Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.Die Seeschlacht Da, Meldung von der Funkenbude: ,FT vom Flottenchef: Die Panzerkreuzer Und kurz darauf ein plötzliches Nachlassen, dann bald Aufhören des englischen Luckner, da hab ich's gefühlt -- und wir wollen's unseren Kindern und Das ist der Tag vom Skagerrak, da so herrlicher deutscher Seemannsgeist dem Die Seeschlacht Da, Meldung von der Funkenbude: ,FT vom Flottenchef: Die Panzerkreuzer Und kurz darauf ein plötzliches Nachlassen, dann bald Aufhören des englischen Luckner, da hab ich's gefühlt — und wir wollen's unseren Kindern und Das ist der Tag vom Skagerrak, da so herrlicher deutscher Seemannsgeist dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338063"/> <fw type="header" place="top"> Die Seeschlacht</fw><lb/> <p xml:id="ID_120"> Da, Meldung von der Funkenbude: ,FT vom Flottenchef: Die Panzerkreuzer<lb/> ran an den Feind/ Das bedeutet aus der Signalsprache übersetzt: Der Verband ist<lb/> selbständig, die Schiffe sind zur Entscheidung voll einzusetzen. ,Donnerwetter, dachte<lb/> ich, noch mehr ran an den Feind? — nun geht's nach Walhalla!' Gleich daneben<lb/> drängte sich der Gedanke: ,Wie kannst du deinen braven 1300 Leuten unten im Schiff<lb/> noch eine letzte Freude machen, ihnen noch eine letzte Begeisterung in die Knochen<lb/> gießen — daß sie hochgestimmt, mit innerem Schwung auf die große Reise gehen?'<lb/> Mir fiel nichts Besseres ein als: ,Vom Kommandanten an alle im Schiff: Signal vorn<lb/> Flottenchef, die Panzerkreuzer ran an den Feind/ — Gleichmütig gaben's die Be¬<lb/> fehlsübermittler weiter durch Sprechrohre, Schallrohre, Telephone. Die Wieder¬<lb/> holung durch die Empfänger unten im Schiff tönte ebenso seelenruhig zurück. Dann<lb/> einige Sekunden Stille, wieder hielt das Schiff den Atem an — und nun kam ein<lb/> Echo zurück ans Ohr des Kommandanten, in seiner Allgewalt das gewaltige Tosen<lb/> der Schlacht überkommt: ein einziger Freuden- und Jubelschrei: ,Hurra!<lb/> drauf Seydlitz' (der Ruf, mit dem die Seydlitz-Kürassiere vor 170 Jahren attackierten<lb/> und den auch wir uns als Schlachtruf gewählt) — die Wacht am Rhein'<lb/> .Haltet aus° — ein Harmonika setzte ein — mit den Kohlenschaufeln machten die<lb/> Heizer einen Höllenlärm gegen die Bunkerwände — das ganze Schiff ein Jubel!<lb/> Wahrhaftig, mir würgte es heiß die Gurgel herauf. In einem einzigen beseligenden<lb/> Augenblick kam mir so die soldatische Arbeit von Jahren als Dank und Quittung<lb/> meiner Besetzung zurück. Ja, dies Schiff, diese Besetzung war in meiner Hand!<lb/> — Herrliches Deutschland! Ein einziger Impuls umfing und trug uns alle.</p><lb/> <p xml:id="ID_121"> Und kurz darauf ein plötzliches Nachlassen, dann bald Aufhören des englischen<lb/> Feuers! Es war der Augenblick, da unter dem Eindruck unseres gesammelten Stoßes<lb/> Jellicoes Nerven zusammengebrochen und mit ihnen die englische Linie auseinander¬<lb/> gebrochen war, vor dem überlegenen Willen und Können Scheers. Es war der<lb/> Moment, wo unsere angreifenden Torpedoboote keinen Gegner mehr fanden!