Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Adolf Bartels: "Die Jüngsten" Gegenüber der Legende der Verkleinerer Vartels, als sei er in einseitigsten Und weil ich nun schon daran bin, die vielen Vorzüge des Bartels-Buches Nun der wesentlichere Fall: In der neugearbeiteten Einleitung des Adolf Bartels: „Die Jüngsten" Gegenüber der Legende der Verkleinerer Vartels, als sei er in einseitigsten Und weil ich nun schon daran bin, die vielen Vorzüge des Bartels-Buches Nun der wesentlichere Fall: In der neugearbeiteten Einleitung des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0325" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339126"/> <fw type="header" place="top"> Adolf Bartels: „Die Jüngsten"</fw><lb/> <p xml:id="ID_1114"> Gegenüber der Legende der Verkleinerer Vartels, als sei er in einseitigsten<lb/> Vorurteilen befangen und habe für jeden, den er auch nur für einen Juden<lb/> „halte", sofort die „schlechte Note" bereit, braucht man wieder nur auf den Fall<lb/> Jacob Wassermann verweisen. Ich denke, Wassermann wird sich über die<lb/> natürlich bedingte aber respektvolle Einschätzung, die ihm ein offener Geistgegner<lb/> wie Bartels zollt, mehr freuen als über alle Lobhudeleien der ihm stamm¬<lb/> verwandten Journaille. Ja, in Füllen wie denen Franz Werfels und<lb/> Klabunds, dieses Duodez-Wedekinds, hätte ich in diesem Pfadweiser durch<lb/> die Literatur des Tages eine weit nachdrücklichere, eingehendere Ablehnung für<lb/> richtiger gehalten, eine gewisse antisemitische Grimmigkeit, die man Bartels gerne<lb/> und zu unrecht nachsagt, wäre da einmal am Platze gewesen. Allein für die<lb/> epische Meintat seines sogenannten Eulenspiegel-Romans „Bakre", eine der wider-<lb/> lichsten Besudelungen alles deutschvölkischen und deutschchristlichen Vorstellungsguts<lb/> in deutscher Sprache, hätte Herr Klabund, dieser, wie er sich selbst einmal gekenn¬<lb/> zeichnet hat, „von einem Gott ausgekotzte Haufen Dreck", einen ragenden Pranger<lb/> im „Jüngsten"-Buche verdient, zumal im „Brake"-Buch die hochverräterischen<lb/> Machenschaften dieser Art von wurzellosen Jünglingen während des Krieges mit<lb/> eineni Zynismus ohnegleichen angedeutet werden----</p><lb/> <p xml:id="ID_1115"> Und weil ich nun schon daran bin, die vielen Vorzüge des Bartels-Buches<lb/> — ihr erquickendster ist wie in allen Büchern und Schriften dieses Verfassers ihre<lb/> frei von der Leber weg, wie in einem Gespräch mit vertrauten Freunden hin¬<lb/> fließende orstio cüwLta — durch einige kleine Schatteustriche zu verstärken, nenne<lb/> ich gleich drei Dinge, deren Änderung oder Milderung einer nächsten Auflage<lb/> dieser „Jüngsten" aufrichtig zu wünschen wäre! Zuerst die Sache, die am leich¬<lb/> testen wiegt: Auf Seite 80 schreibt Vartels von der rechtsstehenden nichtjüdischer<lb/> Presse das in dieser Verallgemeinerung unhaltbare Wort: „Auch nicht ein<lb/> deutsches Blatt hat daher bis jetzt den Mut gefunden, beispielsweise der jüdischen<lb/> Theaterwirtschaft so entgegenzutreten, wie sie es verdiente". Gewiß sind bei<lb/> vielen deutschnationalgesinnten Blättern unverzeihliche Nachlässigkeiten in dieser<lb/> Hinsicht zu beklagen. Hat aber Professor Bartels seit zwei Jahren wirklich die<lb/> „Deutsche Zeitung" und die „Tägliche Rundschau" nie