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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Federstriche

angesichts des elenden Parteiwesens und des Parteizwanges ("wer nicht Order
Pariert, der fliegt") einigermaßen zweifelhaft.

Artikel 158: "Die geistige Arbeit genießt den Schutz und die Fürsorge des
Reichs". Wiederum sehr schön; nur schade, daß heute von allen Arbeiten die
geistige am niedrigsten gelohnt wird.

Artikel 164: "Der selbständige Mittelstand in Landwirtschaft. Gewerbe und
Handel ist in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und
Aussaugung zu schützen." Bravo! Dann aber sollte man nicht in Hamburg ein
Gewerbesteuergesetz ersinnen, das den gewerblichen Mittelstand schwer belastet, die
gemeindlichen (sozialisierten) Gewerbebetriebe aber ganz frei läßt, damit sie den
Mittelstand desto bequemer "aussaugen" können.

Zwischendurch eine sprachliche Bemerkung: Artikel 111 gibt jedem das Recht,
"jeden Nahrungszweig zu betreiben." Wie betreibt man einen Zweig? Die
Vermengung mehrerer einander ganz fremder Bilder ist besonders typisch für den
Mangel an deutschem Sprachgefühl und erinnert an den "Zahn der Zeit, der
schon so manche Träne getrocknet hat und auch über diese Wunde Gras wachsen
lassen wird". Das schlechte Deutsch wird vielleicht durch die Herkunft der Per¬
sönlichkeit des Verfassers der deutschen Verfassung hinreichend zu erklären sein.

Zum Schluß noch der vielumstrittene Artikel 3: "Die Neichsfarben sind
schwarz-rot-gold". Nein, das sind sie nicht, und wenn es zehnmal in der Ver¬
fassung stünde. Auch hier wieder, wie in so vielen Fällen der klaffende Riß
,
Dr. Wolf Mannhardt Zwischen Theorie und Wirklichkeit.




Verantwortlich - Hans von Sodcnstorn in Berlin.
Schriftlciwna und Verlaa' Berlin SW II. Temnclhofer Ufer SSa. F-rnrns- Liitzow "Ki",
Verlag: K, F. Koester. Avteilmia Grenzboten. Berlin.
Druck: "Der N-ichsbote" G. in, ". H. in Berlin S V 11, Dessauer Striche W/S7.


Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsähe ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

Notiz

Dem heutigen Heft .liegt ein Prospekt der Firma H. Haesscl, Verlag, Leipzig,
betreffend Adolf Barrels, "Die Jüngsten" bei.

"Kürschners Literatur-Kalender. Wie uns die Redaktion des Literatur-Kalenders
mitteilt, ist die seit langem sehnlichst erwartete neue Auflage im Druck. Es ist erwünscht,
daß alle diejenigen Schriftsteller, die in den Literatur-Kalender aufgenommen zu werden
wünschen und die noch keinen Fragebogen erhalten haben, möglichst umgehend an die
Redaktion des Literatur-Kalenders (Verlag Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, Walter
de Griiyter u. Co., Berlin W. 10, Genihiner Straße 38) die Bitte richten, ihnen einen
Fragebogen zukommen zu lassen."




Federstriche

angesichts des elenden Parteiwesens und des Parteizwanges („wer nicht Order
Pariert, der fliegt") einigermaßen zweifelhaft.

Artikel 158: „Die geistige Arbeit genießt den Schutz und die Fürsorge des
Reichs". Wiederum sehr schön; nur schade, daß heute von allen Arbeiten die
geistige am niedrigsten gelohnt wird.

Artikel 164: „Der selbständige Mittelstand in Landwirtschaft. Gewerbe und
Handel ist in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und
Aussaugung zu schützen." Bravo! Dann aber sollte man nicht in Hamburg ein
Gewerbesteuergesetz ersinnen, das den gewerblichen Mittelstand schwer belastet, die
gemeindlichen (sozialisierten) Gewerbebetriebe aber ganz frei läßt, damit sie den
Mittelstand desto bequemer „aussaugen" können.

Zwischendurch eine sprachliche Bemerkung: Artikel 111 gibt jedem das Recht,
„jeden Nahrungszweig zu betreiben." Wie betreibt man einen Zweig? Die
Vermengung mehrerer einander ganz fremder Bilder ist besonders typisch für den
Mangel an deutschem Sprachgefühl und erinnert an den „Zahn der Zeit, der
schon so manche Träne getrocknet hat und auch über diese Wunde Gras wachsen
lassen wird". Das schlechte Deutsch wird vielleicht durch die Herkunft der Per¬
sönlichkeit des Verfassers der deutschen Verfassung hinreichend zu erklären sein.

