Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Hundert Jahre deutscher Gewerbfleiß vermitteln. Selbst die Verwaltung von Ausstellungen hatte sie seit langem in Im übrigen hatte sich die Gewerbeförderungstätigkeit fast ganz auf das Auch hier wurde wiederum der Grund für Neugestaltungen durch Studien¬ Um eine fachmännische Aufsicht und ständige Fühlung mit den Interessenten¬ Hundert Jahre deutscher Gewerbfleiß vermitteln. Selbst die Verwaltung von Ausstellungen hatte sie seit langem in Im übrigen hatte sich die Gewerbeförderungstätigkeit fast ganz auf das Auch hier wurde wiederum der Grund für Neugestaltungen durch Studien¬ Um eine fachmännische Aufsicht und ständige Fühlung mit den Interessenten¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338829"/> <fw type="header" place="top"> Hundert Jahre deutscher Gewerbfleiß</fw><lb/> <p xml:id="ID_87" prev="#ID_86"> vermitteln. Selbst die Verwaltung von Ausstellungen hatte sie seit langem in<lb/> eigene Hand genommen. Nur noch zur Organisation von Ausstellungen im<lb/> Ausland wurde ihr bisweilen ein Reichskommissar zur Verfügung gestellt, der<lb/> den Ausgleich widerstreitender Interessen wahrzunehmen/ für Einheitlichkeit und<lb/> würdige Vertretung der deutschen Darbietungen zu sorgen und die bereitgestellten<lb/> öffentlichen Gelder zu verwalten hatte. Bei solcher Gelegenheit war es auch noch<lb/> üblich, kleineren Gewerbetreibenden Neisestipcndien zu gewähren. Auch für dieses<lb/> Gebiet aber wurde in neuester Zeit in der ständigen Ausstellungskommission ein<lb/> Selbstverwaltungskörper geschaffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_88"> Im übrigen hatte sich die Gewerbeförderungstätigkeit fast ganz auf das<lb/> eine Gebiet zurückgezogen/ für das von Beuth der Grundstein in den Gewerbe¬<lb/> schulen gelegt worden war/ den gewerblichen Unterricht. Verhältnismäßig lange<lb/> Zeit hatte es gedauert/ Ins ihm in Preußen die Bedeutung wie in anderen<lb/> Bundesstaaten oder in Osterreich geschenkt wurde. Immer wieder waren von der<lb/> Finanzverwaltung Bedenken dagegen erhoben worden/ für diese neuen Aufgaben<lb/> Staatsmittel zu bewilligen, die, wenn einmal grundsätzlich zugesagt, sehr erheblich<lb/> anwachsen würden. Erst um die Wende des Jahrhunderts gelang es, den Finanz¬<lb/> minister Miquel von der Notwendigkeit zu überzeugen, hier Wandel zu » schaffen.<lb/> Nachdem mit den Technischen Hochschulen bereits früher ein vielversprechender<lb/> Anfang gemacht war, wurde zum Ausbau der technischen Mittelschulen und der<lb/> Fortbildungsschulen geschritten und beide Gattungen von Anstalten his zum Aus¬<lb/> bruch des Weltkrieges zu einer Höhe entwickelt, die keinen Vergleich mit anderen<lb/> Einrichtungen mehr zu schellen brauchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_89"> Auch hier wurde wiederum der Grund für Neugestaltungen durch Studien¬<lb/> reisen gelegt, die von den Bearbeitern im Ministerium nicht nur in die übrigen<lb/> größeren deutschen Bundesstaaten/ sondern vornehmlich in den Jahren -1903—05<lb/> auch nach Österreich-Ungarn, Frankreich, Englands der Schweiz, Holland und<lb/> Amerika unternommen wurden. In engster Fühlung mit der Industrie wurde an<lb/> die Aufstellung der Organisationspläne für die Hauptgattungen von Schulen —<lb/> Textil-, Baugewerk-, Maschinenbauschulen — herangegangen. Die Lehrplänc für<lb/> die Fortbildungsschulen wurden zeitgemäßer Umgestaltung unterzogen. Auch<lb/> gelangte bei ihnen bald fast allgemein der obligatorische Bestich an Stelle der<lb/> bisherigen Freiwilligkeit zur Einführung. Seitdem 1901 Magdeburg voran¬<lb/> gegangen war, folgten alle übrigen Großstädte rasch diesem Beispiel. 1912 führte<lb/> Berlin die Pflichtschule für Mädchen ein und sorgte dadurch für die bis dahin<lb/> ausreichend fehlende Vorbildung des weiblichen Geschlechts für Haushalt und Beruf.</p><lb/> <p xml:id="ID_90" next="#ID_91"> Um eine fachmännische Aufsicht und ständige Fühlung mit den Interessenten¬<lb/> kreisen zu gewährleisten, wurde das Landesgewerbeamt geschaffen, in dem die<lb/> verschiedenen Fachrichtungen durch ständige Bearbeiter vertreten waren, und dein<lb/> Beiräte, aus Vertretern der Praxis gebildet, für die großen Gruppen gleichartiger<lb/> Schulen angegliedert wurden. In zweijährigen Zwischenräumen wurde eine<lb/> allgemeine Abteilung dieses Beirath zusammenberufen, um auf Grund gedruckter<lb/> Berichte über die Tätigkeit Rechenschaft abzulegen und in gemeinsamer Aussprache<lb/> die Übereinstimmung der Anschauungen und Ziele zwischen Verwaltung und<lb/> Interessenten zu sichern. Hierdurch und durch die bei allen Anstalten eingesetzten<lb/> Kuratorien gelang es, ein Vertrauensverhältnis zwischen Staatsverwaltung und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
