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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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dänische Presse mit scharfen Worten das jeder
Gerechtigkeit ins Gesicht schlagende Abstim¬
mungsverfahren und sicher wird Belgien über
dieses Thema in der fremden Presse noch
manches unbequeme Wort hören müssen.
Sobald die Friedensbedingungen und die
Art ihrer Ausführung erst in der Welt be¬
kannt werden, werden auch die gerecht
empfindenden Teile der Bevölkerung der
alliierten und assoziierten Staaten sich an
unsere Sei!e stellen.

So stellt sich die künftige Entwicklung für
jeden dar, der die Verhältnisse unbefangen
auf Grund der Tntsachen beurteilt. Glauben
Sie nun, Herr Senator, daß diese Zukunfts¬
ausfichten den Erwerb der beiden Kreise für
Belgien so begehrenswert erscheinen lassen?
Wir wissen nicht, ob Sie die beiden Kreise
bereist und . sich ein eigenes Urteil über sie
gebildet haben. Wir aber, die wir unsere
Heimat genau kennen, die wir genau wissen,wie man dort denkt und sühlt, Wir sühlen
uns verpflichtet, an Stelle unserer Lands-
leuie, die ja leider der belgische Mili¬
tarismus und das belgische SpitzelwesenN'undtot gemacht haben, in letzter, in aller¬
letzter Stunde warnend unsers Stimme zu"heben. Ist es an sich schon eine Unge¬
heuerlichkeit, in zwei fast reindeutschen Krei¬
sen eine Abstimmung vorzunehmen, so brauchtd'ehe Ungeheuerlichkeit wenigstens nicht nochverdoppelt zu werden, indem man die Ab¬
stimmung zu einer Komödie herabwürdigt,-vielleicht ist es schon zu spät, um dies zuverhindern, vielleicht hat der belgische Terror
schon so gründlich gearbeitst, das; die Be¬
völkerung sich an der Abstimmung nicht mehr
"u beteiligen wagen wird. Vielleicht kann°ber noch das' Schlimmste verhütet und
wenigstens einigermaßen für eine freie un¬
beeinflußte Stimmabgabe gesorgt werden.
Lu diesem Zwecks müßte namentlich die
Bevölkerung öffentlich darüber aufgeklärt
Werden, daß die Teilnahme an der Ab¬
stimmung ihr gutes Recht ist und daß siedeswegen keinerlei Vergeltungsmaßregsln zu
gewärtigen hat, ferner müßte unbedingt undin zweifelsfreier Weise für eine geheime
Abstimmung gesorgt werden. Die Leitungder Abstimmung müßte unparteiischen Nicht-
belgiern, möglichst Neutralen, übertragenes

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werden, auch müßten, wie eingangs erwähnt,
die aus den beiden Kreisen stammenden
Personen zur Teilnahme an der Abstimmung
zugelassen werden. Alle diess Maßnahmen
müßten aber sofort getroffen werden, denn
die Abstimmung soll ja schon in nächster
Zeit vor sich gehen, auch müßte die Be¬
völkerung über die Vorkehrungen zur Siche¬
rung einer freien unbeeinflußten Stimm¬
abgabe eingehend unterrichtet werden.

Sollten die Verhandlungen in Nachen, die
Sie, Herr Senator, im Namen der belgischen
Regierung führen, auch zu einer Aussprache
über den Artikel 34 Gelegenheit bieten, so
hoffen wir, daß unsere Ausführungen Ihnen
einige Anhaltspunkte für die Richtlinien
liefern werden, die befolgt werden müssen,
wenn die Abstimmung in Eupen-Malinedy
etwas anderes werden soll, als das, was
der belgische Deputierte von ihr befürchtet.
Sollten die Verhandlungen sich nicht auf
diess Frage erstrecken, so bitten wir Sie,
Herr Senntor, dieses Schriftstück an Ihre
Regierung weiterzuleiten, von der wir
hoffen, daß sie den Ernst der Lage erfaßt.

