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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Frontoffiziere

der Kraft. Aber das gerade muß im Frontdienst vermieden werden, wo nur
die volle Manneskraft mit Begeisterung und BegeisterungsfShigkeit aus dem
täglichen Einerlei heraus vorwärts schaffen und Gutes säen kann. Die Besten
sollten hier gerade gut genug sein, um im idealsten Sinne zu wirken und durch
Zusammenleben und Beispiel menschlich und militärisch die Keime pflanzen, aus
denen, wie wir es alle erlebt haben, auf blutigem Schlachtfeld grünender Lorbeer
entsprießt. Wohl soll nicht verkannt werden, daß die moderne Befehlsgevung
und der große Mechanismus des Verwaltungskörpers eingearbeitete, kundige
Kräfte gebraucht, diesen aber einen Vorrang zu gewähren vor den Männern der
Front, ihnen das Vorwärtskommen leichter zu machen und ihre Rechte höher zu
stellen, das war und ist ein Punkt, in dem Zurücksetzung erblickt werden muß,
die niemals dazu beitragen kann, der großen Sache zu dienen.

Jetzt stehen wir vor einer neuen Zukunft, ein neues Heer soll aufgebaut
werden. Die besten der alten, tapferen Garde werden gemustert, um dem Neubau
mit Geist und kommender Kraft aufwärts zu helfen. Ja, werden es wirklich die
Besten sein, wird die Auswahl nach den vielen kriegerischen Erfahrungen auch die
treffen, die Leistungen hinter sich haben, die Treue und Festigkeit gezeigt, die sich
nicht scheuten, vier lange Jahre hindurch, wenn der Schlachtengott sie schützte,
täglich und stündlich ihr Leben einzusetzen, oder wird auch hier wieder die Lupe
der Gerechtigkeit nach denen fahnden, die in Ruhe und Sicherheit sich Verdienste
erwarben, die dem Papierkrieg näher standen denn dem Tod und Verderben
speiender Ungeheuer? Das sind bange Fragen, die sich all denen mit Sorge
aufzwingen, die wissen, daß Charakter, Treue und fester Sinn verbunden mit
glühender Passion und Liebe zum Soldaten turmhoch über manchen geistigen
Fähigkeiten, Eleganz und.sicherem Auftreten zu bewerten sind. Möge man
gerade jetzt, wo Friedensart wieder hoch im Kurse steigt, derer nicht vergessen,
die an erster Stelle standen, als es hieß, dem zerschmetterten Vaterlande den
letzten Lebensrest zu retten, und die das unstete Kriegsleben weiter auf sich nahmen,
wo andere die Ruhe der Garnison bevorzugten. Was diese Männer trieb, das
kam aus ihrem Innersten heraus, der Zwang des Herzens und der Sinne trieb
sie, und das wird ihnen bleiben, das braucht ihnen nicht gegeben und nicht
genommen werden. Das sind die Offiziere der Zukunft und an sie halte
man sich.




Frontoffiziere

der Kraft. Aber das gerade muß im Frontdienst vermieden werden, wo nur
die volle Manneskraft mit Begeisterung und BegeisterungsfShigkeit aus dem
täglichen Einerlei heraus vorwärts schaffen und Gutes säen kann. Die Besten
sollten hier gerade gut genug sein, um im idealsten Sinne zu wirken und durch
Zusammenleben und Beispiel menschlich und militärisch die Keime pflanzen, aus
denen, wie wir es alle erlebt haben, auf blutigem Schlachtfeld grünender Lorbeer
entsprießt. Wohl soll nicht verkannt werden, daß die moderne Befehlsgevung
und der große Mechanismus des Verwaltungskörpers eingearbeitete, kundige
Kräfte gebraucht, diesen aber einen Vorrang zu gewähren vor den Männern der
Front, ihnen das Vorwärtskommen leichter zu machen und ihre Rechte höher zu
stellen, das war und ist ein Punkt, in dem Zurücksetzung erblickt werden muß,
die niemals dazu beitragen kann, der großen Sache zu dienen.

Jetzt stehen wir vor einer neuen Zukunft, ein neues Heer soll aufgebaut
werden. Die besten der alten, tapferen Garde werden gemustert, um dem Neubau
mit Geist und kommender Kraft aufwärts zu helfen. Ja, werden es wirklich die
Besten sein, wird die Auswahl nach den vielen kriegerischen Erfahrungen auch die
treffen, die Leistungen hinter sich haben, die Treue und Festigkeit gezeigt, die sich
nicht scheuten, vier lange Jahre hindurch, wenn der Schlachtengott sie schützte,
täglich und stündlich ihr Leben einzusetzen, oder wird auch hier wieder die Lupe
der Gerechtigkeit nach denen fahnden, die in Ruhe und Sicherheit sich Verdienste
erwarben, die dem Papierkrieg näher standen denn dem Tod und Verderben
speiender Ungeheuer? Das sind bange Fragen, die sich all denen mit Sorge
aufzwingen, die wissen, daß Charakter, Treue und fester Sinn verbunden mit
glühender Passion und Liebe zum Soldaten turmhoch über manchen geistigen
Fähigkeiten, Eleganz und.sicherem Auftreten zu bewerten sind. Möge man
gerade jetzt, wo Friedensart wieder hoch im Kurse steigt, derer nicht vergessen,
die an erster Stelle standen, als es hieß, dem zerschmetterten Vaterlande den
letzten Lebensrest zu retten, und die das unstete Kriegsleben weiter auf sich nahmen,
wo andere die Ruhe der Garnison bevorzugten. Was diese Männer trieb, das
kam aus ihrem Innersten heraus, der Zwang des Herzens und der Sinne trieb
sie, und das wird ihnen bleiben, das braucht ihnen nicht gegeben und nicht
genommen werden. Das sind die Offiziere der Zukunft und an sie halte
man sich.




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[0357] Frontoffiziere der Kraft. Aber das gerade muß im Frontdienst vermieden werden, wo nur die volle Manneskraft mit Begeisterung und BegeisterungsfShigkeit aus dem täglichen Einerlei heraus vorwärts schaffen und Gutes säen kann. Die Besten sollten hier gerade gut genug sein, um im idealsten Sinne zu wirken und durch Zusammenleben und Beispiel menschlich und militärisch die Keime pflanzen, aus denen, wie wir es alle erlebt haben, auf blutigem Schlachtfeld grünender Lorbeer entsprießt. Wohl soll nicht verkannt werden, daß die moderne Befehlsgevung und der große Mechanismus des Verwaltungskörpers eingearbeitete, kundige Kräfte gebraucht, diesen aber einen Vorrang zu gewähren vor den Männern der Front, ihnen das Vorwärtskommen leichter zu machen und ihre Rechte höher zu stellen, das war und ist ein Punkt, in dem Zurücksetzung erblickt werden muß, die niemals dazu beitragen kann, der großen Sache zu dienen. Jetzt stehen wir vor einer neuen Zukunft, ein neues Heer soll aufgebaut werden. Die besten der alten, tapferen Garde werden gemustert, um dem Neubau mit Geist und kommender Kraft aufwärts zu helfen. Ja, werden es wirklich die Besten sein, wird die Auswahl nach den vielen kriegerischen Erfahrungen auch die treffen, die Leistungen hinter sich haben, die Treue und Festigkeit gezeigt, die sich nicht scheuten, vier lange Jahre hindurch, wenn der Schlachtengott sie schützte, täglich und stündlich ihr Leben einzusetzen, oder wird auch hier wieder die Lupe der Gerechtigkeit nach denen fahnden, die in Ruhe und Sicherheit sich Verdienste erwarben, die dem Papierkrieg näher standen denn dem Tod und Verderben speiender Ungeheuer? Das sind bange Fragen, die sich all denen mit Sorge aufzwingen, die wissen, daß Charakter, Treue und fester Sinn verbunden mit glühender Passion und Liebe zum Soldaten turmhoch über manchen geistigen Fähigkeiten, Eleganz und.sicherem Auftreten zu bewerten sind. Möge man gerade jetzt, wo Friedensart wieder hoch im Kurse steigt, derer nicht vergessen, die an erster Stelle standen, als es hieß, dem zerschmetterten Vaterlande den letzten Lebensrest zu retten, und die das unstete Kriegsleben weiter auf sich nahmen, wo andere die Ruhe der Garnison bevorzugten. Was diese Männer trieb, das kam aus ihrem Innersten heraus, der Zwang des Herzens und der Sinne trieb sie, und das wird ihnen bleiben, das braucht ihnen nicht gegeben und nicht genommen werden. Das sind die Offiziere der Zukunft und an sie halte man sich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/357>, abgerufen am 26.06.2024.