gelesen, für die beide er<lb/> doch nicht selten wertvolle Beitrüge schreibt? Bei der „Täglichen Rundschau"<lb/> kann man vielleicht noch sagen, daß sie nicht immer folgerichtig sei. Neben den<lb/> ausgezeichneten Kampfartikeln Erich Schlaikjers gegen die jüdische Theater¬<lb/> wirtschaft, nmestens sogar in eineni sehr lesenswerten Bande unter dem Titel<lb/> „Der K ampf mit der Schande" im Verlage der „Täglichen Rundschau"<lb/> gesammelt herausgekommen, finden sich im selben Blatte gelegentlich un¬<lb/> begreifliche Duldungen, ja Förderungen jüdischer Kitschtheaterei, Nichtsdestoweniger.<lb/> Schlaikjers offene Kampfartikel sind da und können doch unmöglich verleugnet<lb/> werden I Die „Deutsche Zeitung" aber treibt, mindestens seit Herbst 1919 bis<lb/> auf diesen Tag, eine geschlossene und entschlossene Abwehr der jüdischen Theater¬<lb/> wirtschaft ohne Verblümung und ohne Nachsicht. Professor Bartels wird also<lb/> gut tun, den oben angeführten Satz zu berichtigen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1116" next="#ID_1117"> Nun der wesentlichere Fall: In der neugearbeiteten Einleitung des<lb/> „Jüngsten"-Bandes steht ein wichtiges, in seiner lückenlosen Aufzählung aller<lb/> hergehörigen Literatur auch hochbeachtliches Kapitel „Die Geschichtsschreiber der<lb/> deutschen Literatur des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts". Darin verwirft<lb/> Bartels nun seine zeitgenössischen Fachkollegen samt und sonders mit der flüch¬<lb/> tigsten Aburteilung auf genau sieben Druckzeilen! Das scheint mir unbedingt<lb/> anstößig. Hier ist er nun einmal — rein objektiv genommen — „Partei" und<lb/> müßte schon deshalb sich die Mühe nehmen, seine absprechender Beurteilungen<lb/> mit gewissenhaftester Sachlichkeit zu begründen. Man darf doch wirklich nicht<lb/> einen Fachkollegen wie Geheimrat Max Koch in Breslau, den nicht wenige<lb/> Kenner ob seiner prachtvollen deutschnationalen Gesinnung am liebsten unter allen<lb/> deutschen Literaturgeschichtslehrern neben Adolf Bartels stellen möchten (wofern<lb/> er nur etwas mehr Klarheit in seiner Haltung gegen das Judentum hätte), —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0325]
Adolf Bartels: „Die Jüngsten"
Gegenüber der Legende der Verkleinerer Vartels, als sei er in einseitigsten
Vorurteilen befangen und habe für jeden, den er auch nur für einen Juden
„halte", sofort die „schlechte Note" bereit, braucht man wieder nur auf den Fall
Jacob Wassermann verweisen. Ich denke, Wassermann wird sich über die
natürlich bedingte aber respektvolle Einschätzung, die ihm ein offener Geistgegner
wie Bartels zollt, mehr freuen als über alle Lobhudeleien der ihm stamm¬
verwandten Journaille. Ja, in Füllen wie denen Franz Werfels und
Klabunds, dieses Duodez-Wedekinds, hätte ich in diesem Pfadweiser durch
die Literatur des Tages eine weit nachdrücklichere, eingehendere Ablehnung für
richtiger gehalten, eine gewisse antisemitische Grimmigkeit, die man Bartels gerne
und zu unrecht nachsagt, wäre da einmal am Platze gewesen. Allein für die
epische Meintat seines sogenannten Eulenspiegel-Romans „Bakre", eine der wider-
lichsten Besudelungen alles deutschvölkischen und deutschchristlichen Vorstellungsguts
in deutscher Sprache, hätte Herr Klabund, dieser, wie er sich selbst einmal gekenn¬
