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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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(Österreichs östliche u. westliche Grientiorung, Anschluß u. Doncuiföderatioil

deutscher Redlichkeit zusammenarbeiten. Wir kaufen dort, wo es für uns am
günstigsten ist. Am besten würde dies aber dann ermöglicht werden,
wenn wir eine gemeinsame Grenze mit Deutschland haben. Darum
treten wir, noch vor kurzem erbitterte Feinde Österreichs, dafür ein,
was Deutschösterreich selbst am meisten frommen würde, für die
Bereinigung Deutschösterreichs mit Großdeutschland."

Schon früher hat sich auch die südsteirische Zeitung "Narodne goSPodarski
vestnik" und die böhmische Zeitung "Sawa" für den Anschluß Österreichs an
Deutschland erklärt, schon aus dem Grunde, weil dann kleinliche Streitigkeiten
an den Grenzen vom allgemeinen deutschen Standpunkt an Bedeutung verlieren
werden. Das "Agramer Tagblatt" sieht in der Bildung Großdeutschlands ein
Gegengewicht gegen die den Südslawen unbequeme Hegemonie der Ententemächte.
Das Adriaabkommcn wird diesen Standpunkt fördern.

Diese Stimmen aus Südslawien sind nicht so überraschend, wie es auf den
ersten Blick scheinen mag. In Serbien gab es schon früher Männer, die ähnliche
Anschauungen äußerten. Der russische Einfluß und nationale Leidenschaft haben
freilich damals solche Pläne unmöglich gemacht. Fürst Milan hat sich (jedenfalls
vor seinem Rücktritt 1839) zu seinem Leibarzt und Minister W. Georgewitsch
folgendermaßen gcüußert:°) Sollte Österreich-Ungarn eine Gelegenheit finden,
um die Okkupation Bosniens in eine Annexion zu verwandeln, sollte es ferner
durch seine Administration dieser Länder im serbischen nationalen Geiste die Liebe
und die Anhänglichkeit unseres Volkes dort derart gewinnen, daß die Serben
dort vorziehen würden, mit der Monarchie statt mit uns und mit Montenegro
vereinigt zu bleiben, nun denn, in einem solchen Falle würde sich meine Dynastie
mit der Stellung begnügen, welche die bayerische, sächsische, württembergische
Dynastie heute im deutschen Staate haben, aber die zehn Millionen Serben
würden in einem nationalen Staate vereinigt und unsere nationale Mission würde
erfüllt sein. Wenn die übrigen Balkanvölker sehen würden, wie gut es den
Serben unter den Habsburgern geht, würden sie auch trachien, der österreichischen
Förderation beizutreten. Detm fügt Georgewitsch hinzu, daß der damalige
Ministerpräsident Serbiens und erste Chef der serbischen Fortschrittler, Milan-
stnotjcmae, später in einer Broschüre auseinandergesetzt hat: "Österreich-Ungarn
kann heute, wo das Nationalitätenprinzip eine große Macht erlangt hat, nur
zentralistisch und absolutistisch oder föderalistisch und parlamentarisch regiert
werden. Nachdem die Rückkehr zum Zentralismus und Absolutismus heute eine
Unmöglichkeit geworden ist, muß Osterreich eine große Föderation von national¬
arrondierten autonomen Staaten werden. Sobald sich Osterreich dazu entschließt,
werden alle Balkanstaaten selbst bitten, in diese Föderation einzutreten, und dann
würde Osterreich politisch und nationalökonomisch die ganze Balkanhalbinsel be¬
herrschen."

Georgewitsch selbst hat nach der Annexion Bosniens (1909) einen Ausgleich
in der Balkanfragc unter anderem durch eine Balkanföderation mit Österreich-
Ungarn an der Spitze vorgeschlagen.



s) Georgewitsch: Die serbische Frage. (Stuttgart 1909.)
(Österreichs östliche u. westliche Grientiorung, Anschluß u. Doncuiföderatioil

deutscher Redlichkeit zusammenarbeiten. Wir kaufen dort, wo es für uns am
günstigsten ist. Am besten würde dies aber dann ermöglicht werden,
wenn wir eine gemeinsame Grenze mit Deutschland haben. Darum
treten wir, noch vor kurzem erbitterte Feinde Österreichs, dafür ein,
was Deutschösterreich selbst am meisten frommen würde, für die
Bereinigung Deutschösterreichs mit Großdeutschland."

Schon früher hat sich auch die südsteirische Zeitung „Narodne goSPodarski
vestnik" und die böhmische Zeitung „Sawa" für den Anschluß Österreichs an
Deutschland erklärt, schon aus dem Grunde, weil dann kleinliche Streitigkeiten
an den Grenzen vom allgemeinen deutschen Standpunkt an Bedeutung verlieren
werden. Das „Agramer Tagblatt" sieht in der Bildung Großdeutschlands ein
Gegengewicht gegen die den Südslawen unbequeme Hegemonie der Ententemächte.
Das Adriaabkommcn wird diesen Standpunkt fördern.

Diese Stimmen aus Südslawien sind nicht so überraschend, wie es auf den
ersten Blick scheinen mag. In Serbien gab es schon früher Männer, die ähnliche
Anschauungen äußerten. Der russische Einfluß und nationale Leidenschaft haben
freilich damals solche Pläne unmöglich gemacht. Fürst Milan hat sich (jedenfalls
vor seinem Rücktritt 1839) zu seinem Leibarzt und Minister W. Georgewitsch
folgendermaßen gcüußert:°) Sollte Österreich-Ungarn eine Gelegenheit finden,
um die Okkupation Bosniens in eine Annexion zu verwandeln, sollte es ferner
durch seine Administration dieser Länder im serbischen nationalen Geiste die Liebe
und die Anhänglichkeit unseres Volkes dort derart gewinnen, daß die Serben
dort vorziehen würden, mit der Monarchie statt mit uns und mit Montenegro
vereinigt zu bleiben, nun denn, in einem solchen Falle würde sich meine Dynastie
mit der Stellung begnügen, welche die bayerische, sächsische, württembergische
Dynastie heute im deutschen Staate haben, aber die zehn Millionen Serben
würden in einem nationalen Staate vereinigt und unsere nationale Mission würde
erfüllt sein. Wenn die übrigen Balkanvölker sehen würden, wie gut es den
Serben unter den Habsburgern geht, würden sie auch trachien, der österreichischen
Förderation beizutreten. Detm fügt Georgewitsch hinzu, daß der damalige
Ministerpräsident Serbiens und erste Chef der serbischen Fortschrittler, Milan-
stnotjcmae, später in einer Broschüre auseinandergesetzt hat: „Österreich-Ungarn
kann heute, wo das Nationalitätenprinzip eine große Macht erlangt hat, nur
zentralistisch und absolutistisch oder föderalistisch und parlamentarisch regiert
werden. Nachdem die Rückkehr zum Zentralismus und Absolutismus heute eine
Unmöglichkeit geworden ist, muß Osterreich eine große Föderation von national¬
arrondierten autonomen Staaten werden. Sobald sich Osterreich dazu entschließt,
werden alle Balkanstaaten selbst bitten, in diese Föderation einzutreten, und dann
würde Osterreich politisch und nationalökonomisch die ganze Balkanhalbinsel be¬
herrschen."

Georgewitsch selbst hat nach der Annexion Bosniens (1909) einen Ausgleich
in der Balkanfragc unter anderem durch eine Balkanföderation mit Österreich-
Ungarn an der Spitze vorgeschlagen.



s) Georgewitsch: Die serbische Frage. (Stuttgart 1909.)
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/71>, abgerufen am 28.12.2024.