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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz]

fehlt im Augenblick noch der proletarische
Gegendruck.

Es Ware verkehrt, anzunehmen, daß es
"ur des Willens der Arbeiterschaft bedarf,
um die Regierung in die Hand zu nehmen.
Denn die militärischen Machtverhältnisse sind
nicht zu unterschätzen. In Mitteldeutschland
hat die Arbeiterschaft es nicht verstanden,
ihre Anfangserfolge auszunutzen und die
"Strafaktion" gegen Sust und Solingen ist
jeden Augenblick zu erwarten. Auch im
Ruhrrevier haben die Arbeiter leider nicht
die Mittel gehabt, ihren Anfangserfolg
durchzuführen. Für das Ruhrrevier wird
die Lage von Stunde zu Stunde ernster. Bäue¬
rische und württembergische Truppen stehen
kampfbereit, und aus Schlesien sind gestern
dreizehn Trnppenziige nach dem Westen ab¬
gegangen. (Zuruf: "Wo sind die Eisen¬
bahner?") Es steht zu befürchten, daß der
Aielefelder Waffenstillstand keinen langen
Bestand haben wird und daß sich Kämpfe
entwickeln werden, die für ganz Deutschland
schwerste Folgen haben müssen.

Wir haben heute nachmittag mit dem
Deutschen Gewerkschaftsbund,mit der Arbeits¬
gemeinschaft Freier Angestelltenverbände und
den Gewerkschaften verhandelt. Wir waren
der Ansicht, daß an das gesamte deutsche
Volk erneut der Kampfruf zur Beseitigung
der militärischen Macht ergehen müsse. Leider
huben sich bei unseren heutigen Besprechungen
die Gewerkschaften nicht sofort für den
Generalstreik entscheiden können, obwohl sie
den Ernst der Lage nicht verkennen. Von
den Gewerkschaftszentmlen konnten wir jedoch
lediglich erreichen, daß dem Reichs¬
präsidenten ein kurzfristiges Ulti¬
matum gestellt wird. Wir dürfen unsere
Brüder im Ruhrrevier nicht über¬
rumpeln lassen. Wir verlangen vom
Reichspräsidenten, daß alle in Rheinland-
Westfalen stehenden Truppen und auch die
uns dem Marsch befindlichen Formationen
in die Garnisonen zurückgebracht werden,
daß die Arbeiterschaft ihre Waffen
behält. Es ist früher eine Kommission für
Berlin gebildet worden, welche in zwei bis
drei Tagen den Eintritt d^r Arbeiter in die
Sicherheitspolizei und die Bildung von
bewaffneten Arbeiterwehren durch¬

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setzen soll. Werden die Forderungen
nicht bewilligt, so antworten wir mit
dem Generalstreik. Wir dürfen uns frei¬
lich nicht einbilden, daß die Entwaffnung
des Militärs, der Einwohnerwehren und der
Polizei eine leichte Sache sein wird; denn
diese Söldner kämpfen um ihre Existenz.
Wir müssen uns klar sein, daß wir auch bei
diesem Kampf nicht das letzte Ziel, die
Näteregierung, erreichen werden, daß wir
aber auf dem Wege zu dem Endziel die
schwierigste Etappe dann überwunden
haben."

Nach einer längeren Aussprache, in welcher
schleunige Einberufung eines Reichs-Näte-
kongresses nach Berlin beschlossen wurde,
nahm die Versammlang folgende Reso¬
lution an:

"Der vorzeitige Abbruch des General¬
streiks vor Erreichung der notwendigen
Garantien für die Werktätige Bevölkerung
hat die von der Zentralstreikleitung voraus¬
gesagte Wirkung gehabt, daß die konter¬
revolutionären Kräfte sich wieder sammeln
und stärken. Die Atempause, die der
Konterrevolution durch die Unterbrechung
des Generalstreiks geworden ist, wird dazu
benützt, um die siegreiche Arbeiterschaft be¬
sonders in Rheinland-Westfalen durch die
Soldateska niederzumetzeln. Die Vollver¬
sammlung der Berliner Betriebsräte ruft
angesichts dieser ungeheuerlichen Prellerei
der gesamten Arbeiterklasse Deutschlands,
angesichts der neuen drohenden Gefahren das
Proletariat auf, sich für eine neue Kraft¬
anstrengung bereitzumachen.

Die Vollversammlung beauftragt den
Aktionsausschuß, sofort alle Maßnahmen für
einen neuen Generalstreik zu treffen. Der
Generalstreik muß geführt werden,
bis die Durchführung folgender Forderungen
gelungen ist. 1. Sofortige Entwaffnung und
Auflösung der komerrevolutionären Truppen,
d. h. der Truppen, die gegen die Arbeiter
gekämpft haben. 2. Verhaftung der Offi¬
ziere und ihre Aburteilung durch ein Ar¬
beitergericht. Sofortige Beschlagnahme aller
Waffen der Bourgeoisie und Übergabe
derWaffenandie Ar.beiterräte. 4. Be-
triebsweise Ausgabe von Waffen an
organisierte Arbeiter, Angestellte und

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Drinnen und draußen

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fehlt im Augenblick noch der proletarische
Gegendruck.

