Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus uns nicht in Versuchung" auf diese Weise erklärt werden, oder wenn ein Löwe Wie er auf sein Vaterland stolz war und seiner Vaterstadt die Treue bis Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus Rückblick und Ausblick Dr. Oswald Dammann von in die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts war Für das Theater, das nach dem ihm eigenen Gesetz mehr als alle anderen Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus uns nicht in Versuchung" auf diese Weise erklärt werden, oder wenn ein Löwe Wie er auf sein Vaterland stolz war und seiner Vaterstadt die Treue bis Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus Rückblick und Ausblick Dr. Oswald Dammann von in die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts war Für das Theater, das nach dem ihm eigenen Gesetz mehr als alle anderen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339045"/> <fw type="header" place="top"> Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus</fw><lb/> <p xml:id="ID_846" prev="#ID_845"> uns nicht in Versuchung" auf diese Weise erklärt werden, oder wenn ein Löwe<lb/> mit seinem Gebrüll ein Mücklein in der Luft zu schrecken sucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_847"> Wie er auf sein Vaterland stolz war und seiner Vaterstadt die Treue bis<lb/> zum Tode hielt, so wollen wir auf ihn stolz sein und an seinem 430. Geburtstag<lb/> aus der Erinnerung an ihn Kraft gewinnen zu treu-deutschem Schaffen, das aus<lb/> allen seinen Werken hervorleuchtet.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus<lb/> Rückblick und Ausblick<lb/><note type="byline"> Dr. Oswald Dammann</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_848"> in die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts war<lb/> wieder der seltene Fall eingetreten, daß die beiden Richtungen, in<lb/> denen sich der Bildungsverlauf unseres Volkes vollzogen hatte,<lb/> einander berührten und durchdrangen. Wieder einmal verschmolzen<lb/> die beiden Grundkräfte der deutschen Volksseele, die gelehrte und<lb/> die volkstümliche, diesmal geläutert im Feuer reiner Humanität, zur Einheit<lb/> eines die ganze Nation umfassenden Lebensideals. Im Zeichen dieses Ideals<lb/> hatte das deutsche Volk seine Befreiungsschlachten geschlagen und schien nun fest<lb/> entschlossen, sich die tätige Mitarbeit bei der Ausgestaltung seines nationalen<lb/> Eigenlebens nicht mehr rauben zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_849"> Für das Theater, das nach dem ihm eigenen Gesetz mehr als alle anderen<lb/> Künste das soziale Gesamtempfinden einer Zeit zum Ausdruck bringt, bedeutete<lb/> diese Entwicklung einen wesentlichen Schritt weiter auf dem Wege zu dem von<lb/> den Besten unseres Volkes ersehnten Ziele, es wieder zum Heiligtum der Nation<lb/> zu erheben und ihm damit einen entscheidenden Anteil an ihrem kulturellen Aufstieg<lb/> zu sichern. Hatten die inneren Voraussetzungen für eine solche Erneuerung des<lb/> deutschen Theaters kaum jemals günstiger gelegen, so schien sich nun auch für<lb/> seine äußere Organisation fast mit Notwendigkeit die entsprechende Form aus den<lb/> umfassenden Reformvorschlägen zu ergeben, die, gleichfalls aus dem Geiste des<lb/> großen sittlichen Aufschwungs der Freiheitskriege geboren, dazu bestimmt waren,<lb/> das Leben der Nation von Grund aus neu aufzubauen. Kein Geringerer als<lb/> Wilhelm v. Humboldt, der das Ideal einer künstlerischen Kultur, wie er es sich<lb/> im Verein mit Goethe und Schiller gebildet hatte, nun in einem großen Staats¬<lb/> wesen zu verwirklichen hoffte, schenkte dem weit ausschauenden Plane seine An¬<lb/> teilnahme. Von ihm angeregt legte Stein Friedrich Wilhelm III. nach den Unheils¬<lb/> jahren 1806 und 1807 den Entwurf einer Theatergesetzgebung vor, wonach Staat<lb/> und Gemeinden verpflichtet sein sollten, ihre Theater gleich Schulen und Universi¬<lb/> täten als nationale Bildungsanstalten auszubauen, in eigene Wirtschaft zu nehmen<lb/> und nach den in der Verfassung zum Ausdruck gebrachten kulturellen Grundsätzen<lb/> zu verwalten. Am 16. Dezember 1803 erging von Königsberg ein königliches<lb/> Publikcmdum, das die geplanten Maßnahmen sanktionierte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus
uns nicht in Versuchung" auf diese Weise erklärt werden, oder wenn ein Löwe
mit seinem Gebrüll ein Mücklein in der Luft zu schrecken sucht.
