Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.Drinnen und draußen [Beginn Spaltensatz] Grenzdeutschen recht behalten und daß es Die Wahlen zum neuen Reichstag stehen unglücklichen Ausgang des Krieges hinaus Frankreichs kußrnpolitische Stellung. "Seit einigen Wochen wiederholt man bei Drinnen und draußen [Beginn Spaltensatz] Grenzdeutschen recht behalten und daß es Die Wahlen zum neuen Reichstag stehen unglücklichen Ausgang des Krieges hinaus Frankreichs kußrnpolitische Stellung. „Seit einigen Wochen wiederholt man bei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337306"/> <fw type="header" place="top"> Drinnen und draußen</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_266" prev="#ID_265"> Grenzdeutschen recht behalten und daß es<lb/> die Nation auch ferner unterlassen wird,<lb/> tatkräftig und mit allen ihr zu Gebote<lb/> stehenden Mitteln den Willen der Grenz-<lb/> deutschen sich und der Welt zum Ausdruck<lb/> zu bringen.</p> <p xml:id="ID_267" next="#ID_268"> Die Wahlen zum neuen Reichstag stehen<lb/> bevor. Sollte es wirklich erst der Anregung<lb/> aus grenzdeutschen Kreisen selber bedürfen,<lb/> die wir hier zu Worte bringen, um die<lb/> naheliegende Forderung durchzusetzen, daß<lb/> alle politischen Parteien auf den sicheren<lb/> Plätzen, die ihnen zu Gebote stehen,<lb/> wenigstens je einen Vertreter der aus den<lb/> abgesprengten Grenzgebieten stammenden<lb/> und nunmehr durch die Ungunst der poli¬<lb/> tischen Verhältnisse zur Auswanderung aus<lb/> der Heimat in das verengte Mutterland<lb/> gezwungenen Grenzdeutschen in den neuen<lb/> Reichstag bringen? Wir möchten diese An¬<lb/> regung hier mit dem stärksten Nachdruck<lb/> wiederholen und an alle Parteien die drin¬<lb/> gende Aufforderung richten, ihr nachzu¬<lb/> kommen. Es ist hier eine Gelegenheit ge¬<lb/> boten, um nicht nur durch die Phrase, son¬<lb/> dern durch die Tat zu zeigen, daß der Krieg<lb/> nicht nur in den Parthien, die früher und<lb/> jetzt die „nationale" Haltung gepachtet zu<lb/> haben glaubten, sondern in allen Parteien<lb/> von rechts bis weit in die Linke hinein ein<lb/> stärkeres Verständnis für nationalpolitische<lb/> Gesichtspunkte gewonnen haben. Keiner<lb/> Partei dürste es schwerfallen, einen auf<lb/> Hrer Parteigrundlage stehenden Politiker<lb/> aus Elsaß-Lothringen, aus dem Saargebiet,<lb/> aus Schleswig und aus der polonisierten<lb/> Ostmark ausfindig zu machen und unter<lb/> allen Umständen hei den Wahlen durchzu¬<lb/> drücken. Es würde dann die Möglichkeit<lb/> geboten sein, daß im neuen Reichstag für<lb/> jedes dieser Gebiete bei bestimmten Gelegen¬<lb/> heiteneme interfraktionelle Gruppe zu Worte........^ U" -<lb/> kommen könnte, um beispielsweise für den<lb/> Minderheitenschutz in ihrer Heimat einzu¬<lb/> treten oder gegen bestimmte Vergewalti¬<lb/> gungen ihrer Landsleute vor dem eigenen<lb/> Volk und vor der ganzen Welt eindrucks¬<lb/> voller Einspruch zu erheben. Nicht einem<lb/> unzeitgemäßer Jrredentismus oder einer<lb/> «militaristischen Gewaltpolitik" ist damit<lb/> das Wort geredet, Es ist lediglich über den</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_268" prev="#ID_267"> unglücklichen Ausgang des Krieges hinaus<lb/> der nationale Zusammenhang mit den ab¬<lb/> gesprengten Grenzdeutschen gewahrt und<lb/> damit einer Forderung Rechnung getragen,<lb/> die — mit tiefem Bedauern müssen wir es<lb/> feststellen — Wohl für jede Nation außer<lb/> der unseren eine schlichte Selbstverständlich¬<lb/><note type="byline"> M. H. Bochen</note> keit bedeuten dürfte. </p> </div> <div n="2"> <head> Frankreichs kußrnpolitische Stellung.</head> <p xml:id="ID_269" next="#ID_270"> „Seit einigen Wochen wiederholt man bei<lb/> uns in allen Kreisen um die Wette, daß<lb/> alles schlecht geht, und daß unser Sieg vom<lb/> November 1918 nur zu einer jämmerlichen<lb/> Niederlage geführt hat. Wollte man gewissen<lb/> Franzosen Glauben schenken, so wären die<lb/> wirklichen Sieger die Deutschen und unsere<lb/> Lage noch schlimmer als die ihrige. In<lb/> diesen bei uns umlaufenden Sätzen ist viel<lb/> Übertreibung und wir glauben, daß nichts<lb/> schädlicher oder deprimierender sein könnte,<lb/> als zu erlauben, daß solche Ideen bei uns<lb/> Wurzel fassen. ES ist keine Frage, daß der<lb/> Versailler Vertrag keine glänzende Leistung<lb/> ist, keine Frage, daß Deutschland nur wider¬<lb/> willig nachgibt und Schwierigkeiten macht.<lb/> Ohne Zweifel sind unsers Beziehungen zu<lb/> unseren Verbündeten von gestern nicht so,<lb/> wie man sie sich denken und zumal<lb/> wünschen könnte: mit dem England Lloyd<lb/> Georges haben wir auf allen Gebieten, auf<lb/> denen wir zusammenwirken müßten, ständig<lb/> Schwierigkeiten; mit den Vereinigten Staaten<lb/> stehen Wir wie zwei Freunde, die sich gerne<lb/> Unangenehmes sagen möchten, die sich jedoch<lb/> in Erinnerung vergangener Tage nicht frei¬<lb/> mütig auszusprechen wagen und sich darauf<lb/> beschränken, mit gezwungenen Lächeln zu<lb/> schmollen; mit Italien unterhalten wir nur<lb/> noch Beziehungen ohne Herzlichkeit, in denen<lb/> Wir uns bemühen, die wirklichen Empfin¬<lb/> dungen unter Worten zu verbergen. Unsere<lb/> östlichen Verbündeten: Griechenland, Ru¬<lb/> mänien, ^Südslawien, sind uns gegenüber<lb/> nicht viel besser gesinnt als Tschecho-Slowaken<lb/> und Polen, und selbst Belgien ist beun¬<lb/> ruhigt wegen unserer Wirtschaftspolitik und<lb/> muß wegen des Politischen und militärischen<lb/> Bündnisses, das es mit uns schließen möchte,<lb/> Borbehalte machen. Denkt man dann noch<lb/> an die Lage in Rußland, die jeden Tag</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
Drinnen und draußen
Grenzdeutschen recht behalten und daß es
die Nation auch ferner unterlassen wird,
tatkräftig und mit allen ihr zu Gebote
stehenden Mitteln den Willen der Grenz-
deutschen sich und der Welt zum Ausdruck
zu bringen.
