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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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beobachten wir in Nußland und, bei den Kommunisten der Lauffenberg-Richtung,
in Deutschland, während in anderen Fällen gerade diese beiden Ideologien einander
in schroffer Gegensätzlichkeit gegenüberstehen. In Italien machten sich zwischen
katholischer und kommunistischer Ideologie Übereinstimmungen bemerkbar (vgl. darüber
Grenzbote 191,9, Heft 23/24).

Für die politische Betrachtung handelt es sich nicht darum, zwischen diesen
isolierten oder kombinierten Ideologien eine Wahl zu treffen, sondern sie als
bestehend anzuerkennen. An sich ist keine weder gut noch böse, sie bestehen und
entsprechen bestehenden Triebkräften der menschlichen Natur, individuellen Erlebnissen
ihrer Vertreter und realen Notwendigkeiten. Nicht mit theoretischen Darlegungen
und Vernunftgründen wird man sie bis auf die eine, die man aus diesen Trieb¬
kräften und Notwendigkeiten heraus selbst vertreten muß (einer politischen Richtung
liegt, wenn sie aktiv werden soll, immer ein inneres Muß zugrunde), oder auch
nur die eine, mit der die selbst gewählte unvereinbar zu sein scheint, aus der
Welt schaffen, sondern nur durch Gewalt oder dadurch, daß man die ihr oder
ihnen zugrundeliegenden Triebkräfte nach Möglichkeit zu beseitigen oder doch
zurücktreten zu lassen sucht. Aber eine klare Einsicht in diese Triebkräfte ist in
allen Fällen, auch für den aktiven, prakiischen Politiker notwendig und unent¬
behrlich. Sie allein bietet die Möglichkeit, die noch immer verworrene Lage
Europas, insbesondere auch den Komplex von Fragen, der sich um die Brüsseler
Konferenz gebildet hat, zu verstehen.

Betrachten wir darum, in welchem Verhältnis diese sechs Ideologien in den
augenblicklich außer Deutschland ausschlaggebenden Ländern Europas, in Rußland,
England und Frankreich zueinander stehen.

In Nußland vorherrschend oder doch beherrschend ist die Ideologie des
Kommunismus. Aber schon die Verhandlungen von Brest-Litowsk gaben Anlaß,
daß sie mit der des Nationalismus verschmolz. Was letzten Endes den Kommu¬
nisten zu ihren kriegerischen Erfolgen verholfen hat, waren nationale Ideen.
Und selbstverständlich wird es auch unter den Bolschewisten nicht an reinen
Machtpolitikern ganz fehlen. Neuerdings -- das beweisen u. a. die Auslassungen
Lenins über die Konzessionen ("Rote Fahne" 7. 1.) -- zeigt sich aber, daß der
Kommunismus auch geschäftspolitische Ideen für seine Zwecke nutzbar zu machen
sucht, und zwar nicht nur dadurch, daß er die geschäftspolitischen Neigungen der
nationalen und bürgerlichen Gegner ausnutzt, sondern auch insofern, als er durch
Abschluß von Geschäften der Ideologie des Kommunismus reale Grundlagen und
Machtzuwachs zu schaffen bestrebt ist. Seine Propaganda aber unter den Völkern
des Orients verleugnet sogar skrupellos sein theoretisches Prinzip der Annationalität
und benutzt eine Kombination von Liberalismus (Selbstbestimmungsrecht) und
Nationalismus (Befreiung vom englischen Joch).

Dieser, was die Wirksamkeit betrifft, etwa zu gleichen Teilen kommunistischen
und nationalen Politik gegenüber steht die geschäftspolitische und ebenfalls natio¬
nale Politik Englands. Während in der ganzen neueren englischen Geschichte
Liberalismus und Realpolitik einander bei der politischen Führung ablösen, haben
hier die nationale und geschäftspolitische Ideologie von jeher in engster unlösbarer
Verbindung miteinander gestanden. Erfolge und Mißerfolge der zweiten sind
immer auch Erfolge und Mißerfolge der ersten gewesen, und politische Erwägungen
der ersten sind, gestützt auf realpolitische, immer in hohem Maße von solchen der
zweiten abhängig gewesen. Wenn Nußland heute gegen England kämpft, so
geschieht das wohl unter Verwendung nationaler Gesichtspunkte, wenn auch nicht aus
diesen heraus, sondern weil es in England die geschäftspolitische Ideologie des
Bürgertums, die das Bestehen der eigenen, kommunistischen bedroht, treffen will,
und sein ganzes Vorgehen in Mittelasien, das sich mit den früheren nationalisti¬
schen Methoden deckt, bezweckt doch nur die Sicherung dieser kommunistischen, nicht
der nationalen Idee. Gerade diese mittelasiatische Bedrohung jedoch fordert in
England nicht nur die rationalistisch - geschäftspolitische, sondern gleichzeitig die
rationalistisch-realpolitische heraus. Der Richtung Lloyd George, deren Aktions-


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beobachten wir in Nußland und, bei den Kommunisten der Lauffenberg-Richtung,
in Deutschland, während in anderen Fällen gerade diese beiden Ideologien einander
in schroffer Gegensätzlichkeit gegenüberstehen. In Italien machten sich zwischen
katholischer und kommunistischer Ideologie Übereinstimmungen bemerkbar (vgl. darüber
Grenzbote 191,9, Heft 23/24).

