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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Beamte, ö. Bildung von Arbeiter¬
wehren unter zentraler Leitung der Ar¬
beiterräte. 6. schleunige Einberufung eines

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Reichs-Rätekongresses. Vervollständi¬
gung der Wahlen der revolutionären Be¬
triebsräte.

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Laotse, Tao Te King. Das Buch des Alte"
vom Sinn und Leben. Aus dem Chine¬
sischen verdeutscht und erläutert von
Richard Wilhelm. Diederichs, Jena 1919.
Br. M, 5.--, geb. M. 8.-.

Das Wiedererscheinen dieses Buches, das
mehrere Jahre im Buchhandel fehlte, wird
dankbar begrüßt werden. Es bildet einen
integrierender Teil des von R. Wilhelm im
Diederichsschen Verlage herausgegebenen, auf
zehn Bände angelegten Werkes "Die Reli¬
gion und Philosophie Chinas, aus den Ori¬
ginalurkunden übersetzt." Die übrigen Teile
dieses Werkes sollen, soweit sie erschienen
sind, an dieser Stelle noch gewürdigt
werden.

Die Bedeutung des Laotse, dessen Ideen
in China von dem staatlich sanktionierten,
ethisch-politischen System des Konfuzius ver¬
drängt wurden und dann in der Trübung
von Aberglauben und Sektentum Wohl ein
starkes, wucherndes Leben und breite Wir¬
kung empfingen, aber ihrer ursprünglichen
Reinheit verlustig gingen, wird für das
abendländische Denken eine stetig steigende
werden. Die verschiedensten Antriebe mo¬
dernen Denkens finden ihre Erfüllung in
dem geistigen Kosmos, den dieser einzig¬
artige Denker geschaffen hat: die Abwen¬
dung von romantisch-stimmungshafter Welt¬
anschauung und rationalistischer Metaphysik,
die Bemühung um einen gereinigten Begriff
der Humanität, um ein System autonomer
Werte sowohl in der individuellen als auch
in der gesellschaftlichen und Politischen
Sphäre. Dem begegnen bei Laotse die in
Wesensreinheit gesehenen und mit unver¬
gleichlicher Energie der Sprache erschlossenen
Konzeptionen (seien sie min ursprünglich oder
erneuert) des Rechten Menschen (Wilhelm
übersetzt "der Berufene", andere "der Hei¬

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lige" oder "der "Vollkommene") und deK
Tao. Eine Definition dieses Begriffes zu
geben, scheint unmöglich, wenn man die
von den verschiedenen Übersetzern gegebenen
Deutungen nebeneinander hält. Aber darin
offenbart sich seine begriffliche Prägnanz
und zugleich seine unverkennbare Beziehung
auf Forderungen, die erst die moderne Logik
präzisiert hat: daß seine Bedeutung aus seiner
funktionalen Beziehung, aus seiner Stellung
in einzelnen und zusammenhängenden Satz¬
aussagen eindeutig hervorgeht. Darum
würde man sich in lauter Widersprüche ver¬
wickeln, wollte man das Tao mit den Ober¬
begriffen einer unkritischen Metaphysik inter¬
pretieren: es hat weder die kosmologische
Bedeutung des WeltengrundeZ, wie bei den
Vorsokratikern, noch die psychologische des
Scelengrundes, wie in der christlichen Mystik,
noch auch die theologische des göttlichen Ur¬
grundes wie im Neuplatonismus. Ander¬
seits steht fest, daß in seiner Struktur die
religiösen Komponenten nicht minder wirksam
sind als die ethischen, soziologischen usf>
Wie der Begriff des Tao es unter¬
nimmt, die Einstimmigkeit, die Gleich-
gerichteiheit himmlischen, irdischen und
menschlichen Geschehens auszusprechen, so be¬
zieht sich seine Valenz gleichmäßig auf diese drei
Reiche. Es fehlt vielleicht an den zureichenden
Worten, um die Eigenart dieses kosmische",
zugleich naturalistischen und individuellen
Prinzips, das mit ähnlichen Prinzipien im
brahmanischen und buddhistischen Indien
geistig eng verwandt ist und den Ausdruck
eines Weltbildes darstellt, das man vielleicht
als allgemein-orientalisch bezeichnen darf,
derart herauszustellen, daß seine Beziehung
zum Geiste moderner Wissenschaft und un¬
löslich die Möglichkeit seiner Rechtfertigung
vor demselben genügend scharf hervortritt.

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Beamte, ö. Bildung von Arbeiter¬
wehren unter zentraler Leitung der Ar¬
beiterräte. 6. schleunige Einberufung eines

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Reichs-Rätekongresses. Vervollständi¬
gung der Wahlen der revolutionären Be¬
triebsräte.

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Laotse, Tao Te King. Das Buch des Alte»
vom Sinn und Leben. Aus dem Chine¬
sischen verdeutscht und erläutert von
Richard Wilhelm. Diederichs, Jena 1919.
Br. M, 5.—, geb. M. 8.-.

Das Wiedererscheinen dieses Buches, das
mehrere Jahre im Buchhandel fehlte, wird
dankbar begrüßt werden. Es bildet einen
integrierender Teil des von R. Wilhelm im
Diederichsschen Verlage herausgegebenen, auf
zehn Bände angelegten Werkes „Die Reli¬
gion und Philosophie Chinas, aus den Ori¬
ginalurkunden übersetzt." Die übrigen Teile
dieses Werkes sollen, soweit sie erschienen
sind, an dieser Stelle noch gewürdigt
werden.

Die Bedeutung des Laotse, dessen Ideen
in China von dem staatlich sanktionierten,
ethisch-politischen System des Konfuzius ver¬
drängt wurden und dann in der Trübung
von Aberglauben und Sektentum Wohl ein
starkes, wucherndes Leben und breite Wir¬
kung empfingen, aber ihrer ursprünglichen
Reinheit verlustig gingen, wird für das
abendländische Denken eine stetig steigende
werden. Die verschiedensten Antriebe mo¬
dernen Denkens finden ihre Erfüllung in
dem geistigen Kosmos, den dieser einzig¬
artige Denker geschaffen hat: die Abwen¬
dung von romantisch-stimmungshafter Welt¬
anschauung und rationalistischer Metaphysik,
die Bemühung um einen gereinigten Begriff
der Humanität, um ein System autonomer
Werte sowohl in der individuellen als auch
in der gesellschaftlichen und Politischen
Sphäre. Dem begegnen bei Laotse die in
Wesensreinheit gesehenen und mit unver¬
gleichlicher Energie der Sprache erschlossenen
Konzeptionen (seien sie min ursprünglich oder
erneuert) des Rechten Menschen (Wilhelm
übersetzt „der Berufene", andere „der Hei¬

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lige" oder „der „Vollkommene") und deK
Tao. Eine Definition dieses Begriffes zu
geben, scheint unmöglich, wenn man die
von den verschiedenen Übersetzern gegebenen
Deutungen nebeneinander hält. Aber darin
offenbart sich seine begriffliche Prägnanz
und zugleich seine unverkennbare Beziehung
auf Forderungen, die erst die moderne Logik
präzisiert hat: daß seine Bedeutung aus seiner
funktionalen Beziehung, aus seiner Stellung
in einzelnen und zusammenhängenden Satz¬
aussagen eindeutig hervorgeht. Darum
würde man sich in lauter Widersprüche ver¬
wickeln, wollte man das Tao mit den Ober¬
begriffen einer unkritischen Metaphysik inter¬
pretieren: es hat weder die kosmologische
Bedeutung des WeltengrundeZ, wie bei den
Vorsokratikern, noch die psychologische des
Scelengrundes, wie in der christlichen Mystik,
noch auch die theologische des göttlichen Ur¬
grundes wie im Neuplatonismus. Ander¬
seits steht fest, daß in seiner Struktur die
religiösen Komponenten nicht minder wirksam
sind als die ethischen, soziologischen usf>
Wie der Begriff des Tao es unter¬
nimmt, die Einstimmigkeit, die Gleich-
gerichteiheit himmlischen, irdischen und
menschlichen Geschehens auszusprechen, so be¬
zieht sich seine Valenz gleichmäßig auf diese drei
Reiche. Es fehlt vielleicht an den zureichenden
Worten, um die Eigenart dieses kosmische»,
zugleich naturalistischen und individuellen
Prinzips, das mit ähnlichen Prinzipien im
brahmanischen und buddhistischen Indien
geistig eng verwandt ist und den Ausdruck
eines Weltbildes darstellt, das man vielleicht
als allgemein-orientalisch bezeichnen darf,
derart herauszustellen, daß seine Beziehung
zum Geiste moderner Wissenschaft und un¬
löslich die Möglichkeit seiner Rechtfertigung
vor demselben genügend scharf hervortritt.

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[0386] Bücherschau Beamte, ö. Bildung von Arbeiter¬ wehren unter zentraler Leitung der Ar¬ beiterräte. 6. schleunige Einberufung eines Reichs-Rätekongresses. Vervollständi¬ gung der Wahlen der revolutionären Be¬ triebsräte. Vücherschau Laotse, Tao Te King. Das Buch des Alte» vom Sinn und Leben. Aus dem Chine¬ sischen verdeutscht und erläutert von Richard Wilhelm. Diederichs, Jena 1919. Br. M, 5.—, geb. M. 8.-. Das Wiedererscheinen dieses Buches, das mehrere Jahre im Buchhandel fehlte, wird dankbar begrüßt werden. Es bildet einen integrierender Teil des von R. Wilhelm im Diederichsschen Verlage herausgegebenen, auf zehn Bände angelegten Werkes „Die Reli¬ gion und Philosophie Chinas, aus den Ori¬ ginalurkunden übersetzt." Die übrigen Teile dieses Werkes sollen, soweit sie erschienen sind, an dieser Stelle noch gewürdigt werden. Die Bedeutung des Laotse, dessen Ideen in China von dem staatlich sanktionierten, ethisch-politischen System des Konfuzius ver¬ drängt wurden und dann in der Trübung von Aberglauben und Sektentum Wohl ein starkes, wucherndes Leben und breite Wir¬ kung empfingen, aber ihrer ursprünglichen Reinheit verlustig gingen, wird für das abendländische Denken eine stetig steigende werden. Die verschiedensten Antriebe mo¬ dernen Denkens finden ihre Erfüllung in dem geistigen Kosmos, den dieser einzig¬ artige Denker geschaffen hat: die Abwen¬ dung von romantisch-stimmungshafter Welt¬ anschauung und rationalistischer Metaphysik, die Bemühung um einen gereinigten Begriff der Humanität, um ein System autonomer Werte sowohl in der individuellen als auch in der gesellschaftlichen und Politischen Sphäre. Dem begegnen bei Laotse die in Wesensreinheit gesehenen und mit unver¬ gleichlicher Energie der Sprache erschlossenen Konzeptionen (seien sie min ursprünglich oder erneuert) des Rechten Menschen (Wilhelm übersetzt „der Berufene", andere „der Hei¬ lige" oder „der „Vollkommene") und deK Tao. Eine Definition dieses Begriffes zu geben, scheint unmöglich, wenn man die von den verschiedenen Übersetzern gegebenen Deutungen nebeneinander hält. Aber darin offenbart sich seine begriffliche Prägnanz und zugleich seine unverkennbare Beziehung auf Forderungen, die erst die moderne Logik präzisiert hat: daß seine Bedeutung aus seiner funktionalen Beziehung, aus seiner Stellung in einzelnen und zusammenhängenden Satz¬ aussagen eindeutig hervorgeht. Darum würde man sich in lauter Widersprüche ver¬ wickeln, wollte man das Tao mit den Ober¬ begriffen einer unkritischen Metaphysik inter¬ pretieren: es hat weder die kosmologische Bedeutung des WeltengrundeZ, wie bei den Vorsokratikern, noch die psychologische des Scelengrundes, wie in der christlichen Mystik, noch auch die theologische des göttlichen Ur¬ grundes wie im Neuplatonismus. Ander¬ seits steht fest, daß in seiner Struktur die religiösen Komponenten nicht minder wirksam sind als die ethischen, soziologischen usf> Wie der Begriff des Tao es unter¬ nimmt, die Einstimmigkeit, die Gleich- gerichteiheit himmlischen, irdischen und menschlichen Geschehens auszusprechen, so be¬ zieht sich seine Valenz gleichmäßig auf diese drei Reiche. Es fehlt vielleicht an den zureichenden Worten, um die Eigenart dieses kosmische», zugleich naturalistischen und individuellen Prinzips, das mit ähnlichen Prinzipien im brahmanischen und buddhistischen Indien geistig eng verwandt ist und den Ausdruck eines Weltbildes darstellt, das man vielleicht als allgemein-orientalisch bezeichnen darf, derart herauszustellen, daß seine Beziehung zum Geiste moderner Wissenschaft und un¬ löslich die Möglichkeit seiner Rechtfertigung vor demselben genügend scharf hervortritt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/386>, abgerufen am 22.12.2024.