Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.Mmderheitsschutz bei den Grenzdeutschen Fragen geregelt, welche aus der vollständigen oder teilweisen Rückgabe der Gebiete Als aber die deutsche Regierung an die dänische herantrat, um nun besondere 5. Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse in dein neugeborenen Es genügt nämlich noch nicht, daß der neuen Republik Polen als Staat ein Wieder -- wie bei dem Saarbecken -- zeigt sich, daß im Friedensvertmg 6. Über das Memeler Gebiet ist noch nichts bestimmt; Deutschland hat 7. Bei Polen, dem wir uns jetzt zuwenden, kann zum ersten Male von Zunächst entdecken wir eine Bestimmung, welche offenkundig die Schwächung Mmderheitsschutz bei den Grenzdeutschen Fragen geregelt, welche aus der vollständigen oder teilweisen Rückgabe der Gebiete Als aber die deutsche Regierung an die dänische herantrat, um nun besondere 5. Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse in dein neugeborenen Es genügt nämlich noch nicht, daß der neuen Republik Polen als Staat ein Wieder — wie bei dem Saarbecken — zeigt sich, daß im Friedensvertmg 6. Über das Memeler Gebiet ist noch nichts bestimmt; Deutschland hat 7. Bei Polen, dem wir uns jetzt zuwenden, kann zum ersten Male von Zunächst entdecken wir eine Bestimmung, welche offenkundig die Schwächung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337781"/> <fw type="header" place="top"> Mmderheitsschutz bei den Grenzdeutschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_488" prev="#ID_487"> Fragen geregelt, welche aus der vollständigen oder teilweisen Rückgabe der Gebiete<lb/> erwachsen, die Dänemark auf Grund des Vertrages vom 30. Oktober 1364 ab¬<lb/> treten mußte."</p><lb/> <p xml:id="ID_489"> Als aber die deutsche Regierung an die dänische herantrat, um nun besondere<lb/> Abmachungen über den Schutz der deutschen Minorität zu treffen, lehnte die dänische<lb/> Regierung es ab, auch nur in Verhandlungen darüber einzutreten!</p><lb/> <p xml:id="ID_490"> 5. Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse in dein neugeborenen<lb/> Freistaat Danzig, der, Sosen er Seestaat ist, unter englischer, sofern er Land¬<lb/> staat ist, unter polnischer Suprematie steht. Er verfügt über eine erdrückende<lb/> deutsche Mehrheit (von 98 Prozent), ist also so gut wie ganz deutsch. Trotzdem<lb/> ist eine höchst merkwürdige Bestimmung über die NaWnalitätenverhältnisse getroffen,<lb/> die der größten Aufmerksamkeit wert ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_491"> Es genügt nämlich noch nicht, daß der neuen Republik Polen als Staat ein<lb/> weitgehender Einfluß eingeräumt wird, der in Wirklichkeit den Freistaat Danzig<lb/> seiner staatlichen Selbständigkeit beraubt (Artikel 104), es genügt noch nicht, daß<lb/> das Eigentum des Deutschen Reiches und Preußens, das logischerweise in den<lb/> Besitz des Freistaates Danzig übergehen müßte, von der Entente an den polnischen<lb/> Staat übertragen werden kann (Artikel 107); es wird auch dem Polentum als<lb/> Volkstum ein Vorrang vor den Deutschen eingeräumt. Es soll nämlich zwischen<lb/> Polen und Danzig ein Abkommen getroffen werden, in dem dafür gesorgt wird,<lb/> „daß in der freien Stadt Danzig kein benachteiligender Unterschied zum Schaden<lb/> polnischer Staatsangehöriger und anderer Personen polnischer Abstammung oder<lb/> Sprache gemacht wird". Daß polnisch sprechenden Staatsbürgern Danzigs die<lb/> Gleichberechtigung zugesichert wird, wäre noch zu begreifen, daß aber Staatsbürgern<lb/> Polens, welche die Danziger Staatsangehörigkeit nicht einmal besitzen, auch Gleich¬<lb/> berechtigung gewährt werden soll, bloß weil sie polnischen Blutes sind, setzt allem<lb/> die Krone auf. Es bedeutet im Sinne der Entente die grundsätzliche Bevorzugung<lb/> des polnischen Volkstums in einem deutschen Staat.</p><lb/> <p xml:id="ID_492"> Wieder — wie bei dem Saarbecken — zeigt sich, daß im Friedensvertmg<lb/> von einem Schutz der Minorität nur die Rede ist, wenn sie nichtdeutsch ist und<lb/> wenn sie sich zur Schwächung einer deutschen Majorität verwenden läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_493"> 6. Über das Memeler Gebiet ist noch nichts bestimmt; Deutschland hat<lb/> nur die Blankoverpflichtung übernommen, „die Bestimmungen anzuerkennen, welche<lb/> die alliierten und assoziierten Hauptmächte in bezug auf diese Gebiete treffen<lb/> werden". Bisher ist also nichts zum Schutz der dortigen Deutschen geschehen, ob<lb/> es in Zukunft geschehen wird, hängt ganz von dem guten Willen der Entente ab.<lb/> Und wie es damit steht, haben wir bisher zur Genüge kennengelernt.</p><lb/> <p xml:id="ID_494"> 7. Bei Polen, dem wir uns jetzt zuwenden, kann zum ersten Male von<lb/> positiven Bestimmungen über Minoritätenschutz die Rede sein. Die Abstimmungs¬<lb/> gebiete können dabei für unsere Zwecke füglich außer acht gelassen werden; denn<lb/> sollte etwas davon noch nachträglich an Polen fallen, so würden dafür offenbar die¬<lb/> selben Bestimmungen gelten wie für die Polen sogleich zugesprochenen Gebiete.</p><lb/> <p xml:id="ID_495" next="#ID_496"> Zunächst entdecken wir eine Bestimmung, welche offenkundig die Schwächung<lb/> des deutschen Elements bezweckt, daß nämlich nur die bereits vor dem 1. Januar 1908<lb/> dort ansässigen Reichsdeutschen ohne weiteres die polnische Staatsangehörigkeit er¬<lb/> werben, die später Gekommenen aber abgeschoben werden können. . Auf diese Weise</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0140]
Mmderheitsschutz bei den Grenzdeutschen
Fragen geregelt, welche aus der vollständigen oder teilweisen Rückgabe der Gebiete
erwachsen, die Dänemark auf Grund des Vertrages vom 30. Oktober 1364 ab¬
treten mußte."