Wie er auf sein Vaterland stolz war und seiner Vaterstadt die Treue bis
zum Tode hielt, so wollen wir auf ihn stolz sein und an seinem 430. Geburtstag
aus der Erinnerung an ihn Kraft gewinnen zu treu-deutschem Schaffen, das aus
allen seinen Werken hervorleuchtet.
Hundert Jahre Berliner Schauspielhaus
Rückblick und Ausblick
Dr. Oswald Dammann von
in die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts war
wieder der seltene Fall eingetreten, daß die beiden Richtungen, in
denen sich der Bildungsverlauf unseres Volkes vollzogen hatte,
einander berührten und durchdrangen. Wieder einmal verschmolzen
die beiden Grundkräfte der deutschen Volksseele, die gelehrte und
die volkstümliche, diesmal geläutert im Feuer reiner Humanität, zur Einheit
eines die ganze Nation umfassenden Lebensideals. Im Zeichen dieses Ideals
hatte das deutsche Volk seine Befreiungsschlachten geschlagen und schien nun fest
entschlossen, sich die tätige Mitarbeit bei der Ausgestaltung seines nationalen
Eigenlebens nicht mehr rauben zu lassen.
Für das Theater, das nach dem ihm eigenen Gesetz mehr als alle anderen
Künste das soziale Gesamtempfinden einer Zeit zum Ausdruck bringt, bedeutete
diese Entwicklung einen wesentlichen Schritt weiter auf dem Wege zu dem von
den Besten unseres Volkes ersehnten Ziele, es wieder zum Heiligtum der Nation
zu erheben und ihm damit einen entscheidenden Anteil an ihrem kulturellen Aufstieg
zu sichern. Hatten die inneren Voraussetzungen für eine solche Erneuerung des
deutschen Theaters kaum jemals günstiger gelegen, so schien sich nun auch für
seine äußere Organisation fast mit Notwendigkeit die entsprechende Form aus den
umfassenden Reformvorschlägen zu ergeben, die, gleichfalls aus dem Geiste des
großen sittlichen Aufschwungs der Freiheitskriege geboren, dazu bestimmt waren,
das Leben der Nation von Grund aus neu aufzubauen. Kein Geringerer als
Wilhelm v. Humboldt, der das Ideal einer künstlerischen Kultur, wie er es sich
im Verein mit Goethe und Schiller gebildet hatte, nun in einem großen Staats¬
wesen zu verwirklichen hoffte, schenkte dem weit ausschauenden Plane seine An¬
teilnahme. Von ihm angeregt legte Stein Friedrich Wilhelm III. nach den Unheils¬
jahren 1806 und 1807 den Entwurf einer Theatergesetzgebung vor, wonach Staat
und Gemeinden verpflichtet sein sollten, ihre Theater gleich Schulen und Universi¬
täten als nationale Bildungsanstalten auszubauen, in eigene Wirtschaft zu nehmen
und nach den in der Verfassung zum Ausdruck gebrachten kulturellen Grundsätzen
zu verwalten. Am 16. Dezember 1803 erging von Königsberg ein königliches
Publikcmdum, das die geplanten Maßnahmen sanktionierte.
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