Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.Kommunismus und Syndikalismus in Deutschland Stellen wir diesem Standpunkt Lenins, der dritten Internationale und der Neben der Frage der Stellungnahme zum Parlament ist die Frage des Eine äußerst interessante Erscheinung ist der "Nationalbolschewismus". Kommunismus und Syndikalismus in Deutschland Stellen wir diesem Standpunkt Lenins, der dritten Internationale und der Neben der Frage der Stellungnahme zum Parlament ist die Frage des Eine äußerst interessante Erscheinung ist der „Nationalbolschewismus". <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336936"/> <fw type="header" place="top"> Kommunismus und Syndikalismus in Deutschland</fw><lb/> <p xml:id="ID_264"> Stellen wir diesem Standpunkt Lenins, der dritten Internationale und der<lb/> Neichszentrale der K. P. D. das gegenüber, was die kommunistische Opposition<lb/> vertritt, so ergibt sich das interessante Bild, daß der Standpunkt der Opposition<lb/> hinsichtlich der Beteiligung am Parlament im allgemeinen genau entgegengesetzt<lb/> ist. So erklärten die Ortsgruppen Rostock, Duisburg und andere Ortsgruppen<lb/> der K. P. D. einstimmig, daß sie jede Beteiligung an Parlamenten, gesetzlich<lb/> anerkannten Betriebsräten usw. verwerfen. Dafür erklärt aber eine Ende November<lb/> abgehaltene Vertrauensmännersitzung der Hamburger Kommunisten, die sonst in<lb/> schärfster Opposition zur Neichszentrale stehen, daß sie „keine grundsätzlichen Anti-<lb/> parlamentarier" seien. Hieraus ist zu ersehen, wie verwickelt und schwer zu<lb/> übersehen die inneren Konflikte in der K. P. D. sind. Denn die seit der Heidel¬<lb/> berger Oktobertagung ausgeschlossene Opposition (von 31 Delegierten stimmten<lb/> 18 gegen die Leitsätze der Reichszentrale) ist wiederum in sich gespalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_265"> Neben der Frage der Stellungnahme zum Parlament ist die Frage des<lb/> sogenannten „Nationalbolschewismus" und das Verhalten zu den Syndikalisten<lb/> die brennendste Frage der Partei. Der Vorwurf der Verbreitung syndikalistischer<lb/> Anschauungen wurde von der Reichszentrale in erster Linie gegen die Hamburger<lb/> und Bremer Organisationen erhoben, in denen die Genossen Laufenberg und<lb/> Wolffheim bis vor kurzem eine hervorragende, wenn nicht die ausschlaggebende<lb/> Rolle spielten. Beide sind aber nun in den Hintergrund gedrängt und haben in<lb/> den eigenen Organisationen stark an Anhängern verloren. Sowohl die Neichs¬<lb/> zentrale, als auch die Gegner Laufenbergs in Hamburg haben den Umstand, daß<lb/> der zu einem Jahre Festungshaft verurteilte Laufenberg zeitweilig aus dem<lb/> politischen Leben ausscheiden mußte, zu einer starken Agitation gegen ihn benutzt,<lb/> die naturgemäß um so mehr Erfolg hatte, als Laufenberg nicht in der Lage war,<lb/> von der Festung aus seinen Gegnern zu antworten. Was insbesondere den gegen<lb/> Laufenberg und Wolffheim und die ihnen nahestehenden Organisationen erhobenen<lb/> Vorwurf der Verbreitung syndikalistischer Ideen anbelangt, so sei bemerkt, daß<lb/> der Bremer „Kommunist", der sowohl in Opposition zur Zentrale steht, als auch<lb/> von Wolffheim und Laufenberg abgerückt ist, nicht so unrecht hatte, wenn er<lb/> noch jüngst den Kampf der Reichszentrale auf der Heidelberger Konferenz gegen<lb/> die „syndikalistische Gefahr" mit Don Quixötes Ritt gegen die Windmühlenflügel<lb/> verglich. Denn Laufenberg und Wolffheim haben wiederholt aufs schärfste betont,<lb/> daß sie nicht Syndikalisten seien und Gelegenheit genommen, dies auch in der Praxis<lb/> zu beweisen. Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, daß eine syndikalistische<lb/> Gefahr von anderen Kreisen der K. P. D. tatsächlich droht. Die Agitation der<lb/> Syndikalisten ist äußerst rege, und fraglos ist der Übergang kommunistischer<lb/> Elemente zu den Syndikalisten ganz wesentlich stärker, als in entgegengesetzter<lb/> Richtung. So erklärte die Mannheimer „Note Fahne", ein Blatt der Zentrale,<lb/> kürzlich: „Unser Parteikörper ist krank, er droht zugrunde zu gehen. Die K. P. D.<lb/> ist befallen vom zersetzenden Gift des Syndikalismus." Man sieht hieraus, daß<lb/> die Kommunisten die Lage ihrer Partei keineswegs so rosig ansehen, wie Lenin.</p><lb/> <p xml:id="ID_266" next="#ID_267"> Eine äußerst interessante Erscheinung ist der „Nationalbolschewismus".<lb/> Laufenberg und Wolffheim veröffentlichten bald nach der Heidelberger Tagung<lb/> ihre „Erste Kommunistische Adresse an das deutsche Proletariat", in der der<lb/> revolutionäre Volkskrieg gegen die Entente gefordert wurde. Der Friede von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
