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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspicgel

Die Deutsche Volkspartei fordert in ihrem Wahlaufruf am klarsten und
entschiedensten den Weg gemeinsamer, sachlicher Arbeit auf neuen Wegen und
zieht daraus ohne Rücksicht darauf, daß die parlamentarische Vertretung sich eines
Teils der Regierungsgewalt begibt, die Konsequenz mit der Forderung einer
Kammer der Arbeit als beruft ständische Ergänzung des Parlaments. In ihr
lind führende Köpfe der Industrie vorhanden, mit den Grundbedingungen des
Wirtschaftslebens, vertraut und erfahren in der Behandlung der Arbeiterschaft.
Aber auch die Deutsche Volkspartei muß sich das Vertrauen der letzteren erst
wieder erwerben und kann das nur durch sachliche Mitarbeit, bei welcher sie ihr
Können beweist, durch praktische Betätigung sozialer Gesinnung und Opferwillig¬
keit und durch gutes Beispiel in einfacher Lebensführung. Gelingt ihr das, so
wird sie vielleicht im Verein mit dem Zentrum, das über ein großes Kapital
völkischer Einsicht und sozialen Geistes verfügt, wieder an der Führung der
Nation Anteil gewinnen, wenn sie in unverdrossener, aufbauender Arbeit und
unermüdlichem Betonen der einigenden statt der trennenden Momente die Brücke
M schlagen versteht über die Kluft, welche immer noch zu unserem Unglück unser
Volk trennt.

Höchst beachtlich sind in diesem Zusammenhang die Erscheinungen, die etwas
wie eine größere, die Parteiverengung überwindende Rechte anbahnen. Ganz
automatisch muß die Verstärkung der radikalen Linken durch den kommenden
Machtzuwachs der Unabhängigen im Zentrum die Rechtsentwicklung befördern.
Sehr bezeichnend sind die Klagetöne, die Hellmuth von Gerlach hinter dem ge¬
stürzten Erzberger hersandte und hersendet. Beim Zentrum liegt in der Tat die
Entscheidung, und deshalb ist die innere Kräftelagerung des Zentrums für die
Gesamtentwicklung von höchster Bedeutung. Wir wollen den Ereignissen nicht
vorgreifen, glauben aber doch nicht den Hinweis unterlassen zu sollen, daß kürz-
uch im Rheinland der rechte Flügel der Partei mit einer Kundgebung hervor
^treten ist, die die Rückkehr zu Mallinckrodt und Windthorst, christliche Kultur¬
politik, berufsständische Gliederung, Überwindung von Klassen- und Partei-
Herrschaft fordert. Hier sind Ansatzpunkte zu finden, die ein gemeinsames Ar¬
beiten einer größeren Rechten an zukunftsreichen politischen Zielsetzungen er¬
möglichen.

Von dieser verbreiterten Grundlage allein ist dann auch ein Zusammen¬
arbeiten mit den positiven Kräften der Linken möglich, soweit sie von Demagogie
"ut Terrorismus den Weg zu solidarischen politischen Arbeitswillen zurückfinden.
Aer Gefahr der Verhärtung einer reaktionär-individualistischen "bürgerlichen
^mheitsfront" beugt der Widerstand der koalierten Mitte vor, immerhin darf
"lese Gefahr nicht aus dem Auge verloren werden. Wir brauchen überhaupt keine
lanatisterten inneren Fronten, sondern Aufbau, der nur aus den Gnneinschafts-
UMen des Volkes in seiner Gesamtheit kommen kann. Dieser Arbeit sollte sich
?!e Rechte nicht durch leeren Protest entziehen, sie sollte sich, soweit sich ihr irgend
"'e Gelegenheit gibt, darin durch überlegene Leistung bewähren und durchsetzen,
^cum nicht die Kritik und auch nicht der Ausspruch: die Tot allein erweist den
H. Netzmann geborenen Führer.




Reichsspicgel

Die Deutsche Volkspartei fordert in ihrem Wahlaufruf am klarsten und
entschiedensten den Weg gemeinsamer, sachlicher Arbeit auf neuen Wegen und
zieht daraus ohne Rücksicht darauf, daß die parlamentarische Vertretung sich eines
Teils der Regierungsgewalt begibt, die Konsequenz mit der Forderung einer
Kammer der Arbeit als beruft ständische Ergänzung des Parlaments. In ihr
lind führende Köpfe der Industrie vorhanden, mit den Grundbedingungen des
Wirtschaftslebens, vertraut und erfahren in der Behandlung der Arbeiterschaft.
Aber auch die Deutsche Volkspartei muß sich das Vertrauen der letzteren erst
wieder erwerben und kann das nur durch sachliche Mitarbeit, bei welcher sie ihr
Können beweist, durch praktische Betätigung sozialer Gesinnung und Opferwillig¬
keit und durch gutes Beispiel in einfacher Lebensführung. Gelingt ihr das, so
wird sie vielleicht im Verein mit dem Zentrum, das über ein großes Kapital
völkischer Einsicht und sozialen Geistes verfügt, wieder an der Führung der
Nation Anteil gewinnen, wenn sie in unverdrossener, aufbauender Arbeit und
unermüdlichem Betonen der einigenden statt der trennenden Momente die Brücke
M schlagen versteht über die Kluft, welche immer noch zu unserem Unglück unser
Volk trennt.

Höchst beachtlich sind in diesem Zusammenhang die Erscheinungen, die etwas
wie eine größere, die Parteiverengung überwindende Rechte anbahnen. Ganz
automatisch muß die Verstärkung der radikalen Linken durch den kommenden
Machtzuwachs der Unabhängigen im Zentrum die Rechtsentwicklung befördern.
Sehr bezeichnend sind die Klagetöne, die Hellmuth von Gerlach hinter dem ge¬
stürzten Erzberger hersandte und hersendet. Beim Zentrum liegt in der Tat die
Entscheidung, und deshalb ist die innere Kräftelagerung des Zentrums für die
Gesamtentwicklung von höchster Bedeutung. Wir wollen den Ereignissen nicht
vorgreifen, glauben aber doch nicht den Hinweis unterlassen zu sollen, daß kürz-
uch im Rheinland der rechte Flügel der Partei mit einer Kundgebung hervor
^treten ist, die die Rückkehr zu Mallinckrodt und Windthorst, christliche Kultur¬
politik, berufsständische Gliederung, Überwindung von Klassen- und Partei-
Herrschaft fordert. Hier sind Ansatzpunkte zu finden, die ein gemeinsames Ar¬
beiten einer größeren Rechten an zukunftsreichen politischen Zielsetzungen er¬
möglichen.

Von dieser verbreiterten Grundlage allein ist dann auch ein Zusammen¬
arbeiten mit den positiven Kräften der Linken möglich, soweit sie von Demagogie
"ut Terrorismus den Weg zu solidarischen politischen Arbeitswillen zurückfinden.
Aer Gefahr der Verhärtung einer reaktionär-individualistischen „bürgerlichen
^mheitsfront" beugt der Widerstand der koalierten Mitte vor, immerhin darf
"lese Gefahr nicht aus dem Auge verloren werden. Wir brauchen überhaupt keine
lanatisterten inneren Fronten, sondern Aufbau, der nur aus den Gnneinschafts-
UMen des Volkes in seiner Gesamtheit kommen kann. Dieser Arbeit sollte sich
?!e Rechte nicht durch leeren Protest entziehen, sie sollte sich, soweit sich ihr irgend
"'e Gelegenheit gibt, darin durch überlegene Leistung bewähren und durchsetzen,
^cum nicht die Kritik und auch nicht der Ausspruch: die Tot allein erweist den
H. Netzmann geborenen Führer.




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[0177] Reichsspicgel Die Deutsche Volkspartei fordert in ihrem Wahlaufruf am klarsten und entschiedensten den Weg gemeinsamer, sachlicher Arbeit auf neuen Wegen und zieht daraus ohne Rücksicht darauf, daß die parlamentarische Vertretung sich eines Teils der Regierungsgewalt begibt, die Konsequenz mit der Forderung einer Kammer der Arbeit als beruft ständische Ergänzung des Parlaments. In ihr lind führende Köpfe der Industrie vorhanden, mit den Grundbedingungen des Wirtschaftslebens, vertraut und erfahren in der Behandlung der Arbeiterschaft. Aber auch die Deutsche Volkspartei muß sich das Vertrauen der letzteren erst wieder erwerben und kann das nur durch sachliche Mitarbeit, bei welcher sie ihr Können beweist, durch praktische Betätigung sozialer Gesinnung und Opferwillig¬ keit und durch gutes Beispiel in einfacher Lebensführung. Gelingt ihr das, so wird sie vielleicht im Verein mit dem Zentrum, das über ein großes Kapital völkischer Einsicht und sozialen Geistes verfügt, wieder an der Führung der Nation Anteil gewinnen, wenn sie in unverdrossener, aufbauender Arbeit und unermüdlichem Betonen der einigenden statt der trennenden Momente die Brücke M schlagen versteht über die Kluft, welche immer noch zu unserem Unglück unser Volk trennt. Höchst beachtlich sind in diesem Zusammenhang die Erscheinungen, die etwas wie eine größere, die Parteiverengung überwindende Rechte anbahnen. Ganz automatisch muß die Verstärkung der radikalen Linken durch den kommenden Machtzuwachs der Unabhängigen im Zentrum die Rechtsentwicklung befördern. Sehr bezeichnend sind die Klagetöne, die Hellmuth von Gerlach hinter dem ge¬ stürzten Erzberger hersandte und hersendet. Beim Zentrum liegt in der Tat die Entscheidung, und deshalb ist die innere Kräftelagerung des Zentrums für die Gesamtentwicklung von höchster Bedeutung. Wir wollen den Ereignissen nicht vorgreifen, glauben aber doch nicht den Hinweis unterlassen zu sollen, daß kürz- uch im Rheinland der rechte Flügel der Partei mit einer Kundgebung hervor ^treten ist, die die Rückkehr zu Mallinckrodt und Windthorst, christliche Kultur¬ politik, berufsständische Gliederung, Überwindung von Klassen- und Partei- Herrschaft fordert. Hier sind Ansatzpunkte zu finden, die ein gemeinsames Ar¬ beiten einer größeren Rechten an zukunftsreichen politischen Zielsetzungen er¬ möglichen. Von dieser verbreiterten Grundlage allein ist dann auch ein Zusammen¬ arbeiten mit den positiven Kräften der Linken möglich, soweit sie von Demagogie "ut Terrorismus den Weg zu solidarischen politischen Arbeitswillen zurückfinden. Aer Gefahr der Verhärtung einer reaktionär-individualistischen „bürgerlichen ^mheitsfront" beugt der Widerstand der koalierten Mitte vor, immerhin darf "lese Gefahr nicht aus dem Auge verloren werden. Wir brauchen überhaupt keine lanatisterten inneren Fronten, sondern Aufbau, der nur aus den Gnneinschafts- UMen des Volkes in seiner Gesamtheit kommen kann. Dieser Arbeit sollte sich ?!e Rechte nicht durch leeren Protest entziehen, sie sollte sich, soweit sich ihr irgend "'e Gelegenheit gibt, darin durch überlegene Leistung bewähren und durchsetzen, ^cum nicht die Kritik und auch nicht der Ausspruch: die Tot allein erweist den H. Netzmann geborenen Führer.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/177>, abgerufen am 22.07.2024.