Als aber die deutsche Regierung an die dänische herantrat, um nun besondere
Abmachungen über den Schutz der deutschen Minorität zu treffen, lehnte die dänische
Regierung es ab, auch nur in Verhandlungen darüber einzutreten!
5. Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse in dein neugeborenen
Freistaat Danzig, der, Sosen er Seestaat ist, unter englischer, sofern er Land¬
staat ist, unter polnischer Suprematie steht. Er verfügt über eine erdrückende
deutsche Mehrheit (von 98 Prozent), ist also so gut wie ganz deutsch. Trotzdem
ist eine höchst merkwürdige Bestimmung über die NaWnalitätenverhältnisse getroffen,
die der größten Aufmerksamkeit wert ist.
Es genügt nämlich noch nicht, daß der neuen Republik Polen als Staat ein
weitgehender Einfluß eingeräumt wird, der in Wirklichkeit den Freistaat Danzig
seiner staatlichen Selbständigkeit beraubt (Artikel 104), es genügt noch nicht, daß
das Eigentum des Deutschen Reiches und Preußens, das logischerweise in den
Besitz des Freistaates Danzig übergehen müßte, von der Entente an den polnischen
Staat übertragen werden kann (Artikel 107); es wird auch dem Polentum als
Volkstum ein Vorrang vor den Deutschen eingeräumt. Es soll nämlich zwischen
Polen und Danzig ein Abkommen getroffen werden, in dem dafür gesorgt wird,
„daß in der freien Stadt Danzig kein benachteiligender Unterschied zum Schaden
polnischer Staatsangehöriger und anderer Personen polnischer Abstammung oder
Sprache gemacht wird". Daß polnisch sprechenden Staatsbürgern Danzigs die
Gleichberechtigung zugesichert wird, wäre noch zu begreifen, daß aber Staatsbürgern
Polens, welche die Danziger Staatsangehörigkeit nicht einmal besitzen, auch Gleich¬
berechtigung gewährt werden soll, bloß weil sie polnischen Blutes sind, setzt allem
die Krone auf. Es bedeutet im Sinne der Entente die grundsätzliche Bevorzugung
des polnischen Volkstums in einem deutschen Staat.
Wieder — wie bei dem Saarbecken — zeigt sich, daß im Friedensvertmg
von einem Schutz der Minorität nur die Rede ist, wenn sie nichtdeutsch ist und
wenn sie sich zur Schwächung einer deutschen Majorität verwenden läßt.
6. Über das Memeler Gebiet ist noch nichts bestimmt; Deutschland hat
nur die Blankoverpflichtung übernommen, „die Bestimmungen anzuerkennen, welche
die alliierten und assoziierten Hauptmächte in bezug auf diese Gebiete treffen
werden". Bisher ist also nichts zum Schutz der dortigen Deutschen geschehen, ob
es in Zukunft geschehen wird, hängt ganz von dem guten Willen der Entente ab.
Und wie es damit steht, haben wir bisher zur Genüge kennengelernt.
7. Bei Polen, dem wir uns jetzt zuwenden, kann zum ersten Male von
positiven Bestimmungen über Minoritätenschutz die Rede sein. Die Abstimmungs¬
gebiete können dabei für unsere Zwecke füglich außer acht gelassen werden; denn
sollte etwas davon noch nachträglich an Polen fallen, so würden dafür offenbar die¬
selben Bestimmungen gelten wie für die Polen sogleich zugesprochenen Gebiete.
Zunächst entdecken wir eine Bestimmung, welche offenkundig die Schwächung
des deutschen Elements bezweckt, daß nämlich nur die bereits vor dem 1. Januar 1908
dort ansässigen Reichsdeutschen ohne weiteres die polnische Staatsangehörigkeit er¬
werben, die später Gekommenen aber abgeschoben werden können. . Auf diese Weise
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |