Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.Neuguinea im Weltkrieg Lehrversuch in der edlen Rauchknnst, um den als Tauschartikel in großen Mengen Tage-, wochenlang marschierten wir durch dieses pfadreiche, gut besiedelte Während der Polizeimeister Konrade das Gepäck von Depot zu Depot nach¬ Als ich auf einen Tagemarsch auf KonradtsKolonnenspitze aufgelaufen war, er¬ Eine britische Abteilung war auf die aus zwei Soldaten und einem schwer Neuguinea im Weltkrieg Lehrversuch in der edlen Rauchknnst, um den als Tauschartikel in großen Mengen Tage-, wochenlang marschierten wir durch dieses pfadreiche, gut besiedelte Während der Polizeimeister Konrade das Gepäck von Depot zu Depot nach¬ Als ich auf einen Tagemarsch auf KonradtsKolonnenspitze aufgelaufen war, er¬ Eine britische Abteilung war auf die aus zwei Soldaten und einem schwer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337312"/> <fw type="header" place="top"> Neuguinea im Weltkrieg</fw><lb/> <p xml:id="ID_290" prev="#ID_289"> Lehrversuch in der edlen Rauchknnst, um den als Tauschartikel in großen Mengen<lb/> mitgeführten und von den Eingeborenen bislang so geschätzten Stangentabak an¬<lb/> zubringen, endete in einem allgemeinen Hustenchorus und einem panikartigen<lb/> Davonlaufen der 200, in unserem Lager zu Besuch weilenden Männer; mehrere<lb/> Tage mieden diese uns danach, da sie einen Vergiftungsversuch befürchtet hatten.<lb/> Noch vollständig in der Steinzeit lebend, glaubten sie in meinem Polizeimeister<lb/> Konrade und mir Albinos vor sich zu haben, und erst der Vergleich mit einigen<lb/> herangebrachten eigenen Albinos schien sie von ihrem Irrtum zu überzeugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_291"> Tage-, wochenlang marschierten wir durch dieses pfadreiche, gut besiedelte<lb/> Mittelgebirgsgelände. Leider war es uns nur möglich, mittels der Zeichensprache<lb/> mit den Eingeborenen zu verkehren, so daß ich nicht tiefer in die hier herrschenden<lb/> Sitten und Gebräuche eindringen konnte. Der peinliche Hausbau, der auf eine größere<lb/> Seßhaftigkeit schließen läßt, der saubere Felderbau, das dichtere Pfadnetz, das Aus¬<lb/> bleiben größerer Feindseligkeiten, die engere Verbindung der die zahlreichen Täter<lb/> besiedelnden Eingeborenen vermögen einen zu dem Schluß zu verführen, daß man es<lb/> hier mit dem „Urstamm" der Papua zu tun hat; so viel ist jedenfalls sicher, daß diese<lb/> Bevölkerung mit den bisher berührten Stämmen fast nichts gemeinsam hat. Leider<lb/> sind die photographischen Aufnahmen und Handzeichnungen mit dem übrigen<lb/> Expeditionsmaterial von den Australiern geraubt und fortgeführt oder gar<lb/> zerstört worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_292"> Während der Polizeimeister Konrade das Gepäck von Depot zu Depot nach¬<lb/> führte, hatten mich meine Erkundungszüge über den Me. Joseph hinweg bis nahe<lb/> an den 145. Grad O gebracht. Gehöft an Gehöft zeugte von der guten Besied¬<lb/> lung. Wald- und Feldbrände im weiten Umkreis bewiesen, daß die Expedition<lb/> auch fernerhin, wenigstens bis zum 144. Grad 0 heran, nicht menschenleere<lb/> Strecken zu überqueren haben würde. Nur noch einmal würden wir die zentrale<lb/> Wasserscheide südlich des Augustaflusscs zu überwinden haben, die nach den Be¬<lb/> richten der Sepikexpcdition nicht allzu schwierig zu erklettern sein konnte, nachdem<lb/> wir unsere Kräfte an den Hochgebirgsmassiven zwischen dem 147. Grad und<lb/> 146. Grad O geübt hatten. Nach menschlichem Ermessen mußte die für unmög¬<lb/> lich gehaltene Längsdurchquerung gelingen. Und so trat ich mit einer tiefen Be¬<lb/> friedigung im Herzen in den letzten Oktobertagen den Rückmarsch zu der langsam<lb/> sich nachschiebenden Hauptabteilung der Expedition an, um dort nach dem Rechten<lb/> Zu sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_293"> Als ich auf einen Tagemarsch auf KonradtsKolonnenspitze aufgelaufen war, er¬<lb/> reichte mich die Nachricht von dem schon seit Anfang August zwischen Deutschland<lb/> und Großbritannien wütenden Krieg. Damit brachen die für das Gelingen der<lb/> Durchemerung eben erst festgestellten, so glänzenden Zükunflsaussichten mit einem<lb/> Schlag zusammen.</p><lb/> <p xml:id="ID_294"> Eine britische Abteilung war auf die aus zwei Soldaten und einem schwer<lb/> erkrankten, nicht transportfähigen und daher bis zur Vollendung der Depot-<lb/> verlegnng von meinem Polizeimeister zurückgelassenen Träger bestehende Nach¬<lb/> spitze gestoßen und hatte nach Mitnahme der beiden harmlosen Soldaten, ohne<lb/> weitere Verbindung mit dein Hauptteil der Expedition zu suchen, in der Hand<lb/> des todkranken, wohl wenige Stunden darauf verstorbenen Mannes einen Zettel<lb/> folgenden Inhalts zurückgelassen:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
Neuguinea im Weltkrieg
Lehrversuch in der edlen Rauchknnst, um den als Tauschartikel in großen Mengen
mitgeführten und von den Eingeborenen bislang so geschätzten Stangentabak an¬
zubringen, endete in einem allgemeinen Hustenchorus und einem panikartigen
Davonlaufen der 200, in unserem Lager zu Besuch weilenden Männer; mehrere
Tage mieden diese uns danach, da sie einen Vergiftungsversuch befürchtet hatten.
Noch vollständig in der Steinzeit lebend, glaubten sie in meinem Polizeimeister
Konrade und mir Albinos vor sich zu haben, und erst der Vergleich mit einigen
herangebrachten eigenen Albinos schien sie von ihrem Irrtum zu überzeugen.
Tage-, wochenlang marschierten wir durch dieses pfadreiche, gut besiedelte
Mittelgebirgsgelände. Leider war es uns nur möglich, mittels der Zeichensprache
mit den Eingeborenen zu verkehren, so daß ich nicht tiefer in die hier herrschenden
Sitten und Gebräuche eindringen konnte. Der peinliche Hausbau, der auf eine größere
Seßhaftigkeit schließen läßt, der saubere Felderbau, das dichtere Pfadnetz, das Aus¬
bleiben größerer Feindseligkeiten, die engere Verbindung der die zahlreichen Täter
besiedelnden Eingeborenen vermögen einen zu dem Schluß zu verführen, daß man es
hier mit dem „Urstamm" der Papua zu tun hat; so viel ist jedenfalls sicher, daß diese
Bevölkerung mit den bisher berührten Stämmen fast nichts gemeinsam hat. Leider
sind die photographischen Aufnahmen und Handzeichnungen mit dem übrigen
Expeditionsmaterial von den Australiern geraubt und fortgeführt oder gar
zerstört worden.
Während der Polizeimeister Konrade das Gepäck von Depot zu Depot nach¬
führte, hatten mich meine Erkundungszüge über den Me. Joseph hinweg bis nahe
an den 145. Grad O gebracht. Gehöft an Gehöft zeugte von der guten Besied¬
lung. Wald- und Feldbrände im weiten Umkreis bewiesen, daß die Expedition
auch fernerhin, wenigstens bis zum 144. Grad 0 heran, nicht menschenleere
Strecken zu überqueren haben würde. Nur noch einmal würden wir die zentrale
Wasserscheide südlich des Augustaflusscs zu überwinden haben, die nach den Be¬
richten der Sepikexpcdition nicht allzu schwierig zu erklettern sein konnte, nachdem
wir unsere Kräfte an den Hochgebirgsmassiven zwischen dem 147. Grad und
146. Grad O geübt hatten. Nach menschlichem Ermessen mußte die für unmög¬
lich gehaltene Längsdurchquerung gelingen. Und so trat ich mit einer tiefen Be¬
friedigung im Herzen in den letzten Oktobertagen den Rückmarsch zu der langsam
sich nachschiebenden Hauptabteilung der Expedition an, um dort nach dem Rechten
Zu sehen.
Als ich auf einen Tagemarsch auf KonradtsKolonnenspitze aufgelaufen war, er¬
reichte mich die Nachricht von dem schon seit Anfang August zwischen Deutschland
und Großbritannien wütenden Krieg. Damit brachen die für das Gelingen der
Durchemerung eben erst festgestellten, so glänzenden Zükunflsaussichten mit einem
Schlag zusammen.
Eine britische Abteilung war auf die aus zwei Soldaten und einem schwer
erkrankten, nicht transportfähigen und daher bis zur Vollendung der Depot-
verlegnng von meinem Polizeimeister zurückgelassenen Träger bestehende Nach¬
spitze gestoßen und hatte nach Mitnahme der beiden harmlosen Soldaten, ohne
weitere Verbindung mit dein Hauptteil der Expedition zu suchen, in der Hand
des todkranken, wohl wenige Stunden darauf verstorbenen Mannes einen Zettel
folgenden Inhalts zurückgelassen:
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