Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.Aus türkischen Derwischklöstern After! geben, deren Text ich in nie I. [Beginn Spaltensatz]
1. Um gotterfüllt zu werden. Dann strahlt des Allerbarmers Sein Aus allem Schein auf Erden. S. Such sinnend zu ergründen, Enthüllend wird er dir alsbald Des Korans Sinn verkünden. [Spaltenumbruch] 3. Den Seelenblick, den reinen, Dann wird der HeU'ge, der dort schlief, Als Gast bei dir erscheinen. 4. Steh'n die Pokale. -- Trinke! Und von dem Trank der Lauterkeit In Gottcsrausch versinke! [Ende Spaltensatz] 6. Des Herzens wilde Gluten, Und schau in jedes Tropfens Glanz Des Weltenmceres Fluten. II [Beginn Spaltensatz]
1. Uns Edens Wonnegarten, Seitdem uns weihte ein Gelag Dem Freund zu Festgefährten! Hält in des Himmels Mantclsaum Die Gottheit uns geborgen, Dann träumen wir nicht eitlen Traum Von Ruhm und Erdensorgen. S. 3. Das Herz der Schöpfer lehren. Sie ist des Weltmeers Wogenschlag, Kein Buch, das Frömmler ehren. 4. Vor lichter Gottversenkung, Ruhmlosigkeit sei unser Ruhm Und Lust erlitt'ne Kränkung. [Ende Spaltensatz] 6. Wird nicht der Sinn geblendet, Wir tragen stolz des Bettlers Kleid, Von Wünschen abgewendet. Der Sufismus dieser Poesie steht meines Erachtens in schroffsten Gegensatz Mit Erlaubnis des Herrn Dr. Meherhof in Hannover, der durch seine Aus türkischen Derwischklöstern After! geben, deren Text ich in nie I. [Beginn Spaltensatz]
1. Um gotterfüllt zu werden. Dann strahlt des Allerbarmers Sein Aus allem Schein auf Erden. S. Such sinnend zu ergründen, Enthüllend wird er dir alsbald Des Korans Sinn verkünden. [Spaltenumbruch] 3. Den Seelenblick, den reinen, Dann wird der HeU'ge, der dort schlief, Als Gast bei dir erscheinen. 4. Steh'n die Pokale. — Trinke! Und von dem Trank der Lauterkeit In Gottcsrausch versinke! [Ende Spaltensatz] 6. Des Herzens wilde Gluten, Und schau in jedes Tropfens Glanz Des Weltenmceres Fluten. II [Beginn Spaltensatz]
1. Uns Edens Wonnegarten, Seitdem uns weihte ein Gelag Dem Freund zu Festgefährten! Hält in des Himmels Mantclsaum Die Gottheit uns geborgen, Dann träumen wir nicht eitlen Traum Von Ruhm und Erdensorgen. S. 3. Das Herz der Schöpfer lehren. Sie ist des Weltmeers Wogenschlag, Kein Buch, das Frömmler ehren. 4. Vor lichter Gottversenkung, Ruhmlosigkeit sei unser Ruhm Und Lust erlitt'ne Kränkung. [Ende Spaltensatz] 6. Wird nicht der Sinn geblendet, Wir tragen stolz des Bettlers Kleid, Von Wünschen abgewendet. Der Sufismus dieser Poesie steht meines Erachtens in schroffsten Gegensatz Mit Erlaubnis des Herrn Dr. Meherhof in Hannover, der durch seine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338676"/> <fw type="header" place="top"> Aus türkischen Derwischklöstern</fw><lb/> <p xml:id="ID_845" prev="#ID_844"> After! geben, deren Text ich in nie<lb/> S. 69 ff.) abgedruckt habe:Türkischen Hilfsbuch (1. Teil, 3. Auflage</p><lb/> <list> <item> I.</item> </list><lb/> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l><cb type="start"/><list><item> 1. </item></list> Tritt in des Sufis Seele ein.<lb/> Um gotterfüllt zu werden.<lb/> Dann strahlt des Allerbarmers Sein<lb/> Aus allem Schein auf Erden. <list><item> S. </item></list> Des Siebenverses Vollgehalt<lb/> Such sinnend zu ergründen,<lb/> Enthüllend wird er dir alsbald<lb/> Des Korans Sinn verkünden. <cb/> <list><item> 3.</item></list> seul in des Herzens Spiegel tief<lb/> Den Seelenblick, den reinen,<lb/> Dann wird der HeU'ge, der dort schlief,<lb/> Als Gast bei dir erscheinen.<lb/><list><item> 4. </item></list> Am Schöpfungsmorgen dir geweiht<lb/> Steh'n die Pokale. — Trinke!<lb/> Und von dem Trank der Lauterkeit<lb/> In Gottcsrausch versinke! <cb type="end"/><lb/><list><item> 6.</item></list> Taues in das Meer der Liebe ganz<lb/> Des Herzens wilde Gluten,<lb/> Und schau in jedes Tropfens Glanz<lb/> Des Weltenmceres Fluten. </l> </lg><lb/> <list> <item> II</item> </list><lb/> <lg xml:id="POEMID_11" type="poem"> <l><cb type="start"/><list><item> 1. </item></list> Was sollen doch am jüngsten Tag<lb/> Uns Edens Wonnegarten,<lb/> Seitdem uns weihte ein Gelag<lb/> Dem Freund zu Festgefährten! Hält in des Himmels Mantclsaum<lb/> Die Gottheit uns geborgen,<lb/> Dann träumen wir nicht eitlen Traum<lb/> Von Ruhm und Erdensorgen. <list><item> S. </item></list><cb/> <list><item> 3.