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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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?as Rappsche Abenteuer

erbeten. Am 10. März erfuhr der General durch Herrn v. Berger, daß der
Reichspräsident ihn empfangen und den Wünschen des Militärs in entgegen¬
kommendster Weise entsprechen wollte.

Es besteht in der Armee die Legende. Roste hätte schon vor dem
ersten Drittel des März von der Absicht einer Verschwörung Wind bekommen;
anstatt durch rechtzeitige Sicherheitsmaßregeln und geeignete Verhandlungen
den Plan im Keim zu ersticken, hätte er die Verschwörung absichtlich von selbst
ausreifen lassen, um unter geräuschloser Verhaftung der Rädelsführer das ge¬
sammelte Maierial über die vereitelte Gegenrevolution der Nationalversammlung
vorlegen zu können. Diese Annahme ist unrichtig. Erst am Morgen des 12. März
hat sich bei Roste der Begriff der Verschwörung ausgebildet. Andernfalls
würde er seiner Natur entsprechend viel früher zugegriffen haben. Ein ge¬
wisser, aus seinen vielen früheren Erfolgen erklärlicher Optimismus ließ ihn
bis zum Freitag die Gefahr unterschätzen.

Erst am 10. erfahr Roste. daß sich General von Lüttwitz mit einigen
anderen Generalen beim Reichspräsidenten Ebert zum Vortrag angemeldet
halte. Um diese Umgehung des Instanzenweges zu durchkreuzen, begab sich
-'löste selbst zu Ebert, der den General von Lüttwitz ohne Zuziehung v,in
anderen Generalen empfing.

Schon am 9. März Halle der an der Verschwörung unbeteiligte Stabs¬
chef des Generals von Lüttwitz. General von OldcrShansen, den Chef der
Admiralität. Vizeadmiral von Trotha. gebeten, auf den Führer der Marine-
brigade, Kapitän Ehrhardt, einzuwirken, da der beunruhigende Eindruck be-
"ünde. als ob die Brigade ügend etwas Geheimes -plante. Admiral von
Trotha ließ sich daraufhin Ehrhardt kommen, der ihm allerdings dienstlich
'"ehe unterstand und von dem er aus früheren Gesprächen, in welchen er ihn
^r Besonnenheit ermahnt bat, wußte. daß er ihm keine Auskunft über etwmge
Pläne geben würde. Trotha machte den Knp'klar unes jetzi wieder auf die
Beunruhigung aufmerksam und' entwick.le^ it,.n. w.öd.Ub er irgendwelche Ge¬
waltsamkeiten für ein nationales Up glück hielte. Ehrhardt gab nchts zu er¬
kennen, woraufhin seine Verhaftung oder Abschuß möglich gewesen wäre. Am
Donnerstag, den 11. März, mittags, waren General Reinhardt und der Esch
des Trnppenamtes von Seeckt zu der Überzeugung gekommen, daß dre Ver¬
hältnisse in Döberitz fo nicht bleiben könnten und daß man das Befehlsband
zwischen Lüttwitz und der Marinebrigade durchschneiden müßte. Sie schlugen
Roste vor. die Marinebrigade zwecks Auflösung der Admiralität zu unterstellen.
der Hoffnung. daß Trotha als einziger noch Autorität über die L"ente
besäße. Roste stimmte zu. obwohl Trotha diesen Befehl für das Unglücklichste
erklärte, was man tun könnte, da er nur den vorhandenen Explosivstoff ent¬
zünde. Lüttwitz und gleichermaßen die Brigade brüskiere. Roste erklärte, er
liebe es in solchen Lagen, den Stier bei den Hörnern zu packen, worauf Trotha
entgegnete: "Nur dann, wenn ich gewiß bin. daß ich die Hörner festhalten


?as Rappsche Abenteuer

erbeten. Am 10. März erfuhr der General durch Herrn v. Berger, daß der
Reichspräsident ihn empfangen und den Wünschen des Militärs in entgegen¬
kommendster Weise entsprechen wollte.

Es besteht in der Armee die Legende. Roste hätte schon vor dem
ersten Drittel des März von der Absicht einer Verschwörung Wind bekommen;
anstatt durch rechtzeitige Sicherheitsmaßregeln und geeignete Verhandlungen
den Plan im Keim zu ersticken, hätte er die Verschwörung absichtlich von selbst
ausreifen lassen, um unter geräuschloser Verhaftung der Rädelsführer das ge¬
sammelte Maierial über die vereitelte Gegenrevolution der Nationalversammlung
vorlegen zu können. Diese Annahme ist unrichtig. Erst am Morgen des 12. März
hat sich bei Roste der Begriff der Verschwörung ausgebildet. Andernfalls
würde er seiner Natur entsprechend viel früher zugegriffen haben. Ein ge¬
wisser, aus seinen vielen früheren Erfolgen erklärlicher Optimismus ließ ihn
bis zum Freitag die Gefahr unterschätzen.

Erst am 10. erfahr Roste. daß sich General von Lüttwitz mit einigen
anderen Generalen beim Reichspräsidenten Ebert zum Vortrag angemeldet
halte. Um diese Umgehung des Instanzenweges zu durchkreuzen, begab sich
-'löste selbst zu Ebert, der den General von Lüttwitz ohne Zuziehung v,in
anderen Generalen empfing.

Schon am 9. März Halle der an der Verschwörung unbeteiligte Stabs¬
chef des Generals von Lüttwitz. General von OldcrShansen, den Chef der
Admiralität. Vizeadmiral von Trotha. gebeten, auf den Führer der Marine-
brigade, Kapitän Ehrhardt, einzuwirken, da der beunruhigende Eindruck be-
"ünde. als ob die Brigade ügend etwas Geheimes -plante. Admiral von
Trotha ließ sich daraufhin Ehrhardt kommen, der ihm allerdings dienstlich
'"ehe unterstand und von dem er aus früheren Gesprächen, in welchen er ihn
^r Besonnenheit ermahnt bat, wußte. daß er ihm keine Auskunft über etwmge
Pläne geben würde. Trotha machte den Knp'klar unes jetzi wieder auf die
Beunruhigung aufmerksam und' entwick.le^ it,.n. w.öd.Ub er irgendwelche Ge¬
waltsamkeiten für ein nationales Up glück hielte. Ehrhardt gab nchts zu er¬
kennen, woraufhin seine Verhaftung oder Abschuß möglich gewesen wäre. Am
Donnerstag, den 11. März, mittags, waren General Reinhardt und der Esch
des Trnppenamtes von Seeckt zu der Überzeugung gekommen, daß dre Ver¬
hältnisse in Döberitz fo nicht bleiben könnten und daß man das Befehlsband
zwischen Lüttwitz und der Marinebrigade durchschneiden müßte. Sie schlugen
Roste vor. die Marinebrigade zwecks Auflösung der Admiralität zu unterstellen.
der Hoffnung. daß Trotha als einziger noch Autorität über die L«ente
besäße. Roste stimmte zu. obwohl Trotha diesen Befehl für das Unglücklichste
erklärte, was man tun könnte, da er nur den vorhandenen Explosivstoff ent¬
zünde. Lüttwitz und gleichermaßen die Brigade brüskiere. Roste erklärte, er
liebe es in solchen Lagen, den Stier bei den Hörnern zu packen, worauf Trotha
entgegnete: „Nur dann, wenn ich gewiß bin. daß ich die Hörner festhalten


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[0337] ?as Rappsche Abenteuer erbeten. Am 10. März erfuhr der General durch Herrn v. Berger, daß der Reichspräsident ihn empfangen und den Wünschen des Militärs in entgegen¬ kommendster Weise entsprechen wollte. Es besteht in der Armee die Legende. Roste hätte schon vor dem ersten Drittel des März von der Absicht einer Verschwörung Wind bekommen; anstatt durch rechtzeitige Sicherheitsmaßregeln und geeignete Verhandlungen den Plan im Keim zu ersticken, hätte er die Verschwörung absichtlich von selbst ausreifen lassen, um unter geräuschloser Verhaftung der Rädelsführer das ge¬ sammelte Maierial über die vereitelte Gegenrevolution der Nationalversammlung vorlegen zu können. Diese Annahme ist unrichtig. Erst am Morgen des 12. März hat sich bei Roste der Begriff der Verschwörung ausgebildet. Andernfalls würde er seiner Natur entsprechend viel früher zugegriffen haben. Ein ge¬ wisser, aus seinen vielen früheren Erfolgen erklärlicher Optimismus ließ ihn bis zum Freitag die Gefahr unterschätzen. Erst am 10. erfahr Roste. daß sich General von Lüttwitz mit einigen anderen Generalen beim Reichspräsidenten Ebert zum Vortrag angemeldet halte. Um diese Umgehung des Instanzenweges zu durchkreuzen, begab sich -'löste selbst zu Ebert, der den General von Lüttwitz ohne Zuziehung v,in anderen Generalen empfing. Schon am 9. März Halle der an der Verschwörung unbeteiligte Stabs¬ chef des Generals von Lüttwitz. General von OldcrShansen, den Chef der Admiralität. Vizeadmiral von Trotha. gebeten, auf den Führer der Marine- brigade, Kapitän Ehrhardt, einzuwirken, da der beunruhigende Eindruck be- "ünde. als ob die Brigade ügend etwas Geheimes -plante. Admiral von Trotha ließ sich daraufhin Ehrhardt kommen, der ihm allerdings dienstlich '"ehe unterstand und von dem er aus früheren Gesprächen, in welchen er ihn ^r Besonnenheit ermahnt bat, wußte. daß er ihm keine Auskunft über etwmge Pläne geben würde. Trotha machte den Knp'klar unes jetzi wieder auf die Beunruhigung aufmerksam und' entwick.le^ it,.n. w.öd.Ub er irgendwelche Ge¬ waltsamkeiten für ein nationales Up glück hielte. Ehrhardt gab nchts zu er¬ kennen, woraufhin seine Verhaftung oder Abschuß möglich gewesen wäre. Am Donnerstag, den 11. März, mittags, waren General Reinhardt und der Esch des Trnppenamtes von Seeckt zu der Überzeugung gekommen, daß dre Ver¬ hältnisse in Döberitz fo nicht bleiben könnten und daß man das Befehlsband zwischen Lüttwitz und der Marinebrigade durchschneiden müßte. Sie schlugen Roste vor. die Marinebrigade zwecks Auflösung der Admiralität zu unterstellen. der Hoffnung. daß Trotha als einziger noch Autorität über die L«ente besäße. Roste stimmte zu. obwohl Trotha diesen Befehl für das Unglücklichste erklärte, was man tun könnte, da er nur den vorhandenen Explosivstoff ent¬ zünde. Lüttwitz und gleichermaßen die Brigade brüskiere. Roste erklärte, er liebe es in solchen Lagen, den Stier bei den Hörnern zu packen, worauf Trotha entgegnete: „Nur dann, wenn ich gewiß bin. daß ich die Hörner festhalten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/337>, abgerufen am 28.07.2024.