zeichnet hat, „von einem Gott ausgekotzte Haufen Dreck", einen ragenden Pranger
im „Jüngsten"-Buche verdient, zumal im „Brake"-Buch die hochverräterischen
Machenschaften dieser Art von wurzellosen Jünglingen während des Krieges mit
eineni Zynismus ohnegleichen angedeutet werden----
Und weil ich nun schon daran bin, die vielen Vorzüge des Bartels-Buches
— ihr erquickendster ist wie in allen Büchern und Schriften dieses Verfassers ihre
frei von der Leber weg, wie in einem Gespräch mit vertrauten Freunden hin¬
fließende orstio cüwLta — durch einige kleine Schatteustriche zu verstärken, nenne
ich gleich drei Dinge, deren Änderung oder Milderung einer nächsten Auflage
dieser „Jüngsten" aufrichtig zu wünschen wäre! Zuerst die Sache, die am leich¬
testen wiegt: Auf Seite 80 schreibt Vartels von der rechtsstehenden nichtjüdischer
Presse das in dieser Verallgemeinerung unhaltbare Wort: „Auch nicht ein
deutsches Blatt hat daher bis jetzt den Mut gefunden, beispielsweise der jüdischen
Theaterwirtschaft so entgegenzutreten, wie sie es verdiente". Gewiß sind bei
vielen deutschnationalgesinnten Blättern unverzeihliche Nachlässigkeiten in dieser
Hinsicht zu beklagen. Hat aber Professor Bartels seit zwei Jahren wirklich die
„Deutsche Zeitung" und die „Tägliche Rundschau" nie gelesen, für die beide er
doch nicht selten wertvolle Beitrüge schreibt? Bei der „Täglichen Rundschau"
kann man vielleicht noch sagen, daß sie nicht immer folgerichtig sei. Neben den
ausgezeichneten Kampfartikeln Erich Schlaikjers gegen die jüdische Theater¬
wirtschaft, nmestens sogar in eineni sehr lesenswerten Bande unter dem Titel
„Der K ampf mit der Schande" im Verlage der „Täglichen Rundschau"
gesammelt herausgekommen, finden sich im selben Blatte gelegentlich un¬
begreifliche Duldungen, ja Förderungen jüdischer Kitschtheaterei, Nichtsdestoweniger.
Schlaikjers offene Kampfartikel sind da und können doch unmöglich verleugnet
werden I Die „Deutsche Zeitung" aber treibt, mindestens seit Herbst 1919 bis
auf diesen Tag, eine geschlossene und entschlossene Abwehr der jüdischen Theater¬
wirtschaft ohne Verblümung und ohne Nachsicht. Professor Bartels wird also
gut tun, den oben angeführten Satz zu berichtigen!
Nun der wesentlichere Fall: In der neugearbeiteten Einleitung des
„Jüngsten"-Bandes steht ein wichtiges, in seiner lückenlosen Aufzählung aller
hergehörigen Literatur auch hochbeachtliches Kapitel „Die Geschichtsschreiber der
deutschen Literatur des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts". Darin verwirft
Bartels nun seine zeitgenössischen Fachkollegen samt und sonders mit der flüch¬
tigsten Aburteilung auf genau sieben Druckzeilen! Das scheint mir unbedingt
anstößig. Hier ist er nun einmal — rein objektiv genommen — „Partei" und
müßte schon deshalb sich die Mühe nehmen, seine absprechender Beurteilungen
mit gewissenhaftester Sachlichkeit zu begründen. Man darf doch wirklich nicht
einen Fachkollegen wie Geheimrat Max Koch in Breslau, den nicht wenige
Kenner ob seiner prachtvollen deutschnationalen Gesinnung am liebsten unter allen
deutschen Literaturgeschichtslehrern neben Adolf Bartels stellen möchten (wofern
er nur etwas mehr Klarheit in seiner Haltung gegen das Judentum hätte), —
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