Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Der österreichische Verlagsbuchhandel Der österreichische Verlag "W it a" (Wiener Literarische Anstalt) arbeitet 8-
Der österreichische Verlagsbuchhandel Der österreichische Verlag „W it a" (Wiener Literarische Anstalt) arbeitet 8-
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0121" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338922"/> <fw type="header" place="top"> Der österreichische Verlagsbuchhandel</fw><lb/> <p xml:id="ID_445" next="#ID_446"> Der österreichische Verlag „W it a" (Wiener Literarische Anstalt) arbeitet<lb/> insofern großzügig, als er sehr tatkräftig für seine Bücher eintritt. Dieser Verlag<lb/> müht sich im Gegensatz zu den meisten anderen Verlegern in Österreich, die mehr<lb/> Spezialitäten in geringeren Auflagen herausbringen, um den Auflagenerfolg seiner<lb/> Bücher in anerkennenswerter Weise. Daß ihm trotz mancher Erfolge im allgemeinen,<lb/> der einzelne große Erfolg versagt blieb, mag in den Zeitverhältnissen liegen. Die<lb/> „Wila" pflegt den guten Unterhaltungsroman konservativer Richtung, verlegte aber<lb/> auch einige andere Nomanwerke'von hoher literarischer Bedeutung. Delle Grazies<lb/> Roman „Homo" und Rent ers Roman „Der Abend des Heinrich Biester" wären<lb/> an erster Stelle zu nennen; während „Homo" eine aufwühlende Sinfonie des<lb/> Menschheitserlebens „Krieg" darstellt, ist Reuters Buch fern aller Beziehung zur<lb/> Jetztzeit, ein Brich wundervoller Stille, erfüllt von der sonnigen Reife eines warmen<lb/> Dichterherzens. Die besten Bücher des Verlages sind seine Novellenbände. Da<lb/> sind drei Bändchen des jungen Grazer Dichters Bruno Eitler, die ein lite-<lb/> rarisches Ereignis genannt werden dürfen. Bruno Ertler ist ein Eigener. Un¬<lb/> bekümmert um Konjunktur und Mode geht er seinen Weg, welcher der steile Weg<lb/> eines ringenden, deutschen Menschen ist. Seine „Königin von Tasmanien", ein<lb/> strahlend keusches und männliches Werk, erzählt von dem Werden eines jungen<lb/> Menschen an den Widerständen der Welt. Seine Novelle „Venus die Feindin"<lb/> weiß um bitterste Mannesnot am Weibe, aber sie weiß auch um jene letzte Einsamkeit,<lb/> in der allein sich der heilige Gral höchstem Sehnen neigt. Seine „Venus am<lb/> Morgen" erzählt von der harten Tugend der Menschen mit blondem Haar, die Ent¬<lb/> sagung heißt. In diesen drei Büchern ist kein spielerisches Wort, keine Gier, und<lb/> keine Schwäche. Es sind sehr deutsche und sehr menschliche Bücher im letzten Sinne.<lb/> Auch Terra in a r e s Novelle „Mathias Grcmdegger" ist ein Kunstwerk von starker<lb/> Eigenart und zeigt den tiefschürfenden Scclenkenner, während desselben Autors<lb/> Bühncnwerk „Ein Spiel von der Geburt des Herrn" die köstliche Einfalt eines<lb/> liefen Dichtergemütes offenbart. Hans Nüchterns ernste, nordische Art er¬<lb/> weist sich am reinsten in seiner wuchtigen Novelle „Der Haß gegen die Stadt".<lb/> Pontius Pilatus ist der Held dieses Buches. Der römische Statthalter, Rom<lb/> selbst und sein Kampf gegen Juda, gegen dieses Volk schachernder Priester und<lb/> Verbuhltcr Frauen, ist sein Inhalt. Wie die stolzen Römer dieses Jerusalem begehren<lb/> "ut hassen, wie jeder müde und verbraucht wird an dieser Stadt, die mit Waffen<lb/> "'ehe zu tiefst zu bezwingen ist, wie das Volk der Juden mit heimlichen, fremden,<lb/> ^gifteten Mitteln arbeitet und der Römer sich schließlich dieser heimlichen liber-<lb/> ^gerben beugen muß, das ist prachtvoll gestaltet. Von den Lhrikwerkcn der „Wila"<lb/> Und die Bücher der Grazer Dichter Bruno Ertler und Julius Franz<lb/> schütz an erster Stelle zu nennen. Ertlers „Eva-Lilith" ist von der Schönheit<lb/> Ader Volkslieder erfüllt und jenem Ernst, dem das Wort nicht Inhalt, sondern<lb/> .Meet ist. Julius Franz Schütz ist ein Gottsucher von trotziger Eigenwilligkeit,<lb/> >arbig und stark in seinen Rhythmen, frisch zupackend in der Gestaltung. Fernweh<lb/> "ach unerhörten Erlebnissen der Erde und Heimweh nach den Tiefen des Besinnens<lb/> grüßen sich verheißend in seinen Dichtungen. Die „Wila" bringt viele, fast zu<lb/> '>ele Bücher heraus. So befindet sich manches unter den Verlagswerken, das ver-<lb/> i mund und enttäuscht, wie Maria Lameth expressionistisch sein möchtendes<lb/> "Pastorale" und der allzu unreife „Vogel Sehnsucht" E r n se F i s es e r s, ferner</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 8-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