Das als Anlage beigefügte Gutachten
des belgischen Deputierten Louis de Bcou-
köre hatte folgenden Wortlaut (nach der
Brüsseler Zeitung Le Peuple vom 2. Juli
1919): l

Der Vertrag gibt uns zwei deutsche
Kreise. Er sieht keinerlei ernsthafte Befragung
der Bevölkerung voraus. Er spottet unserer
Grundsätze durch eine vorgebliche Volks¬
abstimmung. Wer würde behaupten konneii,
daß die Bewohner von Eupen oder Se. Vieh
in der Loge sein werden, frei ihre Meinung
zu äußern, wo die einzige Möglichkeit, die
man ihnen läßt, die ist, öffentlich ihren Ein¬
spruch gegen die belgische Regierung kund¬
zugeben, in Listen, die die zukünftigen
Herren überwachen werden? Es ist un-
bezweifelbar, daß Eupen deutsch ist, daß der
Süden des Bezirks von Malmedh es gleich¬
falls ist, daß keinerlei Bewegung für die
Annexion in diesen Gebieten besteht; all das
steht ebenso fest wie die belgienfreundliche
Gesinnung der Einwohnerschaft von Mal-
medy. Es wohnen dort zehntausend Wallonen,
die die Wiedervereinigung mit ihrem wahren
Vaterlande fordern und die wir aufnehmen

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Drinnen und draußen

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dänische Presse mit scharfen Worten das jeder
Gerechtigkeit ins Gesicht schlagende Abstim¬
mungsverfahren und sicher wird Belgien über
dieses Thema in der fremden Presse noch
manches unbequeme Wort hören müssen.
Sobald die Friedensbedingungen und die
Art ihrer Ausführung erst in der Welt be¬
kannt werden, werden auch die gerecht
empfindenden Teile der Bevölkerung der
alliierten und assoziierten Staaten sich an
unsere Sei!e stellen.

So stellt sich die künftige Entwicklung für
jeden dar, der die Verhältnisse unbefangen
auf Grund der Tntsachen beurteilt. Glauben
Sie nun, Herr Senator, daß diese Zukunfts¬
ausfichten den Erwerb der beiden Kreise für
Belgien so begehrenswert erscheinen lassen?
Wir wissen nicht, ob Sie die beiden Kreise
bereist und . sich ein eigenes Urteil über sie
gebildet haben. Wir aber, die wir unsere
Heimat genau kennen, die wir genau wissen,wie man dort denkt und sühlt, Wir sühlen
uns verpflichtet, an Stelle unserer Lands-
leuie, die ja leider der belgische Mili¬
tarismus und das belgische SpitzelwesenN'undtot gemacht haben, in letzter, in aller¬
letzter Stunde warnend unsers Stimme zu"heben. Ist es an sich schon eine Unge¬
heuerlichkeit, in zwei fast reindeutschen Krei¬
sen eine Abstimmung vorzunehmen, so brauchtd'ehe Ungeheuerlichkeit wenigstens nicht nochverdoppelt zu werden, indem man die Ab¬
stimmung zu einer Komödie herabwürdigt,-vielleicht ist es schon zu spät, um dies zuverhindern, vielleicht hat der belgische Terror
schon so gründlich gearbeitst, das; die Be¬
völkerung sich an der Abstimmung nicht mehr
»u beteiligen wagen wird. Vielleicht kann°ber noch das' Schlimmste verhütet und
wenigstens einigermaßen für eine freie un¬
beeinflußte Stimmabgabe gesorgt werden.
Lu diesem Zwecks müßte namentlich die
Bevölkerung öffentlich darüber aufgeklärt
Werden, daß die Teilnahme an der Ab¬
stimmung ihr gutes Recht ist und daß siedeswegen keinerlei Vergeltungsmaßregsln zu
gewärtigen hat, ferner müßte unbedingt undin zweifelsfreier Weise für eine geheime
Abstimmung gesorgt werden. Die Leitungder Abstimmung müßte unparteiischen Nicht-
belgiern, möglichst Neutralen, übertragenes

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werden, auch müßten, wie eingangs erwähnt,
die aus den beiden Kreisen stammenden
Personen zur Teilnahme an der Abstimmung
zugelassen werden. Alle diess Maßnahmen
müßten aber sofort getroffen werden, denn
die Abstimmung soll ja schon in nächster
Zeit vor sich gehen, auch müßte die Be¬
völkerung über die Vorkehrungen zur Siche¬
rung einer freien unbeeinflußten Stimm¬
abgabe eingehend unterrichtet werden.

Sollten die Verhandlungen in Nachen, die
Sie, Herr Senator, im Namen der belgischen
Regierung führen, auch zu einer Aussprache
über den Artikel 34 Gelegenheit bieten, so
hoffen wir, daß unsere Ausführungen Ihnen
einige Anhaltspunkte für die Richtlinien
liefern werden, die befolgt werden müssen,
wenn die Abstimmung in Eupen-Malinedy
etwas anderes werden soll, als das, was
der belgische Deputierte von ihr befürchtet.
Sollten die Verhandlungen sich nicht auf
diess Frage erstrecken, so bitten wir Sie,
Herr Senntor, dieses Schriftstück an Ihre
Regierung weiterzuleiten, von der wir
hoffen, daß sie den Ernst der Lage erfaßt.

Das als Anlage beigefügte Gutachten
des belgischen Deputierten Louis de Bcou-
köre hatte folgenden Wortlaut (nach der
Brüsseler Zeitung Le Peuple vom 2. Juli
1919): l

Der Vertrag gibt uns zwei deutsche
Kreise. Er sieht keinerlei ernsthafte Befragung
der Bevölkerung voraus. Er spottet unserer
Grundsätze durch eine vorgebliche Volks¬
abstimmung. Wer würde behaupten konneii,
daß die Bewohner von Eupen oder Se. Vieh
in der Loge sein werden, frei ihre Meinung
zu äußern, wo die einzige Möglichkeit, die
man ihnen läßt, die ist, öffentlich ihren Ein¬
spruch gegen die belgische Regierung kund¬
zugeben, in Listen, die die zukünftigen
Herren überwachen werden? Es ist un-
bezweifelbar, daß Eupen deutsch ist, daß der
Süden des Bezirks von Malmedh es gleich¬
falls ist, daß keinerlei Bewegung für die
Annexion in diesen Gebieten besteht; all das
steht ebenso fest wie die belgienfreundliche
Gesinnung der Einwohnerschaft von Mal-
medy. Es wohnen dort zehntausend Wallonen,
die die Wiedervereinigung mit ihrem wahren
Vaterlande fordern und die wir aufnehmen

