Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Stück Wiederaufbau usw. nicht hingeben, sondern kann aus der dreißigjährigen Geschichte seiner kolonialen 3. Endlich ist auf die Verbreitung der Erkenntnis hinzuwirken, daß der So stehen wir vor hohen Aufgaben, die es Wohl wert sind, daß sich für Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Stück Wiederaufbau usw. nicht hingeben, sondern kann aus der dreißigjährigen Geschichte seiner kolonialen 3. Endlich ist auf die Verbreitung der Erkenntnis hinzuwirken, daß der So stehen wir vor hohen Aufgaben, die es Wohl wert sind, daß sich für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0147" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338580"/> <fw type="header" place="top"> Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Stück Wiederaufbau usw.</fw><lb/> <p xml:id="ID_461" prev="#ID_460"> nicht hingeben, sondern kann aus der dreißigjährigen Geschichte seiner kolonialen<lb/> Betätigung die Zuversicht schöpfen, daß es imstande ist, in Zukunft diese Arbeit<lb/> mit Aussicht auf Erfolg wieder aufzunehmen. Die Erinnerung an das, was<lb/> deutscher Fleiß und deutscher Unternehmungsgeist draußen geleistet haben, darf<lb/> nicht verloren gehen, auch nicht die Erinnerung an das Heldentum derer, die<lb/> unter den schwierigsten Verhältnissen deutschen Boden verteidigt haben. Es sollte<lb/> keine Woche vergehen, ohne daß die deutsche Presse in irgendeinem Artikel der<lb/> kolonialen Vergangenheit und unserer Ansprüche auf eine koloniale Zukunft<lb/> gedächte, es sollte in allen Schulen planmäßig die Jugend in diese Gedankengänge<lb/> eingeführt werden, und an allen Hochschulen sollten Vorlesungen über deutsche<lb/> Kolonialpolitik und Auslandsdeutschtum ihren festen Platz finden, damit die<lb/> Generation, die die unsere ablöst, mit dem kolonialen Gedanken wohlvertraut ist.<lb/> Diese Aufgabe steht über allem politischen Parteiwesen, oder besser, muß von allen<lb/> Parteien vertreten werden, denn alle Teile und alle Gruppen unseres Volkes sind<lb/> daran interessiert, daß wir nicht von den Ländern abgedrängt werden, denen die<lb/> zu unserem Leben notwendigen Rohstoffe entstammen.</p><lb/> <p xml:id="ID_462"> 3. Endlich ist auf die Verbreitung der Erkenntnis hinzuwirken, daß der<lb/> Friede von Versailles auch in der Wegnahme des deutschen Kolonialbesitzes eine<lb/> schwere Vergewaltigung unseres Volkes darstellt. Wir werden freilich nicht darauf<lb/> rechnen können, daß unsere Gegner die reiche Beute, die unser früherer Kolonial¬<lb/> besitz darstellt, ohne einen starken Druck wieder ausliefern werden. Aber eine starke<lb/> in sich geschlossene öffentliche Meinung ist eine Macht, die imstande sein kann,<lb/> diese Wirkung auszuüben. Der Zeitpunkt, von dem wir diese Wendung erhoffen<lb/> dürfen, wird mit der zu erwartenden Revision des Friedensvertrages von Ver¬<lb/> sailles eintreten. Aber schon die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund, die<lb/> früher oder später eintreten muß, wenn er Bestand haben soll, kann die Gelegen¬<lb/> heit schaffen, daß wir unsere Forderungen aus Rückgabe unserer Kolonien erheben.<lb/> Denn die deutschen Kolonien sind nach dem Frieden von Versailles nicht annektiert,<lb/> sondern, wie oben bemerkt, unter Vormundschaft gestellt. Sobald Deutschland<lb/> dem Völkerbund eingefügt worden ist, kann es nach dem Wortlaut des Versailler<lb/> Friedens mit dem Mandat betraut werden, die Verwaltung seiner früheren<lb/> Kolonien zu übernehmen. Die Forderung einer solchen Mandatsübertragung aber<lb/> ist nur möglich, wenn hinter ihr das ganze deutsche Volk steht. Es ist daher eine<lb/> dieses Vorgehen fordernde öffentliche Meinung die Voraussetzung für die ent¬<lb/> sprechende Forderung der deutschen Regierung.</p><lb/> <p xml:id="ID_463" next="#ID_464"> So stehen wir vor hohen Aufgaben, die es Wohl wert sind, daß sich für<lb/> ihre Lösung zahlreiche Kräfte einsetzen. Aber das Werben für den kolonialen<lb/> Gedanken verlangt gründliche Kenntnisse aller einschlägigen Verhältnisse, denn<lb/> das einzige Mittel, ihn zur Anerkennung zu bringen, ist: die Tatsachen reden zu<lb/> lassen, das heißt vorzuführen, was in unseren Besitzungen in Afrika, in Asien<lb/> und in der Südsee erstrebt, wie gearbeitet und was dort erreicht worden ist.<lb/> Sehen wir hier von den Männern ab, die in langjährigen- Ausenthalt draußen<lb/> bei kritischer Beobachtungsgabe sich ein selbständiges und darum hoch ein¬<lb/> zuschätzendes Urteil gewonnen haben, so ist es für andere freilich nicht leicht, aus<lb/> den Weißbüchern unseres Kolonialamts und aus der weitsichtigen Kolonial¬<lb/> literatur, über die bis zum Jahre 1914 alljährlich eine vortreffliche Bibliographie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0147]
Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Stück Wiederaufbau usw.
