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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Zu erörtern bliebe noch, wie sich in diesem Duell und zu diesen Plänen
Deutschland einstellen soll. Es gibt Heißsporne, die um jeden Preis eine eigene,
völlig selbständige, ohne opportunistische Berücksichtigung der Weltlage sich ein¬
stellende deutsche Politik fordern. Aber abgesehen davon, daß eine solche Politik
wohl überhaupt mehr in der Theorie als in der Praxis besteht, ist doch zu
bedenken, daß ohne geeigneten Hebebaum niemand Wände zu durchrennen vermag.
Andere betonen die Notwendigkeit einer entschiedenen Wahl zwischen Anschluß an
oder doch Zusammengehen entweder mit England oder mit Rußland. Wollte man
eine solche Wahl schlankweg treffen, so kämen natürlich nicht Gefühlsmomente in
Betracht, sondern nur die Erwägung, auf welcher Seite die größeren Bordelle zu
suchen wären. Die aber lägen unzweifelhaft bei demjenigen Partner, dem wir
das meiste zu bieten hätten, demgegenüber wir demnach das meiste als Gegengabe
zu verlangen in der Lage wären. Dieser Partner würde sür den Augenblick
unzweifelhaft England sein. Da Deutschlands militärischer Wert sehr gesunken
ist und seine Industrie im großen ganzen genommen und von den einzelnen
Zweigen abgesehen, für die nächste Zeit nicht sehr wettbewerbsfähig erscheint,
zumal wenn die französischen Erzlieferungen ausbleiben würden, was bei unbedingtem
Optieren für Rußland sicher der Fall wäre, so würde Deutschland Nußland im
wesentlichen nur eingeübte Arbeitskräfte, Techniker und Organisatoren zu bieten
haben, würde sich damit aber die Westmächte und wahrscheinlich auch Amerika zu
Feinden machen, ohne daß die russische, immerhin noch recht gefährliche Freundschaft
Deutschland zunächst irgendwie greifbare Vorteile zu bieten vermöchte. England
aber könnte Deutschland die beste Gewähr für eine politische Stabilisierung und
wirtschaftliche Gesundung ganz Europas bieten und uns daher eines weitgehenden
Schutzes, sowohl gegen französische wie wahrscheinlich auch gegen polnische Macht¬
ansprüche und Übergriffe versichern. Es ist aber sorgfältig zu berücksichtigen, daß,
für welchen Partner immer wir uns entscheiden würden, wir der schwächere Teil
sein würden und bei der Jagd des Löwen immer nur auf des -- Esels Anteil
rechnen könnten. Das Richtigere dürfte daher sein, eine sehr zielbewußte Schaukel-
Politik zu betreiben, nicht so natürlich, daß man haltlos je nach Neigung, Stimmung
und Kabinettswechseln bald hier-, bald dorthin schwankt und sich von den Ereignissen
treiben läßt, sondern daß man mit klarem, politischem Wollen und unter kluger
Benutzung beider bei uns bestehenden Tendenzen sowohl nach England wie nach
Rußland hin die Vorteile da einheimst, wo sie sich bieten. Auch darum dürfte
sich eine derartige Politik, die allerdings andere Köpfe in der Regierung erforderte,
empfehlen, weil ein unbedingtes Optieren von uns vielleicht von Rußland, wie es
ente noch ist, aber kaum von England verlangt werden würde, das uns vielmehr
el seinem bereits allerorten hervortretenden Mangel an Menschenmaterial gern,
zumal in Nußland, wahrscheinlich aber auch in der Türkei als Pioniere benutzen
würde. Man schreie nicht gleich, daß das eine unwürdige Rolle sei, es bleibt uns
sür den Augenblick (und nur darum handelt es sich) verständigerweise nicht gut
eine andere übrig. Wachsen wir rasch in sie hinein und machen wir uns auf diese
Weise unentbehrlich, so wird sehr bald wieder bei wachsender innerer Erstarkung
und Wiedergesundung des Reichs im Innern der Augenblick kommen, wo wir
wieder, gestützt auf das, was wir der Welt zu bieten haben, eine durchaus selb¬
ständige und bodenwüchsige Politik zu treiben und auch bei großen Weltfragen
unser maßgebendes Wort beizusteuern imstande sein werden. Nur daß man wisse,
worauf man hinaus will, nur daß man nach allen Seiten sich ständig den Über¬
blick bewahre und deutsche Arbeit nur einsetze, wo sie solid gegründeten, organisch
sich aufbauenden politischen Erfolg verspricht und greifbare und reale Vorteile
nicht nur geboten, sondern auch tatsächlich gewährt werden. Dann könnten wir
verhältnismäßig bald wieder neben England, das uns jetzt nötiger braucht denn
je, als gleichberechtigtes Mitglied im Bunde der europäischen Staaten auftreten,
nicht ausgenutzt oder wehrlos, nicht als Schildknappe oder Söldner, sondern aus
Menenius freier Wahl und unter Formung eigenen politischen Wollens.




