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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

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Die Liquidation der deutschen Interessen in Schankung

Schantungs, nebst einem einige 20 Kilometer breiten Streifen rechts und links
der Bahnlinie zugebilligt worden. Die Bergbaugerechtsame innerhalb dieser Zone
gingen auf Deutschland über. Außerdem hatten sich die Chinesen verpflichtet,
zwei Bahnlinien, deren Trasher noch näher zu bestimmen blieben, zur weiteren
Erschließung Schantungs zu bauen.

Der Vertrag, der weit davon entfernt war, imperialistischen Eroberungs¬
zielen des Deutschen Reiches zu dienen, vielmehr lediglich ein abgerundetes
Wirtschaftsprogramm enthielt, um China kulturell und handelspolitisch näher zu
kommen durch die Eingangspforte Tsingtau, wurde nicht nur von den Chinesen,
sondern vor allem auch von den anderen fremden Mächten mit äußerstem Mi߬
trauen aufgenommen. Man hatte plötzlich allenthalben vergessen, daß es England
in Hongkong, Frankreich mit seinen südchinesischen Besitzungen ebenso, wenn nicht
noch viel prononzierter, nach der imperialistischen Seite hin, gemacht hatte.

Erst das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts sollte zeigen, wie ehrlich es
Deutschland, im Gegensatz zu anderen fremden Mächten, mit China meinte. Der
territoriale Einbruch Rußlands in China, die Besitzergreifung der Mandschurei
und Koreas durch Japan sind noch zu lebhaft in aller Erinnerung, als daß es
weiterer Erörterungen darüber bedürfte. Was sich der öffentlichen Kenntnis ent¬
zieht, ist die Haltung Deutschlands während dieser tollwütigen Jagd um chinesischen
Besitz. Hätte das Deutsche Reich mit seinem Tsingtau-Unternehmen andere als
kulturelle und kommerzielle Ziele verfolgt, so hätte es während dieses ersten
Dezenniums reichlich Gelegenheit gehabt, sich die Einflußsphäre Schankung nach
dem Muster Japans in der Mandschurei zu sichern. Lockend trat der Versucher
oft heran. Die Aufteilung des Himmlischen Reiches in Interessensphären wurde
von Japan und England wiederholt ernstlich diskutiert. Immer stand Deutsch¬
land unverrückbar fest auf seinem Standpunkt Seite an Seite mit Amerika. Die
Politik der offenen Tür war und blieb seine Devise bis zum Weltkrieg. Sie wäre
als klare Richtlinie trotz aller sonst so verschwommenen deutschen Politik im fernen
Osten auch weiter beibehalten worden, denn Deutschland hatte das größte Inter¬
esse an einem integrer China. Und ließ sich diese Politik der offenen Tür nicht
ausgezeichnet vereinigen mit einer wirtschaftlichen Erschließung Schantungs, bei
der deutscher Unternehmungsgeist und deutsches Kapital den arbeitsamen, genüg¬
samen Chinesen den Elan geben sollte in einer abgesehen von den unterirdischen
Schätzen armen Provinz?

Nun, der Weltkrieg hat wie durch alle deutschen Interessen im Auslande auch
hier einen dicken Strich gemacht. Heute stehen wir vor der Liquidation dieses
kostbarsten Restes unserer wirtschaftlichen Zukunftspläne in China. Japan hat
sich nach dem Versailler Vertrag bereit erklärt, unter Anrechnung auf seine Kriegskosten
den deutschen Privatbesitz in Schankung vollwertig abzulösen. Und es verlohnt
sich, einen Blick zu werfen auf das, was wir hingeben müssen an realen Gegen-
wartswerten und zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Die über 400 Kilometer lange Schcmtungbahn nach Tsinanfu war ur-
sprünglich mit, wenn ich nicht irre, 54 Millionen Mark Aktienkapital gebaut
worden. Ihre Trasse verläuft durch den koste- und erzreichsten Teil der Provinz.
Entgegen der noch heute nicht ganz überwundenen Annahme der Japaner hat
sich das Deutsche Reich mit keinem Pfennig an dem Bahnbau wie an allen
wirtschaftlichen Unternehmungen in Schankung beteiligt. Japan erlebte in diesem
Punkte die erste große Enttäuschung seines Tsingtcmabenteuers. Weil es selbst
alle seine großen Kolonialunternehmungen staatlich unterstützt, um ihnen in Zeiten
wirtschaftlicher Depression neuen Odem einflößen zu können und fremdländische
Konkurrenz nach Möglichkeit durch Unterbieten auszuschalten, nahm es gutgläubig
und als selbstverständlich ein ähnliches Verfahren auch bei Deutschland an. Dem
glücklichen Umstand aber, daß alle deutschen Unternehmungen in Schankung
reiner Privatbesitz sind, ist die volle Ablösung der Werte zu danken, zu der sich
Japan heute bereit findet.


Die Liquidation der deutschen Interessen in Schankung

Schantungs, nebst einem einige 20 Kilometer breiten Streifen rechts und links
der Bahnlinie zugebilligt worden. Die Bergbaugerechtsame innerhalb dieser Zone
gingen auf Deutschland über. Außerdem hatten sich die Chinesen verpflichtet,
zwei Bahnlinien, deren Trasher noch näher zu bestimmen blieben, zur weiteren
Erschließung Schantungs zu bauen.

Der Vertrag, der weit davon entfernt war, imperialistischen Eroberungs¬
zielen des Deutschen Reiches zu dienen, vielmehr lediglich ein abgerundetes
Wirtschaftsprogramm enthielt, um China kulturell und handelspolitisch näher zu
kommen durch die Eingangspforte Tsingtau, wurde nicht nur von den Chinesen,
sondern vor allem auch von den anderen fremden Mächten mit äußerstem Mi߬
trauen aufgenommen. Man hatte plötzlich allenthalben vergessen, daß es England
in Hongkong, Frankreich mit seinen südchinesischen Besitzungen ebenso, wenn nicht
noch viel prononzierter, nach der imperialistischen Seite hin, gemacht hatte.

Erst das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts sollte zeigen, wie ehrlich es
Deutschland, im Gegensatz zu anderen fremden Mächten, mit China meinte. Der
territoriale Einbruch Rußlands in China, die Besitzergreifung der Mandschurei
und Koreas durch Japan sind noch zu lebhaft in aller Erinnerung, als daß es
weiterer Erörterungen darüber bedürfte. Was sich der öffentlichen Kenntnis ent¬
zieht, ist die Haltung Deutschlands während dieser tollwütigen Jagd um chinesischen
Besitz. Hätte das Deutsche Reich mit seinem Tsingtau-Unternehmen andere als
kulturelle und kommerzielle Ziele verfolgt, so hätte es während dieses ersten
Dezenniums reichlich Gelegenheit gehabt, sich die Einflußsphäre Schankung nach
dem Muster Japans in der Mandschurei zu sichern. Lockend trat der Versucher
oft heran. Die Aufteilung des Himmlischen Reiches in Interessensphären wurde
von Japan und England wiederholt ernstlich diskutiert. Immer stand Deutsch¬
land unverrückbar fest auf seinem Standpunkt Seite an Seite mit Amerika. Die
Politik der offenen Tür war und blieb seine Devise bis zum Weltkrieg. Sie wäre
als klare Richtlinie trotz aller sonst so verschwommenen deutschen Politik im fernen
Osten auch weiter beibehalten worden, denn Deutschland hatte das größte Inter¬
esse an einem integrer China. Und ließ sich diese Politik der offenen Tür nicht
ausgezeichnet vereinigen mit einer wirtschaftlichen Erschließung Schantungs, bei
der deutscher Unternehmungsgeist und deutsches Kapital den arbeitsamen, genüg¬
samen Chinesen den Elan geben sollte in einer abgesehen von den unterirdischen
Schätzen armen Provinz?

Nun, der Weltkrieg hat wie durch alle deutschen Interessen im Auslande auch
hier einen dicken Strich gemacht. Heute stehen wir vor der Liquidation dieses
kostbarsten Restes unserer wirtschaftlichen Zukunftspläne in China. Japan hat
sich nach dem Versailler Vertrag bereit erklärt, unter Anrechnung auf seine Kriegskosten
den deutschen Privatbesitz in Schankung vollwertig abzulösen. Und es verlohnt
sich, einen Blick zu werfen auf das, was wir hingeben müssen an realen Gegen-
wartswerten und zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Die über 400 Kilometer lange Schcmtungbahn nach Tsinanfu war ur-
sprünglich mit, wenn ich nicht irre, 54 Millionen Mark Aktienkapital gebaut
worden. Ihre Trasse verläuft durch den koste- und erzreichsten Teil der Provinz.
Entgegen der noch heute nicht ganz überwundenen Annahme der Japaner hat
sich das Deutsche Reich mit keinem Pfennig an dem Bahnbau wie an allen
wirtschaftlichen Unternehmungen in Schankung beteiligt. Japan erlebte in diesem
Punkte die erste große Enttäuschung seines Tsingtcmabenteuers. Weil es selbst
alle seine großen Kolonialunternehmungen staatlich unterstützt, um ihnen in Zeiten
wirtschaftlicher Depression neuen Odem einflößen zu können und fremdländische
Konkurrenz nach Möglichkeit durch Unterbieten auszuschalten, nahm es gutgläubig
und als selbstverständlich ein ähnliches Verfahren auch bei Deutschland an. Dem
glücklichen Umstand aber, daß alle deutschen Unternehmungen in Schankung
reiner Privatbesitz sind, ist die volle Ablösung der Werte zu danken, zu der sich
Japan heute bereit findet.


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[0073] Die Liquidation der deutschen Interessen in Schankung Schantungs, nebst einem einige 20 Kilometer breiten Streifen rechts und links der Bahnlinie zugebilligt worden. Die Bergbaugerechtsame innerhalb dieser Zone gingen auf Deutschland über. Außerdem hatten sich die Chinesen verpflichtet, zwei Bahnlinien, deren Trasher noch näher zu bestimmen blieben, zur weiteren Erschließung Schantungs zu bauen. Der Vertrag, der weit davon entfernt war, imperialistischen Eroberungs¬ zielen des Deutschen Reiches zu dienen, vielmehr lediglich ein abgerundetes Wirtschaftsprogramm enthielt, um China kulturell und handelspolitisch näher zu kommen durch die Eingangspforte Tsingtau, wurde nicht nur von den Chinesen, sondern vor allem auch von den anderen fremden Mächten mit äußerstem Mi߬ trauen aufgenommen. Man hatte plötzlich allenthalben vergessen, daß es England in Hongkong, Frankreich mit seinen südchinesischen Besitzungen ebenso, wenn nicht noch viel prononzierter, nach der imperialistischen Seite hin, gemacht hatte. Erst das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts sollte zeigen, wie ehrlich es Deutschland, im Gegensatz zu anderen fremden Mächten, mit China meinte. Der territoriale Einbruch Rußlands in China, die Besitzergreifung der Mandschurei und Koreas durch Japan sind noch zu lebhaft in aller Erinnerung, als daß es weiterer Erörterungen darüber bedürfte. Was sich der öffentlichen Kenntnis ent¬ zieht, ist die Haltung Deutschlands während dieser tollwütigen Jagd um chinesischen Besitz. Hätte das Deutsche Reich mit seinem Tsingtau-Unternehmen andere als kulturelle und kommerzielle Ziele verfolgt, so hätte es während dieses ersten Dezenniums reichlich Gelegenheit gehabt, sich die Einflußsphäre Schankung nach dem Muster Japans in der Mandschurei zu sichern. Lockend trat der Versucher oft heran. Die Aufteilung des Himmlischen Reiches in Interessensphären wurde von Japan und England wiederholt ernstlich diskutiert. Immer stand Deutsch¬ land unverrückbar fest auf seinem Standpunkt Seite an Seite mit Amerika. Die Politik der offenen Tür war und blieb seine Devise bis zum Weltkrieg. Sie wäre als klare Richtlinie trotz aller sonst so verschwommenen deutschen Politik im fernen Osten auch weiter beibehalten worden, denn Deutschland hatte das größte Inter¬ esse an einem integrer China. Und ließ sich diese Politik der offenen Tür nicht ausgezeichnet vereinigen mit einer wirtschaftlichen Erschließung Schantungs, bei der deutscher Unternehmungsgeist und deutsches Kapital den arbeitsamen, genüg¬ samen Chinesen den Elan geben sollte in einer abgesehen von den unterirdischen Schätzen armen Provinz? Nun, der Weltkrieg hat wie durch alle deutschen Interessen im Auslande auch hier einen dicken Strich gemacht. Heute stehen wir vor der Liquidation dieses kostbarsten Restes unserer wirtschaftlichen Zukunftspläne in China. Japan hat sich nach dem Versailler Vertrag bereit erklärt, unter Anrechnung auf seine Kriegskosten den deutschen Privatbesitz in Schankung vollwertig abzulösen. Und es verlohnt sich, einen Blick zu werfen auf das, was wir hingeben müssen an realen Gegen- wartswerten und zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten. Die über 400 Kilometer lange Schcmtungbahn nach Tsinanfu war ur- sprünglich mit, wenn ich nicht irre, 54 Millionen Mark Aktienkapital gebaut worden. Ihre Trasse verläuft durch den koste- und erzreichsten Teil der Provinz. Entgegen der noch heute nicht ganz überwundenen Annahme der Japaner hat sich das Deutsche Reich mit keinem Pfennig an dem Bahnbau wie an allen wirtschaftlichen Unternehmungen in Schankung beteiligt. Japan erlebte in diesem Punkte die erste große Enttäuschung seines Tsingtcmabenteuers. Weil es selbst alle seine großen Kolonialunternehmungen staatlich unterstützt, um ihnen in Zeiten wirtschaftlicher Depression neuen Odem einflößen zu können und fremdländische Konkurrenz nach Möglichkeit durch Unterbieten auszuschalten, nahm es gutgläubig und als selbstverständlich ein ähnliches Verfahren auch bei Deutschland an. Dem glücklichen Umstand aber, daß alle deutschen Unternehmungen in Schankung reiner Privatbesitz sind, ist die volle Ablösung der Werte zu danken, zu der sich Japan heute bereit findet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/73>, abgerufen am 03.07.2024.