenbeweis für die Vorwürfe, die gegen Poincarö wegen der
Entfesselung eines Krieges mit Deutschland erhoben worden sind. Die Antwort, die
man von Poincar6 erwarten muß und die sich nicht in allgemeinen Redensarten
bewegen darf, sondern aktenmäßig belegt fein soll, steht nochMis und wird Wohl nie
erfolgen, denn der ehemalige Präsident trügt selbst sein reiches Maß von Schuld/




Saburow und die russischen Staatsakten über die
russisch-deutschen Beziehungen von ^87y bis ^8Y0
Richard Fester Mitgeteilt von

lie nachfolgenden Mitteilungen an die deutsche Öffentlichkeit sind seit
drei Jahren Gemeingut der migel - sächsischen Wissenschaft, Im
Dezember 1917 und im Januar 1918 veröffentlichte Professor
J.G.Simpson in "los Mnotoontlr vontur/") Auszüge aus den
Memoiren Peter Saburows über seine Verhandlungen mit Bismarck
bis zur Unterzeichnung des Dreikaiserbündnisses von 1881, und im Januar 1918
konnte die "American historie-ü rovinv" aus der Feder Serge Goriainows einen
Aufsatz "1'Il<z ora ot' tue allianeo cet dew omperors" bringen, der für die Jahre
1883 bis 1890 ans den russischen Staatsakten schöpfte.") In Rußland werden
heute nur Enthüllungen der Bolschcwisten gedruckt. Saburow hat daher einem
englischen Professor gestattet, sich Auszüge aus seinen Erinnerungen zu machen,
während der Archivar des russischen lmoion i'<zgim<z'>) seinen französisch ge¬
schriebenen Aufsatz in Petersburg Professor Götter vom Staatskolleg In Washington
einhändigte. Auch einen Aufsatz über die Kriegsgefahr von 1875 nach den russischen
Staatsakten hatte Goriainow seinen amerikanischen Freunden zugedacht, ohne daß
es zur Ausführung seines Planes gekommen wäre. Nach einem unverbürgten
Gerücht ist er als eines der vielen Opfer der Sowjetherrschaft verhungert.^) Nach






") Ur. 490 Seite 1111 bis 11Z3, Ur. 491 Seite "0 bis 76. Ich benutze das Exemplar
der Kriegssammlung des historischen Seminars der Universität Halle.
. 2) Seite 324 bis 349. Das Heft enthält auch interessante Berichte des Berliner
Gesandten der Vereinigten Staaten Dcmelson aus dem Jahre. 1848.
s . 2) Wir verdanken Goriainow eine mit Benutzung des russischen Staatsarchivs verfaßte
aufschlußreiche Studie ieber die Meerengenfrage bis 1873, die zuerst russisch 1908 und dann
- französisch 1910 mit einer Vorrede von Gabriel Hanotcmx erschien unter dem Titel Losxuor^
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") Nach brieflichen Mitteilungen Coolidges. Von Coolidge sind 1917 in New York
(Charles Scribners Sons) Vorlesungen Wer die "0riAin8 et ein? 1'riple ^IlMnek" erschienen

irgendeine andere Tatsache zu benutzen gedachte, um den Weltbrand herbeizuführen.
Wenn Herr Poincarv ein so reines Gewissen hat, warum werden dann die franzö¬
sischen Archive so sorgsam verschlossen gehalten? Die zwei Schriftstücke, die Poincarv
über seine Unterredung mit Sassonvw jetzt veröffentlicht hat, und die aus der
Zeit seiner Ministerpräsidentenschast, nicht aber aus dem kritischen Jahre 1914
stammen, sind kein Gegenbeweis für die Vorwürfe, die gegen Poincarö wegen der
Entfesselung eines Krieges mit Deutschland erhoben worden sind. Die Antwort, die
man von Poincar6 erwarten muß und die sich nicht in allgemeinen Redensarten
bewegen darf, sondern aktenmäßig belegt fein soll, steht nochMis und wird Wohl nie
erfolgen, denn der ehemalige Präsident trügt selbst sein reiches Maß von Schuld/




Saburow und die russischen Staatsakten über die
russisch-deutschen Beziehungen von ^87y bis ^8Y0
Richard Fester Mitgeteilt von

lie nachfolgenden Mitteilungen an die deutsche Öffentlichkeit sind seit
drei Jahren Gemeingut der migel - sächsischen Wissenschaft, Im
Dezember 1917 und im Januar 1918 veröffentlichte Professor
J.G.Simpson in „los Mnotoontlr vontur/") Auszüge aus den
Memoiren Peter Saburows über seine Verhandlungen mit Bismarck
bis zur Unterzeichnung des Dreikaiserbündnisses von 1881, und im Januar 1918
konnte die „American historie-ü rovinv" aus der Feder Serge Goriainows einen
Aufsatz „1'Il<z ora ot' tue allianeo cet dew omperors" bringen, der für die Jahre
1883 bis 1890 ans den russischen Staatsakten schöpfte.») In Rußland werden
heute nur Enthüllungen der Bolschcwisten gedruckt. Saburow hat daher einem
englischen Professor gestattet, sich Auszüge aus seinen Erinnerungen zu machen,
während der Archivar des russischen lmoion i'<zgim<z'>) seinen französisch ge¬
schriebenen Aufsatz in Petersburg Professor Götter vom Staatskolleg In Washington
einhändigte. Auch einen Aufsatz über die Kriegsgefahr von 1875 nach den russischen
Staatsakten hatte Goriainow seinen amerikanischen Freunden zugedacht, ohne daß
es zur Ausführung seines Planes gekommen wäre. Nach einem unverbürgten
Gerücht ist er als eines der vielen Opfer der Sowjetherrschaft verhungert.^) Nach






») Ur. 490 Seite 1111 bis 11Z3, Ur. 491 Seite «0 bis 76. Ich benutze das Exemplar
der Kriegssammlung des historischen Seminars der Universität Halle.
. 2) Seite 324 bis 349. Das Heft enthält auch interessante Berichte des Berliner
Gesandten der Vereinigten Staaten Dcmelson aus dem Jahre. 1848.
s . 2) Wir verdanken Goriainow eine mit Benutzung des russischen Staatsarchivs verfaßte
aufschlußreiche Studie ieber die Meerengenfrage bis 1873, die zuerst russisch 1908 und dann
- französisch 1910 mit einer Vorrede von Gabriel Hanotcmx erschien unter dem Titel Losxuor^
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(Charles Scribners Sons) Vorlesungen Wer die »0riAin8 et ein? 1'riple ^IlMnek" erschienen
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[0061] irgendeine andere Tatsache zu benutzen gedachte, um den Weltbrand herbeizuführen. Wenn Herr Poincarv ein so reines Gewissen hat, warum werden dann die franzö¬ sischen Archive so sorgsam verschlossen gehalten? Die zwei Schriftstücke, die Poincarv über seine Unterredung mit Sassonvw jetzt veröffentlicht hat, und die aus der Zeit seiner Ministerpräsidentenschast, nicht aber aus dem kritischen Jahre 1914 stammen, sind kein Gegenbeweis für die Vorwürfe, die gegen Poincarö wegen der Entfesselung eines Krieges mit Deutschland erhoben worden sind. Die Antwort, die man von Poincar6 erwarten muß und die sich nicht in allgemeinen Redensarten bewegen darf, sondern aktenmäßig belegt fein soll, steht nochMis und wird Wohl nie erfolgen, denn der ehemalige Präsident trügt selbst sein reiches Maß von Schuld/ Saburow und die russischen Staatsakten über die russisch-deutschen Beziehungen von ^87y bis ^8Y0 Richard Fester Mitgeteilt von lie nachfolgenden Mitteilungen an die deutsche Öffentlichkeit sind seit drei Jahren Gemeingut der migel - sächsischen Wissenschaft, Im Dezember 1917 und im Januar 1918 veröffentlichte Professor J.G.Simpson in „los Mnotoontlr vontur/") Auszüge aus den Memoiren Peter Saburows über seine Verhandlungen mit Bismarck bis zur Unterzeichnung des Dreikaiserbündnisses von 1881, und im Januar 1918 konnte die „American historie-ü rovinv" aus der Feder Serge Goriainows einen Aufsatz „1'Il<z ora ot' tue allianeo cet dew omperors" bringen, der für die Jahre 1883 bis 1890 ans den russischen Staatsakten schöpfte.») In Rußland werden heute nur Enthüllungen der Bolschcwisten gedruckt. Saburow hat daher einem englischen Professor gestattet, sich Auszüge aus seinen Erinnerungen zu machen, während der Archivar des russischen lmoion i'<zgim<z'>) seinen französisch ge¬ schriebenen Aufsatz in Petersburg Professor Götter vom Staatskolleg In Washington einhändigte. Auch einen Aufsatz über die Kriegsgefahr von 1875 nach den russischen Staatsakten hatte Goriainow seinen amerikanischen Freunden zugedacht, ohne daß es zur Ausführung seines Planes gekommen wäre. Nach einem unverbürgten Gerücht ist er als eines der vielen Opfer der Sowjetherrschaft verhungert.^) Nach ») Ur. 490 Seite 1111 bis 11Z3, Ur. 491 Seite «0 bis 76. Ich benutze das Exemplar der Kriegssammlung des historischen Seminars der Universität Halle. . 2) Seite 324 bis 349. Das Heft enthält auch interessante Berichte des Berliner Gesandten der Vereinigten Staaten Dcmelson aus dem Jahre. 1848. s . 2) Wir verdanken Goriainow eine mit Benutzung des russischen Staatsarchivs verfaßte aufschlußreiche Studie ieber die Meerengenfrage bis 1873, die zuerst russisch 1908 und dann - französisch 1910 mit einer Vorrede von Gabriel Hanotcmx erschien unter dem Titel Losxuor^ ,P» !«s VarSmiMes. Hwäo I>istori«zu<z sur I» guWtion ach ckötroits. ?arig, ?Ion-Mrurit. «) Nach brieflichen Mitteilungen Coolidges. Von Coolidge sind 1917 in New York (Charles Scribners Sons) Vorlesungen Wer die »0riAin8 et ein? 1'riple ^IlMnek" erschienen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/61>, abgerufen am 23.11.2024.