Die Wahlen zum neuen Reichstag stehen
bevor. Sollte es wirklich erst der Anregung
aus grenzdeutschen Kreisen selber bedürfen,
die wir hier zu Worte bringen, um die
naheliegende Forderung durchzusetzen, daß
alle politischen Parteien auf den sicheren
Plätzen, die ihnen zu Gebote stehen,
wenigstens je einen Vertreter der aus den
abgesprengten Grenzgebieten stammenden
und nunmehr durch die Ungunst der poli¬
tischen Verhältnisse zur Auswanderung aus
der Heimat in das verengte Mutterland
gezwungenen Grenzdeutschen in den neuen
Reichstag bringen? Wir möchten diese An¬
regung hier mit dem stärksten Nachdruck
wiederholen und an alle Parteien die drin¬
gende Aufforderung richten, ihr nachzu¬
kommen. Es ist hier eine Gelegenheit ge¬
boten, um nicht nur durch die Phrase, son¬
dern durch die Tat zu zeigen, daß der Krieg
nicht nur in den Parthien, die früher und
jetzt die „nationale" Haltung gepachtet zu
haben glaubten, sondern in allen Parteien
von rechts bis weit in die Linke hinein ein
stärkeres Verständnis für nationalpolitische
Gesichtspunkte gewonnen haben. Keiner
Partei dürste es schwerfallen, einen auf
Hrer Parteigrundlage stehenden Politiker
aus Elsaß-Lothringen, aus dem Saargebiet,
aus Schleswig und aus der polonisierten
Ostmark ausfindig zu machen und unter
allen Umständen hei den Wahlen durchzu¬
drücken. Es würde dann die Möglichkeit
geboten sein, daß im neuen Reichstag für
jedes dieser Gebiete bei bestimmten Gelegen¬
heiteneme interfraktionelle Gruppe zu Worte........^ U" -
kommen könnte, um beispielsweise für den
Minderheitenschutz in ihrer Heimat einzu¬
treten oder gegen bestimmte Vergewalti¬
gungen ihrer Landsleute vor dem eigenen
Volk und vor der ganzen Welt eindrucks¬
voller Einspruch zu erheben. Nicht einem
unzeitgemäßer Jrredentismus oder einer
«militaristischen Gewaltpolitik" ist damit
das Wort geredet, Es ist lediglich über den
unglücklichen Ausgang des Krieges hinaus
der nationale Zusammenhang mit den ab¬
gesprengten Grenzdeutschen gewahrt und
damit einer Forderung Rechnung getragen,
die — mit tiefem Bedauern müssen wir es
feststellen — Wohl für jede Nation außer
der unseren eine schlichte Selbstverständlich¬
M. H. Bochen keit bedeuten dürfte.
Frankreichs kußrnpolitische Stellung. „Seit einigen Wochen wiederholt man bei
uns in allen Kreisen um die Wette, daß
alles schlecht geht, und daß unser Sieg vom
November 1918 nur zu einer jämmerlichen
Niederlage geführt hat. Wollte man gewissen
Franzosen Glauben schenken, so wären die
wirklichen Sieger die Deutschen und unsere
Lage noch schlimmer als die ihrige. In
diesen bei uns umlaufenden Sätzen ist viel
Übertreibung und wir glauben, daß nichts
schädlicher oder deprimierender sein könnte,
als zu erlauben, daß solche Ideen bei uns
Wurzel fassen. ES ist keine Frage, daß der
Versailler Vertrag keine glänzende Leistung
ist, keine Frage, daß Deutschland nur wider¬
willig nachgibt und Schwierigkeiten macht.
Ohne Zweifel sind unsers Beziehungen zu
unseren Verbündeten von gestern nicht so,
wie man sie sich denken und zumal
wünschen könnte: mit dem England Lloyd
Georges haben wir auf allen Gebieten, auf
denen wir zusammenwirken müßten, ständig
Schwierigkeiten; mit den Vereinigten Staaten
stehen Wir wie zwei Freunde, die sich gerne
Unangenehmes sagen möchten, die sich jedoch
in Erinnerung vergangener Tage nicht frei¬
mütig auszusprechen wagen und sich darauf
beschränken, mit gezwungenen Lächeln zu
schmollen; mit Italien unterhalten wir nur
noch Beziehungen ohne Herzlichkeit, in denen
Wir uns bemühen, die wirklichen Empfin¬
dungen unter Worten zu verbergen. Unsere
östlichen Verbündeten: Griechenland, Ru¬
mänien, ^Südslawien, sind uns gegenüber
nicht viel besser gesinnt als Tschecho-Slowaken
und Polen, und selbst Belgien ist beun¬
ruhigt wegen unserer Wirtschaftspolitik und
muß wegen des Politischen und militärischen
Bündnisses, das es mit uns schließen möchte,
Borbehalte machen. Denkt man dann noch
an die Lage in Rußland, die jeden Tag
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