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[0323] Drinnen und draußen dänische Presse mit scharfen Worten das jeder Gerechtigkeit ins Gesicht schlagende Abstim¬ mungsverfahren und sicher wird Belgien über dieses Thema in der fremden Presse noch manches unbequeme Wort hören müssen. Sobald die Friedensbedingungen und die Art ihrer Ausführung erst in der Welt be¬ kannt werden, werden auch die gerecht empfindenden Teile der Bevölkerung der alliierten und assoziierten Staaten sich an unsere Sei!e stellen. So stellt sich die künftige Entwicklung für jeden dar, der die Verhältnisse unbefangen auf Grund der Tntsachen beurteilt. Glauben Sie nun, Herr Senator, daß diese Zukunfts¬ ausfichten den Erwerb der beiden Kreise für Belgien so begehrenswert erscheinen lassen? Wir wissen nicht, ob Sie die beiden Kreise bereist und . sich ein eigenes Urteil über sie gebildet haben. Wir aber, die wir unsere Heimat genau kennen, die wir genau wissen,wie man dort denkt und sühlt, Wir sühlen uns verpflichtet, an Stelle unserer Lands- leuie, die ja leider der belgische Mili¬ tarismus und das belgische SpitzelwesenN'undtot gemacht haben, in letzter, in aller¬ letzter Stunde warnend unsers Stimme zu"heben. Ist es an sich schon eine Unge¬ heuerlichkeit, in zwei fast reindeutschen Krei¬ sen eine Abstimmung vorzunehmen, so brauchtd'ehe Ungeheuerlichkeit wenigstens nicht nochverdoppelt zu werden, indem man die Ab¬ stimmung zu einer Komödie herabwürdigt,-vielleicht ist es schon zu spät, um dies zuverhindern, vielleicht hat der belgische Terror schon so gründlich gearbeitst, das; die Be¬ völkerung sich an der Abstimmung nicht mehr »u beteiligen wagen wird. Vielleicht kann°ber noch das' Schlimmste verhütet und wenigstens einigermaßen für eine freie un¬ beeinflußte Stimmabgabe gesorgt werden. Lu diesem Zwecks müßte namentlich die Bevölkerung öffentlich darüber aufgeklärt Werden, daß die Teilnahme an der Ab¬ stimmung ihr gutes Recht ist und daß siedeswegen keinerlei Vergeltungsmaßregsln zu gewärtigen hat, ferner müßte unbedingt undin zweifelsfreier Weise für eine geheime Abstimmung gesorgt werden. Die Leitungder Abstimmung müßte unparteiischen Nicht- belgiern, möglichst Neutralen, übertragenes werden, auch müßten, wie eingangs erwähnt, die aus den beiden Kreisen stammenden Personen zur Teilnahme an der Abstimmung zugelassen werden. Alle diess Maßnahmen müßten aber sofort getroffen werden, denn die Abstimmung soll ja schon in nächster Zeit vor sich gehen, auch müßte die Be¬ völkerung über die Vorkehrungen zur Siche¬ rung einer freien unbeeinflußten Stimm¬ abgabe eingehend unterrichtet werden. Sollten die Verhandlungen in Nachen, die Sie, Herr Senator, im Namen der belgischen Regierung führen, auch zu einer Aussprache über den Artikel 34 Gelegenheit bieten, so hoffen wir, daß unsere Ausführungen Ihnen einige Anhaltspunkte für die Richtlinien liefern werden, die befolgt werden müssen, wenn die Abstimmung in Eupen-Malinedy etwas anderes werden soll, als das, was der belgische Deputierte von ihr befürchtet. Sollten die Verhandlungen sich nicht auf diess Frage erstrecken, so bitten wir Sie, Herr Senntor, dieses Schriftstück an Ihre Regierung weiterzuleiten, von der wir hoffen, daß sie den Ernst der Lage erfaßt. Das als Anlage beigefügte Gutachten des belgischen Deputierten Louis de Bcou- köre hatte folgenden Wortlaut (nach der Brüsseler Zeitung Le Peuple vom 2. Juli 1919): l Der Vertrag gibt uns zwei deutsche Kreise. Er sieht keinerlei ernsthafte Befragung der Bevölkerung voraus. Er spottet unserer Grundsätze durch eine vorgebliche Volks¬ abstimmung. Wer würde behaupten konneii, daß die Bewohner von Eupen oder Se. Vieh in der Loge sein werden, frei ihre Meinung zu äußern, wo die einzige Möglichkeit, die man ihnen läßt, die ist, öffentlich ihren Ein¬ spruch gegen die belgische Regierung kund¬ zugeben, in Listen, die die zukünftigen Herren überwachen werden? Es ist un- bezweifelbar, daß Eupen deutsch ist, daß der Süden des Bezirks von Malmedh es gleich¬ falls ist, daß keinerlei Bewegung für die Annexion in diesen Gebieten besteht; all das steht ebenso fest wie die belgienfreundliche Gesinnung der Einwohnerschaft von Mal- medy. Es wohnen dort zehntausend Wallonen, die die Wiedervereinigung mit ihrem wahren Vaterlande fordern und die wir aufnehmen

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/323>, abgerufen am 22.12.2024.