</p><lb/> <p xml:id="ID_122"> Luckner, da hab ich's gefühlt — und wir wollen's unseren Kindern und<lb/> Kindeskindern llbermachen als stolzes Erbe —: Wir sind den Engländern überlegen<lb/> gewesen. Also werden wir's auch wieder sein — wenn die Vorsehung es wieder<lb/> drauf ankommen lassen will." —</p><lb/> <p xml:id="ID_123"> Das ist der Tag vom Skagerrak, da so herrlicher deutscher Seemannsgeist dem<lb/> großen Gegner solche Wunden geschlagen hat. Wie bedauern wir, die wir heute auf<lb/> keinen Planken mehr stehen, daß dieser Geist erst nach jahrelanger erzwungener Zu¬<lb/> rückhaltung der Schiffe auf der Jade sich betätigen durfte, als es zur Auswirkung<lb/> solcher Erfolge in weiteren Kämpfen bereits zu spät geworden war.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Die Seeschlacht
Da, Meldung von der Funkenbude: ,FT vom Flottenchef: Die Panzerkreuzer
ran an den Feind/ Das bedeutet aus der Signalsprache übersetzt: Der Verband ist
selbständig, die Schiffe sind zur Entscheidung voll einzusetzen. ,Donnerwetter, dachte
ich, noch mehr ran an den Feind? — nun geht's nach Walhalla!' Gleich daneben
drängte sich der Gedanke: ,Wie kannst du deinen braven 1300 Leuten unten im Schiff
noch eine letzte Freude machen, ihnen noch eine letzte Begeisterung in die Knochen
gießen — daß sie hochgestimmt, mit innerem Schwung auf die große Reise gehen?'
Mir fiel nichts Besseres ein als: ,Vom Kommandanten an alle im Schiff: Signal vorn
Flottenchef, die Panzerkreuzer ran an den Feind/ — Gleichmütig gaben's die Be¬
fehlsübermittler weiter durch Sprechrohre, Schallrohre, Telephone. Die Wieder¬
holung durch die Empfänger unten im Schiff tönte ebenso seelenruhig zurück. Dann
einige Sekunden Stille, wieder hielt das Schiff den Atem an — und nun kam ein
Echo zurück ans Ohr des Kommandanten, in seiner Allgewalt das gewaltige Tosen
der Schlacht überkommt: ein einziger Freuden- und Jubelschrei: ,Hurra!
drauf Seydlitz' (der Ruf, mit dem die Seydlitz-Kürassiere vor 170 Jahren attackierten
und den auch wir uns als Schlachtruf gewählt) — die Wacht am Rhein'
.Haltet aus° — ein Harmonika setzte ein — mit den Kohlenschaufeln machten die
Heizer einen Höllenlärm gegen die Bunkerwände — das ganze Schiff ein Jubel!
Wahrhaftig, mir würgte es heiß die Gurgel herauf. In einem einzigen beseligenden
Augenblick kam mir so die soldatische Arbeit von Jahren als Dank und Quittung
meiner Besetzung zurück. Ja, dies Schiff, diese Besetzung war in meiner Hand!
— Herrliches Deutschland! Ein einziger Impuls umfing und trug uns alle.
Und kurz darauf ein plötzliches Nachlassen, dann bald Aufhören des englischen
Feuers! Es war der Augenblick, da unter dem Eindruck unseres gesammelten Stoßes
Jellicoes Nerven zusammengebrochen und mit ihnen die englische Linie auseinander¬
gebrochen war, vor dem überlegenen Willen und Können Scheers. Es war der
Moment, wo unsere angreifenden Torpedoboote keinen Gegner mehr fanden!
Luckner, da hab ich's gefühlt — und wir wollen's unseren Kindern und
Kindeskindern llbermachen als stolzes Erbe —: Wir sind den Engländern überlegen
gewesen. Also werden wir's auch wieder sein — wenn die Vorsehung es wieder
drauf ankommen lassen will." —
Das ist der Tag vom Skagerrak, da so herrlicher deutscher Seemannsgeist dem
großen Gegner solche Wunden geschlagen hat. Wie bedauern wir, die wir heute auf
keinen Planken mehr stehen, daß dieser Geist erst nach jahrelanger erzwungener Zu¬
rückhaltung der Schiffe auf der Jade sich betätigen durfte, als es zur Auswirkung
solcher Erfolge in weiteren Kämpfen bereits zu spät geworden war.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |