Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.Ägypten und Englands lveltpolitik keit Ägyptens gewonnen seien, deren Wortlaut nunmehr veröffentlicht wird. Die Gründe für Englands scheinbares Entgegenkommen gegenüber den Be¬ Es muß aber festgehalten werden, daß England auch jetzt noch nicht aus Ägypten und Englands lveltpolitik keit Ägyptens gewonnen seien, deren Wortlaut nunmehr veröffentlicht wird. Die Gründe für Englands scheinbares Entgegenkommen gegenüber den Be¬ Es muß aber festgehalten werden, daß England auch jetzt noch nicht aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338700"/> <fw type="header" place="top"> Ägypten und Englands lveltpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_935" prev="#ID_934"> keit Ägyptens gewonnen seien, deren Wortlaut nunmehr veröffentlicht wird.<lb/> Danach erkennt Ägypten Englands bevorzugte Stellung im Untat an und<lb/> gestattet ihm eigene Garnisonen am Suezkanal. England garantiert den Schutz<lb/> des Landes gegen Angriffe von außen und behält sich im Kriegsfall alle Rechte<lb/> für die militärische Ausnutzung des ägyptischen Staatsgebietes vor. Ägypten<lb/> wird selbständig in seinen auswärtigen Beziehungen, darf aber keine von der<lb/> britischen Politik abweichenden Verträge schließen. Die Geschäfte der Schulden¬<lb/> kommission und die Gesetzgebung betreffend Ausländer bleiben unter englischer<lb/> Aussicht. Wenn auch die Kapitulationen aufgehoben und die englischen Beamten<lb/> aus den Ministerien zurückgezogen werden sollen, ändert sich also an der Tatsache<lb/> nichts, daß, auch wenn dieser Vertragsentwurf im britischen Parlament und in<lb/> der ägyptischen Nationalversammlung angenommen werden und Rechtskraft erlangen<lb/> sollte, Großbritannien der eigentliche Herr Ägyptens trotz scheinbarer Selbst¬<lb/> verwaltung bleibt. Vom Sudan, bei dessen Eroberung ägyptische Soldaten und<lb/> ägyptische Steuerzahler die Hauptlast zu tragen hatten, der geschichtlich und recht¬<lb/> lich zu Ägypten gehört, sagt der Vertragsentwurf kein Wort.</p><lb/> <p xml:id="ID_936"> Die Gründe für Englands scheinbares Entgegenkommen gegenüber den Be¬<lb/> strebungen der ägyptischen Nationalisten sind nnr zu verstehen aus der Geschichte der<lb/> Besetzung Ägyptens und aus der Gesamtlage des englischen Weltreichs, wie sie sich<lb/> nach dem Kriege gestaltet hat. Die wiederholten Versicherungen britischer Staats¬<lb/> männer seit Gladstone, daß England Ägypten nach Wiederherstellung der Ordnung<lb/> räumen werde und nicht daran denke, das Land dauernd besetzt zu halten, waren<lb/> in der Welt, vor allem im Islam nicht vergessen. Praktisch bedeutete diese<lb/> Versprechung, daß man Ägypten erst dann wieder eine gewisse Selbständigkeit<lb/> einräumen wollte, wenn Englands Vormachtstellung im Untat und am Suezkanal<lb/> von keiner Seite gefährdet oder bestritten werden konnte. So lange die Türkei<lb/> in Palästina und in Arabien herrschte, konnte sie ihre Ansprüche auf ein von<lb/> England geräumtes Ägypten wieder geltend machen. Nachdem nunmehr die Türkei<lb/> zerschlagen und Palästina unter englisches Protektorat gestellt ist, ist diese Gefahr<lb/> gebannt. Eine Gefährdung des Suezkanals durch die Türkei, wie sie im Welt¬<lb/> kriege für kurze Zeit eintrat, ist nicht mehr zu befürchten. Die britische Herrschaft<lb/> im Mittelmeer, im Noten Meer, in Palästina und im Sudan gibt auch ein staats¬<lb/> rechtlich unabhängiges Ägypten völlig in englische Hand. „Times" sagen in einem<lb/> Aufsatz am 25. August 1920 über ,/1'Ko I^neure ot !^)xt.": v-iliclit.? ol tbs<lb/> proinisos nemo to do tuMIoä Ins novor dom äoniocl, auel tho ont^ aueLtion bgs<lb/> bseri t>do Lvlsetion cet tho riglU. diuo t'or tlnzir tultilmont,. In tho ^uciflöment ok<lb/> l>ora NilnLr a.na bis eolie.TguW, und ^-Ineb vo eonour, tho diuo lor tho ctumZs<lb/> b»s uno arrivoä." Wäre wirklich nur die Wiederherstellung der Ordnung das<lb/> Ziel gewesen, dann wäre die Zeit für die Erfüllung des britischen Versprechens<lb/> freilich schon seit wenigstens 20 Jahren reif gewesen. Aber die Voraussetzungen<lb/> waren eben andere: 1904 die Ausschaltung Frankreichs, 1920 die Zerschlagung<lb/> der Türkei.</p><lb/> <p xml:id="ID_937" next="#ID_938"> Es muß aber festgehalten werden, daß England auch jetzt noch nicht aus<lb/> eigenem Entschluß, sondern erst unter dem Druck der ägyptischen Nationalpartei<lb/> den Weg eines gewissen Entgegenkommens beschritten hat. Und es ist bezeichnend,<lb/> daß die englische Presse den Vorschlägen Lord Milners keineswegs einheitlich und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0267]
Ägypten und Englands lveltpolitik
keit Ägyptens gewonnen seien, deren Wortlaut nunmehr veröffentlicht wird.