nicht hingeben, sondern kann aus der dreißigjährigen Geschichte seiner kolonialen
Betätigung die Zuversicht schöpfen, daß es imstande ist, in Zukunft diese Arbeit
mit Aussicht auf Erfolg wieder aufzunehmen. Die Erinnerung an das, was
deutscher Fleiß und deutscher Unternehmungsgeist draußen geleistet haben, darf
nicht verloren gehen, auch nicht die Erinnerung an das Heldentum derer, die
unter den schwierigsten Verhältnissen deutschen Boden verteidigt haben. Es sollte
keine Woche vergehen, ohne daß die deutsche Presse in irgendeinem Artikel der
kolonialen Vergangenheit und unserer Ansprüche auf eine koloniale Zukunft
gedächte, es sollte in allen Schulen planmäßig die Jugend in diese Gedankengänge
eingeführt werden, und an allen Hochschulen sollten Vorlesungen über deutsche
Kolonialpolitik und Auslandsdeutschtum ihren festen Platz finden, damit die
Generation, die die unsere ablöst, mit dem kolonialen Gedanken wohlvertraut ist.
Diese Aufgabe steht über allem politischen Parteiwesen, oder besser, muß von allen
Parteien vertreten werden, denn alle Teile und alle Gruppen unseres Volkes sind
daran interessiert, daß wir nicht von den Ländern abgedrängt werden, denen die
zu unserem Leben notwendigen Rohstoffe entstammen.
3. Endlich ist auf die Verbreitung der Erkenntnis hinzuwirken, daß der
Friede von Versailles auch in der Wegnahme des deutschen Kolonialbesitzes eine
schwere Vergewaltigung unseres Volkes darstellt. Wir werden freilich nicht darauf
rechnen können, daß unsere Gegner die reiche Beute, die unser früherer Kolonial¬
besitz darstellt, ohne einen starken Druck wieder ausliefern werden. Aber eine starke
in sich geschlossene öffentliche Meinung ist eine Macht, die imstande sein kann,
diese Wirkung auszuüben. Der Zeitpunkt, von dem wir diese Wendung erhoffen
dürfen, wird mit der zu erwartenden Revision des Friedensvertrages von Ver¬
sailles eintreten. Aber schon die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund, die
früher oder später eintreten muß, wenn er Bestand haben soll, kann die Gelegen¬
heit schaffen, daß wir unsere Forderungen aus Rückgabe unserer Kolonien erheben.
Denn die deutschen Kolonien sind nach dem Frieden von Versailles nicht annektiert,
sondern, wie oben bemerkt, unter Vormundschaft gestellt. Sobald Deutschland
dem Völkerbund eingefügt worden ist, kann es nach dem Wortlaut des Versailler
Friedens mit dem Mandat betraut werden, die Verwaltung seiner früheren
Kolonien zu übernehmen. Die Forderung einer solchen Mandatsübertragung aber
ist nur möglich, wenn hinter ihr das ganze deutsche Volk steht. Es ist daher eine
dieses Vorgehen fordernde öffentliche Meinung die Voraussetzung für die ent¬
sprechende Forderung der deutschen Regierung.
So stehen wir vor hohen Aufgaben, die es Wohl wert sind, daß sich für
ihre Lösung zahlreiche Kräfte einsetzen. Aber das Werben für den kolonialen
Gedanken verlangt gründliche Kenntnisse aller einschlägigen Verhältnisse, denn
das einzige Mittel, ihn zur Anerkennung zu bringen, ist: die Tatsachen reden zu
lassen, das heißt vorzuführen, was in unseren Besitzungen in Afrika, in Asien
und in der Südsee erstrebt, wie gearbeitet und was dort erreicht worden ist.
Sehen wir hier von den Männern ab, die in langjährigen- Ausenthalt draußen
bei kritischer Beobachtungsgabe sich ein selbständiges und darum hoch ein¬
zuschätzendes Urteil gewonnen haben, so ist es für andere freilich nicht leicht, aus
den Weißbüchern unseres Kolonialamts und aus der weitsichtigen Kolonial¬
literatur, über die bis zum Jahre 1914 alljährlich eine vortreffliche Bibliographie
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