Hundert Jahre deutscher Gewerbfleiß
vermitteln. Selbst die Verwaltung von Ausstellungen hatte sie seit langem in
eigene Hand genommen. Nur noch zur Organisation von Ausstellungen im
Ausland wurde ihr bisweilen ein Reichskommissar zur Verfügung gestellt, der
den Ausgleich widerstreitender Interessen wahrzunehmen/ für Einheitlichkeit und
würdige Vertretung der deutschen Darbietungen zu sorgen und die bereitgestellten
öffentlichen Gelder zu verwalten hatte. Bei solcher Gelegenheit war es auch noch
üblich, kleineren Gewerbetreibenden Neisestipcndien zu gewähren. Auch für dieses
Gebiet aber wurde in neuester Zeit in der ständigen Ausstellungskommission ein
Selbstverwaltungskörper geschaffen.
Im übrigen hatte sich die Gewerbeförderungstätigkeit fast ganz auf das
eine Gebiet zurückgezogen/ für das von Beuth der Grundstein in den Gewerbe¬
schulen gelegt worden war/ den gewerblichen Unterricht. Verhältnismäßig lange
Zeit hatte es gedauert/ Ins ihm in Preußen die Bedeutung wie in anderen
Bundesstaaten oder in Osterreich geschenkt wurde. Immer wieder waren von der
Finanzverwaltung Bedenken dagegen erhoben worden/ für diese neuen Aufgaben
Staatsmittel zu bewilligen, die, wenn einmal grundsätzlich zugesagt, sehr erheblich
anwachsen würden. Erst um die Wende des Jahrhunderts gelang es, den Finanz¬
minister Miquel von der Notwendigkeit zu überzeugen, hier Wandel zu » schaffen.
Nachdem mit den Technischen Hochschulen bereits früher ein vielversprechender
Anfang gemacht war, wurde zum Ausbau der technischen Mittelschulen und der
Fortbildungsschulen geschritten und beide Gattungen von Anstalten his zum Aus¬
bruch des Weltkrieges zu einer Höhe entwickelt, die keinen Vergleich mit anderen
Einrichtungen mehr zu schellen brauchte.
Auch hier wurde wiederum der Grund für Neugestaltungen durch Studien¬
reisen gelegt, die von den Bearbeitern im Ministerium nicht nur in die übrigen
größeren deutschen Bundesstaaten/ sondern vornehmlich in den Jahren -1903—05
auch nach Österreich-Ungarn, Frankreich, Englands der Schweiz, Holland und
Amerika unternommen wurden. In engster Fühlung mit der Industrie wurde an
die Aufstellung der Organisationspläne für die Hauptgattungen von Schulen —
Textil-, Baugewerk-, Maschinenbauschulen — herangegangen. Die Lehrplänc für
die Fortbildungsschulen wurden zeitgemäßer Umgestaltung unterzogen. Auch
gelangte bei ihnen bald fast allgemein der obligatorische Bestich an Stelle der
bisherigen Freiwilligkeit zur Einführung. Seitdem 1901 Magdeburg voran¬
gegangen war, folgten alle übrigen Großstädte rasch diesem Beispiel. 1912 führte
Berlin die Pflichtschule für Mädchen ein und sorgte dadurch für die bis dahin
ausreichend fehlende Vorbildung des weiblichen Geschlechts für Haushalt und Beruf.
Um eine fachmännische Aufsicht und ständige Fühlung mit den Interessenten¬
kreisen zu gewährleisten, wurde das Landesgewerbeamt geschaffen, in dem die
verschiedenen Fachrichtungen durch ständige Bearbeiter vertreten waren, und dein
Beiräte, aus Vertretern der Praxis gebildet, für die großen Gruppen gleichartiger
Schulen angegliedert wurden. In zweijährigen Zwischenräumen wurde eine
allgemeine Abteilung dieses Beirath zusammenberufen, um auf Grund gedruckter
Berichte über die Tätigkeit Rechenschaft abzulegen und in gemeinsamer Aussprache
die Übereinstimmung der Anschauungen und Ziele zwischen Verwaltung und
Interessenten zu sichern. Hierdurch und durch die bei allen Anstalten eingesetzten
Kuratorien gelang es, ein Vertrauensverhältnis zwischen Staatsverwaltung und
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