Kommunismus und Syndikalismus in Deutschland
Stellen wir diesem Standpunkt Lenins, der dritten Internationale und der
Neichszentrale der K. P. D. das gegenüber, was die kommunistische Opposition
vertritt, so ergibt sich das interessante Bild, daß der Standpunkt der Opposition
hinsichtlich der Beteiligung am Parlament im allgemeinen genau entgegengesetzt
ist. So erklärten die Ortsgruppen Rostock, Duisburg und andere Ortsgruppen
der K. P. D. einstimmig, daß sie jede Beteiligung an Parlamenten, gesetzlich
anerkannten Betriebsräten usw. verwerfen. Dafür erklärt aber eine Ende November
abgehaltene Vertrauensmännersitzung der Hamburger Kommunisten, die sonst in
schärfster Opposition zur Neichszentrale stehen, daß sie „keine grundsätzlichen Anti-
parlamentarier" seien. Hieraus ist zu ersehen, wie verwickelt und schwer zu
übersehen die inneren Konflikte in der K. P. D. sind. Denn die seit der Heidel¬
berger Oktobertagung ausgeschlossene Opposition (von 31 Delegierten stimmten
18 gegen die Leitsätze der Reichszentrale) ist wiederum in sich gespalten.
Neben der Frage der Stellungnahme zum Parlament ist die Frage des
sogenannten „Nationalbolschewismus" und das Verhalten zu den Syndikalisten
die brennendste Frage der Partei. Der Vorwurf der Verbreitung syndikalistischer
Anschauungen wurde von der Reichszentrale in erster Linie gegen die Hamburger
und Bremer Organisationen erhoben, in denen die Genossen Laufenberg und
Wolffheim bis vor kurzem eine hervorragende, wenn nicht die ausschlaggebende
Rolle spielten. Beide sind aber nun in den Hintergrund gedrängt und haben in
den eigenen Organisationen stark an Anhängern verloren. Sowohl die Neichs¬
zentrale, als auch die Gegner Laufenbergs in Hamburg haben den Umstand, daß
der zu einem Jahre Festungshaft verurteilte Laufenberg zeitweilig aus dem
politischen Leben ausscheiden mußte, zu einer starken Agitation gegen ihn benutzt,
die naturgemäß um so mehr Erfolg hatte, als Laufenberg nicht in der Lage war,
von der Festung aus seinen Gegnern zu antworten. Was insbesondere den gegen
Laufenberg und Wolffheim und die ihnen nahestehenden Organisationen erhobenen
Vorwurf der Verbreitung syndikalistischer Ideen anbelangt, so sei bemerkt, daß
der Bremer „Kommunist", der sowohl in Opposition zur Zentrale steht, als auch
von Wolffheim und Laufenberg abgerückt ist, nicht so unrecht hatte, wenn er
noch jüngst den Kampf der Reichszentrale auf der Heidelberger Konferenz gegen
die „syndikalistische Gefahr" mit Don Quixötes Ritt gegen die Windmühlenflügel
verglich. Denn Laufenberg und Wolffheim haben wiederholt aufs schärfste betont,
daß sie nicht Syndikalisten seien und Gelegenheit genommen, dies auch in der Praxis
zu beweisen. Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, daß eine syndikalistische
Gefahr von anderen Kreisen der K. P. D. tatsächlich droht. Die Agitation der
Syndikalisten ist äußerst rege, und fraglos ist der Übergang kommunistischer
Elemente zu den Syndikalisten ganz wesentlich stärker, als in entgegengesetzter
Richtung. So erklärte die Mannheimer „Note Fahne", ein Blatt der Zentrale,
kürzlich: „Unser Parteikörper ist krank, er droht zugrunde zu gehen. Die K. P. D.
ist befallen vom zersetzenden Gift des Syndikalismus." Man sieht hieraus, daß
die Kommunisten die Lage ihrer Partei keineswegs so rosig ansehen, wie Lenin.
Eine äußerst interessante Erscheinung ist der „Nationalbolschewismus".
Laufenberg und Wolffheim veröffentlichten bald nach der Heidelberger Tagung
ihre „Erste Kommunistische Adresse an das deutsche Proletariat", in der der
revolutionäre Volkskrieg gegen die Entente gefordert wurde. Der Friede von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |