Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.Der Arbeit-r und die Maschine der Arbeiter fühlt sich, trotz der radikalen Schreier, die den Arbeiter immer noch Diese innere Neueinstelluug, als ethische Forderung, verlangt eine Wesens¬ Der Arbeit-r und die Maschine der Arbeiter fühlt sich, trotz der radikalen Schreier, die den Arbeiter immer noch Diese innere Neueinstelluug, als ethische Forderung, verlangt eine Wesens¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337009"/> <fw type="header" place="top"> Der Arbeit-r und die Maschine</fw><lb/> <p xml:id="ID_552" prev="#ID_551"> der Arbeiter fühlt sich, trotz der radikalen Schreier, die den Arbeiter immer noch<lb/> als den Unterdrückten hinstellen, um sich seine Gefolgschaft zwecks eigener<lb/> Interessen zu sichern, als Herrn der Lage so sehr, daß er die Begrenzung<lb/> der Herrschaft übersieht, die ihm Zeit und Umstände zrehm. Damit<lb/> ist er äußerlich, so weit dies heute möglich ist, zum Herren seines Werkzeuges<lb/> oder doch zum Mitherrn neben den eigentlichen Besitzern geworden und deshalb<lb/> ist heute die Zeit gekommen, um an die eigentliche Forderung heranzutreten, die<lb/> uns eine neue Einordnung des Arbeiters in die Gesellschaft bringen soll; an die<lb/> ethische Forderung, auf Grund deren der Arbeiter die innerliche Neueinstelluiig<lb/> zum Werkzeug, zu seiner Maschine vollziehen soll. Diese innerliche Neueinstellung<lb/> vermag erst den Schlußstein des gesellschaftlichen Gebäudes, das wir heute bauen,<lb/> zu legen, denn nur durch sie wird die neue seelische Beziehung des Arbeiters zur<lb/> Maschine herbeigeführt, ohne welche die wntestgehende wirtschaftliche Besser¬<lb/> stellung, ohne welche auch die Vollsozialisierung eins wirklich organische, über die<lb/> rein äußerlichen Verhältnisse hinausgehende Hebung deS Arbeiterstandes nicht wird<lb/> herbeiführen können, und ohne welche die Revolution keine neuen Menschheits¬<lb/> werte, sondern nur ökonomische Verschiebungen erzeugt haben würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_553" next="#ID_554"> Diese innere Neueinstelluug, als ethische Forderung, verlangt eine Wesens¬<lb/> vertiefung deS Arbeiters, die bisher im mühsamen Jagen nach dem täglichen<lb/> Bedarf nicht möglich war, für die aber jetzt die äußeren Bedingungen gegeben<lb/> sind. Sie verlangt die Schaffung einer inneren Beziehung des Arbeiters zu<lb/> seiner Maschin«, die nur durch die Erkenntnis ihres eigentlichen Wesens, ihrer<lb/> eigentlichen Daseinsbedingungen gewonnen werden kann, und die sich letzten Endes<lb/> auf die Einsicht gründet, daß in der Maschine, an der er hantiert, nichts anderes<lb/> als seine eigene menschliche Arbeitsmaschine, wie sie sein Organismus darstellt,<lb/> in besonderen, bestimmten Zwecken angepaßter Weise verkörpert ist. Der Arbeiter<lb/> muß auf eine Stufe technischen und seelischen Erkennens gehoben werden, daß<lb/> er in der Maschine eine Ausstrahlung seines Selbst, seines eigenen Kopfes, seiner<lb/> Hand und seiner Gliedmaßen zu erblicken vermag, daß er so seinen eigenen Körper in<lb/> jene innere Beziehung zur Maschine setzt, die Mensch und Maschine zu einem<lb/> einheitlichen Organismus zusammenfaßt, in welchem der Wille des Menschen der<lb/> Bändiger, Regeler und Leiter der im Gesamtorganismus waltenden Kräfte ist.<lb/> Tatsächlich verhält es sich so; denn die Maschine ist, wie das einfache Werkzeug,<lb/> nur unendlich komplizierter als dieses, nichts anderes als sine Organprojektion<lb/> des menschlichen Körpers, eins nach Außen gerichtete Verlängerung, Wiederholung<lb/> und neue Verbindung menschlicher Organe, die in der Maschine ihre Verkörperung<lb/> fanden, weil das Schaffen des Menschen, auch das technische, immer nur eine<lb/> unbewußte Verkörperung seines eigenen Selbst ist, das sich zur Erreichung irgend<lb/> eines bestimmten Zweckes nach Außen projiziert. Gebt dem Arbeiter diese<lb/> Erkenntnis, vertieft auf diese Weise seine Beziehung zur Maschine, so daß sein<lb/> Körper und die Maschine, an der er arbeitet, als zusammengehörige Einheit<lb/> empfunden werden, und ihr werdet des Taylonsmus und all der fein ausgetüftelten<lb/> Vorschriften der sogenannten wissenschaftlichen Vetriebsführimg entrann können<lb/> und werdet mehr leisten als diese, denn diese „wissenschaftliche" Betriebsfüyrung<lb/> bleibt stets ein Äußerliches, Mechanisches, das den Arbeiter unterdrückt, ihn selbst<lb/> zum Werkzeug, zum Mechanismus, das heißt zum Teil im Teil herabsetzt, während<lb/> er doch an der Spitze des Mechanismus steht, den er als einen untergeordneten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0164]