Es Ware verkehrt, anzunehmen, daß es
"ur des Willens der Arbeiterschaft bedarf,
um die Regierung in die Hand zu nehmen.
Denn die militärischen Machtverhältnisse sind
nicht zu unterschätzen. In Mitteldeutschland
hat die Arbeiterschaft es nicht verstanden,
ihre Anfangserfolge auszunutzen und die
"Strafaktion" gegen Sust und Solingen ist
jeden Augenblick zu erwarten. Auch im
Ruhrrevier haben die Arbeiter leider nicht
die Mittel gehabt, ihren Anfangserfolg
durchzuführen. Für das Ruhrrevier wird
die Lage von Stunde zu Stunde ernster. Bäue¬
rische und württembergische Truppen stehen
kampfbereit, und aus Schlesien sind gestern
dreizehn Trnppenziige nach dem Westen ab¬
gegangen. (Zuruf: „Wo sind die Eisen¬
bahner?") Es steht zu befürchten, daß der
Aielefelder Waffenstillstand keinen langen
Bestand haben wird und daß sich Kämpfe
entwickeln werden, die für ganz Deutschland
schwerste Folgen haben müssen.

Wir haben heute nachmittag mit dem
Deutschen Gewerkschaftsbund,mit der Arbeits¬
gemeinschaft Freier Angestelltenverbände und
den Gewerkschaften verhandelt. Wir waren
der Ansicht, daß an das gesamte deutsche
Volk erneut der Kampfruf zur Beseitigung
der militärischen Macht ergehen müsse. Leider
huben sich bei unseren heutigen Besprechungen
die Gewerkschaften nicht sofort für den
Generalstreik entscheiden können, obwohl sie
den Ernst der Lage nicht verkennen. Von
den Gewerkschaftszentmlen konnten wir jedoch
lediglich erreichen, daß dem Reichs¬
präsidenten ein kurzfristiges Ulti¬
matum gestellt wird. Wir dürfen unsere
Brüder im Ruhrrevier nicht über¬
rumpeln lassen. Wir verlangen vom
Reichspräsidenten, daß alle in Rheinland-
Westfalen stehenden Truppen und auch die
uns dem Marsch befindlichen Formationen
in die Garnisonen zurückgebracht werden,
daß die Arbeiterschaft ihre Waffen
behält. Es ist früher eine Kommission für
Berlin gebildet worden, welche in zwei bis
drei Tagen den Eintritt d^r Arbeiter in die
Sicherheitspolizei und die Bildung von
bewaffneten Arbeiterwehren durch¬

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setzen soll. Werden die Forderungen
nicht bewilligt, so antworten wir mit
dem Generalstreik. Wir dürfen uns frei¬
lich nicht einbilden, daß die Entwaffnung
des Militärs, der Einwohnerwehren und der
Polizei eine leichte Sache sein wird; denn
diese Söldner kämpfen um ihre Existenz.
Wir müssen uns klar sein, daß wir auch bei
diesem Kampf nicht das letzte Ziel, die
Näteregierung, erreichen werden, daß wir
aber auf dem Wege zu dem Endziel die
schwierigste Etappe dann überwunden
haben."

Nach einer längeren Aussprache, in welcher
schleunige Einberufung eines Reichs-Näte-
kongresses nach Berlin beschlossen wurde,
nahm die Versammlang folgende Reso¬
lution an:

„Der vorzeitige Abbruch des General¬
streiks vor Erreichung der notwendigen
Garantien für die Werktätige Bevölkerung
hat die von der Zentralstreikleitung voraus¬
gesagte Wirkung gehabt, daß die konter¬
revolutionären Kräfte sich wieder sammeln
und stärken. Die Atempause, die der
Konterrevolution durch die Unterbrechung
des Generalstreiks geworden ist, wird dazu
benützt, um die siegreiche Arbeiterschaft be¬
sonders in Rheinland-Westfalen durch die
Soldateska niederzumetzeln. Die Vollver¬
sammlung der Berliner Betriebsräte ruft
angesichts dieser ungeheuerlichen Prellerei
der gesamten Arbeiterklasse Deutschlands,
angesichts der neuen drohenden Gefahren das
Proletariat auf, sich für eine neue Kraft¬
anstrengung bereitzumachen.

Die Vollversammlung beauftragt den
Aktionsausschuß, sofort alle Maßnahmen für
einen neuen Generalstreik zu treffen. Der
Generalstreik muß geführt werden,
bis die Durchführung folgender Forderungen
gelungen ist. 1. Sofortige Entwaffnung und
Auflösung der komerrevolutionären Truppen,
d. h. der Truppen, die gegen die Arbeiter
gekämpft haben. 2. Verhaftung der Offi¬
ziere und ihre Aburteilung durch ein Ar¬
beitergericht. Sofortige Beschlagnahme aller
Waffen der Bourgeoisie und Übergabe
derWaffenandie Ar.beiterräte. 4. Be-
triebsweise Ausgabe von Waffen an
organisierte Arbeiter, Angestellte und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/385>, abgerufen am 27.07.2024.