Für die politische Betrachtung handelt es sich nicht darum, zwischen diesen
isolierten oder kombinierten Ideologien eine Wahl zu treffen, sondern sie als
bestehend anzuerkennen. An sich ist keine weder gut noch böse, sie bestehen und
entsprechen bestehenden Triebkräften der menschlichen Natur, individuellen Erlebnissen
ihrer Vertreter und realen Notwendigkeiten. Nicht mit theoretischen Darlegungen
und Vernunftgründen wird man sie bis auf die eine, die man aus diesen Trieb¬
kräften und Notwendigkeiten heraus selbst vertreten muß (einer politischen Richtung
liegt, wenn sie aktiv werden soll, immer ein inneres Muß zugrunde), oder auch
nur die eine, mit der die selbst gewählte unvereinbar zu sein scheint, aus der
Welt schaffen, sondern nur durch Gewalt oder dadurch, daß man die ihr oder
ihnen zugrundeliegenden Triebkräfte nach Möglichkeit zu beseitigen oder doch
zurücktreten zu lassen sucht. Aber eine klare Einsicht in diese Triebkräfte ist in
allen Fällen, auch für den aktiven, prakiischen Politiker notwendig und unent¬
behrlich. Sie allein bietet die Möglichkeit, die noch immer verworrene Lage
Europas, insbesondere auch den Komplex von Fragen, der sich um die Brüsseler
Konferenz gebildet hat, zu verstehen.

Betrachten wir darum, in welchem Verhältnis diese sechs Ideologien in den
augenblicklich außer Deutschland ausschlaggebenden Ländern Europas, in Rußland,
England und Frankreich zueinander stehen.

In Nußland vorherrschend oder doch beherrschend ist die Ideologie des
Kommunismus. Aber schon die Verhandlungen von Brest-Litowsk gaben Anlaß,
daß sie mit der des Nationalismus verschmolz. Was letzten Endes den Kommu¬
nisten zu ihren kriegerischen Erfolgen verholfen hat, waren nationale Ideen.
Und selbstverständlich wird es auch unter den Bolschewisten nicht an reinen
Machtpolitikern ganz fehlen. Neuerdings — das beweisen u. a. die Auslassungen
Lenins über die Konzessionen („Rote Fahne" 7. 1.) — zeigt sich aber, daß der
Kommunismus auch geschäftspolitische Ideen für seine Zwecke nutzbar zu machen
sucht, und zwar nicht nur dadurch, daß er die geschäftspolitischen Neigungen der
nationalen und bürgerlichen Gegner ausnutzt, sondern auch insofern, als er durch
Abschluß von Geschäften der Ideologie des Kommunismus reale Grundlagen und
Machtzuwachs zu schaffen bestrebt ist. Seine Propaganda aber unter den Völkern
des Orients verleugnet sogar skrupellos sein theoretisches Prinzip der Annationalität
und benutzt eine Kombination von Liberalismus (Selbstbestimmungsrecht) und
Nationalismus (Befreiung vom englischen Joch).

Dieser, was die Wirksamkeit betrifft, etwa zu gleichen Teilen kommunistischen
und nationalen Politik gegenüber steht die geschäftspolitische und ebenfalls natio¬
nale Politik Englands. Während in der ganzen neueren englischen Geschichte
Liberalismus und Realpolitik einander bei der politischen Führung ablösen, haben
hier die nationale und geschäftspolitische Ideologie von jeher in engster unlösbarer
Verbindung miteinander gestanden. Erfolge und Mißerfolge der zweiten sind
immer auch Erfolge und Mißerfolge der ersten gewesen, und politische Erwägungen
der ersten sind, gestützt auf realpolitische, immer in hohem Maße von solchen der
zweiten abhängig gewesen. Wenn Nußland heute gegen England kämpft, so
geschieht das wohl unter Verwendung nationaler Gesichtspunkte, wenn auch nicht aus
diesen heraus, sondern weil es in England die geschäftspolitische Ideologie des
Bürgertums, die das Bestehen der eigenen, kommunistischen bedroht, treffen will,
und sein ganzes Vorgehen in Mittelasien, das sich mit den früheren nationalisti¬
schen Methoden deckt, bezweckt doch nur die Sicherung dieser kommunistischen, nicht
der nationalen Idee. Gerade diese mittelasiatische Bedrohung jedoch fordert in
England nicht nur die rationalistisch - geschäftspolitische, sondern gleichzeitig die
rationalistisch-realpolitische heraus. Der Richtung Lloyd George, deren Aktions-