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Zu erörtern bliebe noch, wie sich in diesem Duell und zu diesen Plänen
Deutschland einstellen soll. Es gibt Heißsporne, die um jeden Preis eine eigene,
völlig selbständige, ohne opportunistische Berücksichtigung der Weltlage sich ein¬
stellende deutsche Politik fordern. Aber abgesehen davon, daß eine solche Politik
wohl überhaupt mehr in der Theorie als in der Praxis besteht, ist doch zu
bedenken, daß ohne geeigneten Hebebaum niemand Wände zu durchrennen vermag.
Andere betonen die Notwendigkeit einer entschiedenen Wahl zwischen Anschluß an
oder doch Zusammengehen entweder mit England oder mit Rußland. Wollte man
eine solche Wahl schlankweg treffen, so kämen natürlich nicht Gefühlsmomente in
Betracht, sondern nur die Erwägung, auf welcher Seite die größeren Bordelle zu
suchen wären. Die aber lägen unzweifelhaft bei demjenigen Partner, dem wir
das meiste zu bieten hätten, demgegenüber wir demnach das meiste als Gegengabe
zu verlangen in der Lage wären. Dieser Partner würde sür den Augenblick
unzweifelhaft England sein. Da Deutschlands militärischer Wert sehr gesunken
ist und seine Industrie im großen ganzen genommen und von den einzelnen
Zweigen abgesehen, für die nächste Zeit nicht sehr wettbewerbsfähig erscheint,
zumal wenn die französischen Erzlieferungen ausbleiben würden, was bei unbedingtem
Optieren für Rußland sicher der Fall wäre, so würde Deutschland Nußland im
wesentlichen nur eingeübte Arbeitskräfte, Techniker und Organisatoren zu bieten
haben, würde sich damit aber die Westmächte und wahrscheinlich auch Amerika zu
Feinden machen, ohne daß die russische, immerhin noch recht gefährliche Freundschaft
Deutschland zunächst irgendwie greifbare Vorteile zu bieten vermöchte. England
aber könnte Deutschland die beste Gewähr für eine politische Stabilisierung und
wirtschaftliche Gesundung ganz Europas bieten und uns daher eines weitgehenden
Schutzes, sowohl gegen französische wie wahrscheinlich auch gegen polnische Macht¬
ansprüche und Übergriffe versichern. Es ist aber sorgfältig zu berücksichtigen, daß,
für welchen Partner immer wir uns entscheiden würden, wir der schwächere Teil
sein würden und bei der Jagd des Löwen immer nur auf des — Esels Anteil
rechnen könnten. Das Richtigere dürfte daher sein, eine sehr zielbewußte Schaukel-
Politik zu betreiben, nicht so natürlich, daß man haltlos je nach Neigung, Stimmung
und Kabinettswechseln bald hier-, bald dorthin schwankt und sich von den Ereignissen
treiben läßt, sondern daß man mit klarem, politischem Wollen und unter kluger
Benutzung beider bei uns bestehenden Tendenzen sowohl nach England wie nach
Rußland hin die Vorteile da einheimst, wo sie sich bieten. Auch darum dürfte
sich eine derartige Politik, die allerdings andere Köpfe in der Regierung erforderte,
empfehlen, weil ein unbedingtes Optieren von uns vielleicht von Rußland, wie es
ente noch ist, aber kaum von England verlangt werden würde, das uns vielmehr
el seinem bereits allerorten hervortretenden Mangel an Menschenmaterial gern,
zumal in Nußland, wahrscheinlich aber auch in der Türkei als Pioniere benutzen
würde. Man schreie nicht gleich, daß das eine unwürdige Rolle sei, es bleibt uns
sür den Augenblick (und nur darum handelt es sich) verständigerweise nicht gut
eine andere übrig. Wachsen wir rasch in sie hinein und machen wir uns auf diese
Weise unentbehrlich, so wird sehr bald wieder bei wachsender innerer Erstarkung
und Wiedergesundung des Reichs im Innern der Augenblick kommen, wo wir
wieder, gestützt auf das, was wir der Welt zu bieten haben, eine durchaus selb¬
ständige und bodenwüchsige Politik zu treiben und auch bei großen Weltfragen
unser maßgebendes Wort beizusteuern imstande sein werden. Nur daß man wisse,
worauf man hinaus will, nur daß man nach allen Seiten sich ständig den Über¬
blick bewahre und deutsche Arbeit nur einsetze, wo sie solid gegründeten, organisch
sich aufbauenden politischen Erfolg verspricht und greifbare und reale Vorteile
nicht nur geboten, sondern auch tatsächlich gewährt werden. Dann könnten wir
verhältnismäßig bald wieder neben England, das uns jetzt nötiger braucht denn
je, als gleichberechtigtes Mitglied im Bunde der europäischen Staaten auftreten,
nicht ausgenutzt oder wehrlos, nicht als Schildknappe oder Söldner, sondern aus
Menenius freier Wahl und unter Formung eigenen politischen Wollens.




