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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Nachdichtungen aus Hafiz und Usteri

Zum Verständnis einiger Einzelheiten sei noch bemerkt: Sufi (in 4 und 10),
ist die allgemeine Bezeichnung des islamischen Mystikers (wörtlich "Kuttenträger",
also ungefähr "Mönch"). Doch erscheint er nicht nur in der wundervollen
geistigen Freiheit, von der der Dichter dieser Lieder erfüllt ist, sondern auch als
enger, frömmelnder Asket. So ist es zu erklären, daß der Dichter einmal (in 10)
den Freund als Sufi anredet, zum andernmal (in 4) sich gegen den tugend¬
stolzen Sufi, der ganz dein "Frömmler" in 3 und dem "Pedanten" in Askeris
Gedicht entspricht, wendet. -- Dschemschsd (7) ist ursprünglich der indoiranische
Todesgott, in Persien von der epischen Sage zu einem Herrscher der Vorzeit um¬
gewandelt. -- Der Magier in demselben Gedicht ist der Schenkwirt; da der Islam
den Weingenuß streng verbietet, so lag in Persien der Verkauf und Ausschank
des Weins vielfach in Händen von umbekehrten Anhängern der alten Zarathustra-
Neligion. -- Der Tubabaum (9) ist der Paradiesesbaum, der in der islamischen
Mythologie der germanischen Weltesche entspricht. -- Die rein sinnliche Auffassung
des Hafiz, die neuerdings wieder im Abendland Anhänger gefunden hat, wird
Jedem, der das erste der von Jacob wiedergegebenen Lieder, Ur. 510 der Brocl-
h. H. sah. hausschen Ausgabe, im Original liest, unmöglich erscheinen.




Borbemerkung des Bearbeiters.

Die folgenden Nachbildungen aus zwei großen Dichtern der islamischen Kulturwelt
einem Perser und einem Türren, sind lediglich Versuche, deren Poetische Werte einem
deutschen Publikum zu vermitteln. Eine sklavische Nachahmung hätte das zerstört, um
dessentwillen das Ganze da ist; einerseits muß das symbolische, da uns die dem Orientalen
geläufige Tradition für den mystischen Sinn der Worte und Bilder fehlt, in der deutschen
Wiedergabe verdeutlicht werden, andererseits darf das musikalische Element nicht unter
pedantischer Wahrung einer der deutschen Sprache heterogenen Form durch Mißtönendes
ersetzt werden. Es ist mir bisher nicht gelungen, die kühnerem erotischen Bilder erträglich
G. Z, in unser Empfinden umzusetzen, und ich habe auf diese verzichtet.


Hafiz
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Nachdichtungen aus Hafiz und Usteri

Zum Verständnis einiger Einzelheiten sei noch bemerkt: Sufi (in 4 und 10),
ist die allgemeine Bezeichnung des islamischen Mystikers (wörtlich „Kuttenträger",
also ungefähr „Mönch"). Doch erscheint er nicht nur in der wundervollen
geistigen Freiheit, von der der Dichter dieser Lieder erfüllt ist, sondern auch als
enger, frömmelnder Asket. So ist es zu erklären, daß der Dichter einmal (in 10)
den Freund als Sufi anredet, zum andernmal (in 4) sich gegen den tugend¬
stolzen Sufi, der ganz dein „Frömmler" in 3 und dem „Pedanten" in Askeris
Gedicht entspricht, wendet. — Dschemschsd (7) ist ursprünglich der indoiranische
Todesgott, in Persien von der epischen Sage zu einem Herrscher der Vorzeit um¬
gewandelt. — Der Magier in demselben Gedicht ist der Schenkwirt; da der Islam
den Weingenuß streng verbietet, so lag in Persien der Verkauf und Ausschank
des Weins vielfach in Händen von umbekehrten Anhängern der alten Zarathustra-
Neligion. — Der Tubabaum (9) ist der Paradiesesbaum, der in der islamischen
Mythologie der germanischen Weltesche entspricht. — Die rein sinnliche Auffassung
des Hafiz, die neuerdings wieder im Abendland Anhänger gefunden hat, wird
Jedem, der das erste der von Jacob wiedergegebenen Lieder, Ur. 510 der Brocl-
h. H. sah. hausschen Ausgabe, im Original liest, unmöglich erscheinen.




