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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz]

Bis der Krieg kam. Bis der Krieg, und
auch nur weil er ein Weltkrieg, ein Welt¬
handelskrieg war, eine gemeinsame Not der
Auslandsdeutschen schuf. Die gemeinsame
Not erst weckte den Willen zur gemeinsamen
Tat. Nicht länger mehr wollen die Aus¬
landsdeutschen Gegenstand der Sorge sein;
sie wollen ihr Schicksal selbst in die Hand
nehmen. Um das zu können, legten sie den
Grundstein zu ihrer ersten eigenen, um¬
fassenden Organisation, dem "Bund der
Auslandsdeutschen". Aus bestimmten
sachlichen Gründen und zu Zwecken einer
notwendigen Abgrenzung seiner Organisation
hat sich der Bund entschieden, als ordentliche
Mitglieder nur deutsche Reichsangehörige
aufzunehmen.

Das Wort "Auslandsdeutscher" hat
im Sprachgebrauch einen guten Klang.
"Deutscher im Ausland" und "Auslands¬
deutscher", -- das sind zwei sehr verschie¬
dene Typen. Man wird als Auslands¬
deutschen ebensowenig einen Deutschen be¬
zeichnen, der nur zu seinem Vergnügen im
Ausland lebt oder gar aus Gründen der
Steuerflucht und dergleichen, wie einen, der
im Ausland sein Deutschtum verleugnet und
in einer anderen Nation aufgeht. Für un¬
sere Wahl- und Steuergesetze genügt aller¬
dings deutsche Reichsangehörigkeit und Auf¬
enthalt oder Wohnsitz im Ausland, um aus
dem "Reichsdeutschen im Ausland" einen
"Auslandsdeutschen" zu machen. Aber von
einem Auslandsdeutschen im Sinne des
Sprachgebrauchs erwartet man, daß er mit
dem Ausland in gewisse Beziehungen tritt,
daß er sich materiell oder geistig mit ihm
verflicht, und daß er daS alles in einer
Weise tut, die ihn als einen würdigen Ver¬
treter deutscher Art, deutschen Volkstums,
deutscher Gesittung erscheinen läßt. Wille
zum Ausland und Wille zum Deutschtum
ist nötig, uni sich die Bezeichnung "Aus¬
landsdeutscher" zu verdienen, -- eine ehrende
Bezeichnung, die deshalb auch Geltung be¬
hält, wenn ihr Träger, gleichgültig aus
welchem Grunde, auf welche Zeit und unter
welchen Bedingungen, wieder ins Vater¬
land zurückkehrt.

So möchte der Bund alle unbescholtenen
deutschen Reichsangehörigen im In-- und

[Spaltenumbruch]

Ausland umfassen, die sowohl das Ausland
aus eigener Anschauung kennen und geistig
oder materiell mit ihm verflochten sind, Wie
auch den Willen haben, als Ausländsdeutsche
zu gelten und an den gemeinsamen großen
Aufgaben mitzuarbeiten.

Diese Aufgaben sind ideeller und ma¬
terieller Natur. Die materiellen Be¬
strebungen gehen im Augenblick vor allem
darauf aus, den infolge des Krieges zu
Schaden gekommenen Auslandsdeutschen zu
einem Ersatz ihrer verlorenen Werte zu ver¬
helfen. Die Methode der Feinde, Hand zu
legen auf allen erreichbaren deutschen Privnt-
besttz im Ausland und ihn zu verschleudern
Ä Lonto der staatlichen Kriegsentschädigung,
die Internierung der Zivilisten im Unstrut,
kurz die Vergewaltigung der kriegerisch un¬
beteiligten Einzelexistenzon ist eine der
völkerrechtswidrigen Ungeheuerlichkeiten dieses
Krieges. Die - Eutschüdigungspflicht des
Reiches gegenüber den Auslandsdeutschen
ist durch Friedensvertrag und Neichsgesetz
festgelegt; fraglich ist nur noch die Höhe der
Entschädigung.

Da ein Pfund Sterling vor dem Kriege
rund 20 Mark wert war, so könnte, wer
damals 10 000 Pfund Sterling besaß, heute
vom Reiche 200 000 Mark bekommen. Nimmt
aber ein Auslandsdeutscher diese Summe,
um nach England zurückzukehren, dann be¬
kommt er dafür heute nur rund 600 Pfund
Sterling. ES bedarf keines weiteren Wortes
um zu zeigen, daß damit bis Rückkehr ins
Ausland unmöglich wird. Sie ist aber
nicht nur Wunsch und Wille des über¬
wiegenden Teils der Auslandsdeutschen,
sie ist eine volkswirtschaftliche Not-
wendigkeit zur Wiederbelebung unseres
Außenhandels und damit unseres Wirt¬
schaftslebens. Die Auslandsdeutschen fordern
daher, ohne Zweifel mit Recht, Ersatz
nach fremder Währung oder nach Goldmark,
was auf das gleiche hinauskommt. Die
Anrechnung in Papiermark mit ihren großen
Zahlen spielt für den Auslandsdeutschen,
der in fremder Währung denkt, überhaupt
gar keine Rolle. Von einem "Valutagewinn"
eines Auslandsdeutschen zu sprechen, der
wieder ins Ausland geht, ist unsinnig, denn
die Valuta hängt ausschließlich ab von dem

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Drinnen und draußen

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Bis der Krieg kam. Bis der Krieg, und
auch nur weil er ein Weltkrieg, ein Welt¬
handelskrieg war, eine gemeinsame Not der
Auslandsdeutschen schuf. Die gemeinsame
Not erst weckte den Willen zur gemeinsamen
Tat. Nicht länger mehr wollen die Aus¬
landsdeutschen Gegenstand der Sorge sein;
sie wollen ihr Schicksal selbst in die Hand
nehmen. Um das zu können, legten sie den
Grundstein zu ihrer ersten eigenen, um¬
fassenden Organisation, dem „Bund der
Auslandsdeutschen". Aus bestimmten
sachlichen Gründen und zu Zwecken einer
notwendigen Abgrenzung seiner Organisation
hat sich der Bund entschieden, als ordentliche
Mitglieder nur deutsche Reichsangehörige
aufzunehmen.

Das Wort „Auslandsdeutscher" hat
im Sprachgebrauch einen guten Klang.
„Deutscher im Ausland" und „Auslands¬
deutscher", — das sind zwei sehr verschie¬
dene Typen. Man wird als Auslands¬
deutschen ebensowenig einen Deutschen be¬
zeichnen, der nur zu seinem Vergnügen im
Ausland lebt oder gar aus Gründen der
Steuerflucht und dergleichen, wie einen, der
im Ausland sein Deutschtum verleugnet und
in einer anderen Nation aufgeht. Für un¬
sere Wahl- und Steuergesetze genügt aller¬
dings deutsche Reichsangehörigkeit und Auf¬
enthalt oder Wohnsitz im Ausland, um aus
dem „Reichsdeutschen im Ausland" einen
„Auslandsdeutschen" zu machen. Aber von
einem Auslandsdeutschen im Sinne des
Sprachgebrauchs erwartet man, daß er mit
dem Ausland in gewisse Beziehungen tritt,
daß er sich materiell oder geistig mit ihm
verflicht, und daß er daS alles in einer
Weise tut, die ihn als einen würdigen Ver¬
treter deutscher Art, deutschen Volkstums,
deutscher Gesittung erscheinen läßt. Wille
zum Ausland und Wille zum Deutschtum
ist nötig, uni sich die Bezeichnung „Aus¬
landsdeutscher" zu verdienen, — eine ehrende
Bezeichnung, die deshalb auch Geltung be¬
hält, wenn ihr Träger, gleichgültig aus
welchem Grunde, auf welche Zeit und unter
welchen Bedingungen, wieder ins Vater¬
land zurückkehrt.

So möchte der Bund alle unbescholtenen
deutschen Reichsangehörigen im In-- und

[Spaltenumbruch]

Ausland umfassen, die sowohl das Ausland
aus eigener Anschauung kennen und geistig
oder materiell mit ihm verflochten sind, Wie
auch den Willen haben, als Ausländsdeutsche
zu gelten und an den gemeinsamen großen
Aufgaben mitzuarbeiten.

Diese Aufgaben sind ideeller und ma¬
terieller Natur. Die materiellen Be¬
strebungen gehen im Augenblick vor allem
darauf aus, den infolge des Krieges zu
Schaden gekommenen Auslandsdeutschen zu
einem Ersatz ihrer verlorenen Werte zu ver¬
helfen. Die Methode der Feinde, Hand zu
legen auf allen erreichbaren deutschen Privnt-
besttz im Ausland und ihn zu verschleudern
Ä Lonto der staatlichen Kriegsentschädigung,
die Internierung der Zivilisten im Unstrut,
kurz die Vergewaltigung der kriegerisch un¬
beteiligten Einzelexistenzon ist eine der
völkerrechtswidrigen Ungeheuerlichkeiten dieses
Krieges. Die - Eutschüdigungspflicht des
Reiches gegenüber den Auslandsdeutschen
ist durch Friedensvertrag und Neichsgesetz
festgelegt; fraglich ist nur noch die Höhe der
Entschädigung.

Da ein Pfund Sterling vor dem Kriege
rund 20 Mark wert war, so könnte, wer
damals 10 000 Pfund Sterling besaß, heute
vom Reiche 200 000 Mark bekommen. Nimmt
aber ein Auslandsdeutscher diese Summe,
um nach England zurückzukehren, dann be¬
kommt er dafür heute nur rund 600 Pfund
Sterling. ES bedarf keines weiteren Wortes
um zu zeigen, daß damit bis Rückkehr ins
Ausland unmöglich wird. Sie ist aber
nicht nur Wunsch und Wille des über¬
wiegenden Teils der Auslandsdeutschen,
sie ist eine volkswirtschaftliche Not-
wendigkeit zur Wiederbelebung unseres
Außenhandels und damit unseres Wirt¬
schaftslebens. Die Auslandsdeutschen fordern
daher, ohne Zweifel mit Recht, Ersatz
nach fremder Währung oder nach Goldmark,
was auf das gleiche hinauskommt. Die
Anrechnung in Papiermark mit ihren großen
Zahlen spielt für den Auslandsdeutschen,
der in fremder Währung denkt, überhaupt
gar keine Rolle. Von einem „Valutagewinn"
eines Auslandsdeutschen zu sprechen, der
wieder ins Ausland geht, ist unsinnig, denn
die Valuta hängt ausschließlich ab von dem

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/116>, abgerufen am 25.08.2024.