Der Arbeit-r und die Maschine
der Arbeiter fühlt sich, trotz der radikalen Schreier, die den Arbeiter immer noch
als den Unterdrückten hinstellen, um sich seine Gefolgschaft zwecks eigener
Interessen zu sichern, als Herrn der Lage so sehr, daß er die Begrenzung
der Herrschaft übersieht, die ihm Zeit und Umstände zrehm. Damit
ist er äußerlich, so weit dies heute möglich ist, zum Herren seines Werkzeuges
oder doch zum Mitherrn neben den eigentlichen Besitzern geworden und deshalb
ist heute die Zeit gekommen, um an die eigentliche Forderung heranzutreten, die
uns eine neue Einordnung des Arbeiters in die Gesellschaft bringen soll; an die
ethische Forderung, auf Grund deren der Arbeiter die innerliche Neueinstelluiig
zum Werkzeug, zu seiner Maschine vollziehen soll. Diese innerliche Neueinstellung
vermag erst den Schlußstein des gesellschaftlichen Gebäudes, das wir heute bauen,
zu legen, denn nur durch sie wird die neue seelische Beziehung des Arbeiters zur
Maschine herbeigeführt, ohne welche die wntestgehende wirtschaftliche Besser¬
stellung, ohne welche auch die Vollsozialisierung eins wirklich organische, über die
rein äußerlichen Verhältnisse hinausgehende Hebung deS Arbeiterstandes nicht wird
herbeiführen können, und ohne welche die Revolution keine neuen Menschheits¬
werte, sondern nur ökonomische Verschiebungen erzeugt haben würde.
Diese innere Neueinstelluug, als ethische Forderung, verlangt eine Wesens¬
vertiefung deS Arbeiters, die bisher im mühsamen Jagen nach dem täglichen
Bedarf nicht möglich war, für die aber jetzt die äußeren Bedingungen gegeben
sind. Sie verlangt die Schaffung einer inneren Beziehung des Arbeiters zu
seiner Maschin«, die nur durch die Erkenntnis ihres eigentlichen Wesens, ihrer
eigentlichen Daseinsbedingungen gewonnen werden kann, und die sich letzten Endes
auf die Einsicht gründet, daß in der Maschine, an der er hantiert, nichts anderes
als seine eigene menschliche Arbeitsmaschine, wie sie sein Organismus darstellt,
in besonderen, bestimmten Zwecken angepaßter Weise verkörpert ist. Der Arbeiter
muß auf eine Stufe technischen und seelischen Erkennens gehoben werden, daß
er in der Maschine eine Ausstrahlung seines Selbst, seines eigenen Kopfes, seiner
Hand und seiner Gliedmaßen zu erblicken vermag, daß er so seinen eigenen Körper in
jene innere Beziehung zur Maschine setzt, die Mensch und Maschine zu einem
einheitlichen Organismus zusammenfaßt, in welchem der Wille des Menschen der
Bändiger, Regeler und Leiter der im Gesamtorganismus waltenden Kräfte ist.
Tatsächlich verhält es sich so; denn die Maschine ist, wie das einfache Werkzeug,
nur unendlich komplizierter als dieses, nichts anderes als sine Organprojektion
des menschlichen Körpers, eins nach Außen gerichtete Verlängerung, Wiederholung
und neue Verbindung menschlicher Organe, die in der Maschine ihre Verkörperung
fanden, weil das Schaffen des Menschen, auch das technische, immer nur eine
unbewußte Verkörperung seines eigenen Selbst ist, das sich zur Erreichung irgend
eines bestimmten Zweckes nach Außen projiziert. Gebt dem Arbeiter diese
Erkenntnis, vertieft auf diese Weise seine Beziehung zur Maschine, so daß sein
Körper und die Maschine, an der er arbeitet, als zusammengehörige Einheit
empfunden werden, und ihr werdet des Taylonsmus und all der fein ausgetüftelten
Vorschriften der sogenannten wissenschaftlichen Vetriebsführimg entrann können
und werdet mehr leisten als diese, denn diese „wissenschaftliche" Betriebsfüyrung
bleibt stets ein Äußerliches, Mechanisches, das den Arbeiter unterdrückt, ihn selbst
zum Werkzeug, zum Mechanismus, das heißt zum Teil im Teil herabsetzt, während
er doch an der Spitze des Mechanismus steht, den er als einen untergeordneten
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