Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Getreue heraus! Getreue heraus! Oft scheint's, als hätte ein Traum uns genarrt:Ist das denn Deutschland noch immer? Im Blödsinnsrausch dieser Gegenwart Mit Firnis und Lügengeflimmer! Die Ordnung zersprengt, und die Autorität Verschlucke wie ein Tropfen im Sande) Herrgott im Himmel hör' unser Gebet: Heraus ihr Treuen im Lande! Das wispert, flüstert und krümmt sich geblickt) Überzeugung schwand -- allwärts verraten --. Nichts Aufrechtes hast du zwei Jahre lang erblickt, Nicht Männer mit Fäusten und Taten. Germania, Weib, voller Tränen und Weh, Im schwarzen Büßergewande) Wann schreist du's von Köln bis zum Bodensee: Heraus ihr Treuen im Lande! Gerostet das Schwert) zerbrochen der Speer. Der Haß wohnt im Land und der Zweifel, An Hader so reich und an Liebe so leer, Und die Treue ging gänzlich zum Teufel. Man tanzt durch die Nächte in Jubel und Braus, Als wucherte ringsum nicht Schande) Wer hält noch auf Ehre? -- Der rufe: 'Heraus! Heraus ihr Treuen im Lande! Heraus und vernichtet die lärmende Schuld, Als des ewigen Zankens Gebieter. Und euer Gewässer sei Kraft, sei Geduld! So werdet des Rechtes ihr Hüter. Heraus ihr Treuen in Not und in Leid, Schlingt stolz allversöhnende Bande Um deutsche Brüder zur Einigkeit) Heraus ihr Treuen im Lande! Hans Schimmelpfeng Getreue heraus! Getreue heraus! Oft scheint's, als hätte ein Traum uns genarrt:Ist das denn Deutschland noch immer? Im Blödsinnsrausch dieser Gegenwart Mit Firnis und Lügengeflimmer! Die Ordnung zersprengt, und die Autorität Verschlucke wie ein Tropfen im Sande) Herrgott im Himmel hör' unser Gebet: Heraus ihr Treuen im Lande! Das wispert, flüstert und krümmt sich geblickt) Überzeugung schwand — allwärts verraten —. Nichts Aufrechtes hast du zwei Jahre lang erblickt, Nicht Männer mit Fäusten und Taten. Germania, Weib, voller Tränen und Weh, Im schwarzen Büßergewande) Wann schreist du's von Köln bis zum Bodensee: Heraus ihr Treuen im Lande! Gerostet das Schwert) zerbrochen der Speer. Der Haß wohnt im Land und der Zweifel, An Hader so reich und an Liebe so leer, Und die Treue ging gänzlich zum Teufel. Man tanzt durch die Nächte in Jubel und Braus, Als wucherte ringsum nicht Schande) Wer hält noch auf Ehre? — Der rufe: 'Heraus! Heraus ihr Treuen im Lande! Heraus und vernichtet die lärmende Schuld, Als des ewigen Zankens Gebieter. Und euer Gewässer sei Kraft, sei Geduld! So werdet des Rechtes ihr Hüter. Heraus ihr Treuen in Not und in Leid, Schlingt stolz allversöhnende Bande Um deutsche Brüder zur Einigkeit) Heraus ihr Treuen im Lande! Hans Schimmelpfeng <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338908"/> <fw type="header" place="top"> Getreue heraus!</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <head> Getreue heraus!</head> <l> Oft scheint's, als hätte ein Traum uns genarrt:<lb/> Ist das denn Deutschland noch immer?<lb/> Im Blödsinnsrausch dieser Gegenwart<lb/> Mit Firnis und Lügengeflimmer!<lb/> Die Ordnung zersprengt, und die Autorität<lb/> Verschlucke wie ein Tropfen im Sande)<lb/> Herrgott im Himmel hör' unser Gebet:<lb/> Heraus ihr Treuen im Lande! Das wispert, flüstert und krümmt sich geblickt)<lb/> Überzeugung schwand — allwärts verraten —.<lb/> Nichts Aufrechtes hast du zwei Jahre lang erblickt,<lb/> Nicht Männer mit Fäusten und Taten.<lb/> Germania, Weib, voller Tränen und Weh,<lb/> Im schwarzen Büßergewande)<lb/> Wann schreist du's von Köln bis zum Bodensee:<lb/> Heraus ihr Treuen im Lande! Gerostet das Schwert) zerbrochen der Speer.<lb/> Der Haß wohnt im Land und der Zweifel,<lb/> An Hader so reich und an Liebe so leer,<lb/> Und die Treue ging gänzlich zum Teufel.<lb/> Man tanzt durch die Nächte in Jubel und Braus,<lb/> Als wucherte ringsum nicht Schande)<lb/> Wer hält noch auf Ehre? — Der rufe: 'Heraus!<lb/> Heraus ihr Treuen im Lande! Heraus und vernichtet die lärmende Schuld,<lb/> Als des ewigen Zankens Gebieter.<lb/> Und euer Gewässer sei Kraft, sei Geduld!<lb/> So werdet des Rechtes ihr Hüter.<lb/> Heraus ihr Treuen in Not und in Leid,<lb/> Schlingt stolz allversöhnende Bande<lb/> Um deutsche Brüder zur Einigkeit)<lb/> Heraus ihr Treuen im Lande! </l> </lg><lb/> <note type="byline"> Hans Schimmelpfeng</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
Getreue heraus!
Getreue heraus! Oft scheint's, als hätte ein Traum uns genarrt:
Ist das denn Deutschland noch immer?
Im Blödsinnsrausch dieser Gegenwart
Mit Firnis und Lügengeflimmer!
Die Ordnung zersprengt, und die Autorität
Verschlucke wie ein Tropfen im Sande)
Herrgott im Himmel hör' unser Gebet:
Heraus ihr Treuen im Lande! Das wispert, flüstert und krümmt sich geblickt)
Überzeugung schwand — allwärts verraten —.
Nichts Aufrechtes hast du zwei Jahre lang erblickt,
Nicht Männer mit Fäusten und Taten.
Germania, Weib, voller Tränen und Weh,
Im schwarzen Büßergewande)
Wann schreist du's von Köln bis zum Bodensee:
Heraus ihr Treuen im Lande! Gerostet das Schwert) zerbrochen der Speer.
Der Haß wohnt im Land und der Zweifel,
An Hader so reich und an Liebe so leer,
Und die Treue ging gänzlich zum Teufel.
Man tanzt durch die Nächte in Jubel und Braus,
Als wucherte ringsum nicht Schande)
Wer hält noch auf Ehre? — Der rufe: 'Heraus!
Heraus ihr Treuen im Lande! Heraus und vernichtet die lärmende Schuld,
Als des ewigen Zankens Gebieter.
Und euer Gewässer sei Kraft, sei Geduld!
So werdet des Rechtes ihr Hüter.
Heraus ihr Treuen in Not und in Leid,
Schlingt stolz allversöhnende Bande
Um deutsche Brüder zur Einigkeit)
Heraus ihr Treuen im Lande!
Hans Schimmelpfeng
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