Der österreichische Verlagsbuchhandel
Der österreichische Verlag „W it a" (Wiener Literarische Anstalt) arbeitet
insofern großzügig, als er sehr tatkräftig für seine Bücher eintritt. Dieser Verlag
müht sich im Gegensatz zu den meisten anderen Verlegern in Österreich, die mehr
Spezialitäten in geringeren Auflagen herausbringen, um den Auflagenerfolg seiner
Bücher in anerkennenswerter Weise. Daß ihm trotz mancher Erfolge im allgemeinen,
der einzelne große Erfolg versagt blieb, mag in den Zeitverhältnissen liegen. Die
„Wila" pflegt den guten Unterhaltungsroman konservativer Richtung, verlegte aber
auch einige andere Nomanwerke'von hoher literarischer Bedeutung. Delle Grazies
Roman „Homo" und Rent ers Roman „Der Abend des Heinrich Biester" wären
an erster Stelle zu nennen; während „Homo" eine aufwühlende Sinfonie des
Menschheitserlebens „Krieg" darstellt, ist Reuters Buch fern aller Beziehung zur
Jetztzeit, ein Brich wundervoller Stille, erfüllt von der sonnigen Reife eines warmen
Dichterherzens. Die besten Bücher des Verlages sind seine Novellenbände. Da
sind drei Bändchen des jungen Grazer Dichters Bruno Eitler, die ein lite-
rarisches Ereignis genannt werden dürfen. Bruno Ertler ist ein Eigener. Un¬
bekümmert um Konjunktur und Mode geht er seinen Weg, welcher der steile Weg
eines ringenden, deutschen Menschen ist. Seine „Königin von Tasmanien", ein
strahlend keusches und männliches Werk, erzählt von dem Werden eines jungen
Menschen an den Widerständen der Welt. Seine Novelle „Venus die Feindin"
weiß um bitterste Mannesnot am Weibe, aber sie weiß auch um jene letzte Einsamkeit,
in der allein sich der heilige Gral höchstem Sehnen neigt. Seine „Venus am
Morgen" erzählt von der harten Tugend der Menschen mit blondem Haar, die Ent¬
sagung heißt. In diesen drei Büchern ist kein spielerisches Wort, keine Gier, und
keine Schwäche. Es sind sehr deutsche und sehr menschliche Bücher im letzten Sinne.
Auch Terra in a r e s Novelle „Mathias Grcmdegger" ist ein Kunstwerk von starker
Eigenart und zeigt den tiefschürfenden Scclenkenner, während desselben Autors
Bühncnwerk „Ein Spiel von der Geburt des Herrn" die köstliche Einfalt eines
liefen Dichtergemütes offenbart. Hans Nüchterns ernste, nordische Art er¬
weist sich am reinsten in seiner wuchtigen Novelle „Der Haß gegen die Stadt".
Pontius Pilatus ist der Held dieses Buches. Der römische Statthalter, Rom
selbst und sein Kampf gegen Juda, gegen dieses Volk schachernder Priester und
Verbuhltcr Frauen, ist sein Inhalt. Wie die stolzen Römer dieses Jerusalem begehren
"ut hassen, wie jeder müde und verbraucht wird an dieser Stadt, die mit Waffen
"'ehe zu tiefst zu bezwingen ist, wie das Volk der Juden mit heimlichen, fremden,
^gifteten Mitteln arbeitet und der Römer sich schließlich dieser heimlichen liber-
^gerben beugen muß, das ist prachtvoll gestaltet. Von den Lhrikwerkcn der „Wila"
Und die Bücher der Grazer Dichter Bruno Ertler und Julius Franz
schütz an erster Stelle zu nennen. Ertlers „Eva-Lilith" ist von der Schönheit
Ader Volkslieder erfüllt und jenem Ernst, dem das Wort nicht Inhalt, sondern
.Meet ist. Julius Franz Schütz ist ein Gottsucher von trotziger Eigenwilligkeit,
>arbig und stark in seinen Rhythmen, frisch zupackend in der Gestaltung. Fernweh
"ach unerhörten Erlebnissen der Erde und Heimweh nach den Tiefen des Besinnens
grüßen sich verheißend in seinen Dichtungen. Die „Wila" bringt viele, fast zu
'>ele Bücher heraus. So befindet sich manches unter den Verlagswerken, das ver-
i mund und enttäuscht, wie Maria Lameth expressionistisch sein möchtendes
"Pastorale" und der allzu unreife „Vogel Sehnsucht" E r n se F i s es e r s, ferner
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