Borbemerkung des Bearbeiters.

Die folgenden Nachbildungen aus zwei großen Dichtern der islamischen Kulturwelt
einem Perser und einem Türren, sind lediglich Versuche, deren Poetische Werte einem
deutschen Publikum zu vermitteln. Eine sklavische Nachahmung hätte das zerstört, um
dessentwillen das Ganze da ist; einerseits muß das symbolische, da uns die dem Orientalen
geläufige Tradition für den mystischen Sinn der Worte und Bilder fehlt, in der deutschen
Wiedergabe verdeutlicht werden, andererseits darf das musikalische Element nicht unter
pedantischer Wahrung einer der deutschen Sprache heterogenen Form durch Mißtönendes
ersetzt werden. Es ist mir bisher nicht gelungen, die kühnerem erotischen Bilder erträglich
G. Z, in unser Empfinden umzusetzen, und ich habe auf diese verzichtet.


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[0171] Nachdichtungen aus Hafiz und Usteri Zum Verständnis einiger Einzelheiten sei noch bemerkt: Sufi (in 4 und 10), ist die allgemeine Bezeichnung des islamischen Mystikers (wörtlich „Kuttenträger", also ungefähr „Mönch"). Doch erscheint er nicht nur in der wundervollen geistigen Freiheit, von der der Dichter dieser Lieder erfüllt ist, sondern auch als enger, frömmelnder Asket. So ist es zu erklären, daß der Dichter einmal (in 10) den Freund als Sufi anredet, zum andernmal (in 4) sich gegen den tugend¬ stolzen Sufi, der ganz dein „Frömmler" in 3 und dem „Pedanten" in Askeris Gedicht entspricht, wendet. — Dschemschsd (7) ist ursprünglich der indoiranische Todesgott, in Persien von der epischen Sage zu einem Herrscher der Vorzeit um¬ gewandelt. — Der Magier in demselben Gedicht ist der Schenkwirt; da der Islam den Weingenuß streng verbietet, so lag in Persien der Verkauf und Ausschank des Weins vielfach in Händen von umbekehrten Anhängern der alten Zarathustra- Neligion. — Der Tubabaum (9) ist der Paradiesesbaum, der in der islamischen Mythologie der germanischen Weltesche entspricht. — Die rein sinnliche Auffassung des Hafiz, die neuerdings wieder im Abendland Anhänger gefunden hat, wird Jedem, der das erste der von Jacob wiedergegebenen Lieder, Ur. 510 der Brocl- h. H. sah. hausschen Ausgabe, im Original liest, unmöglich erscheinen. Borbemerkung des Bearbeiters. Die folgenden Nachbildungen aus zwei großen Dichtern der islamischen Kulturwelt einem Perser und einem Türren, sind lediglich Versuche, deren Poetische Werte einem deutschen Publikum zu vermitteln. Eine sklavische Nachahmung hätte das zerstört, um dessentwillen das Ganze da ist; einerseits muß das symbolische, da uns die dem Orientalen geläufige Tradition für den mystischen Sinn der Worte und Bilder fehlt, in der deutschen Wiedergabe verdeutlicht werden, andererseits darf das musikalische Element nicht unter pedantischer Wahrung einer der deutschen Sprache heterogenen Form durch Mißtönendes ersetzt werden. Es ist mir bisher nicht gelungen, die kühnerem erotischen Bilder erträglich G. Z, in unser Empfinden umzusetzen, und ich habe auf diese verzichtet. Hafiz 1 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/171>, abgerufen am 22.07.2024.