</item></list> Die co'ge Offenbarung mag<lb/> Das Herz der Schöpfer lehren.<lb/> Sie ist des Weltmeers Wogenschlag,<lb/> Kein Buch, das Frömmler ehren.<lb/><list><item> 4.</item></list> Verlösche jedes Strebertum<lb/> Vor lichter Gottversenkung,<lb/> Ruhmlosigkeit sei unser Ruhm<lb/> Und Lust erlitt'ne Kränkung. <cb type="end"/><lb/><list><item> 6.</item></list> Von beider Welten Herrlichkeit<lb/> Wird nicht der Sinn geblendet,<lb/> Wir tragen stolz des Bettlers Kleid,<lb/> Von Wünschen abgewendet. </l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_846"> Der Sufismus dieser Poesie steht meines Erachtens in schroffsten Gegensatz<lb/> zur Jenseits-Mystik Augustins und gipfelt in der indischen Verachtung von Diesseits<lb/> und Jenseits, der beiden Welten^ denn der Didür (die Theophanie) findet für den<lb/> Sufi im Gegensatz zur orthodoxen Lehre bereits in diesem Leben statt. Man<lb/> würde den Charakter dieser Poesie ferner verkennen, wenn man das geistige<lb/> Element über das sinnliche stellen wollte^ das Gedanken-Inventar ist im<lb/> allgemeinen gegeben und die Aufgabe des einzelnen Gaselendichters besteht mehr<lb/> darin, dem Gedanken eine elegante und packende Form zu geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_847" next="#ID_848"> Mit Erlaubnis des Herrn Dr. Meherhof in Hannover, der durch seine<lb/> lange Tätigkeit als Augenarzt in Kairo sich eine seltene Kenntnis des dortigen Volks<lb/> und somit der orientalischen Psyche erworben hat, füge ich hier dessen Wiedergabe<lb/> eines Bektaschi-Liedes an, das von einem neueren Dichter dieses Ordens, Mehmet<lb/> Ali Hilmi Dede Baba, berührt. Das Original ist gleichfalls in meinem Türkischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0243]
Aus türkischen Derwischklöstern
After! geben, deren Text ich in nie
S. 69 ff.) abgedruckt habe:Türkischen Hilfsbuch (1. Teil, 3. Auflage
I.
1.
Tritt in des Sufis Seele ein.
Um gotterfüllt zu werden.
Dann strahlt des Allerbarmers Sein
Aus allem Schein auf Erden. S.
Des Siebenverses Vollgehalt
Such sinnend zu ergründen,
Enthüllend wird er dir alsbald
Des Korans Sinn verkünden.
3.
seul in des Herzens Spiegel tief
Den Seelenblick, den reinen,
Dann wird der HeU'ge, der dort schlief,
Als Gast bei dir erscheinen.
4.
Am Schöpfungsmorgen dir geweiht
Steh'n die Pokale. — Trinke!
Und von dem Trank der Lauterkeit
In Gottcsrausch versinke!
6.
Taues in das Meer der Liebe ganz
Des Herzens wilde Gluten,
Und schau in jedes Tropfens Glanz
Des Weltenmceres Fluten.
II
1.
Was sollen doch am jüngsten Tag
Uns Edens Wonnegarten,
Seitdem uns weihte ein Gelag
Dem Freund zu Festgefährten! Hält in des Himmels Mantclsaum
Die Gottheit uns geborgen,
Dann träumen wir nicht eitlen Traum
Von Ruhm und Erdensorgen. S.
3.
Die co'ge Offenbarung mag
Das Herz der Schöpfer lehren.
Sie ist des Weltmeers Wogenschlag,
Kein Buch, das Frömmler ehren.
4.
Verlösche jedes Strebertum
Vor lichter Gottversenkung,
Ruhmlosigkeit sei unser Ruhm
Und Lust erlitt'ne Kränkung.
6.
Von beider Welten Herrlichkeit
Wird nicht der Sinn geblendet,
Wir tragen stolz des Bettlers Kleid,
Von Wünschen abgewendet.
Der Sufismus dieser Poesie steht meines Erachtens in schroffsten Gegensatz
zur Jenseits-Mystik Augustins und gipfelt in der indischen Verachtung von Diesseits
und Jenseits, der beiden Welten^ denn der Didür (die Theophanie) findet für den
Sufi im Gegensatz zur orthodoxen Lehre bereits in diesem Leben statt. Man
würde den Charakter dieser Poesie ferner verkennen, wenn man das geistige
Element über das sinnliche stellen wollte^ das Gedanken-Inventar ist im
allgemeinen gegeben und die Aufgabe des einzelnen Gaselendichters besteht mehr
darin, dem Gedanken eine elegante und packende Form zu geben.
Mit Erlaubnis des Herrn Dr. Meherhof in Hannover, der durch seine
lange Tätigkeit als Augenarzt in Kairo sich eine seltene Kenntnis des dortigen Volks
und somit der orientalischen Psyche erworben hat, füge ich hier dessen Wiedergabe
eines Bektaschi-Liedes an, das von einem neueren Dichter dieses Ordens, Mehmet
Ali Hilmi Dede Baba, berührt. Das Original ist gleichfalls in meinem Türkischen
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