Danach erkennt Ägypten Englands bevorzugte Stellung im Untat an und
gestattet ihm eigene Garnisonen am Suezkanal. England garantiert den Schutz
des Landes gegen Angriffe von außen und behält sich im Kriegsfall alle Rechte
für die militärische Ausnutzung des ägyptischen Staatsgebietes vor. Ägypten
wird selbständig in seinen auswärtigen Beziehungen, darf aber keine von der
britischen Politik abweichenden Verträge schließen. Die Geschäfte der Schulden¬
kommission und die Gesetzgebung betreffend Ausländer bleiben unter englischer
Aussicht. Wenn auch die Kapitulationen aufgehoben und die englischen Beamten
aus den Ministerien zurückgezogen werden sollen, ändert sich also an der Tatsache
nichts, daß, auch wenn dieser Vertragsentwurf im britischen Parlament und in
der ägyptischen Nationalversammlung angenommen werden und Rechtskraft erlangen
sollte, Großbritannien der eigentliche Herr Ägyptens trotz scheinbarer Selbst¬
verwaltung bleibt. Vom Sudan, bei dessen Eroberung ägyptische Soldaten und
ägyptische Steuerzahler die Hauptlast zu tragen hatten, der geschichtlich und recht¬
lich zu Ägypten gehört, sagt der Vertragsentwurf kein Wort.
Die Gründe für Englands scheinbares Entgegenkommen gegenüber den Be¬
strebungen der ägyptischen Nationalisten sind nnr zu verstehen aus der Geschichte der
Besetzung Ägyptens und aus der Gesamtlage des englischen Weltreichs, wie sie sich
nach dem Kriege gestaltet hat. Die wiederholten Versicherungen britischer Staats¬
männer seit Gladstone, daß England Ägypten nach Wiederherstellung der Ordnung
räumen werde und nicht daran denke, das Land dauernd besetzt zu halten, waren
in der Welt, vor allem im Islam nicht vergessen. Praktisch bedeutete diese
Versprechung, daß man Ägypten erst dann wieder eine gewisse Selbständigkeit
einräumen wollte, wenn Englands Vormachtstellung im Untat und am Suezkanal
von keiner Seite gefährdet oder bestritten werden konnte. So lange die Türkei
in Palästina und in Arabien herrschte, konnte sie ihre Ansprüche auf ein von
England geräumtes Ägypten wieder geltend machen. Nachdem nunmehr die Türkei
zerschlagen und Palästina unter englisches Protektorat gestellt ist, ist diese Gefahr
gebannt. Eine Gefährdung des Suezkanals durch die Türkei, wie sie im Welt¬
kriege für kurze Zeit eintrat, ist nicht mehr zu befürchten. Die britische Herrschaft
im Mittelmeer, im Noten Meer, in Palästina und im Sudan gibt auch ein staats¬
rechtlich unabhängiges Ägypten völlig in englische Hand. „Times" sagen in einem
Aufsatz am 25. August 1920 über ,/1'Ko I^neure ot !^)xt.": v-iliclit.? ol tbs
proinisos nemo to do tuMIoä Ins novor dom äoniocl, auel tho ont^ aueLtion bgs
bseri t>do Lvlsetion cet tho riglU. diuo t'or tlnzir tultilmont,. In tho ^uciflöment ok
l>ora NilnLr a.na bis eolie.TguW, und ^-Ineb vo eonour, tho diuo lor tho ctumZs
b»s uno arrivoä." Wäre wirklich nur die Wiederherstellung der Ordnung das
Ziel gewesen, dann wäre die Zeit für die Erfüllung des britischen Versprechens
freilich schon seit wenigstens 20 Jahren reif gewesen. Aber die Voraussetzungen
waren eben andere: 1904 die Ausschaltung Frankreichs, 1920 die Zerschlagung
der Türkei.
Es muß aber festgehalten werden, daß England auch jetzt noch nicht aus
eigenem Entschluß, sondern erst unter dem Druck der ägyptischen Nationalpartei
den Weg eines gewissen Entgegenkommens beschritten hat. Und es ist bezeichnend,
daß die englische Presse den Vorschlägen Lord Milners keineswegs einheitlich und
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