Zum Schluß noch der vielumstrittene Artikel 3: „Die Neichsfarben sind
schwarz-rot-gold". Nein, das sind sie nicht, und wenn es zehnmal in der Ver¬
fassung stünde. Auch hier wieder, wie in so vielen Fällen der klaffende Riß
,
Dr. Wolf Mannhardt Zwischen Theorie und Wirklichkeit.




Verantwortlich - Hans von Sodcnstorn in Berlin.
Schriftlciwna und Verlaa' Berlin SW II. Temnclhofer Ufer SSa. F-rnrns- Liitzow «Ki»,
Verlag: K, F. Koester. Avteilmia Grenzboten. Berlin.
Druck: „Der N-ichsbote" G. in, ». H. in Berlin S V 11, Dessauer Striche W/S7.


Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsähe ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

Notiz

Dem heutigen Heft .liegt ein Prospekt der Firma H. Haesscl, Verlag, Leipzig,
betreffend Adolf Barrels, „Die Jüngsten" bei.

„Kürschners Literatur-Kalender. Wie uns die Redaktion des Literatur-Kalenders
mitteilt, ist die seit langem sehnlichst erwartete neue Auflage im Druck. Es ist erwünscht,
daß alle diejenigen Schriftsteller, die in den Literatur-Kalender aufgenommen zu werden
wünschen und die noch keinen Fragebogen erhalten haben, möglichst umgehend an die
Redaktion des Literatur-Kalenders (Verlag Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, Walter
de Griiyter u. Co., Berlin W. 10, Genihiner Straße 38) die Bitte richten, ihnen einen
Fragebogen zukommen zu lassen."




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[0341] Federstriche angesichts des elenden Parteiwesens und des Parteizwanges („wer nicht Order Pariert, der fliegt") einigermaßen zweifelhaft. Artikel 158: „Die geistige Arbeit genießt den Schutz und die Fürsorge des Reichs". Wiederum sehr schön; nur schade, daß heute von allen Arbeiten die geistige am niedrigsten gelohnt wird. Artikel 164: „Der selbständige Mittelstand in Landwirtschaft. Gewerbe und Handel ist in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aussaugung zu schützen." Bravo! Dann aber sollte man nicht in Hamburg ein Gewerbesteuergesetz ersinnen, das den gewerblichen Mittelstand schwer belastet, die gemeindlichen (sozialisierten) Gewerbebetriebe aber ganz frei läßt, damit sie den Mittelstand desto bequemer „aussaugen" können. Zwischendurch eine sprachliche Bemerkung: Artikel 111 gibt jedem das Recht, „jeden Nahrungszweig zu betreiben." Wie betreibt man einen Zweig? Die Vermengung mehrerer einander ganz fremder Bilder ist besonders typisch für den Mangel an deutschem Sprachgefühl und erinnert an den „Zahn der Zeit, der schon so manche Träne getrocknet hat und auch über diese Wunde Gras wachsen lassen wird". Das schlechte Deutsch wird vielleicht durch die Herkunft der Per¬ sönlichkeit des Verfassers der deutschen Verfassung hinreichend zu erklären sein. Zum Schluß noch der vielumstrittene Artikel 3: „Die Neichsfarben sind schwarz-rot-gold". Nein, das sind sie nicht, und wenn es zehnmal in der Ver¬ fassung stünde. Auch hier wieder, wie in so vielen Fällen der klaffende Riß , Dr. Wolf Mannhardt Zwischen Theorie und Wirklichkeit. Verantwortlich - Hans von Sodcnstorn in Berlin. Schriftlciwna und Verlaa' Berlin SW II. Temnclhofer Ufer SSa. F-rnrns- Liitzow «Ki», Verlag: K, F. Koester. Avteilmia Grenzboten. Berlin. Druck: „Der N-ichsbote" G. in, ». H. in Berlin S V 11, Dessauer Striche W/S7. Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsähe ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet. Notiz Dem heutigen Heft .liegt ein Prospekt der Firma H. Haesscl, Verlag, Leipzig, betreffend Adolf Barrels, „Die Jüngsten" bei. „Kürschners Literatur-Kalender. Wie uns die Redaktion des Literatur-Kalenders mitteilt, ist die seit langem sehnlichst erwartete neue Auflage im Druck. Es ist erwünscht, daß alle diejenigen Schriftsteller, die in den Literatur-Kalender aufgenommen zu werden wünschen und die noch keinen Fragebogen erhalten haben, möglichst umgehend an die Redaktion des Literatur-Kalenders (Verlag Vereinigung wissenschaftlicher Verleger, Walter de Griiyter u. Co., Berlin W. 10, Genihiner Straße 38) die Bitte richten, ihnen einen Fragebogen zukommen zu lassen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/341>, abgerufen am 23.11.2024.