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[0082] Weltspiegel beobachten wir in Nußland und, bei den Kommunisten der Lauffenberg-Richtung, in Deutschland, während in anderen Fällen gerade diese beiden Ideologien einander in schroffer Gegensätzlichkeit gegenüberstehen. In Italien machten sich zwischen katholischer und kommunistischer Ideologie Übereinstimmungen bemerkbar (vgl. darüber Grenzbote 191,9, Heft 23/24). Für die politische Betrachtung handelt es sich nicht darum, zwischen diesen isolierten oder kombinierten Ideologien eine Wahl zu treffen, sondern sie als bestehend anzuerkennen. An sich ist keine weder gut noch böse, sie bestehen und entsprechen bestehenden Triebkräften der menschlichen Natur, individuellen Erlebnissen ihrer Vertreter und realen Notwendigkeiten. Nicht mit theoretischen Darlegungen und Vernunftgründen wird man sie bis auf die eine, die man aus diesen Trieb¬ kräften und Notwendigkeiten heraus selbst vertreten muß (einer politischen Richtung liegt, wenn sie aktiv werden soll, immer ein inneres Muß zugrunde), oder auch nur die eine, mit der die selbst gewählte unvereinbar zu sein scheint, aus der Welt schaffen, sondern nur durch Gewalt oder dadurch, daß man die ihr oder ihnen zugrundeliegenden Triebkräfte nach Möglichkeit zu beseitigen oder doch zurücktreten zu lassen sucht. Aber eine klare Einsicht in diese Triebkräfte ist in allen Fällen, auch für den aktiven, prakiischen Politiker notwendig und unent¬ behrlich. Sie allein bietet die Möglichkeit, die noch immer verworrene Lage Europas, insbesondere auch den Komplex von Fragen, der sich um die Brüsseler Konferenz gebildet hat, zu verstehen. Betrachten wir darum, in welchem Verhältnis diese sechs Ideologien in den augenblicklich außer Deutschland ausschlaggebenden Ländern Europas, in Rußland, England und Frankreich zueinander stehen. In Nußland vorherrschend oder doch beherrschend ist die Ideologie des Kommunismus. Aber schon die Verhandlungen von Brest-Litowsk gaben Anlaß, daß sie mit der des Nationalismus verschmolz. Was letzten Endes den Kommu¬ nisten zu ihren kriegerischen Erfolgen verholfen hat, waren nationale Ideen. Und selbstverständlich wird es auch unter den Bolschewisten nicht an reinen Machtpolitikern ganz fehlen. Neuerdings — das beweisen u. a. die Auslassungen Lenins über die Konzessionen („Rote Fahne" 7. 1.) — zeigt sich aber, daß der Kommunismus auch geschäftspolitische Ideen für seine Zwecke nutzbar zu machen sucht, und zwar nicht nur dadurch, daß er die geschäftspolitischen Neigungen der nationalen und bürgerlichen Gegner ausnutzt, sondern auch insofern, als er durch Abschluß von Geschäften der Ideologie des Kommunismus reale Grundlagen und Machtzuwachs zu schaffen bestrebt ist. Seine Propaganda aber unter den Völkern des Orients verleugnet sogar skrupellos sein theoretisches Prinzip der Annationalität und benutzt eine Kombination von Liberalismus (Selbstbestimmungsrecht) und Nationalismus (Befreiung vom englischen Joch). Dieser, was die Wirksamkeit betrifft, etwa zu gleichen Teilen kommunistischen und nationalen Politik gegenüber steht die geschäftspolitische und ebenfalls natio¬ nale Politik Englands. Während in der ganzen neueren englischen Geschichte Liberalismus und Realpolitik einander bei der politischen Führung ablösen, haben hier die nationale und geschäftspolitische Ideologie von jeher in engster unlösbarer Verbindung miteinander gestanden. Erfolge und Mißerfolge der zweiten sind immer auch Erfolge und Mißerfolge der ersten gewesen, und politische Erwägungen der ersten sind, gestützt auf realpolitische, immer in hohem Maße von solchen der zweiten abhängig gewesen. Wenn Nußland heute gegen England kämpft, so geschieht das wohl unter Verwendung nationaler Gesichtspunkte, wenn auch nicht aus diesen heraus, sondern weil es in England die geschäftspolitische Ideologie des Bürgertums, die das Bestehen der eigenen, kommunistischen bedroht, treffen will, und sein ganzes Vorgehen in Mittelasien, das sich mit den früheren nationalisti¬ schen Methoden deckt, bezweckt doch nur die Sicherung dieser kommunistischen, nicht der nationalen Idee. Gerade diese mittelasiatische Bedrohung jedoch fordert in England nicht nur die rationalistisch - geschäftspolitische, sondern gleichzeitig die rationalistisch-realpolitische heraus. Der Richtung Lloyd George, deren Aktions-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/82>, abgerufen am 29.06.2024.