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[0391] ZVeltsxiegel Zu erörtern bliebe noch, wie sich in diesem Duell und zu diesen Plänen Deutschland einstellen soll. Es gibt Heißsporne, die um jeden Preis eine eigene, völlig selbständige, ohne opportunistische Berücksichtigung der Weltlage sich ein¬ stellende deutsche Politik fordern. Aber abgesehen davon, daß eine solche Politik wohl überhaupt mehr in der Theorie als in der Praxis besteht, ist doch zu bedenken, daß ohne geeigneten Hebebaum niemand Wände zu durchrennen vermag. Andere betonen die Notwendigkeit einer entschiedenen Wahl zwischen Anschluß an oder doch Zusammengehen entweder mit England oder mit Rußland. Wollte man eine solche Wahl schlankweg treffen, so kämen natürlich nicht Gefühlsmomente in Betracht, sondern nur die Erwägung, auf welcher Seite die größeren Bordelle zu suchen wären. Die aber lägen unzweifelhaft bei demjenigen Partner, dem wir das meiste zu bieten hätten, demgegenüber wir demnach das meiste als Gegengabe zu verlangen in der Lage wären. Dieser Partner würde sür den Augenblick unzweifelhaft England sein. Da Deutschlands militärischer Wert sehr gesunken ist und seine Industrie im großen ganzen genommen und von den einzelnen Zweigen abgesehen, für die nächste Zeit nicht sehr wettbewerbsfähig erscheint, zumal wenn die französischen Erzlieferungen ausbleiben würden, was bei unbedingtem Optieren für Rußland sicher der Fall wäre, so würde Deutschland Nußland im wesentlichen nur eingeübte Arbeitskräfte, Techniker und Organisatoren zu bieten haben, würde sich damit aber die Westmächte und wahrscheinlich auch Amerika zu Feinden machen, ohne daß die russische, immerhin noch recht gefährliche Freundschaft Deutschland zunächst irgendwie greifbare Vorteile zu bieten vermöchte. England aber könnte Deutschland die beste Gewähr für eine politische Stabilisierung und wirtschaftliche Gesundung ganz Europas bieten und uns daher eines weitgehenden Schutzes, sowohl gegen französische wie wahrscheinlich auch gegen polnische Macht¬ ansprüche und Übergriffe versichern. Es ist aber sorgfältig zu berücksichtigen, daß, für welchen Partner immer wir uns entscheiden würden, wir der schwächere Teil sein würden und bei der Jagd des Löwen immer nur auf des — Esels Anteil rechnen könnten. Das Richtigere dürfte daher sein, eine sehr zielbewußte Schaukel- Politik zu betreiben, nicht so natürlich, daß man haltlos je nach Neigung, Stimmung und Kabinettswechseln bald hier-, bald dorthin schwankt und sich von den Ereignissen treiben läßt, sondern daß man mit klarem, politischem Wollen und unter kluger Benutzung beider bei uns bestehenden Tendenzen sowohl nach England wie nach Rußland hin die Vorteile da einheimst, wo sie sich bieten. Auch darum dürfte sich eine derartige Politik, die allerdings andere Köpfe in der Regierung erforderte, empfehlen, weil ein unbedingtes Optieren von uns vielleicht von Rußland, wie es ente noch ist, aber kaum von England verlangt werden würde, das uns vielmehr el seinem bereits allerorten hervortretenden Mangel an Menschenmaterial gern, zumal in Nußland, wahrscheinlich aber auch in der Türkei als Pioniere benutzen würde. Man schreie nicht gleich, daß das eine unwürdige Rolle sei, es bleibt uns sür den Augenblick (und nur darum handelt es sich) verständigerweise nicht gut eine andere übrig. Wachsen wir rasch in sie hinein und machen wir uns auf diese Weise unentbehrlich, so wird sehr bald wieder bei wachsender innerer Erstarkung und Wiedergesundung des Reichs im Innern der Augenblick kommen, wo wir wieder, gestützt auf das, was wir der Welt zu bieten haben, eine durchaus selb¬ ständige und bodenwüchsige Politik zu treiben und auch bei großen Weltfragen unser maßgebendes Wort beizusteuern imstande sein werden. Nur daß man wisse, worauf man hinaus will, nur daß man nach allen Seiten sich ständig den Über¬ blick bewahre und deutsche Arbeit nur einsetze, wo sie solid gegründeten, organisch sich aufbauenden politischen Erfolg verspricht und greifbare und reale Vorteile nicht nur geboten, sondern auch tatsächlich gewährt werden. Dann könnten wir verhältnismäßig bald wieder neben England, das uns jetzt nötiger braucht denn je, als gleichberechtigtes Mitglied im Bunde der europäischen Staaten auftreten, nicht ausgenutzt oder wehrlos, nicht als Schildknappe oder Söldner, sondern aus Menenius freier Wahl und unter Formung eigenen politischen Wollens.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/391>, abgerufen am 01.07.2024.